Hochleistungslaser mit Sicherheit - Pilz entwickelt Sicherheitslösung für Laser-Testzentrum

Die Meyer Werft in Papenburg zählt zu den modernsten Werften der Welt. Mit ihren innovativen und effizienten Produktionstechniken genießt sie in der Schiffbaubranche einen ausgezei...

Die Meyer Werft in Papenburg zählt zu den modernsten Werften der Welt. Mit ihren innovativen und effizienten Produktionstechniken genießt sie in der Schiffbaubranche einen ausgezeichneten Ruf. Das Ausdocken großer Kreuzfahrtschiffe und deren Passage über die Ems haben seit Jahren Prozessionscharakter. Weil man Fertigungs­technologien und Qualitätsstandards weiter optimieren will, baute man auf der Meyer Werft 2012 ein eigenes Forschungslabor für Hochleistungs-Laserschweißtechnik auf. Da beim Lasern der höchsten Gefahrenstufe die Sicherheitsanforderungen extrem hoch sind, hat der Komplettanbieter für die sichere Automation Pilz die erforderlichen technischen System­komponenten geliefert und für das gesamte Projektmanagement verantwortlich gezeichnet.

Auf der Meyer Werft ist alles etwas größer als in gewöhnlichen Fertigungsstätten: Die größte Produktionshalle ist 504 Meter lang, rund 125 Meter breit und 75 Meter hoch. Die hier in Bau befindlichen oder in der Vergangenheit ausgedockten Schiffe zählen zu den größten der Welt. Der Erfolg des Unternehmens basiert ganz wesentlich auf dem Einsatz modernster Technologien in allen Bereichen des Planungs- und Fertigungsprozesses.

Moderne Laserverfahren sichern ­Qualität
Stahl ist eine der wichtigsten Ressourcen im Schiffbau. Der Schiffbaustahl wird in Grundplatten der Größe 10 mal 3 Meter mit einer Stärke zwischen 5 und 30 mm direkt vom Stahlwerk angeliefert. Auf der Meyer Werft setzt man seit rund 20 Jahren konsequent auf Laserschweißtechnologie, um die einzelnen Segmente miteinander zu verbinden. Die Meyer Werft hat mit dem MSG-Laserhybridschweißverfahren ein spezielles Verfahren entwickelt, das moderne Laserstrahltechnik mit dem konventionellen Metall-Schutzgas-Schweißverfahren verknüpft. Die Vorteile dieses Verfahrens sind die hohe Schweißgeschwindigkeit, der geringere Verzug durch weniger Wärmeeinbringung, die verbesserte Festigkeit sowie eine hohe Stabilität der Schweißnähte. Im Ergebnis ist das MSG-Laserhybridschweißen deutlich kostengünstiger als herkömmliche Verfahren. Im Laserzentrum der Meyer Werft sind gleich sieben große Laserschweißanlagen mit jeweils bis zu 12 kW Leistung im Einsatz. Über eine Länge von 30 Meter fügen portalgeführte Laser der hochgradig automatisiert Metallplatten aneinander.

Laser-Testlabor verlangt besondere ­Sicherheitsfeatures
Weil man auf der Meyer Werft weiß, dass nur beständige Innovation die Wettbewerbsfähigkeit sichert, wurde 2011 entschieden, ein neues Testzentrum für das 3D-Laserschweißen aufzubauen. In diesem Labor will man mit Hochleistungslasern neue Fertigungsverfahren entwickeln und testen, um so in Zukunft Prozesse noch produktiver und effizienter gestalten zu können. Da es sich hier um einen flexiblen Versuchsaufbau handelt, mussten im Vorfeld sämtliche Risiken und potenzielle Gefahren ermittelt werden, die der Betrieb einer solchen Anlage mit sich bringt. Die Meyer Werft beauftragte den Sachverständigen für Lasertechnik und Lasersicherheit Prof. Dr. Ing. Klaus Dickmann von der Fachhochschule Münster mit der Erstellung eines grundlegenden sicherheitstechnischen Gutachtens. Das Gutachten listet sämtliche ersichtlichen Risiken auf, gemäß der EU-Richtlinie für Lasersicherheit ­­­DIN EN 60825 müssen geeignete Maßnahmen zur Risikominderung und Gefahrenabwehr in Angriff genommen werden. „Das war auch für uns Neuland: Beim geplanten Labor mussten wir eine ganzheitliche und flexible Sicherheitslösung neu entwickeln, da alle aktuellen und zukünftigen Laseranwendungen möglich sein sollten.", sagt Frank Boekhoff, Leiter des Fachbereiches Fügetechnik der Abteilung Forschung & Entwicklung der Meyer Werft. Ein intelligentes Sicherheitskonzept muss schließlich sowohl den für ein Forschungslabor notwendigen größtmöglichen Frei- und Gestaltungsspielraum als auch den höchstmöglichen Grad an Sicherheit bieten.

Sichere Komplettlösung und ­Dienstleistung aus einer Hand
Im Laserlabor auf dem Gelände der Meyer Werft ist ein Hochleistungs-Laser der Klasse 4 mit 10 kW im Einsatz. Aufgrund der hohen Intensität der Strahlung dieses Lasers besteht im Falle der Exposition eine Gefahr für den Menschen. Für das rund 4 mal 4 Meter große Labor, in dem der Laser in Kombination mit einem Sechsachs-Roboter agiert, forderte das Gutachten lichtdichtes Mauerwerk, welches in der worst-case Betrachtung dem fokussierten Laserstrahl mind. 10 Sekunden standhalten muss, eine doppelwandige Ausführung von Türen und Fenstern inklusive der Einbindung von aktiven Lasersensoren, sowie einen separat geschützten Bedien- und Kontrollraum. Damit war zunächst die grundlegende passive Sicherheit angesprochen, doch das allein bietet noch keinen ausreichenden Schutz im Sinne der EU-Richtlinie für Lasersicherheit. Das Gutachten wies auch darauf hin, dass Zugänge gegen unbefugtes Öffnen zu sichern seien und unzweifelhaft sichergestellt sein müsse, dass sich beim Start der Lasereinheit niemand mehr im Testraum aufhält. Eine Aufgabe, die es nicht mit Technik allein, sondern auch mit breiter Kompetenz und Erfahrung im Bereich anspruchsvoller Sicherheitslösungen zu realisieren galt. Als Anbieter kompletter sicherer Automatisierung beauftragte man das Unternehmen Pilz aus Ostfildern. Gemeinsam mit den Ingenieuren der Meyer Werft entwickelte Pilz eine exakt auf die Bedingungen des Labors zugeschnittene Sicherheitslösung. „Wir brauchten eine zuverlässige Lösung, die die Signale sämtlicher Sicherheitsschalter, des Lasers, Roboters und Fensters überwacht. Im Ernstfall muss das System innerhalb von Sekundenbruchteilen abschalten.", fasst Frank Boekhoff die gestellten Anforderungen zusammen.

Sicherheitslösung aus Steuerung und Sensorik
Kernstück der von Pilz entwickelten Lösung ist das Automatisierungssystem PSS 4000 für Sicherheit und Standard. Als zentrale Instanz managt dieses vielseitige, in der Maschinenbaubranche erprobte System, einfache wie komplexere Automatisierungsaufgaben und steht für ein optimales Zusammenspiel von Hardware- und Software-Komponenten.

Im Testlabor überwacht die Steuerung ­­PSS universal PLC des Automatisierungssystems PSS 4000 sicherheitsrelevante Signale wie Betriebsart, Not-Halt, Schutztüren mit Verriegelung. Das Labor aus lichtdichtem doppelwandigem Mauerwerk lässt Laserstrahlen innerhalb der vorgegebenen Zeit nicht passieren, dazu sind die Türen und Fenster mit Lasersensoren ausgerüstet: Trifft der Laserstrahl, aus welchem Grund auch immer, auf eines dieser Elemente, registriert dies der Lasersensor: Die Auswertung bzw. die Abschaltung des Lasers erfolgt innerhalb von Sekundenbruchteilen durch das Automatisierungssystem PSS 4000, das direkt in den Not-Halt-Kreis des Lasergerätes eingebunden ist.

Damit mutwilliges oder versehentliches Öffnen der beiden Zugangstüren nicht zu Gefährdungen führt, sind diese mit dem sicheren Schutztürsystem PSENsgate, ebenfalls von Pilz, gesichert. Dieses kombiniert die sichere Schutztürüberwachung mit sicherer Zuhaltung in einem System, dazu zählen Funktionen wie Not-Halt und Fluchtentriegelung. Dabei erfüllt es höchste Sicherheits-Anforderungen bis Performance Level (PL) e bzw.

Sicherheitsintegritätslevel (SIL) 3. Eine versehentlich eingeschlossene Person kann den Gefahrenbereich somit problemlos verlassen, ein erneutes Anfahren der Anlage ist erst dann möglich, wenn über mehrere Sicherungs- und Quittierfunktionen zweifelsfrei feststeht, dass sich niemand mehr im Testlabor befindet. Unterstützt wird dies durch mehrere im Arbeitsbereich installierte Not-Halt-Taster, eine Signallampe sowie durch eine installierte Warnhupe, die ein bevorstehendes Wiederanfahren akustisch ankündigt. Über das Verbindungsfenster zum Kontrollraum sowie über mehrere installierte Kameras hält der Anlagenbediener zusätzlich Sichtkontakt mit dem Laborraum. Über den Betriebsartenwahlschalter PITmode von Pilz ist die Anlage von autorisierten Personen in verschiedenen Betriebsmodi bedien- und steuerbar. PITmode bietet gleich zwei Funktionen: die Wahl der Betriebsart und die Regelung der Zugangsberechtigung zur Maschine. Als Betriebsartenwahlschalter ermöglicht er das Umschalten zwischen definierten Betriebsarten. Dabei erhält jeder Bediener die seinen Fähigkeiten und Qualifikationen entsprechenden Maschinenfreigaben, so dass auf diese Weise ein hoher Manipulationsschutz gegeben ist. Die Aufgabe der Steuerungen PSS universal PLC ist es dabei, die sicheren und nicht sicheren Signale zu überwachen und im Gefahrenfall für die sofortige Abschaltung zu sorgen.

Umfassende Beratung und Dienst­leistung bringt Vorteile
Da für dieses Projekt ein sehr individueller Lösungsansatz gefragt war, lag ein weiterer Schwerpunkt für Pilz auf der Beratung und Dienstleistung. Beginnend mit der Konzeptionsphase übernahm der Komplettanbieter für die sichere Automation das gesamte Projektmanagement und zeichnete von der Bauleitung, Bauaufsicht, Montagebegleitung bis hin zur Inbetriebnahme und Abnahme der Anlage verantwortlich. Im Rahmen der Hardwarekonstruktion leistete Pilz die technische Abklärung, die Erstellung des Stromlaufplanes, die Auf­stellung der Stückliste sowie die Dokumentation in elektronischer Form. Die Softwareprojektierung umfasste Leistungen wie technische Abklärung, Pflichtenhefterstellung, Designspezifikation, Codierung des Applikationsprogramms sowie die Vorbereitung des Protokolls zur Validierung (SafetyCheck). Die Planung und Fertigung des Schaltschranks, des Bedienpults und die Verifikation des erreichten Performance-Levels nach DIN EN ISO 13849-1 runden das Leistungsbild ab. „Die gewählte sichere Komplettlösung mit PSS 4000 ist zuverlässig und praktikabel, die mechanischen Komponenten topp. Pilz hat mit seinen Dienstleistungen aus einer Hand seine breite Kompetenz in Sachen Automatisierung, Sicherheit und Kundenausrichtung eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht.", fasst Frank Boekhoff das Ergebnis zusammen - und lässt erkennen, dass Pilz auch zukünftig bei der Meyer-Werft an Bord sein wird.

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