Zuversicht in Nürnberg: Ein Stimmungsbild der SPS 2023
Alles auf der SPS 2023 zeigte deutlich in Richtung Vor-Corona-Niveau: Die Aussteller- und Besucherzahlen haben laut Messebetreiber Mesago Messe Frankfurt deutlich zugelegt. Mehr als 50.000 Besucher sowie 1229 Aussteller verteilten sich auf 16 Messehallen mit einer Ausstellungsfläche von 128.000 m². Auch das Rahmenprogramm und die digitale Begleitplattform „SPS on air“ verzeichneten eine sehr gute Resonanz – trotz des bundesweiten Lokführerstreiks und den damit verbundenen erschwerten An- und Abreisebedingungen. So viel zur Statistik. Und wie war die Stimmung? Was trieb die Branchenteilnehmer abseits von den großen Schlagworten um? Dr. Timo Gimbel, Redakteur der GIT SICHERHEIT, hat sich das genauer angeschaut.
Es herrschte wieder ein gewohnt geschäftiges Treiben in den gut gefüllten Nürnberger Messehallen – vor allem am zweiten Messetag waren durchaus Slalomkünste gefordert, wenn es schnell gehen musste und die Termine eng getaktet waren. Entsprechend positiv fiel bei nahezu allen Ausstellern, mit denen wir gesprochen haben, das Fazit aus: Zahl und Qualität der Kontakte hatten die Teilnahme an der SPS 2023 voll und ganz gerechtfertigt. In einigen Fällen hatten Aussteller nach eigener Aussage insbesondere am zweiten Messetag sogar Rekorde bei der Anzahl der Leads zu verzeichnen.
Übervolle Lager, Kurzarbeit und dennoch kein Grund für schlechte Laune
Die Panik- und Hamsterkäufe, zu denen es wegen der Lieferengpässe in den vergangenen Jahren gekommen war, führen nun bei vielen Produzenten zu einem Einbruch bei den Auftragseingängen. Die Lager sind randvoll und die entsprechenden Bestände müssen erst nach und nach abgebaut werden. Für viele der betroffenen Unternehmen ist daher 2024 zunächst einmal Kurzarbeit angesagt. Dabei handelt es sich aber eher um eine vorbeugende Maßnahme, wie einige unserer Gesprächspartner einräumten, um kein Personal entlassen zu müssen, bis sich die Situation wieder entspannt hat. Dennoch: Die Erwartung, dass es in absehbarer Zeit zu einer Entspannung kommen wird, begründete letztlich auf Seiten der Aussteller die überwiegend optimistischen, wenn auch vorsichtigen Erwartungen. Denn sobald die Bestände in den Lagern aufgebraucht sind, rechnet die Branche mit einem neuerlichen Anziehen der Nachfrage.
Cyber Security in der OT – ein wachsender Markt
Eines der beherrschenden Themen auf der diesjährigen SPS war das Thema Cyber Security im Speziellen bzw. das Thema Industrial Security im Allgemeinen. Die Zahl der Hackerangriffe auf deutsche Unternehmen hat auch im vergangenen Jahr weiter deutlich zugenommen. Zudem gehen entsprechende Angreifer immer professioneller vor, insbesondere wenn sie von staatlichen Akteuren wie Russland und China gelenkt bzw. unterstützt werden. Ein Angriff auf die Produktion und die dazu nötige operative Technik (OT), kann für ein Unternehmen schnell zu einer existenziellen Bedrohung werden und zugleich dazu führen, dass das firmeninterne Know-how in unbefugte Hände gerät.
Hinzukommt, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen die Komponentenhersteller, Maschinenbauer und Betreiber nun ebenfalls verstärkt zum Handeln zwingen. Insbesondere die neue EU-Maschinenverordnung, NIS 2 sowie der Cyber Resilience Act haben weitgehende Auswirkungen auf die zukünftigen Sicherheitsanforderungen von Maschinen- und Anlagen. Doch groß ist gegenwärtig nicht nur die Unsicherheit, wie diesen neuen Anforderungen zu begegnen ist. Auch auf dem Markt tummeln sich eine ganze Reihe größerer und kleinerer Anbieter, die verschiedenste Produkte sowie Lösungen für mehr Cyber Security in der OT versprechen – ein Umstand, der sich auch auf der diesjährigen SPS deutlich zeigte.
Welcher der zahlreichen Lösungsansätze und welche Anbieter sich letztlich durchsetzen werden, wird die Zukunft weisen. Jedoch zeigt die Entwicklung deutlich, dass Cybersicherheit in der OT mit der fortschreitenden Digitalisierung eine immer zentralere Rolle spielt und spielen wird. Ganz in diesem Sinne startete Mesago bereits im Januar 2024 unter dem Titel „Industrial Security“ die erste Session seiner neuen Webinar-Reihe „SPS Technology Talks“. Wer den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, ist sicherlich gut beraten, hier einen Blick rein zu werfen.
Fortsetzung bestehender Trends
Neben dem Thema Cyber Security war die SPS vor allem durch die Fortsetzung bestehender Trends gekennzeichnet. Nach wie vor stellt die Digitale Transformation bzw. Industrie 4.0 die Rahmenbedingungen bei Forschung und Entwicklung in der Automation. Dies zeigte sich auch deutlich im Vortragsprogramm der SPS 2023, das in diesem Jahr an drei Messeforen an den Start ging. Die dominierenden Themenfelder waren unter anderem Industrielle Kommunikation, Safety & Industrial Security sowie Daten- und KI-Konzepte zur Steuerung und Visualisierung.
Auch das Thema Nachhaltigkeit war in diesem Jahr erneut ein Fokusthema. Wohl auch, um die eigene Glaubwürdigkeit zu erhöhen und dem Vorwurf des Greenwashings zu begegnen, fiel die Kommunikation von Seiten der Unternehmen gefühlt jedoch weitaus weniger offensiv aus als in den vergangenen Jahren. Zumeist stand die Frage im Vordergrund, wie Nachhaltigkeit durch mehr Automation erreicht werden kann.
Die SPS 2024
Im neuen Jahr wird vom 12. bis 14. November wie immer auf dem Messegelände in Nürnberg stattfinden. Wer sich bis dahin auf dem Laufenden halten will, dem bietet die erwähnte neue Webinar-Reihe „SPS Technology Talks“, die über die digitale „SPS on air“ Plattform gestreamt wird, die passende Möglichkeit dazu.
Bis dahin heißt es aber vorerst den eigenen Rücken und die Füße schonen, damit diese auch im kommenden November das obligatorische Messefeeling bewältigen können. Ansonsten bleibt zu hoffen, dass die SPS sich auch im kommenden Jahr wieder als die Leitmesse für Automation präsentiert, als die die Besucher und Aussteller sie 2023 erleben konnten.
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