Sicherheitssensorik von Leuze electronic im Tiefkühllager von Nestlé Schöller
Tiefkühllager wie bei Nestlé Schöller in Nürnberg stellen nicht nur wegen extrem niedriger Temperaturen besondere Ansprüche an die Sicherheitstechnik. Bauliche Gegebenheiten, str...
Tiefkühllager wie bei Nestlé Schöller in Nürnberg stellen nicht nur wegen extrem niedriger Temperaturen besondere Ansprüche an die Sicherheitstechnik. Bauliche Gegebenheiten, stringent organisierte Zyklen der Warenströme usw. stellen zusätzliche Anforderungen. N.TEC hat für den Eisspezialisten,
basierend auf der Sicherheitssensorik von Leuze electronic, ein komplex vernetztes System vom Feinsten installiert.
Es ist abends gegen halb sechs bei Nestlé Schöller in Nürnberg. Wie immer um diese Zeit reihen sich Tiefkühl-LKWs an Kühlhaus-Verladerampen für den Transport zu den regionalen „Shipment Points", einem engmaschigen Auslieferungsnetz. Während dessen hängen über das Land verteilt in diesen Shipment Points mehrere hundert Verteilerfahrzeuge bereits an den Kühlaggregaten, damit sie früh morgens ihre Touren mit maximaler Kühlung starten können.
Pünklich um 17:30 Uhr beginnt im Kühlhaus des Eisspezialisten mit einem Schlüsselschalter der Kommissionierbetrieb.
Eis- und Tiefkühlspezialitäten gelangen nun aus den Regalen auf Rollcontainer direkt in die Tiefkühltransporter. Diese bringen die bis eben noch im Callcenter aufgenommenen Kommissionen über Nacht in die erwähnten Shipment Points, wo sie ohne Zwischenlagerung direkt in die Verteilerfahrzeuge umgeladen werden.
„Deren Touren und Kühlkapazitäten sind detailliert geplant und geben letztlich die engen Zeitfenster für den gesamten Auslieferungsprozess vor", erzählt Hans-Günter Prehm, der Leiter des Distributions-Centers von Nestlé Schöller in Nürnberg. „Damit es nicht zu Störungen kommt, ist im Kühlhaus ein individuell zugeschnittenes Lagerkonzept mit einer absolut zuverlässig funktionierenden Technik erforderlich", betont Prehm. Dies gilt in besonderem Maß für die Sicherheitstechnik, sprich das Personenschutzsystem, das hier aufgrund der individuellen Lagerstruktur mit äußerst komplexen Abläufen ebenfalls das Prädikat „vom Feinsten" verdient - genau wie die Produkte, um die es geht.
Realisiert hat das gesamte Sicherheitssystem die N.TEC GmbH aus Taunusstein auf der Basis von Einstrahl-Sicherheits-Lichtschranken mit infrarotem Licht bzw. Rotlicht sowie mit polarisierten Reflexions-Lichtschranken und Sicherheits-Zuhaltungen von Leuze electronic.
Komplex vernetztes Personenschutzkonzept
„Dass die Umstellung im Kühlhaus vom Staplerbetrieb für den Warenzufluss auf Kommissionierbetrieb und umgekehrt jeweils über den bereits erwähnten Schlüsselschalter geschieht, hat in diesem Fall seine besondere Bedeutung", erklärt Dipl.-Ing. Arno Nickel, Geschäftsführer von N.TEC. Schließlich umfasst das sehr anspruchsvolle Personenschutzkonzept eine Vernetzung von Schmalgangsicherungen mit Kommissioniertunneln in Boden- und Regalebenen zusammen mit Brückensteuerungen für Zugbrücken, Schwenktüren und Fluchttüren.
Der komplexe Aufbau resultiert im Wesentlichen aus den engen Zeitfenstern für die ausgehenden Warenströme. Um die temperaturgeführten Transporte bis in die Kühltruhen des Außerhausmarkts, zu den sogenannten OoH- (Out-of-Home-) Kunden, zu gewährleisten, findet der Kommissionierbetrieb konzentriert täglich zwischen 17:30 Uhr und 1:30 Uhr sowie zwischen 6:00 Uhr und 14:00 Uhr statt.
Das Tiefkühllager besteht aufgrund der räumlichen Gegebenheiten aus sogenannten Kommissioniertürmen mit jeweils vier Etagen. Dazwischen gibt es vier Nachschub-Schmalgänge, über die im Staplerverkehr der Warennachschub erfolgt. Parallel dazu verlaufen die Kommissioniertunnel.
„Insgesamt haben wir in diesem TK-Lager 850 Palettenstellplätze, die wir teilweise doppelt oder gar dreifach nutzen", erläutert Prehm und kommt auf eine für das gesamte System wesentliche Besonderheit zu sprechen: Die Produkte müssen in der Regel aus mehreren Kommissioniertürmen zusammengestellt werden müssen. Aus diesem Grund bewegen sich die Mitarbeiter zur Abarbeitung ihrer Aufträge nicht nur in den Etagen, sondern auch von Kommissionierturm zu Kommissionierturm.
Da die Etagen parallel angeordneter Kommissioniertürme üblicherweise nur an deren hinterem Ende mit quer verlaufenden, fest installierten Brücken verbunden sind, wären die Wege recht lang. Um diese abzukürzen und die Kommissioniervorgänge effizienter zu gestalten, wurden an den vorderen Zugängen, auf jeder Etage und zwischen jedem Kommissionierturm, zusätzliche Gangbücken in Form von Zugbrücken installiert.
Abgesenkte, also begehbare Brücken, die die Schmalgänge zwischen den Kommissioniertürmen überspannen, stellen jedoch Hindernisse im Staplerverkehr dar. Andererseits erfordern diese Brücken zusätzliche Personenschutzmaßnahmen. So ergibt sich aus der nach diversen Vorschriften, Verordnungen und Normen, allen voran die DIN 15185-2, ohnehin erforderlichen Schmalgangabsicherung ein in der Summe komplexes Sicherheitssystem.
Zählende Schmalgangabsicherung
Zentrale Komponenten des gesamten Personenschutzsystems sind sogenannte N.TEC-PRO-Module (Abb. 2), die autark und unabhängig voneinander jeden der vier Nachschub-Schmalgänge absichern. Die in Säulenform aufgebauten Module dienen der Erfassung und Zählung von Personen und Staplern. Zu diesem Zweck sind sie mit Einstrahl-Sicherheits-Lichtschranken von Leuze electronic ausgestattet.
„Wir installieren in diesen Säulen parallel angeordnet zwei Sicherheits-Lichtschranken und zwar eine mit Infrarot- und die zweite mit Rotlicht", erklärt Nickel. „So ist gewährleistet, dass sich diese im Parallelbetrieb nicht gegenseitig durch Reflektionen stören und eine zuverlässige Erkennung der Bewegungsrichtung erfolgt".
Die Lichtschranken vom Typ SLS 96 mit Sender- und Empfängermodulen sind berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen vom Typ 2 und wie alle hier von Leuze electronic verwendeten Sensoren für den Einsatz in Tiefkühlumgebungen, wie im Kühlhaus von Nestlé Schöller bei minus 25 °C, geeignet. Die Erkennung von Staplerfahrzeugen erfolgt über zusätzlich installierte polarisierte Reflexions-Lichtschranken vom Typ PRK 318 und spezielle Reflektoren an den Fahrzeugen. Auch in diesem Fall erfolgt die Richtungserkennung mit Hilfe der SLS-Lichtschranken. „So haben wir als Standardlösung ein zählendes System, mit dem wir Schmalgänge sogar hoch dynamisch absichern können und gewährleisten, dass sich niemals Stapler und Personen gleichzeitig darin aufhalten", fasst Nickel zusammen. Jedes dieser Personenschutz-Module ist mit einer eigenen SPS ausgestattet, die im oberen Bereich der Säulen untergebracht ist. Speziell für den Einsatz im Tiefkühllager hat N.TEC diesen Bereich thermisch isoliert und zusätzlich mit einer Heizung und Thermostatsteuerung ausgestattet. Selbstverständlich sind damit auch die notwendigen optischen und akustischen Alarmsignalgeber direkt an den Säulen sowie an den Regalzugängen verbunden.
Alle vier Schmalgangabsicherungen sind zudem über eine zentrale Sicherheitssteuerung vernetzt. Deren Schaltschrank ist ebenfalls mit entsprechenden Statusleuchten ausgestattet, so dass der verantwortliche Teamleiter jederzeit einen Gesamtüberblick erhält.
Sicherheitsgerecht eingebunden
Mit der Sicherheitssteuerung sind die zusätzlichen beweglichen Gangbrücken mit den jeweils gegenüber liegenden Schwenktüren vernetzt und nicht zuletzt auch die Fluchttüren an den hinteren Enden der Nachschub-Schmalgänge. In diesen Bereichen werden zur Stellungsüberwachung überall Sicherheits-Zuhaltungen von Typ L200 verwendet. Die L200 Zuhaltungen sind für hoch anspruchsvolle Anwendungen („Ultra-Heavy-Duty") konzipiert und aufgrund ihrer robusten Ausführung unempfindlich gegenüber dem Auftreten hoher Rückstoßkräfte, etwa beim Zuschlagen massiver, schwerer Türen. Sie sind somit auch prädestiniert für den Einsatz an den beweglichen Gangbrücken und erlauben die sicherheitsgerechte Einbindung bis Kategorie 4 gemäß EN ISO 13849. Die Signale der Sicherheits-Zuhaltungen werden von der zentralen Sicherheitssteuerung mit sicherer Signalverarbeitung ausgewertet.
Die Gangbrücken lassen sich beim Umschalten von Stapler- auf Personenbetrieb (von Nachschub- auf Kommissionierbetrieb) manuell per Seilwinde absenken (öffnen) bzw. aufziehen (schließen). An jeder Kurbel ist eine Bedien- und Anzeigeeinheit montiert. Diese enthält eine rote und eine grüne Anzeigeleuchte, die dem Bediener signalisiert, ob die Gangbrücke bewegt werden darf oder ob sie verriegelt ist.
Zusätzlich ist ein Drucktaster eingebaut, mit dem der Bediener eine Entriegelung der Brücke von der zentralen Sicherheitssteuerung anfordern muss. In Abhängigkeit davon sind auch die jeweils gegenüber liegenden Schwenktüren zu öffnen bzw. zu schließen. Nur wenn die gesamte Prozedur zum Wechseln der Betriebsart vollständig erfüllt ist, wenn also beispielsweise alle beweglichen Gangbrücken aufgezogen und einschließlich zugehöriger Schwenktüren geschlossen sind, kann mit dem Schlüsselschalter am zentralen Schaltschrank auf Staplerbetrieb umgestellt werden. Dazu gehört auch, dass zuvor durch in Augenscheinnahme der Schmalgänge vor Ort über eine blaue „Gang frei" Taste an den jeweiligen Säulen bestätigt wird, dass sich keine Personen mehr im Schmalgang befinden. Sollte im Gegenzug ein Stapler versuchen, während dem Kommissionierbetrieb in einen der Gänge einzufahren, schaltet sofort die jeweilige Ampel auf rot und es ertönt ein durchdringender Signalton mit bis zu 110 dB(A).
Während N.TEC-Geschäftsführer Nickel als Experte für Sicherheitssysteme von einem „superscharfen" System spricht, bezeichnet Distributionsleiter Prehm den komplex vernetzten Personenschutz als ein restriktives und logisch klar strukturiertes System, das konsequentes Verhalten impliziert und damit eine maximale Sicherheit gewährleistet.
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