KeSafe für eine sichere Mensch-Maschinen-Kollaboration
Julian Bodem, Produktmanager für den Bereich Safety bei Keba, im Interview über Lösungen für eine sichere Zusammenarbeit von Mensch und Roboter.
Sicherheit ist bei der Kooperation von Maschinen bzw. Robotern und Menschen ein wichtiger Faktor. Maschinen und Roboter sollen nicht mehr länger unzugänglich hinter Schutzzäunen und Zutrittskontrollen eingesperrt sein. Vielmehr wird in Zukunft die direkte Kollaboration von Mensch und Maschine – oder eben Roboter – eine herausragende Rolle in den Produktionsprozessen spielen. Dabei muss die Sicherheit beider Kooperationspartner gewährleistet sein. Mit KeSafe bietet das auf Automatisierungslösungen spezialisierte, österreichische Unternehmen Keba eine umfängliche Lösung für diese Herausforderung an. GIT SICHERHEIT hat Julian Bodem, Produktmanager für Safety, zum Interview gebeten.
GIT SICHERHEIT: Herr Bodem, unsere Leser interessiert bestimmt zunächst, worum es sich bei KeSafe eigentlich handelt. Für welche Anwendungsfälle wurde die Lösung geschaffen?
Julian Bodem: KeSafe ist der Überbegriff für unseren Safety-Warenkorb. Je nach Kundenanforderung kann dies unterschiedliche Systemkonstellationen mit sich bringen. Die Sicherheitslösung beinhaltet immer eine Safety-CPU inkl. Software. Die Safety-CPU kann dabei entweder in einer zentralen Sicherheitssteuerung stecken oder direkt im Antrieb. Der Ursprung von KeSafe liegt in der Robotik. Mit dem Funktionsumfang von KeSafe Robotics können erweiterte Sicherheitsfunktionen für Roboterapplikationen gelöst werden.
KeSafe stellt ja eine komplette Lösung dar. Woraus genau setzt sich diese denn nun im Einzelnen zusammen und wie sieht das Zusammenspiel der Komponenten aus?
Julian Bodem: Die KeSafe Robotics besteht aus einer integrierten Sicherheitssteuerung und einer Sicherheitskomponente zum Einsammeln der sicheren Motor-Feedbacksysteme. Im aktuell verfügbaren System also der sicheren Geberbox SMM. Zukünftig wird es hier auch die Möglichkeit geben die KeDrive D3-Achsmodule direkt anzubinden. Dies geschieht über das sichere Bus-System FSoE. Über den Bus werden die Positionsdaten & Geschwindigkeitsdaten sicher an die Safety-Steuerung gesendet. In der Safety-Steuerung werden dann diese Daten der einzelnen Achsen zu einer sicheren Tool-Center-Point (TCP) Position sowie Geschwindigkeit berechnet. Diese Werte können in die freie Logikprogrammierung eingebunden werden, um so eine eigene Sicherheitslösung zu schaffen.
Auf Ihrer Homepage kann man erfahren, dass es für KeSafe drei Ausbaustufen gibt: KeSafe PLC, KeSafe Motion und KeSafe Robotics. Was genau beinhalten die einzelnen Ausbaustufen und für welche Anwendungsfälle sind sie gedacht?
Julian Bodem: Die drei Ausbaustufen stellen die Skalierbarkeit des Systems dar. Nicht jeder Kunde benötigt einen sicheren TCP oder setzt KeSafe am Roboter ein. So können viele Maschinen mit Schutzzäunen ausgestattet werden, um den Bediener vor äußeren Gefahren zu schützen wie zum Beispiel Quetsch-, Stich- und Schergefahren. Bei öffnen des Schutzzauns wird die Maschine in der Regel stillgesetzt, hier reicht eine KeSafe PLC-Lösung für sicheres I/O-Handling. Dies kann je nach Anwendung die Bedienbarkeit der Maschine negativ beeinflussen, da bei jedem Eingriff die Maschine still stehen muss. KeSafe Motion ist die nächste Ausbaustufe, bei der die einzelnen Achsen trotz geöffneter Schutztüre sicher verfahren werden können. Das ist zum Beispiel nützlich bei Mess- oder Wartungsaktivitäten, die bei drehendem Motor ausgeführt werden müssen. KeSafe Robotics ist die erweiterte Sicherheitsfunktion für Robotik. Sie ermöglicht eine sichere Roboterüberwachung für mehrere Achsen gleichzeitig.
Welche Normen und Sicherheitsanforderungen erfüllt KeSafe?
Julian Bodem: Mit dem KeSafe-Lösungsportfolio möchten wir einen breiten Markt bedienen. Darum war es unser oberstes Ziel die höchsten Sicherheitsstandards im Maschinenbau zu erreichen. So sind unsere Lösungen nach PL e (Kat 4) nach EN ISO 13849-1 bzw. SIL 3 nach EN 62061 und EN 61508 abgenommen. Für den Anwendungsbereich der KeSafe Motion halten wir die Einzelachsfunktionen nach EN 61800-5-2, für KeSafe Robotics die EN ISO 10218 ein. Diese Abnahmen schließen somit im Bereich der Sicherheitstechnik nahezu keinen Anwendungsfall aus.
Die Mensch-Roboter-Kollaboration wird in Produktionsabläufen ja immer wichtiger. Welche Optionen der sicheren Zusammenarbeit von Menschen und Robotern ermöglicht KeSafe?
Julian Bodem: Mit unserer KeSafe Robotics-Lösung lassen sich Anforderungen aus der TS 15066 umsetzen. Unser Roboterkern wurde um ein Framework erweitert, in dem Funktionalitäten enthalten sind, um eine sichere Mensch-Roboter-Kollaboration bzw. Mensch-Roboter-Kooperation umzusetzen. Speziell bei MRK-Anwendungen spielen sicherer Stillstand, Abstandsüberwachung, Leistungs- und Kraftbegrenzung oder Handführen eine wesentliche Rolle. Hier bieten wir ein breites Spektrum an Features.
Worin bestehen für den Anwender die Vorteile bei der Nutzung von KeSafe?
Julian Bodem: Ein Mehrwert bei KeSafe sind zum Beispiel die schnellen Reaktionszeiten des Systems. Damit können einerseits teure Stillstands-Zeiten reduziert werden, andererseits gehen die reduzierten Sicherheitsabstände 1:1 in die Größe der Maschine ein. Das spart enormen Platz, was wiederum in Produktionshallen die Freiheit schafft, auf gleicher Fläche mehr Maschinen unterzubringen. Und das ist nur ein einfaches Beispiel.
Für die Robotik bieten wir mit unseren Sicherheitsfunktionen die Möglichkeit, jeden Roboter so effizient wie möglich einzusetzen. Je flexibler und kleiner die Schutzbereiche definiert werden können und je schneller das System reagiert, desto besser lassen sich Roboter in Arbeitsabläufe integrieren.
Wohin wird die Reise beim Thema Safety in Zukunft noch gehen?
Julian Bodem: Beim Thema Safety ist „invisible operation“ ein wichtiges Schlagwort. Im normalen Produktionsablauf soll die Sicherheitslösung nicht spürbar sein und für den Benutzer unbemerkt, direkt mit der Robotersteuerung zusammenarbeiten. Ein Mensch soll mit Maschinen wie Roboter ohne Schutzzäune oder Risiken Hand in Hand zusammenarbeiten können.
Das Thema Easy to use wird ein weiteres starkes Thema sein, das sich verändern wird. In der Inbetriebnahme wird es zukünftig ganz andere Möglichkeiten geben. Auch da soll der Anwender möglichst wenig Mehraufwand mit Safety haben. Alles in Allem wird Safety immer mehr zum Standard werden.