Antriebs- und Bewegungsüberwachung von Sick

Wer Maschinen und Anlagen betreibt, braucht Flexibilität bei der Gestaltung seiner hochautomatisierten Fertigungsabläufe. Gleichzeitig müssen Mensch, Maschine und die Anlage selbst...

Wer Maschinen und Anlagen betreibt, braucht Flexibilität bei der Gestaltung ­seiner hoch­automatisierten Fertigungsabläufe. Gleichzeitig müssen Mensch, ­Maschine und die Anlage selbst geschützt werden. Lösungen dafür kommen z. B. von Sick, einer der marktführenden Anbieter industrieller Sicherheitstechnik. GIT SICHERHEIT sprach mit Andreas Bäurer, Produktmanager Encoder, Sick AG.

GIT SICHERHEIT: Herr Bäurer, Sicherheit und betriebswirtschaftliche Effizienz – das darf auch bei stark automatisierten Fertigungsprozessen kein Widerspruch sein. Würden Sie uns zum Einstieg einmal Ihren Ansatz bezüglich der sicheren Antriebs- und Bewegungsüberwachung erläutern, den Sie bei Sick verfolgen?

Andreas Bäurer: Sie liegen absolut richtig: Funktionale Sicherheitstechnik darf kein Widerspruch zur betriebswirtschaftliche Effizienz darstellen. Vor dieser Herausforderung stehen heute Maschinen- und Anlagenbetreiber. Sie müssen Fertigungsabläufe mit einem hohen Automatisierungsgrad flexibel gestalten und gleichzeitig Personen, Maschinen und Anlagen schützen. Als einer der Technologie- und Marktführer in der industriellen Sicherheitstechnik bietet Sick umfassende Safety-Lösungen aus einer Hand. Safe Motion Control umfasst innovative Sicherheitskonzepte, die zur sicheren Überwachung von Antrieben und Maschinenbewegungen entwickelt wurden. Das bedeutet eine uneingeschränkte Sicherheit bei zeitgleicher Effizienzsteigerung der Maschine. In Abhängigkeit der Kundenanforderungen und deren Steuerungskonzepte sind unterschiedliche Lösungsansätze denkbar. Grundsätzlich werden integrierte und externe Sicherheitskonzepte unterschieden.

Welche Vorteile ergeben sich für den Anwender aus einem externen Sicherheitskonzept?

Andreas Bäurer: Ein externes Sicherheitskonzept – also die Trennung zwischen Sicherheits- und Antriebstechnik – bietet mehr Flexibilität und Kostenvorteile. So können Maschinenhersteller und Integratoren individuell auf die Anforderungen ihrer Endkunden eingehen. Das heißt, Sicherheitskonzepte werden einmal umgesetzt und können somit auf unterschiedliche Antriebskonzepte übertragen werden. Dies schafft Flexibilität bei der Auswahl von Antriebskomponenten und deren Hersteller. Zugleich kann die Kostenstruktur bei Beschaffung, Betrieb- und Wartung der Maschinen optimiert werden. Weitere Vorteile sind ein hoher Schutz vor Manipulationen dank der Trennung von Sicherheits- und Automatisierungstools, die Unabhängigkeit vom Antriebssystem sowie die Überwachung mehrerer Antriebe in einem System. Die gesamte Sicherheitslösung in einer Software ermöglicht zudem Zeit- und Kostenersparnis und die verifizierten und industriespezifischen Applikationspakete von Sick ersparen Aufwand beim Engineering.

Nun haben Sie Ende 2015 gerade den Sicherheits-Encoder DFS60S Pro eingeführt. Was leistet er genau?

Andreas Bäurer: Der DFS60S Pro ist ein Inkremental-Encoder zur funktionalen Sicherheitstechnik und ist zur sicheren Bewegungsüberwachung bis PL d nach EN ISO 13849-1 bzw. Safety Integrated Level 2 (SIL2) gemäß IEC 61508 und SILCL2 nach EN 62061 konzipiert. Er ist sicher in der elektrischen und mechanischen Ausführung, einfach in der Systemimplementierung und flexibel in seinen Einsatzmöglichkeiten. Der DFS60S Pro ist also der universelle Motion Control-Sensor für stationäre und mobile Sicherheitsanwendungen. Im Zusammenspiel mit der Sicherheitssteuerung Flexi Soft von Sick und deren Erweiterungsmodul Drive Monitor FX3-MOC0 lassen sich komplette Sicherheitslösungen ohne Schnittstellen- oder Zulassungsrisiken konzipieren.

Wie greifen die unterschiedlichen Antriebskonzepte und das Sicherheitskonzept ineinander?

Andreas Bäurer: Gelegentlich steht die Frage im Raum, ob das Sicherheitskonzept das Antriebskonzept behindert oder auch umgekehrt. Dies zeigt bereits, dass die Antriebe bei der Betrachtung von Sicherheitsfunktionen eine zentrale Teilfunktion darstellen, da von ihnen die Gefahr einer ungewollten Bewegung ausgeht. Die Signale unseres Encoders kommen in beiden Welten zum Tragen – sowohl bei der Sicherheitsbetrachtung, als auch bei der Antriebssteuerung. Diese Verzahnung bietet aber auch die Chancen, durch Sicherheitstechnik die Prozesse sicher und effizienter zu gestalten. So können beispielsweise durch Integration von Antriebssicherheitsfunktionen in das Automatisierungs- und Sicherheitskonzept der Maschine gefahrbringende Bewegungen vermieden werden. Funktionen wie Sichere Bewegungsrichtung (SDI), gesichertes Stillsetzen unter Beibehaltung der Spannungsversorgung (SS2), ein sicherer Betriebshalt, eine sichere Bremsansteuerung (SBC) sowie die sicher begrenzte Geschwindigkeit (SLS) unterstützen somit die effizientere Gestaltung der Maschinenabläufe.

Das Gerät wurde ja nach neuen Prüfkriterien des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) entwickelt und zertifiziert. Worauf kam es hier maßgeblich an?  

Andreas Bäurer: In enger Zusammenarbeit mit dem Prüfinstitut haben wir den Sicherheitsencoder DFS60S Pro nach diesen Prüfgrundsätzen entwickelt und zertifiziert. Ziel war es, für Sicherheitsencoder eine Prüfgrundlage zu entwickeln, die den spezifischen Anforderungen eines Encoders bzw. von Winkel und Wegemesssystemen gerecht wird. Neu daran ist, dass für Encoder somit erstmalig Anforderungen für die Funktionale Sicherheit definiert und fixiert wurden, die einen einheitlichen Marktstandard schaffen, da für diese Messsysteme derzeit keine Standards existieren. Hier bestand in der Vergangenheit die Problematik, dass Sicherheit in Bezug auf Encoder unterschiedlich interpretiert werden konnte. Richtig ist, dass der Sicherheitsencoder DFS60S Pro erstmalig diesen Prüfgrundsätzen folgt und somit den neusten Anforderungen zur Funktionalen Sicherheit für Winkel- und Wegmesssystemen entspricht.

Der Encoder ist z. B. für Antriebe gedacht, die in Sicherheitsfunktionen integriert sind – wo sehen Sie die hauptsächlichen Anwendungsgebiete?

Andreas Bäurer: Die Anwendungsgebiete für die sichere Bewegungsüberwachung sind vielfältig. Damit ist sowohl der Einsatz am Antrieb direkt, wie z. B. im Zusammenspiel mit Asynchronmotoren gemeint, wie auch die indirekte Montage an Maschinenachsen zur Erfassung der Geschwindigkeits- und Drehrichtungsinformation.
Dies finden wir im Maschinenbau beispielsweise bei Werkzeugmaschinen oder Handlings-Systemen. Mit dem Einsatz von Safe Motion Control Lösungen von Sick ist dort ein sicherer und effizienter Ablauf des Wartungsbetriebes gegeben. Weitere Einsatzgebiete sind aber auch im Bereich Logistik, z. B. im Bereich der Fahrerlosen Transportsysteme zu finden, wo wir der Markttendenz zu immer kleineren und flexibleren Systemen gerecht werden.

Würden Sie bitte einmal anhand eines klassischen Beispiels zeigen, welche Vorzüge der Einsatz Ihres zertifizierten Sicherheits-Encoders im Vergleich zu anderen Encodern mit sich bringt – vielleicht am Beispiel einer Werkzeugmaschine?

Andreas Bäurer: Stellen wir uns eine Werkzeugmaschine in Form einer automatisierten Bohrmaschine vor: Die sichere Bewegungsüberwachung (Safe Motion Control von Sick) ermöglicht beispielsweise ein Eingreifen in den Gefahrenberiech nach Erkennung des Maschinenstillstands. Somit ist ein schneller Wechsel von Werkstücken oder Werkzeugen an Maschinen, die mit einer Tür, Haube oder vergleichbaren Sicherheitsvorrichtungen abgesichert sind, möglich. Durch die Überwachung der Geschwindigkeit ist ein sicherer und effizienter Ablauf dieses Prozesses gegeben.
Die Vorzüge, diese Geschwindigkeitsüberwachung mit dem Sicherheitsencoder DFS60S Pro zu realisieren, liegen auf der Hand. Zum einen vereinfacht er erheblich den Aufbau und das Engineering einer sicheren Lösung und zum anderen senkt er die Kosten beim Material und Zeiteinsatz. Wie eingangs erwähnt, ist der DFS60S Pro zur sicheren Bewegungsüberwachung bis PL d /SIL2 zugelassen und zertifiziert. Das heißt, alle sicherheitstechnisch relevanten Parameter stehen zur Verfügung und können einfache in die Sicherheitsbewertung der Maschine integriert werden. Um mit einem Standardprodukt ein vergleichbares Sicherheitslevel zu erreichen ist ein erheblicher Aufwand zu betreiben, um nachzuweisen, dass der Standardencoder für das erforderlichen Sicherheitslevel geeignet ist. Dies ist in der Praxis häufig nicht ohne weiteres möglich, so dass das Sicherheitslevel nur unter Zuhilfenahme eines zweiten Encoders, bzw. mit dem Aufbau eines zweikanaligen Systems erreicht werden kann. Dies bedeutet aber auch, dass Mehrkosten für Material, Montage und Arbeitsaufwand entstehen.

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