Die letzten Tage in Paris - 10.000 Soldaten sichern die Olympischen Spiele 2024
45.000 Polizisten, 22.000 private Sicherheitskräfte und 10.000 Soldaten - Frankreich überlässt nichts dem Zufall, wenn es um die Sicherheit von Olympia 2024 in Paris geht. Dabei sollen es besondere Spiele werden: Zum ersten mal finden viele Wettkämpfe ebenso wie die Eröffnungsfeier nicht in einem Stadion statt, sondern mitten in der Stadt. Eine Mammutaufgabe für die Sicherheitsbehörden.
Im Vorfeld der 33. Olympischen Spiele in Paris wurden unglaubliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen: Hunderte Polizisten sorgen für strenge Verkehrsbeschränkungen im Stadtzentrum und den umliegenden Gebieten, in denen die Eröffnungszeremonie stattfinden wird. Wenige Tage vor Beginn der Spiele sind die ersten Athleten in Paris und im Olympischen Dorf eingetroffen, das zwischen den Gemeinden Saint-Denis, Saint-Ouen und Ile Saint-Denis nördlich von Paris liegt. Neben rigorosen Sicherheitskontrollen bei den Unterkünften der meisten Athleten gelten in der gesamten Hauptstadt strenge Sicherheitsmaßnahmen.
Der Zugang zu den Ufern der Seine wurde bereits eingeschränkt, da dort am Nachmittag des 26. Juli die Eröffnungszeremonie stattfinden wird. Die Schifffahrt auf dem Fluss wird dann insgesamt zwei Tage lang eingestellt sein, um die Sicherheit der Athleten, Offiziellen und Staats- und Regierungschefs zu gewährleisten.
Zutrittskontrolle für eine ganze Stadt
In einem nächsten Schritt des Sicherheitskonzeptes riegelten tausende französische Sicherheitskräfte einen sechs Kilometer langen Abschnitt der Pariser Innenstadt ab, um die aufwändige olympische Eröffnungszeremonie vorzubereiten. Darüber hinaus wurden 10 Metrostationen, die täglich von Tausenden Parisern und Touristen genutzt werden, geschlossen.
Einwohner, Touristen und Arbeiter können die sogenannten „sensiblen Gebiete“ nur betreten, wenn sie der Polizei einen QR-Code vorzeigen, der beweist, dass sie in dem Gebiet wohnen, eine Hotelreservierung, eine Restaurantreservierung oder eine Arbeitserlaubnis haben. Man kann hier sicherlich vom einem der größten Zutrittskontrollsysteme sprechen, das temporär auf eine komplette Stadt ausgerollt wurde.
Plan B für die Eröffnungszeremonie
Und nicht nur das stellt eine Superlative dar, denn zum ersten Mal bei den Olympischen Sommerspielen findet eine Eröffnung außerhalb des Stadions statt. Paris 2024 bricht mit der olympischen Tradition, indem es den Sport in die Stadt bringt und die Eröffnungszeremonie sogar auf die Seine. Die Stadt will sich in diesem außergewöhnlichen Moment mit allen ihren Sehenswürdigkeiten und historischen Bauwerken freiheitlich und weltoffen zeigen. Aus Perspektive der Verantwortlichen verständlich, die den Zuschauern vor Ort und am Fernseher etwas Spektakuläres bieten wollen. Für die mit der Planung beauftragten Sicherheitsverantwortlichen allerdings eine kaum zu lösende Herkulesaufgabe, die etliche Restrisiken birgt.
Entsprechend wurden in den letzten Monaten bereits mehrfach Krisensitzungen abgehalten, um die Entscheidung hinsichtlich der Wahl des Orts der Eröffnungszeremonie zu überdenken. Der Fluss, der mitten durch Paris fließt, ist laut vieler Fachleute keine sichere Option und würde die Sicherheitsanforderungen im Falle einer terroristischen Bedrohung nicht erfüllen. Eine mögliche Alternative zur Seine, die als Plan B genannt wurden, ist das Trocadero, dass während der Olympiade als Austragungsort verschiedener Wettkämpfe dienen wird.
Auch die Zahl der möglichen Zuschauer bei der Eröffnung der Sommerspiele 2024, war immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Ursprünglich sahen die Planungen vor, dass bis zu 500.000 Menschen der Ankunft der Sportdelegationen auf der Seine beiwohnen. Mittlerweile wurde die Zuschauerzahl jedoch nach unten korrigiert und liegt nun bei circa 300.000 – immerhin beinahe das Vierfache dessen, was im Stade de France, dem offiziellen Olympiastadion, an Zuschauern Platz gefunden hätte.
960.000 Checks und 4340 abgelehnte Anträge auf Akkreditierung
Aber was ist tatsächlich davon zu halten, wenn der französische Innenminister Gérald Darmanin in einem Zeitungsinterview vor wenigen Tagen versicherte, dass bislang „keine eindeutige Bedrohung für die Sicherheit“ der Pariser Spiele 2024 bestehe, und der einen „absolut außergewöhnlichen Moment“ versprach ?
Der französische Innenminister wies auf die große Anzahl von Personenprofilen hin, die aus Sicherheitsgründen von der Veranstaltung ausgeschlossen wurden.
- Insgesamt wurden fast eine Million Personen, die direkt oder indirekt an den Olympischen und Paralympischen Spielen teilnehmen, einer vorherigen Sicherheitsuntersuchung unterzogen.
- Bei durchgeführten 960.000 Checks und Sicherheitsuntersuchungen wurden 4.340 Personen in Folge von der Akkreditierung ausgeschlossen.
- Im Besonderen fanden sich 130 Personen in der Akte S (S für Staatsschutz, Anm. d. Red.), 16 Personen mit Akteneinträgen islamistische Radikalisierung sowie „Dutzende radikale Personen aus dem Umfeld islamistischer, ultralinker und ultrarechter Kreise.
Soll man sich jetzt besser fühlen, dass den Behörden diese Treffer im Vorfeld der Veranstaltung gelungen sind, oder sollte man sich auch darüber Gedanken machen, warum man so einer hohen Anzahl an Personen eine Akkreditierung verweigern musste?
Das größte Militärlager in Paris seit dem Zweiten Weltkrieg
Auch wenn nicht alles bekannt ist, die französischen Organisatoren und Behörden wollen offenbar nichts dem Zufall überlassen und versuchen alles Erdenkliche zu unternehmen und Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, um „das Unerwartete vorherzusagen“. Wenn man sich einige öffentlich zugängliche Zahlen anschaut, kann man erahnen, welcher Aufwand betrieben werden muss, um derzeit eine solche prestigeträchtige Sportveranstaltung durchzuführen.
- Zur Sicherheit vor Ort wurde die Zahl der polizeilichen Patrouillen im öffentlichen Verkehr verdreifacht: Sie stieg von 100 auf 300. Und während der Olympischen Spiele werden 700 Patrouillen mobilisiert, wobei der Höhepunkt offensichtlich am 26. Juli, dem Tag der Eröffnung der Olympischen Spiele, erreicht wird.
- Es werden nicht weniger als 45.000 Polizisten und Gendarmen mobilisiert, um unter anderem systematische Identitätskontrollen an Zugangspunkten zu Schutzgebieten im Stadtgebiet Paris durchzuführen.
- General Christophe Abad, Militärgouverneur von Paris, erklärte seinerseits, dass auch 10.000 Soldaten – darunter technische Taucher zur Inspektion der Bootsrümpfe und der Kais der Seine – mobilisiert werden. General Abad betonte darüber hinaus, dass „die Mobilisierung von 10.000 Soldaten beispiellos ist. Eine solche Operation der Streitkräfte haben wir seit dem Zweiten Weltkrieg auf diesem Territorium noch nie erlebt.“
- Unterstützt werden die Behörden während der Spiele von 17.000 bis 18.000 privaten Sicherheitskräften, wobei zeitweise Spitzenwerte von 22.000 Personen erreicht werden dürften.
- Während der Olympischen Spiele in Paris werden zeitlich begrenzte Binnengrenzkontrollen an der deutsch-französischen Grenze stattfinden. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) hat angekündigt, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser diese stationären Kontrollen vor und während der Spiele anordnen wird. Diese Maßnahme war bereits während der Europameisterschaft in Deutschland erfolgreich zum Einsatz gekommen.
Nicht zuletzt der in der Ukraine tobende Krieg hat bei den Behörden die Notwendigkeit des Schutzes der Spielstätten und Veranstaltungsorte gegen Bedrohungen und Angriffe aus der Luft, insbesondere durch Drohnen vor Augen geführt. Die Umsetzung eines „sehr robusten“ Anti-Drohnen-Plans bei der Eröffnungszeremonie wird unter dem Kommando der französischen Luft- und Raumfahrtstreitkräfte erfolgen. Dieser Plan sieht vor, bösartige Drohnen zu „blockieren und zu neutralisieren“, während sogenannte freundliche Drohnen eingesetzt werden, um den Sicherheitskräften eine Sicht aus der Höhe zu ermöglichen, um mehr gefährdete Gruppen oder Menschenmengenbewegungen zu erkennen. Gemäß den jüngsten Entwicklungen im Bereich der Drohnentechnik werden Drohnen zunehmend als mobile Überwachungsplattform genutzt, die durch stationäre intelligente Kameras mit Videoanalyse ergänzt wird.
AI Algorithmen: gemischte Ergebnisse
Die mit künstlicher Intelligenz augestatteten Kameras, sogenannte "AI", die die Sicherung der kommenden Olympischen Spiele in Paris ermöglichen sollen, wurden seit Jahresbeginn mehrfach getestet. Es fanden in den vergangenen Monaten mehrere groß angelegte Tests an Orten mit großen Menschenansammlungen wie großen Konzertveranstaltungen, an Bahnhöfen und an U-Bahnhöfen in Paris statt. Diese Tests sollten die Validierung der Leistungsfähigkeit der AI-basierten Analysesoftware der von unterschiedlichen Firmen bereitgestellten Lösungen ermöglichen.
Die ersten Ergebnisse der Tests erscheinen recht zufriedenstellend, hinsichtlich der Hilfe für z. B. die Bahnbetreiber, die die Kameras und ihre Algorithmen bei der Kanalisierung der Besucher und Lenkung von großen Menschenmassen nutzen. Darüber hinaus funktionierte die Zonenüberschreitungserkennung, die Erkennung von Intrusionen von Personen in beschränkte Bereiche, korrekt. Andererseits führte die Erkennung zurückgelassener Objekte sowohl an den Bahnhöfen, als auch an den U-Bahnhöfen nicht zu den erwarteten Ergebnissen. Grund genug für die ausgewählten Softwarelieferanten weiterhin an einer Verbesserung und Verfeinerung der Algorithmen zu arbeiten, um die hoch gesteckten Erwartungen zu erfüllen.