Security-Management bei Daimler Truck
Daimler Truck ging vor rund einem Jahr aus dem Daimler-Konzern hervor und wurde gleich im DAX gelistet. Das Sicherheitsmanagement ist geprägt vom Geist eines Start-ups. GIT SICHERHEIT im Interview mit Andreas Osternig, Global Head of Corporate Security & Chief Security Officer.
Das Unternehmen ist jung und alt zugleich: Es ging vor rund einem Jahr aus dem Daimler-Konzern hervor – und wurde gleich im DAX gelistet. Daimler Truck beschäftigt heute rund 100.000 Mitarbeiter an mehr als 40 Standorten weltweit. Das Sicherheitsmanagement ist geprägt vom Geist eines Start-ups. GIT SICHERHEIT sprach darüber mit Andreas Osternig, Global Head of Corporate Security & Chief Security Officer Daimler Truck.
GIT SICHERHEIT: Herr Osternig, zunächst einmal für alle, die hin und wieder dem Wirtschaftsteil ihrer Zeitung ungelesen beiseitelegen: Daimler Truck ist, anders als der traditionsreiche Klang seines Namens vermuten lässt – und auch der Umstand, dass es ein DAX-Wert ist – ein sehr junges Unternehmen...?
Andreas Osternig: In der Tat, ich bezeichne uns manchmal als ein DAX-notiertes Startup. Wobei dies nur ein Teil der Wahrheit ist und sich hauptsächlich auf die Eigenständigkeit als Wirtschaftsunternehmen bezieht. Viele unserer Standorte haben eine sehr lange und erfolgreiche Geschichte und waren maßgeblich auch für den Erfolg der Daimler AG der Vergangenheit mitverantwortlich.
Zum Unternehmen gehören weltweit etliche Standorte – mit jeweils eigenen Sicherheitsverantwortlichen. Geben Sie uns einen Überblick über die Struktur?
Andreas Osternig: Das Portfolio der Konzernsicherheit umfasst ein sehr weites und tiefes Feld. Um diese Themen bestmöglich auf die unterschiedlichen Bedürfnisse anpassen zu können, haben wir den Bereich Konzernsicherheit in einer Matrix-Struktur aufgestellt, die sich an den Vorstandsbereichen von Daimler Truck orientiert. Ergänzend dazu trägt die Konzernsicherheit in verschiedenen Themengebieten mit weiteren zentralen Fachbereichen bei Daimler Truck (z. B. Konzerndatenschutz) gemeinsame Verantwortung zu diversen Themen.
Sie, Herr Osternig, verantworten die Konzernsicherheit von Daimler Truck weltweit. Geben Sie uns ein paar Infos über Ihren Background?
Andreas Osternig: Ich bin mit einem betriebswirtschaftlichen Hintergrund vor über 20 Jahren über das Thema Brandschutz und Standortsicherheit in der chemischen Industrie in das Thema Sicherheit eingestiegen. 2004 folgte der Wechsel in den Automotive-Sektor und von da an durfte ich verschiedenste Funktionen in mehreren Unternehmen der Automotive-Branche übernehmen – lokal, national, international und jetzt weltweit.
Könnten Sie uns einmal grob skizzieren, was zu Ihren wesentlichen Aufgaben gehört und was Ihre Arbeit im Wesentlichen ausmacht?
Andreas Osternig: Der Schwerpunkt 2022 war, das erste Jahr von Daimler Truck als eigenständiges Unternehmen gemeinsam mit meinem Team zu gestalten. Das bedeutet, dass wir im Schwerpunkt alle Sicherheitsregelungen und -prozesse für die Daimler Truck AG entwickelt und eingeführt haben. Bei einzelnen Themen konnten wir auf die gemeinsame Historie mit der Mercedes-Benz Group zurückgreifen, bei anderen Themen war und ist es erforderlich, das Thema Sicherheit den Anforderungen unseres Unternehmens anzupassen.
Das Vorgehen war verbunden mit der sehr schönen Aufgabe, einen Teil des Teams der Konzernsicherheit neu zusammenzustellen. Auf der einen Seite haben wir eine sehr erfahrene Sicherheitsmannschaft der Produktionsstandorte, ein weiterer wichtiger Teil unseres Teams wechselte von Daimler in unser Unternehmen und diese beiden Gruppen wurden ergänzt durch Spezialistinnen, Spezialisten und Führungskräfte, die wir von extern für uns gewinnen konnten. Dadurch hat sich ein extrem guter Mix aus langjähriger Sicherheitserfahrung, Neugier, Internationalität gepaart mit einem Höchstmaß an Flexibilität und Begeisterung ergeben. Und das spürt man täglich.
Organisatorisch wurden natürlich auch wir mit der Fortschreibung der Covid-Schutzmaßnahmen sowie den Auswirkungen des Krieges gegen die Ukraine konfrontiert und gleich zu Beginn der „Unternehmensgeschichte“ in Sachen Krisenmanagement stark gefordert.
Herr Osternig, Sie haben mir in unserem Vorgespräch erzählt, dass es bei Daimler Truck einen regelrechten Start-up-Geist gibt. Wie macht sich das bemerkbar – beim Unternehmen insgesamt und speziell im Team der Konzernsicherheit?
Andreas Osternig: Das ist im gesamten Unternehmen spürbar – beginnend bei den Mitgliedern der Unternehmensleitung, die eine extrem pragmatische Arbeitsweise fordern und fördern, über flache Hierarchien und den direkten Zugang zum Top-Management bis hin zu extrem schlanken und schnellen Prozessen und vor allem Entscheidungsfindungen. Und das spiegelt sich auch bei uns in der Konzernsicherheit wider. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten mit großer Eigenverantwortung und haben die Möglichkeit, in ihrem Verantwortungsbereich selbstständig zu entscheiden. Häufig müssen wir uns in unserem Job schnell einen Überblick verschaffen, Abwägen und Entscheidungen treffen und dennoch flexibel bleiben um sie bei Bedarf anzupassen. Das erfordert eine hohe Belastungsfähigkeit, Flexibilität und offene Fehlerkultur der gesamten Mannschaft.
Ihre Arbeit war ja von der strukturellen Ablösung von Daimler geprägt. Welche Anpassungen waren hier nötig – und wie machte sich der Start-up-Spirit hier bemerkbar?
Andreas Osternig: Ein Teil unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich aktiv dazu entschieden, von Mercedes-Benz Group (vormals Daimler) zur Daimler Truck zu wechseln. Das hat ganz unterschiedliche und individuelle Gründe. So gab es teils den persönlichen Wunsch etwas zu verändern und neu zu gestalten – oder es stand der Wunsch im Vordergrund, Sicherheit in einem unbekannten Umfeld neu zu denken. Wieder andere wollten ihre langjährige Fach- und Führungserfahrung in einem neuen Unternehmen einbringen. Diese Mischung erzeugte die positive Aufbruchsstimmung, den Start-up-Spirit. Die Verantwortung, insbesondere der Führungsmannschaft ist es, diese maximal positive Stimmung nachhaltig weiter zu entwickeln.
Dazu gehörte auch die Neuorganisation des Bereichs Informationssicherheit und Cyber Security...?
Andreas Osternig: Die beiden Themen werden mit benachbarten zentralen Fachbereichen gemeinsam verantwortet und aktuell für Daimler Truck neu aufgestellt. Das betrifft sowohl die inhaltliche Auseinandersetzung, als auch die Organisationsformen und Zuständigkeiten. Auch hier gilt es, die optimale Arbeitsform für unser Unternehmen zu finden.
Zu den Klassikern unter den Sicherheitsaufgaben gehört das Krisen- und Notfallmanagement. Könnten Sie einmal die Tools und Prozesse skizzieren, die Sie diesbezüglich installiert haben?
Andreas Osternig: Im Bereich des Krisen- und Notfallmanagements haben wir uns im ersten Schritt sehr genau die Bedürfnisse und Anforderungen des Unternehmens angesehen, bevor wir in die konzeptionelle Arbeit eingestiegen sind. Hier konnten wir beispielsweise auch aus den Erfahrungen des Pandemiemanagements profitieren, das uns reale Szenarien geliefert hat, um konkrete Skalierungsgrößen des Notfall- und Krisenmanagements beleuchten zu können. Darauf aufbauend haben wir eine passgenaue Notfall- und Krisenmanagementorganisation im Unternehmen implementiert und die verantwortlichen Kolleginnen und Kollegen entsprechend trainiert. Das Modell wird durch Standards und technische Tools unterstützt und über regelmäßige Trainings und Audits überprüft.
Die Konzernsicherheit eines DAX-Unternehmen befasst sich natürlich auch beispielsweise mit der Sicherung der Hauptversammlung. Machen Sie das mit eigenen Mitteln oder arbeiten Sie mit Partnern zusammen?
Andreas Osternig: Die Aktionärshauptversammlung ist aus mehreren Perspektiven sicherlich die relevanteste Veranstaltung für ein DAX-Unternehmen. Die Konzernsicherheit ist für die sichere Durchführung der Hauptversammlung verantwortlich. Diese Riesenaufgabe ist in Alleinregie überhaupt nicht zu bewältigen. Es gibt daher bei Daimler Truck ein Organisations-Team, das sich mit großer Sorgfalt und viel Vorlauf mit der erfolgreichen Durchführung der Hauptversammlung 2023 beschäftigt. Sicherheitsfragen mit einem entsprechenden Sicherheitsnetzwerk mit unterschiedlichsten Akteuren zu diskutieren, zählt da ganz klar dazu.
Herr Osternig, Sie machen Ihren Job ganz offensichtlich mit großer Begeisterung – wohl auch, weil Sie bei Daimler Truck vieles neu und anders machen können?
Andreas Osternig: Das kann man so sagen. Die Fußballer würden es einen lupenreinen Hattrick nennen: Es fühlt sich wahnsinnig toll an, mit einem großartigen Team in einem großartigen Unternehmen diesen großartigen Job machen zu dürfen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Andreas Osternig ist Referent auf den Wiley Industry Days 2023 – mit einem Vortrag zum Thema
"Global Governance in der Corporate Security"
Wann? Dienstag, 14. März, 11:00-11:30 Uhr
Vortrag vormerken: https://events.bizzabo.com/WINDAYS2023/agenda/session/1030460
Business Partner
Daimler Truck AG
70771 Leinfelden-Echterdingen
Deutschland
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