06.11.2019 • TopstoryCloud-ComputingCO2Cyber-Security

Viel grüner wird’s nicht - CO2-neutrale Rechenzentren in Schleswig-Holstein

Windcloud 4.0 betreibt Rechenzentren und Cloud-Computing als nachhaltiges Modell mit grünem Strom aus erneuerbaren Energien. Im Gespräch mit GIT SICHERHEIT erläutert Geschäftsführ...

Windcloud 4.0 betreibt Rechenzentren und Cloud-Computing als nachhaltiges Modell – mit grünem Strom aus erneuerbaren Energien. Im Gespräch mit GIT SICHERHEIT erläutert Geschäftsführer Thomas Reimers wie das geht.

GIT SICHERHEIT: Herr Reimers, Ihre CO2-neutralen und kosteneffizienten Rechenzentren, mit denen Sie auch verschiedene Cloud-Dienste anbieten, schlagen ja mehrere Trend-Fliegen mit einer technologischen Klappe. Könnten Sie uns die Grundidee des ganzen zunächst einmal skizzieren?

Thomas Reimers: Bei Windcloud ist das Rechenzentrum Kern eines größeren, digital-energetischen Ökosystems. Es verbraucht einerseits konstant große Mengen Strom, weshalb wir zu sehr günstigen Konditionen 100%igen Grünstrom der lokalen Erzeuger aus der Region Nordfriesland kaufen können. Virtuell produzieren wir damit Rechenleistung, die gerade in zunehmenden Mengen nachgefragt wird. Physikalisch wird dieser Strom fast komplett in Wärme umgewandelt. Im Gegensatz zu anderen Rechenzentren, wo diese Abwärme meist verpufft, veredeln wir diese Wärmeenergie mit Hilfe anderer produzierender Industriekonzepte, die direkt nebenan angesiedelt werden. Zum Beispiel können wir so ganzjährig Gewächshäuser auf Temperatur halten oder geerntete Biomasse von umliegenden Feldern schonend trocknen. Und das alles sehr wirtschaftlich und nachhaltig zugleich. Diese weiterführende Wertschöpfung verdient Geld, das wir rückvergüten an den Rechenzentrumsbetrieb und umlegen auf die Kilowattstunden Strom, die initial eingespeist wurden. Es entsteht ein ernstzunehmender Kostenvorteil, den wir zum Großteil an unsere Kunden weitergeben können. Plötzlich sind wir wettbewerbsfähiger, weil wir nachhaltig in Kreisläufen arbeiten. Ich kann dann quasi Biomarkt zum Aldi-Preis verkaufen, und das verändert alles.

Die grüne Energie kommt aus Windkraft und Solarenergie? Auch Offshore-Windkraftanlagen gehören zum System. In welchen Größenordnungen liegt das?

Thomas Reimers: In der Region Nordfriesland und der Westküste Schleswig-Holsteins, in der wir unsere Standorte betreiben, sind mehrere Gigawatt Grünstrom, vor allem aus Wind und Solar, sowie viele Großspeicheranlagen verfügbar. Das ist das Äquivalent zu mehreren großen Kohle- und Atomkraftwerken, die ersetzt werden können. Wir streben an, im Laufe des Jahres 2020 über 12 Megawatt installierter Rechenleistung zu betreiben. Bis 2030 wollen wir IT-Infrastruktur mit einer äquivalenten Leistung von heute 300MW ansiedeln. Der Bedarf dafür ist eindeutig da. Und wir können das mit Abstand spannendste Gesamtpaket aus Sicherheit, Preis, ganzheitlicher Nachhaltigkeit und höchstem Datenschutz bieten.

Sie können speziell den Windstrom günstig einkaufen – wie sieht dieses Geschäftsmodell aus? Nachhaltigkeit und wettbewerbsfähige Preise sind offenbar kein Widerspruch?

Thomas Reimers: Rein technisch wäre es einfach, den lokalen Grünstrom direkt zu nutzen. Leider legt einem der Staat und eine sehr komplizierte, völlig überholte Gesetzeslage viele Hürden in den Weg, um die günstige Direktnutzung am Ort der Erzeugung wirtschaftlich und risikoarm umzusetzen. Wir arbeiten mit 16 Spezialisten aus den Bereichen Erneuerbare Energien, Energierecht, Energiehandel und Infrastruktur-Planern an zwei vielversprechenden Konzepten, die uns eine Umlagen-befreite Nutzung des Stroms bei zugleich 100%iger Lieferverfügbarkeit garantieren. Hier machen wir gerade große Fortschritte. Man muss bedenken, dass der deutsche Strompreis zu über 70% aus Umlagen wie der EEG-Umlage, Netzentgelten und Stromsteuern besteht und nur ein kleiner Teil für die tatsächliche Produktion der Energiegezahlt wird. Da wir die Netze nicht nutzen, sollten wir und unsere Kunden auch diese Umlagen nicht zahlen.

Zur Nachhaltigkeit tragen ja die schon erwähnten Konzepte zur Nutzung von Abwärme und andere Faktoren bei, die auch andern Orts genutzt werden?

Thomas Reimers: Sektorenkopplung im Allgemeinen und Abwärmenutzung bei Rechenzentren sind seit Jahren große, geflügelte Wörter. Nur tatsächlich machen tut es keiner im ernstzunehmenden Maßstab. Wir haben viele spannende Konzepte auf Herz und Nieren geprüft. Technisch ist fast alles möglich. An der Wirtschaftlichkeit scheitern die meisten Ansätze dann letztlich doch. Zwei Ansätze haben es aber in die finale Auswahl geschafft: Mit der Rechenzentrumsabwärme züchten wir nun ganzjährig Mikroalgen in Gewächshäusern, die dann in die Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie verkauft werden. Außerdem bauen wir mit einem Partnernetzwerk aus regionalen Landwirten Industriehanf auf Außenflächen an und trocknen diesen dann schonend mit unserer RZ-Abwärme. Eine erste Trocknungsanlage dieser Art wird im Sommer 2020 fertiggestellt. Im Rahmen der Biomasse-Produktion und Trocknung wird viel CO2 gebunden, was sich sehr positiv und messbar auf unseren CO2 Fußabdruck auswirkt.

Der Standort in Schleswig-Holstein bietet reichlich Platz und auch Meeresnähe für nachhaltige Energien. Wie weit können solche Konzepte im Rahmen der Energiewende generell aus Ihrer Sicht ausgebaut werden in Deutschland?

Thomas Reimers: Ganz richtig: Wir haben dort oben sehr viel Platz, unendliche Mengen regenerativer Strom- und Wärmeenergie zu einem unschlagbaren Preis und eine starke Anbindung an das Fernverkehrs- und Glasfasernetz. Also äußerst spannende Rahmenbedingungen für industrielle Projekte, die sonst nur schwer oder gar keine Wettbewerbsfähigkeit auf deutschem Boden realisieren könnten. Die Bandbreite der Möglichkeiten ist enorm. Neben Mikroalgen und Hanf stehen bereits zwei weitere Konzepte in der Pipeline, die wir mit starken, erfahrenen Partnern umsetzen werden. Darüber dürfen wir aber leider noch nicht sprechen.

Wie sieht Ihr Sicherheitskonzept aus?

Thomas Reimers: Wir können schon jetzt das Sicherheitsniveau der Schutzklasse 3 bieten. Zudem schaffen wir gerade die infrastrukturellen Voraussetzungen, um ab 2020 auch Schutzklasse 3+ und 4 realisieren zu können. Auf dem Green TEC Campus, unserem Hauptstandort, bauen wir ein mehrstufiges Sicherheitszonenkonzept, das in puncto Zutrittskontrolle und Brandschutz keine Wünsche offen lässt. Wir lassen hier keine gängige Maßnahme der modernen IT- und Netzwerksicherheit aus. Hinzu kommt, dass unsere Standorte gänzlich außerhalb des sogenannten Erstanschlagsgebiets (Nuklearkrieg) liegen und die Erdbebenwahrscheinlichkeit 0% beträgt. Auf Cyber Security-Ebene arbeiten wir ebenfalls mit sehr erfahrenen Partnern zusammen. Nebst eigenen Ressourcen haben wir z.B. eine starke Partnerschaft mit der A1 Digital geschlossen, deren Security Operations Center (SOC) alle Datenströme und Zugriffe auf unsere RZs in Echtzeit 24/7 überwacht, schützt und etwaige Attacken (z.B. DDoS) mit höchstmöglicher Zuverlässigkeit abwehren kann.

Ihre Rechenzentren selbst stehen auf ehemaligen Militärgeländen. Welche Vorteile hat das?

Thomas Reimers: Auf ehemaligen Liegenschaften der Bundeswehr finden wir eine sehr intakte Infrastruktur in massiver Bauweise vor. Baustatisch wurde hier für die Ewigkeit gebaut. Davon profitieren wir nun. In der Natur der Sache liegt es auch, dass diese Anlagen – in den vor unserer Zeit Mittelstreckenraketen und andere hochsensible Güter gelagert wurden – sehr gut von der Außenwelt abschirmbar sind. Die Realisierung einer hohen physikalischen Sicherheit ist einfacher als an anderen Standorten. Dieses Sicherheitsniveau kombiniert mit kompromissloser Nachhaltigkeit zu einem erschwinglichen Preis kann man nur an wenigen Orten in Deutschland bzw. Europa so realisieren.

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