Internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Gefahren für die Wirtschaft

Internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Gefahren für die Wirtschaft. Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist eine der drängendsten Aufgaben unserer Zeit. Ebenso...

Internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Gefahren für die Wirtschaft. Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist eine der drängendsten Aufgaben unserer Zeit. Ebenso wie andere neuartige Bedrohungen stellt er die Handlungsfähigkeit der Nationalstaaten zunehmend auf den Prüfstand: Globale Entwicklungen wirken sich immer mehr auf lokaler Ebene aus und umgekehrt. Außerdem haben die neuen Verwundbarkeiten moderner Industriegesellschaften und die rasante weltweite Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnologien die Kriminalität und die daraus resultierenden Gefahren für die Wirtschaft verändert. Ein Beitrag von Prof. Dr. Jürgen Stock.

Zwar sind die Unternehmen heute nach wie vor durch klassische Felder der Kriminalität zum Nachteil der Wirtschaft, Geldwäsche und Korruption gefährdet. Hinzugekommen sind jedoch neue Bedrohungen durch Kriminalitätsformen mit einem enormen Schadenspotenzial: Delikte, die unter Ausnutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnik oder gegen diese begangen werden (IuK-Kriminalität).

Bei Straftaten mit dem Merkmal „Tatmittel Internet“ verzeichnen wir einen deutlichen Trend hin zur Nutzung des Internets auch bei der Begehung von Wirtschaftsstraftaten. Deutsche Unternehmen sehen sich zudem, auch durch ihr verstärktes Auslandsengagement, weiteren Risiken außerhalb Deutschlands ausgesetzt, von Entführungen bis hin zu terroristischen Anschlägen.

Die Bedrohungsszenarien, denen wir uns stellen müssen, sind also vielfältig. Dabei haben klassische und neue Bedrohungen eins gemein: die internationale Dimension der Tatbegehung.

Internationale polizeiliche Zusammenarbeit

Sicherheit ist heute in immer größerem Umfang das Ergebnis eines international abgestimmten Vorgehens. Den Netzwerken der Straftäter müssen wir ein Netzwerk der Sicherheitsbehörden entgegensetzen, die ihre Informationen austauschen und gemeinsam handeln. Das gleiche Prinzip gilt für die private Organisation von Sicherheit, soweit sie einen internationalen Bezugsrahmen hat. Bei der internationalen polizeilichen Kooperation sind für Deutschland zum einen institutionalisierte Zusammenarbeitsformen mit anderen EU-Staaten auf der Grundlage bilateraler Polizeiverträge von Bedeutung, wobei es u. a. um den unbürokratischen, zügigen Informationsaustausch geht.

Zum anderen wird der Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union eine hohe Priorität eingeräumt. So wird der Kerngedanke des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) vom 19.06.1990, „Freiheit im Innern durch rigide Kontrollen an den Außengrenzen“, von den mittlerweile 24 Schengen-Staaten konsequent umgesetzt. Zum Ausgleich des Wegfalls der Kontrollen an den Binnengrenzen wurden Maßnahmen, wie die Einrichtung eines gemeinsamen elektronischen Fahndungssystems, das Schengener Informationssystem (SIS), geschaffen.

Der am 27.05.2005 von Belgien, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Spanien und Deutschland unterzeichnete Vertrag von Prüm ermöglicht die Vernetzung von nationalen DNA-, Fingerabdruck- und Kraftfahrzeugregistern.

Erste Ergebnisse eines elektronischen Abgleichs der Daten führten bereits zur Aufklärung schwerer Straftaten. Auch das europäische Polizeiamt Europol ist eine unverzichtbare Institution geworden, da es die Mitgliedstaaten z. B. mit zukunftsorientierten prognostischen Gefährdungsanalysen zum Terrorismus und zur Organisierten Kriminalität unterstützt.

Von herausragender Bedeutung ist zudem die IKPO-Interpol. Sie ist nicht nur der älteste, sondern mit seinen 186 Mitgliedstaaten auch der größte multilaterale Kooperationsrahmen für die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit. IKPO-Interpol stellt den Geschäftsweg für den weltweiten Austausch polizeilicher Informationen dar und leistet einen wichtigen Beitrag für die internationale Fahndung nach Personen und Sachen.

Zur Bekämpfung internationaler Kriminalitätsformen wie der organisierten Rauschgiftkriminalität verfolgt das BKA u. a. die sog. Vorverlagerungsstrategie. Sie beruht auf dem Gedanken, Straftaten nicht erst im Inland, sondern bereits in den Herkunfts- und Transitländern zu bekämpfen. Einerseits geht es um Informationen über sozioökonomische und -politische Entwicklungen in diesen Staaten und deren Auswirkungen auf die Kriminalitätsentwicklung in Deutschland und Europa, die wir u. a. durch unser weltweites Netz von Verbindungsbeamten erlangen.

Andererseits wird konkrete Ausbildungs- und Ausstattungshilfe für die Polizeien der betroffenen Länder geleistet, zur Steigerung von deren Leistungsfähigkeit bei der Kriminalitätsbekämpfung und der Grenzsicherung sowie zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.

Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

Zum Ausbau seiner Früherkennungskompetenz bindet das BKA immer stärker private Akteure ein. Zusätzlich zu den bewährten Formen der Zusammenarbeit mit Vereinen und Verbänden der Wirtschaft – an erster Stelle ist hier die Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit der Wirtschaft (ASW) als strategischer Partner zu nennen – sowie der Informationsübermittlung durch die Securicon GmbH, befinden wir uns seit 2006 in einem intensiven direkten Dialog mit deutschen „Global Playern“.

Neben gegenseitigen Informationsbesuchen bestehen bilaterale Kooperationen einzelner Fachbereiche (z. B. Finanzermittlungen, Kriminaltechnik) mit Einzelunternehmen und Kontakte zwischen Firmenvertretern und BKA-Verbindungsbeamten im Ausland.

Sicherheitsforschung

Will man die Voraussetzungen beeinflussen, aus denen sich primäre, strukturelle oder situative Bedingungen von Kriminalität entwickeln, ist Sicherheitsforschung unverzichtbar. Das BKA – sowohl Nutzer von Sicherheitsforschung als auch Forschungsinstitution – thematisiert kriminalpräventive Zielsetzungen in Zusammenarbeit mit Verbänden, Institutionen und Vereinen und entwickelt Strategien, um potenziellen Straftätern den Einsatz neuer Technologien für ihre kriminellen Zwecke zu erschweren.

Wesentliche Impulse gehen heute von der Europäischen Kommission aus. Diese stellt bis 2013 im Rahmen des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms rund 1,4 Milliarden Euro für entsprechende Projekte zur Verfügung.

Bei der inhaltlichen Schwerpunktsetzung wird die Kommission von einem rund 70-köpfigen Expertengremium mit Vertretern von Industrie, Wissenschaft und den Nutzern von Sicherheitssystemen, dem „European Security Research and Innovation Forum“ (ESRIF), beraten.

Derzeit arbeiten 11 Arbeitsgruppen u. a. an den Themen „Sicherheit der Bürger“, „Sicherheit kritischer Infrastrukturen“, und „Grenzsicherheit“.

Die Bundesregierung hat 2007, wie zehn weitere europäische Staaten, ein korrespondierendes nationales Sicherheitsforschungsprogramm beschlossen, das ebenso wie das europäische die Notwendigkeit einer multidisziplinär angelegten Sicherheitsforschung betont, die technische und sozialwissenschaftliche Fragestellungen miteinander verknüpft.

Bereits der hohe Grad an Vernetzung der Akteure der Sicherheitsforschung kann als großer Erfolg gewertet werden.

Fazit

Die weltweit veränderten Bedrohungslagen werfen neue Fragen auf, die von Sicherheitsbehörden und auch privaten Akteuren neue Antworten erfordern. Für das BKA steht fest: Wir müssen auf allen Ebenen neue Allianzen bilden, vor allem aber die internationale Kooperation ausbauen. Sicherheitsbehörden und Privatwirtschaft müssen ihre Zusammenarbeit weiter intensivieren, um mit dem rasanten Tempo der Kriminalitätsentwicklung Schritt zu halten.

Kontakt

Prof. Dr. Jürgen Stock
BKA Wiesbaden
info@bka.de
www.bka.de

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