25.02.2023 • NewsDetektion Gefahrstoffe

Sensor für Detektion giftiger Gase soll marktreif werden

Kann man den Unfallort gefahrlos betreten oder ist eine spezielle Schutzkleidung nötig? Vor dieser Frage stehen Einsatzkräfte immer wieder bei Gefahrstoff-Unfällen, wenn auf den ersten Blick nicht erkennbar ist, ob gefährliche Giftstoffe freigesetzt wurden.

Dr. Tanja Stimpel-Lindner (r.) und ihr Mitarbeiter Mark Viebrock bei der...
Dr. Tanja Stimpel-Lindner (r.) und ihr Mitarbeiter Mark Viebrock bei der Messung und Probennahme einer Testsubstanz mit dem Warngerät. Bild: Universität der Bundeswehr München/Christian Siebold

Ein Sensor, entwickelt innerhalb des Projekts „ACDC“ unter Leitung von Dr. Tanja Stimpel-Lindner vom Institut für Physik an der Universität der Bundeswehr München, erkennt radioaktive und chemische Gefahren und warnt rechtzeitig. In einem Folgeprojekt soll jetzt ein marktreifer Prototyp des Warngeräts entwickelt werden.

Werden Einsatzkräfte zum Brand eines Chemiewerks oder zu Gefahrgutunfällen gerufen, ist neben der Rettung der Opfer auch der Eigenschutz elementar wichtig. Denn bei solchen Einsätzen muss immer damit gerechnet werden, dass gefährliche Gase oder radioaktive Stoffe ausgetreten sind. Um derartige Gefahren künftig frühzeitig erkennen und adäquat darauf reagieren zu können, wurde innerhalb des Projekts „ACDC (Atomar-Chemischer Detektorchip)“ ein kompakter, leichter und kostengünstiger Sensor entwickelt. Dieser basiert auf einem Siliziumchip, der giftige Gase und Gammastrahlung detektiert und rechtzeitig optisch durch ein Blinken und akustisch durch einen Piepton Alarm schlägt. Durch die preiswerte Herstellung und die geringe Größe des Systems soll sichergestellt werden, dass zukünftig jede Einsatzkraft etwa bei der Feuerwehr, beim Technischen Hilfswerk oder bei der Polizei und dem Militär mit einem Messgerät ausgestattet werden kann. Gerade für kleinere Einsatzeinheiten, die sonst mit wenig oder keinerlei Messtechnik ausgestattet sind, könne die Sicherheit dadurch entscheidend erhöht werden, so Projektleiterin Dr. Tanja Stimpel-Lindner.

In zweieinhalb Jahren Projektlaufzeit haben die Wissenschaftler einen Demonstrator entwickelt und mit diesem den „proof of principle“ erbracht. Es wurde unter Beweis gestellt, dass die Detektion von giftigen Gasen, Säuredämpfen und Radioaktivität funktioniert. Es könne eine ganze Menge der relevanten Gase in relevanten Konzentrationen für Gefahrguteinsätze gemessen werden, so Dr. Tanja Stimpel-Lindner. Dazu gehören beispielsweise Stickoxide, Kohlenmonoxid und Schwefelwasserstoffe.

Das Projekt ist an der Professur für Sensortechnologien (Prof. Georg Duesberg) angesiedelt und gehört zum Forschungsbereich des Forschungszentrums SENS (Integrated Sensor Systems). Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbundprojekt war Teil des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ und lief von April 2019 bis September 2021. Im Dezember 2022 belegte das Projekt den fünften Platz beim Förderpreis „Helfende Hand“ in der Kategorie „Innovative Konzepte“. Der Preis dafür wurde von Bundesinnenministerin Nancy Faeser vergeben.

In einer zweiten Projektphase soll jetzt daran gearbeitet werden, den Demonstrator zu einem marktreifen Prototyp weiterzuentwickeln. Ziel ist daher, die Sensoren zuverlässiger zu machen und weitere Gase sowie Explosionsgefahren detektieren zu können. Für Letzteres ist für die Messung mit explosiven Gemischen ein Gasmessplatz im Aufbau. Damit der Prototyp auch annähernd marktreif wird, müssen in den nächsten zwei Jahren noch eine Reihe Tests und Qualifizierungen durchgeführt werden, erklärt Dr. Tanja Stimpel-Lindner. Das Projekt wird mit einem umgebildeten Konsortium an Projektpartnern als Folgeprojekt beim BMBF für das Programm „Praxisleuchttürme der zivilen Sicherheit“ eingereicht.

Das Projekt stoße auf großes Interesse bei allen möglichen Einsatzkräften, die den Sensor laut Dr. Tanja Stimpel-Lindner am liebsten morgen schon tragen würden. Für sie ist es auch ein persönliches Herzensprojekt, seit über 20 Jahren ist sie selbst bei der Feuerwehr, seit fast 10 Jahren zusätzlich beim ABC-Zug München Land. Als Führungsperson sei es immer schwierig zu entscheiden, ob man seine Leute in eine gefährliche Situation reinschicken könne oder nicht, so die Physikerin. Genau darum wollen sie und ihr Team nun mit Hochdruck daran arbeiten, den Sensor schnellstmöglich auf den Markt zu bringen.

 

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