Prozessgesteuerte Zugangssicherung mit "Smart Process Gating"
In Handling- und Montageanlagen befinden sich oft Gefahrenbereiche, die gegen unbefugten Zutritt gesichert werden müssen. Gleichzeitig soll jedoch ein Materialtransport in den Gefahrenbereich hinein und aus diesem Bereich heraus erfolgen. Bislang waren für die Erkennung des Transportguts – und damit auch zur Unterscheidung von Personen – zusätzliche Sensoren erforderlich. Diese werden auch als ‚Muting-Sensoren‘ bezeichnet.
Das ‚Smart Process Gating‘-Verfahren (SPG) erfüllt die genannten Anforderungen, ohne den Einsatz zusätzlicher Sensoren. Es basiert auf den Leuze-Sicherheits-Lichtvorhängen der Baureihe MLC 530. Das SPG-Verfahren nutzt zwei Steuersignale: Das Control Signal (CS) wird von der Anlagensteuerung (SPS) bereitgestellt. Der Zeitpunkt für die Erzeugung des CS muss so eingestellt sein, dass sich das Transportgut näher als 200 mm vor dem Schutzfeld befindet. Dies ist notwendig, um das Durchschlüpfen von Personen auszuschließen. Das Protective Field Interruption Signal (PFI) wird bei der Schutzfeldunterbrechung durch das Transportgut vom Sicherheits-Lichtvorhang selbst erzeugt. Damit startet auch die Überbrückung (Gating) des Schutzfelds. Es endet entweder nach einer festen Zeit (t), nachdem das Transportgut das Schutzfeld wieder verlassen hat oder durch aktives Rücksetzen des CS.
Nachdem die SPS das CS an den Sicherheits-Lichtvorhang gesendet hat, muss die Einfahrt des Transportguts in das Schutzfeld innerhalb von 4 Sekunden (t1) erfolgen. Bei der Einfahrt erzeugt der Sicherheits-Lichtvorhang das PFI und startet damit das Gating. Beim Ausfahren des Transportgutes aus dem Schutzfeld setzt der Sicherheits-Lichtvorhang das von ihm erzeugte PFI-Signal zurück, sobald das Transportgut das Schutzfeld verlässt. In Abhängigkeit von der gewählten Betriebsart wird das Schutzfeld dann entweder nach 1 oder 2 Sekunden (t2) vom Sicherheits-Lichtvorhang automatisch wieder eingeschaltet oder das Gating durch die Steuerung beendet. Dann ist die Zugangssicherung wieder aktiv.
Zur Anpassung an unterschiedliche Anwendungsbereiche arbeitet das SPG-Verfahren in drei verschiedenen Betriebsarten, welche im Sicherheits-Lichtvorhang MLC 530 SPG implementiert sind: „Standard“, „Qualifizierter Stopp“ und „Partielles Gating“. Die Integration einer SPG-Anwendung in eine Anlage ist sicherheitstechnisch als Systemlösung zu betrachten. Diese entsteht im Zusammenspiel von Sicherheits-Lichtvorhang, Anlagensteuerung und gegebenenfalls mechanischen Elementen.
Hierzu benötigt der Anlagenbauer Erfahrung im Safety-Design, da er zum Beispiel die Gating-Sequenz in der SPS programmiert und die Sicherheits-Systemlösung selbst erstellt. Er trägt damit die Verantwortung für die Umsetzung des Gesamtsystems. Daher ist es wichtig, bei einer SPG-Installation die sicherheitstechnisch notwendigen Anforderungen zu berücksichtigen. Die Spezifikation der Sicherheits-Lichtvorhänge MLC 530 SPG ist entsprechend den sicherheitsrelevanten, internationalen Normen ausgelegt. Die Daten des Sensors selbst sind Typ 4 (IEC/EN 61496), Performance Level PL e/ Kategorie 4 (EN ISO 13849-1) und SIL 3 (IEC 61508). Die Sensoren und die zugehörige Dokumentation zur Integration der Lösung sind von unabhängiger Stelle zertifiziert.
Das SPG-Verfahren überzeugte Fachexperten wie Anwender gleichermaßen. Für seine Safety-Innovation gewann Leuze electronic 2019 gleich mehrere Awards: den GIT SICHERHEIT AWARD sowie den Best-of-Industry-Award. Beim handling award erzielte Leuze electronic mit Smart Process Gating in der Kategorie „Automatisierung“ den 2. Platz.