ASW: Der Extremist kennt keinen Lockdown
Das Symposium Rechtsextremismus und-Terrorismus im Juni fand erstmals nach der Integration der Kripo-Akademie des Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BDK) in die ASW-Akademie für Sicherheit in der Wirtschaft als Kooperationsveranstaltung statt. Eine Kurzfassung des Veranstaltungsberichts von Rolf Rainer Jaeger, LKD a.D., Bundesschriftleiter des BDK, Berlin.
Die Herausforderungen, die der Rechtsextremismus an die staatlichen Organisationen, die Sicherheitsbehörden und die Gesellschaft stellen, seien nur gemeinsam zu lösen, betonte der BDK-Bundesvorsitzende Sebastian Fiedler gleich zu Beginn der Veranstaltung. Deshalb begrüßte er auch die Kooperation mit den Präventionsaktivitäten zu diesem Themenfeld in der Wirtschaft und hielt es wie Dr. Christian Endreß, Geschäftsführer ASW-West, für erforderlich, dass alle Player in den Sicherheitsbehörden, in der Wirtschaft, aber auch in den Kommunen und den Ländern sich auch durch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen mit der Problematik vertiefend beschäftigen und daraus Konsequenzen für ihre Arbeit ziehen.
Seit der ersten Veranstaltungsplanung hat nach Darstellung des stellvertretenden BDK-Bundesvorsitzenden Dirk Peglow das Thema nichts an Aktualität verloren. Extremisten seien nicht in den Lockdown gegangen. Es gebe vielmehr mehr Fälle, wie auch die Präsentation des jüngsten Verfassungsschutzberichtes zeigte. 2020 wurden 44.692 politisch motivierte Straftäter gezählt – der bisher höchste Stand. Jedes zweite Delikt war rechtsextremistisch motiviert und teilweise auch antisemitisch. Es wurden im Erfassungsbereich rechter Straftaten 1.092 Gewalttaten registriert. 33.000 Personen werden aktuell mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht, von denen 40% als gewaltbereit oder Gewalt unterstützend bezeichnet werden. Die Gruppierungen, die sich rechtem Gedankengut nähern oder ihm zweifellos angehören, werden durch Querdenker, Reichsbürger und Selbstverwalter ergänzt, die aktuell auf eine Größenordnung von ca. 20.000 Personen geschätzt werden.
Antisemitismus und Feindeslisten
Die Staatssekretärin im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz Dr. Margarethe Sudhoff beklagte die Zunahme antisemitischer Parolen und Ausschreitungen gegen jüdisches Lebens und Deutschland. Diese Gewalt komme nicht aus dem Nichts. Das Internet biete aktuell einen Tummelplatz für Menschen, die dort Hass und Hetze verbreiten. Mit der Reform des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes wird den Providern die Mitwirkung an Strafverfolgungspflichten auferlegt. Auch die Strafbarkeit von Feindeslisten sei eine Konsequenz aus den jüngsten Entwicklungen.
Frank Heimann vom BKA stellt einen höheren Radikalisierungseffekt in dieser Szene fest und auch eine Befürwortung von demokratiefeindlichen Meinungen. Letztlich mündeten diese Motivationen in Straftaten wie in Hanau am 19.02.2020 und in Halle am 9.10.2019, die Menschen das Leben kosteten. Die ideologische Selbstfindung der oft als Einzeltäter aktiven Täterpersönlichkeiten findet nachweislich auch im Internet und hier speziell Chat-Gruppen und rechtsradikalen Foren statt.
Das BKA will digitale Strategien zur Prävention und Strafverfolgung dieser Kriminalität entwickeln. Organisatorisch wurde die Staatsschutzabteilung im BKA vergrößert und verstärkt und durch Expertise angereichert. Einige Mitarbeiter haben ein abgeschlossenes Studium in Betriebs- oder Volkswirtschaftslehre, in Psychologie, Informatik. Die Verzahnung der Wissenschaftler mit der Kripo-Expertise soll zu besseren Ergebnissen führen.
Terrorismusbekämpfung durch Europol
Der stellvertretende Europol-Direktor Jürgen Ebner verwies auf die vielfältigen Aktivitäten von Europol zur Bekämpfung des Terrorismus in der EU. Europol sei allerdings auf die Datenzulieferung durch die Mitgliedstaaten und auch durch Eurojust angewiesen und könne nur solche Informationen für seine Lageberichte nutzen, die auch übermittelt werden. Ebner wies konkret auf die Defizite im Bereich des Meldeverhaltens des Rechtsextremismus in vielen europäischen Ländern hin. Deutschland wende sich sehr intensiv diesem Phänomen auch aufgrund seiner historischen Erfahrungen zu. In anderen Ländern bestehe dazu eine andere Wahrnehmung.
Auch bei Europol sei allerdings deutlich geworden, dass die Tatverdächtigen dieser rechtsextremistischen Ausrichtung immer jünger werden und die Ideologien verschwimmen. Europol stellt eine Verlagerung der Interaktion und auch der Rekrutierung im Netz fest, wobei auch Computerspiele eine Rolle spielen. Über das Netz verbreiten sich auch terroristische Inhalte immer mehr.