Innere Sicherheit: Anschlagsvorhaben ausermittelt, trotzdem keine Entwarnung

Zur aktuellen Gefährdungslage äußert sich der Bundesinnenminister Thomas de Maizère wie folgt: "Am 17. November des vergangenen Jahres hatte ich bundesweit außenwirksame Schutzmaßn...

Bundesinnenminister de Maizière äußert sich zur aktuellen Gefährdungslage -...
Bundesinnenminister de Maizière äußert sich zur aktuellen Gefährdungslage - Anschlagsvorhaben ausermittelt, aktuell keine Gefährdung, trotzdem keine Entwarnung (Foto: BMI/Hans-Joachim M. Rickel)

Zur aktuellen Gefährdungslage äußert sich der Bundesinnenminister Thomas de Maizère wie folgt: "Am 17. November des vergangenen Jahres hatte ich bundesweit außenwirksame Schutzmaßnahmen angeordnet und öffentlich vor möglicherweise bevorstehenden terroristischen Anschlagsszenarien gewarnt. Mit meinen Länderkollegen war und bin ich mir darin einig. Heute wende ich mich erneut an die deutsche Öffentlichkeit, weil wir es verantworten können, die öffentlich wahrnehmbare polizeiliche Präsenz zurückzufahren, wenngleich kein Anlass zur Entwarnung besteht.

Unserer Einschätzung liegen folgende Erwägungen zu Grunde:
Seit Mitte des letzten Jahres hatten wir eine erhöhte Gefährdung deutscher Interessen im In- und Ausland durch den islamistischen Terrorismus feststellen müssen. Daraufhin und darauf haben die Sicherheitsbehörden intensiv, professionell mit lageangepassten und öffentlich nicht wahrnehmbaren Maßnahmen reagiert.

Am 17. November 2010 habe ich Sie über die intensiviertere Gefährdungslage in Deutschland informiert und Ihnen mitgeteilt, dass aus eigenem Informationsaufkommen und aus Hinweisen ausländischer Partnerbehörden eine neue Situation entstanden war, die uns zu einer Veränderung in der Beurteilung der Sicherheitslage veranlasst hatte. Diese neue Lage machte es erforderlich, ergänzend zu den bis dahin weitgehend verdeckt ergriffenen Maßnahmen auch öffentlich wahrnehmbare Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Die Gründe für diese bis heute anhaltenden Maßnahmen waren insbesondere folgende:

1. der versuchte Anschlag auf den internationalen Frachtflugverkehr durch den Versand von Sprengsätzen in gebrauchten Druckern aus dem Jemen Ende Oktober, von denen Deutschland zwar nicht zielgerichtet, aber doch unmittelbar durch die Verladung eines Paketes auf dem Flughafen Köln/Bonn betroffen war.

2. Der Hinweis eines ausländischen Partners, wonach für Ende November ein Anschlagsvorhaben vorgesehen sein sollte sowie

3. eigene Ermittlungsergebnisse des Bundeskriminalamtes zu mutmaßlichen Anschlagsplanungen von Islamisten in Deutschland. Ich hatte Gelegenheit genommen, das ausführlicher darzustellen.

4. Darüber hinaus sind weitere eigene Erkenntnisse sowie aktuelle Hinweise ausländischer Partnerbehörden seit dem 17. November 2010 neu hinzugekommen, die auf eine zusätzliche Verdichtung der Gefährdungssituation um die Weihnachtstage und den Jahreswechsel hindeuteten.

Mit den einzelnen Hinweisen sind wir wie folgt umgegangen:

Zum 1. Hinweis: Auf den Versand von Sprengsätzen aus dem Jemen wurden zunächst umgehend die Kontrollen im Frachtbereich erhöht. Die zusätzlich ausgesprochenen Verbote für Frachtflüge aus dem Jemen nach Deutschland haben aktuell noch Bestand; ebenso das Verbot von Frachtzuladungen in Passagier-Maschinen aus dem Jemen.
Weiterhin wurden hochrangige Arbeitsgruppen auf EU-Ebene sowie in Deutschland eingerichtet, um kurzfristig europaweite gemeinsame, aber auch nationale Maßnahmen zu erarbeiten. Die Ergebnisse sind Ihnen bekannt. Sie werden umgesetzt.

Zum 2. Hinweis: Nach dem Hinweis eines ausländischen Partners, der uns direkt nach dem Jemen-Vorgang erreicht hat und von unseren Sicherheitsbehörden als ernst zu nehmend eingestuft worden war, sollte Ende November ein mutmaßliches Anschlagsvorhaben in Deutschland umgesetzt werden. Dank der intensiven Zusammenarbeit der Sicherheitsbe­hörden des Bundes und der Länder, aber auch dank der Kooperation auf internationaler Ebene konnten die damit im Zusammenhang stehenden möglichen Gefährdungen zwischenzeitlich ausermittelt werden.
Eine besondere Gefährdung für die Sicherheit in Deutschland wird nach abgestimmter Bewertung der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder in diesem Vorgang nun nicht mehr gesehen.

Zu den restlichen Hinweisen, auch neuen Hinweisen: In diesen, auch neuen, Fällen haben die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder konkrete Ermittlungsansätze, die intensiv, aber zur Zeit eben besser verdeckt verfolgt werden; hierzu bedarf es keiner offenen und öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen.

Die Sicherheitsbehörden kommen daher im Ergebnis zu der gemeinsamen aktuellen Bewertung, dass eine allmähliche und lageangepasste Verringerung der am 17. November 2010 bundesweit eingeleiteten außenwirksamen Maßnahmen möglich ist. Zudem behalten wir uns neben verdeckten Maßnahmen ausdrücklich vor, gemeinsam mit den Ländern situations- und lageangepasst jederzeit wieder verstärkt auch mit öffentlichkeitswirksamer Präsenz auf besondere Bedrohungen oder bestimmte Gefährdungspotentiale und Gefährdungsspitzen zu reagieren - sei es bundesweit oder nur regional und temporär.

Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder werden sich hierzu kontinuierlich abstimmen. Eine Entwarnung kann ich also in absehbarer Zeit nicht in Aussicht stellen. Die sichtbare Polizeipräsenz kann aber zurückgeführt werden.

Unsere Bevölkerung hat Vertrauen in die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden gezeigt, als sie ruhig und besonnen auf meine Warnhinweise reagierte. Die Bürgerinnen und Bürger haben ihre freiheitliche Lebensführung beibehalten und der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus damit die von diesen beabsichtigte Spitze genommen. Hierauf können wir gemeinsam stolz sein. Ich bin dafür von Herzen dankbar.

Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob unsere Maßnahmen einen Anschlag verhindert haben. Eine gute Wirkung hatten Sie allemal.
Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder haben hervorragende gemeinsame Arbeit geleistet und leisten sie weiterhin. Dafür spreche ich ihnen meinen ausdrücklichen Dank und meine Anerkennung aus. Wir werden auch weiterhin zusammen und im Austausch mit unseren internationalen Partnern allen Spuren und Hinweisen mit hoher Intensität nachgehen, um jedwede Bedrohung für unser Land und für die Menschen in unserem Land nach Kräften abzuwenden. Eine Garantie dafür gibt es aber nicht."

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