21.01.2022 • TopstoryKunststoffTechnologieNachhaltigkeit

Georg Schlegel: Was ist eigentlich… Biokunststoff?

Kurt Blank, Leiter Konstruktion & Entwicklung von Georg Schlegel, erklärt, was Biokunststoff ist.

Kunststoff ist aus unserem Alltag kaum wegzudenken. Auch die Produkte unseres Unternehmens bestehen überwiegend aus diesem stabilen, vielfältigen und formbaren Werkstoff. Um allerdings die Produktion von Kunststoffen nachhaltig und in den geforderten Mengen sicherzustellen, braucht es Alternativen zum Ausgangsprodukt Erdöl, dessen Vorräte begrenzt sind. Deshalb wird seit Jahren im Rahmen der Bestrebungen für mehr Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung an Biokunststoffen geforscht.  Und die Entwicklung ist ermutigend.

Biokunststoff zeichnet sich dadurch aus, dass dieser aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird. Häufig kommt der biobasierte Kunststoff PLA zum Einsatz. Die Abkürzung PLA steht dabei für Polylactid (umgangssprachlich auch als Polymilchsäuren bezeichnet). Dabei wird (Mais-)Stärke in Milchsäure umgewandelt: Die Stärke wird aus den Pflanzen extrahiert, in Milchsäure fermentiert, welche wiederum zu Polylactid umgewandelt wird. So werden langgliedrige Molekülketten hergestellt, die in ihren Eigenschaften Polymeren auf Erdölbasis ähneln.

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Die Herstellung von Biokunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen ist umweltfreundlicher als die Herstellung von konventionellen Kunststoffen, da sie im Vergleich einen niedrigeren CO²-Fußabdruck aufweist. Im Gegensatz zu fossilen Rohstoffen stammt der in Biokunststoffen enthaltene Kohlenstoff aus Pflanzen, die ihn aus der Atmosphäre aufgenommen haben. Biobasierte Kunststoffe tragen daher, selbst wenn sie durch Verbrennung entsorgt werden, nicht zur Emission zusätzlichen Kohlendioxids bei, das den Klimawandel mit verursacht.

Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit sind auch Ziele, denen sich unser Unternehmen verschrieben hat. Um den CO2-Fußabdruck zu verkleinern und weil wir die Entwicklung hin zu biobasierten Rohstoffen für eine sehr interessante Neuerung halten, wirken wir als Firma Schlegel an diesem Prozess mit. Der bisherige Einsatz von Biokunststoffen beläuft sich größtenteils im Konsumer-Bereich. Unser Ziel ist es, biobasierte Kunststoffe im industriellen Bereich einzusetzen.

Deshalb hat sich unser Unternehmen im Projekt „TechPLAstic“, das vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) organisiert und koordiniert wurde, eingebracht. In engem Austausch mit Projektpartnern aus Industrie und Wissenschaft werden wir in einem geplanten Folgeforschungsvorhaben die Entwicklung von Rezepturmodifikationen für reale Anwendungsfelder (Rezeptur) und die Entwicklung wirtschaftlicher Herstellungsprozesse vorantreiben. Wir von Schlegel können unsere Praxisexpertise der Industrie zu diesem Prozess beitragen.

Technische Anforderungen an ­Biokunststoff?
Damit Biokunststoffe eine marktfähige, bezahlbare Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen werden, müssen sie den industriellen Anforderungen an die bisher verwendeten Materialien entsprechen und auch für die Serienfertigung geeignet sein. Aufgrund von sicherheitstechnischen Ansprüchen an spätere Produkte, etwa bei Not-Halt-Schaltern, ist besondere Sorgfalt geboten.

Die fertiggespritzten Einzelteile müssen die geforderten thermischen, mechanischen, chemischen und elektrischen Eigenschaften erfüllen. Konkrete Ziele sind etwa eine Schlagzähigkeit ≥ 100 kJ/m² und Kerbschlagzähigkeit ≥ 8 kJ/m², Wärmeformbeständigkeit ≥ 100 °C oder Stabilität der Materialien gegenüber UV-Strahlung, thermo-oxidativem Abbau sowie Hydrolyse. Eine weitere Herausforderung für die Forscher stellt die langsame Kristallisation von PLA dar.

Die verwendeten Materialien der Einzelteile sind Bestandteil für die Zulassung der Produkte, um am weltweiten Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Für den US-Amerikanischen Markt sind zum Beispiel bei stromführenden Produkten die Flammschutzklassen UL94-V0 bzw. UL94-V2 gefordert. Der biobasierte Kunststoff muss zusätzlich

  • beschriftbar (Tampondruck, Laser),
  • in verschiedenen Farben verfügbar,
  • ultraschallverschweißbar,
  • und mit den vorhandenen Spritzgießwerkzeugen (bei Schlegel) verarbeitbar sein.

Dank der Anstrengungen der vergangenen drei Jahre im Projekt TechPLAstic wurden bereits erhebliche Fortschritte gemacht. Es konnten Produkte für die Elektronikindustrie hergestellt werden, die in ersten Anwendungstests die potenzielle Eignung aufwiesen. Erste Spritzguss-Tests mit dem Biokunststoff bei uns im Unternehmen waren ebenfalls ermutigend. Es wurden Gehäuse für Kontaktgeber aus Polymilchsäure hergestellt. Auch die Ultraschallverschweißung der Spritzguss-Teile aus Biokunststoff war erfolgreich.

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