BVSW: Sicherheit im Wandel der Zeit
30 JAHRE GIT SICHERHEIT FEATURE - Wer Google nach einem herausragenden Sicherheitsereignis vor 30 Jahren fragt, dem präsentiert die Suchmaschine das Attentat auf Detlev Karsten Rohwedder. Der Manager und Präsident der Treuhandanstalt soll am Ostermontag 1991 einem Anschlag der Roten Armee Fraktion (RAF) zum Opfer gefallen sein. Die Terrorgruppe hatte in der Zeit von 1970 bis 1998 durch ihre Mordanschläge auf Repräsentanten von Politik und Wirtschaft die Bundesrepublik in Atem gehalten.
Die Aktivitäten der RAF veränderten den Blick der Unternehmen auf das Thema Sicherheit. Viele Sicherheitskräfte wechselten in dieser Zeit von den Behörden in die Wirtschaft, um den Personenschutz auszubauen. Unternehmen erkannten, dass sie eine Plattform brauchten für den Austausch untereinander, ebenso wie für den Austausch mit den Behörden, um schneller und zielgerichteter bei neuen Bedrohungslagen agieren zu können. Bereits seit den späten 60er Jahren gab es in Bayern die Diskussion um die Gründung eines Verbandes, der sich mit der Verbesserung der Unternehmenssicherheit befassen sollte. 1976 wurde dann der Bayerische Verband für Sicherheit in der Wirtschaft (BVSW) gegründet.
Die 90er Jahre insgesamt stellen eine Schnittstelle dar, an der die Zeit der RAF auslief und die ganze Welt in einen tiefreifenden Wandel startete. Die Globalisierung, die Umsetzung des Schengener Abkommens und bahnbrechende technologische Entwicklungen sorgten für schnellere Kommunikation und stärkere Vernetzung. Die Welt schien ein Stückchen kleiner geworden zu sein, doch zeitgleich rückten auch Kriminalitätsphänomene aus anderen Regionen näher an Deutschland heran. Mit diesen Veränderungen wuchs auch die Aufgabenbreite der Sicherheitsbehörden und es wurde ersichtlich, dass manche Sicherheitsaufgaben zukünftig an private Dienstleister ausgelagert werden sollten.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen setzte sich der BVSW dafür ein, das Berufsbild in der privaten Sicherheit neu aufzustellen. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Fortbildungsprüfung zur Geprüften Werkschutzfachkraft IHK als Fachabschluss maßgebend und anerkannt in der Sicherheitswirtschaft. Doch die Vielseitigkeit der Aufgaben erforderte eine breitere Ausbildung, um die Mitarbeiter auf die Praxis vorzubereiten. Die Unternehmen als Arbeitgeber oder Auftraggeber wiederum brauchten einen verbrieften und anerkannten Qualitätsstandard für ihr Sicherheitspersonal. Das jahrelange Engagement des BVSW führte letztlich zum Erfolg und es gelang, die duale Berufsausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit zu etablieren. Mit den Kultusministerien aller Bundesländer wurden gemeinsame Ausbildungsziele vereinbart. Damit gab es in Deutschlands dualen Ausbildungssystem zum ersten Mal einen anerkannten Lehrberuf in der privaten Sicherheit.
Mittlerweile haben sich die Qualifizierungsmöglichkeiten deutlich erweitert. Von der gesetzlichen Berufszugangsvoraussetzung IHK-Unterrichtung nach § 34 a GewO über den Bachelorstudiengang für Sicherheitsmanagement bis hin zum Masterabschluss ist alles mit dabei. Zwei Herausforderungen gilt es in der Zukunft zu meistern, damit die Berufsbilder auch die notwendige Akzeptanz finden: Zum einem wirkt die Kommerzialisierung der Sicherheit und die vereinheitlichende Bezeichnung als „Security“ all der Vielschichtigkeit in der Ausbildung entgegen. Zum anderen müssen die Unternehmen trotz Kostendruck verstehen, dass gerade beim Thema Sicherheit nicht allein der Preis entscheidend sein sollte für die Auftragsvergabe.
Gut qualifizierte Mitarbeiter in der Sicherheit werden in Zukunft dringend gebraucht, denn die deutsche Wirtschaft wird durch unterschiedliche Akteure bedroht. Cybercrime – zu Gründungszeiten des Verbandes noch weitestgehend Science-Fiction – ist mittlerweile das dominierende Kriminalitätsphänomen. Über 220 Milliarden Euro Schaden im Jahr entstehen laut Bitkom den Unternehmen hierzulande durch Diebstahl, Wirtschaftsspionage und Sabotage. Gerade mit der Corona-Pandemie haben Erpressungsfälle durch Ransomware-Attacken dramatisch zugenommen. Die dadurch entstandenen Schäden haben sich im Vergleich zu den Vorjahren beinahe vervierfacht. Immer mehr Angriffe gehen auf das Konto der organisierten Kriminalität. Dahinter verbergen sich Strukturen, die international gut vernetzt sind und die Möglichkeiten nutzen, die sich ihnen durch die zunehmende Digitalisierung bieten.
Sicherheit in Deutschland wiederum ist Aufgabe der Länder. Jedes Bundesland hat sein eigenes Innenministerium und seine eigenen Polizeigesetze. Was in einem Bundesland rechtlich erlaubt ist, beispielsweise im Bereich der Überwachung, ist womöglich bei den Nachbarn mit einer anderen Landesregierung untersagt. Die vielen verschiedenen Regelungen schaffen indes Rückzugsgebiete für Kriminelle. Die Politik wird in den kommenden Jahren Antworten finden müssen auf die Frage, wie Deutschland mit seinen föderalen Strukturen der Länder- und Kontinent übergreifenden Kriminalität Parole bieten will.
Die gute Nachricht ist: Unternehmen können durch eigene Maßnahmen viel zur Verbesserung der betrieblichen Sicherheit beitragen. Der BVSW bietet eine breite Palette an Schulungen, Veranstaltungen und Fortbildungen, um mehr Bewusstsein für das Thema Sicherheit zu schaffen und die Resilienz der Wirtschaft zu erhöhen. Ermöglicht wird dies durch das ehrenamtliche Engagement zahlreicher Sicherheitsexperten für den BVSW – auch in dem ernsten Bereich der Sicherheit wäre ohne Ehrenamt vieles nicht machbar!
Als Mitglied im ASW Bundesverband finden die Interessen seiner Mitglieder den Weg in politische Gesetzgebungsverfahren. Durch den intensiven Austausch mit den Sicherheitsbehörden ist es gelungen, gemeinsam Verbesserungen in der Sicherheit zu erreichen.
Wie in der Vergangenheit, so möchte der BVSW auch in der Zukunft starker und verlässlicher Partner der Unternehmen und der Sicherheitsbehörden sein.