30.01.2025 • Topstory

Robotik: Die wachsende Bedeutung autonomer Sicherheitslösungen

Sie finden sich vermehrt in einer großen Bandbreite von Branchen: Autonome Sicherheitslösungen – sprich, Roboter. Eingesetzt werden sie in der Industrie und in Kritischen Infrastrukturen genauso wie in Freizeitparks oder bei Onlinehändlern. Über die Entwicklung der Branche, den Beitrag von Robotern bei der Bewältigung des Fachkräftemangels und über das neue Managementsystem „Acuda“ sprach GIT SICHERHEIT mit Aleksej Tokarev, CEO von Security Robotics.

Aleksej Tokarev, CEO von Security Robotics
Aleksej Tokarev, CEO von Security Robotics
© Security Robotics / Philipp Arnoldt

GIT SICHERHEIT: Herr Tokarev, Ihre Roboterhunde und deren Kollegen sind gut im Networking, wie man unter anderem auf der kürzlich zu Ende gegangenen Security in Essen wieder erleben konnte. Sie haben sich wieder stark unters Messevolk gemischt, das sie aber inzwischen schon sehr gut kennen dürfte. Wie hat sich die Bekanntheit der Systeme im Sicherheitsbereich in den letzten Jahren entwickelt? 

Aleksej Tokarev: Die aktuelle Marktlage und jüngste Entwicklungen zeigen deutlich, dass das Bedürfnis nach Sicherheit kontinuierlich wächst und auch in Zukunft weiter steigen wird. Das bestätigen auch die veröffentlichten Zahlen des BDSW. Für die Sicherheitsbranche ist das ein klares Zeichen für einen positiven Aufwärtstrend.

Allerdings stehen die Sicherheitsunternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels und des stetig steigenden Mindestlohns vor großen Herausforderungen. Es fehlt oft an ausreichend Personal, um die von den Kunden geforderte Leistungen mit erwarteter Qualität zu erbringen. Dies betrifft nicht nur die Sicherheitsunternehmen, sondern auch die Endkunden, die unter den Engpässen leiden.

Unsere Technologie kann hier jedoch eine wertvolle Unterstützung bieten. Roboter, wie die von uns eingesetzten Systeme, ermöglichen es, Sicherheitspersonal zu entlasten. Sie können repetitive, monotone oder sogar gefährliche Aufgaben übernehmen, während menschliche Mitarbeiter für Tätigkeiten eingesetzt werden, die Kreativität und Flexibilität erfordern.

Anfangs war es eine Herausforderung, diese Technologie den Kunden näherzubringen, da viele skeptisch waren, ob sie die versprochenen Leistungen tatsächlich erbringt. Doch inzwischen hat sich gezeigt, dass unsere Roboter zuverlässig und effizient arbeiten, und ihr Einsatz nimmt kontinuierlich zu.

Sie haben ja eine deutliche Vision vor Augen, die bereits verwirklicht wird – nämlich Roboter dort zum Einsatz kommen zu lassen, wo der Mensch aus verschiedensten Gründen an seine Grenzen stößt. Inwieweit hat sich diese Erwartung bis heute bewahrheitet? 

Aleksej Tokarev: Unsere Roboter sind mit zahlreichen Sensoren ausgestattet und können flexibel an die Anforderungen der Kunden angepasst werden. Sie sind in der Lage, zu fahren, zu laufen oder zu fliegen – und das bei unterschiedlichsten Wetterbedingungen, die für sie keine Herausforderung darstellen. Je nach Einsatzort und den Bedürfnissen des Kunden kommen verschiedene Robotermodelle zum Einsatz, um die Aufgaben optimal zu erfüllen.

Ein paar Zahlen verdeutlichen den Erfolg dieser Technologie: In einem unserer Einsätze hat ein Roboter innerhalb von nur 16 Monaten beeindruckende 7.000 Kilometer patrouilliert – und das nicht einmal im 24/7-Betrieb. Bei einem anderen Kunden überwachen unsere Roboter rund um die Uhr und legen dabei täglich 26 Kilometer zurück. Während ihrer Patrouillen können sie gleichzeitig in alle Richtungen sehen und unbefugte Personen in einer Entfernung von bis zu 30 Metern erkennen. Mit einer PTZ-Kamera sind sogar Entfernungen von über 150 Metern möglich. Dank zusätzlicher Ausstattung wie Wärmebildkameras und Lautsprechersystemen sind die Roboter in der Lage, auch bei Nacht zu operieren und potenzielle Eindringlinge direkt anzusprechen.

Ein besonders überzeugendes Beispiel ist der Anruf, den wir von einem Sicherheitsmitarbeiter während eines heftigen Sturms erhalten haben. Er saß gemütlich in der Pförtnerloge und beobachtete, wie der Roboter draußen, unbeeindruckt vom stürmischen Wetter, seine Arbeit zuverlässig und ohne Unterbrechung erledigte.

Man sollte sich auch kritischere Szenarien vorstellen, wie beispielsweise den Fall, dass eine bewaffnete Gruppe versucht, in ein Gelände einzudringen. Welcher Sicherheitsmitarbeiter würde sich solch einer Bedrohung unmittelbar stellen? Der Roboter hingegen kann in Echtzeit hochauflösende Bilder an die Leitstelle senden und damit sicherstellen, dass autorisierte Kräfte frühzeitig informiert und mit einem umfassenden Lagebericht ausgestattet werden. Dies erhöht die Sicherheit erheblich und gewährleistet ein schnelles Eingreifen.

Wie hat sich das Geschäft von Security Robotics insbesondere im DACH-Bereich entwickelt? 

Aleksej Tokarev: Verglichen mit unserer Gründungszeit ist die Nachfrage nach autonomen Sicherheitslösungen (ASL) enorm gestiegen, sodass wir mittlerweile auch Projekte im Ausland durchführen. Auch das Branchenspektrum hat sich erweitert: Logistik, Chemie, Freizeitparks, Onlinehändler, Automobil- und Bekleidungshersteller, Automobilzulieferer, Lebensmittelindustrie sowie kritische Infrastrukturen wie Flughäfen und ähnliche Einrichtungen. Diese Dynamik hat in sehr kurzer Zeit stark zugenommen.

Laufroboter von Security Robotics auf der Security 2024 in Essen
Laufroboter von Security Robotics auf der Security 2024 in Essen
© Security Robotics

Ihre Systeme, also im Wesentlichen die Software, werden ja immer weiterentwickelt. Was hat sich hier getan in letzter Zeit? 

Aleksej Tokarev: Die Technologie von heute, ebenso wie unser Wissen, erfordert ständige Updates und Anpassungen an aktuelle Entwicklungen und Bedürfnisse. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen erleben wir heute rasante Fortschritte in zahlreichen Branchen. Verfahren wie das Reinforcement Learning (Lernen in der Simulation ohne vorheriges Wissen über die Umgebung durch „Trial and Error“) ermöglichen es Robotern, verschiedene Verhaltensweisen zu erlernen, ohne reale Roboter in einer echten Umgebung einsetzen zu müssen. In simulierten Umgebungen können gleichzeitig Tausende oder sogar Millionen von Agenten lernen, wie der Roboter in unterschiedlichen Situationen reagieren muss. Dadurch werden Bewegungen, Hinderniserkennung, Navigation und die allgemeine Wahrnehmung der Umgebung deutlich verbessert – ein wichtiger Aspekt für Roboter, die in der realen Welt mit Menschen interagieren sollen.

Diese kontinuierliche Verbesserung der Interaktionsfähigkeit mit der Umwelt ist ein wesentlicher Beitrag der Hersteller. Die gesammelten Daten werden umfassend analysiert, um daraus gezielt die gewünschten Informationen zu gewinnen, und das durch kontinuierliches Lernen immer präziser und effizienter. Diese Entwicklungen erfolgen schrittweise und endlos, da auch die Kundenbedürfnisse wachsen, nachdem sie das volle Potenzial der Roboter erkannt haben. So profitieren die Kunden durch den Einsatz der Systeme und deren parallele Anpassung an neue Anwendungsfälle.

Nicht nur die Software, sondern auch die Hardware wird stetig verbessert. Regelmäßige Upgrades machen die Systeme stabiler, sicherer, langlebiger, robuster und kostengünstiger.

Unsere eingesetzten Systeme haben vor allem in puncto autonomer Navigation stark an Intelligenz gewonnen, sodass sie auch unter schwierigen Bedingungen gut zurechtkommen. 

Bei einigen Systemen gibt es sogar dynamisches Verpixeln für Bereiche, die aus Datenschutzgründen nicht aufgezeichnet werden dürfen – ein Feature, das auch Datenschützer freut. Weitere Aspekte, wie das kollektive Verhalten der Systeme, versuchen wir durch unsere Acuda-Plattform abzubilden.

Könnten Sie zu dieser neuen Plattform noch etwas Näheres sagen?  

Aleksej Tokarev: Alle Systeme in unserem Portfolio sind von Beginn an mit grundlegenden Tools ausgestattet, sodass sie direkt einsatzbereit sind. Zusätzlich bieten wir jedoch eine spezielle Software an, die all unsere Systeme miteinander vernetzt und eine Kommunikation zwischen ihnen ermöglicht. Diese Plattform, Acuda (Autonomous Center of Unified Digital Actors), ist, wie der Name schon sagt, ein zentrales Managementsystem, das eine zentrale Schnittstelle zwischen Mensch, Maschine und weiteren Systemen bietet. 

Durch Acuda lassen sich Szenarien wie das folgende umsetzen: Ein Kunde verfügt über ein eigenes Sicherheits-Ökosystem mit verschiedenen Sensoren, Kameras und einer Leitstelle. Acuda schafft hier eine Kommunikationsplattform, die sicherstellt, dass vorhandene Kundensensoren im Alarmfall unser System, beispielsweise einen mobilen Roboter, informieren. Der Roboter begibt sich dann umgehend zum Auslöseort, um zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine unbefugte Person handelt, und meldet die entsprechenden Informationen zurück an die Leitstelle. Sollte der Roboter feststellen, dass er aus bestimmten Gründen nicht weiterkommt, oder Acuda entscheidet, die Verfolgung besser an einen fahrenden Roboter zu übergeben, so setzt der laufende Roboter seine ursprüngliche Aufgabe fort und übergibt die Verfolgung an einen anderen Roboter. Parallel dazu wird der gesamte Vorgang in Echtzeit an die Kunden-Leitstelle übertragen. 

Unsere Software erlaubt zudem eine flexible Integration in bestehende Leitstellen – wir passen die Software nach Kundenbedarf an und haben bereits Integrationen mit Leitstellen wie Lisa (Dr. Pfau), G-SIM (Geutebrück) und den Alarmsystemen von Bosch umgesetzt. Acuda befindet sich aktuell in der Alpha-Version, kann aber bereits jetzt viele Anforderungen erfüllen und ist erfolgreich im Einsatz. 

Das Ziel von Acuda ist es, alle digital kommunikationsfähigen Systeme miteinander „sprechen“ zu lassen. Für Geräte, die nicht von Haus aus kommunikationsfähig sind, bieten wir Nucron, unseren IoT-Injektor, an, mit dem wir solche Geräte in IoT-fähige Komponenten umwandeln und von Acuda aus steuern oder Signale empfangen können. Eine weitere Funktion ist die vollständige Transparenz unserer Systeme. So ist jederzeit ersichtlich, welcher Aktor sich in welchem Zustand befindet und welche Aufgabe gerade ausgeführt wird.

All dies hilft uns, die Sicherheitssysteme unserer Kunden zu einem mächtigen und intelligenten Organismus weiterzuentwickeln, der zu einer intelligenten Sicherheit beiträgt und Reaktionszeiten, Qualität und damit die Sicherheit selbst deutlich verbessert.

Lassen Sie uns noch über das Thema Kosteneffizienz sprechen – in welchen Bereichen kommt das besonders zum Tragen? 

Aleksej Tokarev: Wie bereits erwähnt, kommen unsere Roboter in einer Vielzahl von Branchen zum Einsatz, die alle vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Es ist wichtig zu verstehen, dass unsere Roboter autonome, mobile Plattformen sind, die mit verschiedenen Nutzlasten ausgestattet werden können und somit eine Vielzahl an Aufgaben – auch parallel – bewältigen können. 

Wir bieten verschiedene Preismodelle an, die sich nach dem eingesetzten System und der Einsatzdauer richten. So können Kosteneinsparungen von 17 % bis 45 % erreicht werden, in manchen Fällen sogar über 50 %. Beispielsweise kann ein Roboter bei der Perimeterüberwachung vollständig einen Mitarbeiter ersetzen. Diese Person kann dann entweder an einem anderen Standort eingesetzt oder in eine Position befördert werden, in der menschliche Expertise gefragt ist. Dadurch gewinnt der Kunde doppelt: eine verbesserte Sicherheitsabdeckung durch den Roboter und eine optimierte Bearbeitung anderer Projekte, in denen personelle Engpässe bestehen.

Inwieweit sind Roboter geeignet, den Fachkräftemangel auszugleichen? Hier geht es ja auch um den Wandel von Berufsbildern in der Sicherheitsbranche? 

Aleksej Tokarev: Roboter bieten eine wertvolle Unterstützung zur Bewältigung des Fachkräftemangels in der Sicherheitsbranche, da sie zahlreiche Aufgaben übernehmen können, die traditionell von Sicherheitspersonal ausgeführt werden. Besonders in Bereichen wie der Perimeterüberwachung und dem Objektschutz haben sich Roboter als verlässliche Helfer erwiesen. Diese Entlastung ermöglicht es, das vorhandene Personal gezielter in Positionen einzusetzen, in denen ihre spezifischen Kenntnisse und menschliche Entscheidungsfähigkeiten besonders wertvoll sind. 

Mit der Einführung neuer Technologien verändert sich auch der Bildungsbedarf in der Branche. Roboter und KI-Systeme müssen fachgerecht eingesetzt, gewartet und optimiert werden – was die Entstehung neuer Berufsbilder nach sich ziehen wird. Hier entstehen Tätigkeiten, die spezifische Kenntnisse im Umgang mit Robotik und Künstlicher Intelligenz erfordern. So eröffnen sich neue Karrieremöglichkeiten für Mitarbeiter, die technologische Kompetenzen in Bereichen wie Robotik-Management, Datenanalyse und Systemwartung aufbauen möchten.

Langfristig betrachtet, fördern Roboter eine Weiterentwicklung des Berufsbildes im Sicherheitssektor. Während die Roboter monotone und oft auch gefährliche Aufgaben übernehmen, kann sich das Personal auf anspruchsvollere Tätigkeiten konzentrieren, die Flexibilität, Kreativität und schnelles Urteilsvermögen erfordern. Dies führt zu einer Win-win-Situation: Die Sicherheit wird durch den Einsatz von Robotern erhöht, und die Beschäftigten können sich weiterqualifizieren und in zukunftssichere Rollen entwickeln, was die Attraktivität der Sicherheitsbranche als Berufsfeld nachhaltig stärkt. 

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