Die Leuze Jahrespressekonferenz 2023
25 % Umsatzzuwachs 2022 trotz schwieriger geopolitischer Entwicklungen beim Sensorspezialist Leuze. Größte Herausforderungen sind und bleiben die fragilen Lieferketten.
- Geschäftsjahr 2022 mit 25 % Umsatzzuwachs und hohen Auftragseingängen
- Shortages und Allokationen bleiben große Herausforderung
- Ganzheitliche Sicherheitslösungen immer stärker gefragt
- Seit 2022 CO2-neutral in Deutschland
- CEO Ulrich Balbach zieht sich aus operativem Geschäft zurück
Leuze, der Sensorspezialist für industrielle Automation aus dem baden-württembergischen Owen, lud am 22. Februar zur virtuellen Pressekonferenz – unter dem Titel „Wachsen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten“. CEO Ulrich Balbach und CTO Dr. Henning Grönzin gewährten in der 45-minütigen Veranstaltungen Einblicke in das vergangene Geschäftsjahr, die Unternehmensentwicklung, die bestehenden Herausforderungen, die Innovationen im Produktportfolio und weitere Themen.
Ihrem diesjährigen Titel folgend lag der Schwerpunkt der Pressekonferenz zunächst auf den schwierigen geopolitischen Entwicklungen, insbesondere im Rahmen des Ukraine-Kriegs und der anhaltenden Spannungen zwischen China und Taiwan, sowie auf den immer noch spürbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie, die weiterhin viele Lieferketten belasten. „In diesem Gesamtkontext“, so Ulrich Balbach, „muss man unser Wirtschaften und Wachsen letztes Jahr betrachten“.
Rückblick auf das Geschäftsjahr 2022
Tatsächlich verzeichnete das Unternehmen im vergangenen Jahr einen Umsatzzuwachs von 25 %, was einem Umsatzergebnis von knapp 323 Mio. € entspricht – 258 Mio. € waren es im Vorjahr. Den stärksten Zuwachs von fast 30 % verzeichnete Leuze dabei erneut auf dem asiatischen Markt. Doch auch in Europa betrug der Umsatzzuwachs um die 20 %.
Hinzukommt ein hoher Auftragsbestand, der gegenwärtig vier bis fünf Mal höher liegt als üblich. „Selbst wenn wir für das erste Halbjahr 2023 zurückgehende Auftragseingänge erwartet haben, sind wir immer noch weit weg von einer Rezession. Vielmehr laufen die Auftragseingänge aktuell besser als erwartet und sollten im Sommer dann wieder ihre gewohnten Größenordnungen erreichen“, erklärte Ulrich Balbach. Entsprechend hält das Unternehmen auch nach wie vor daran fest, seinen Umsatz bis 2025 verglichen mit 2020 zu verdoppeln.
Fragile Lieferketten
Besorgt fiel hingegen das Fazit zur gegenwärtigen Entwicklung beim Thema Lieferketten aus. „Shortages und Allokationen stellen uns – und nicht nur uns, sondern alle – täglich vor große Herausforderungen“, bestätigte CEO Ulrich Balbach. Insbesondere bei Halbleiterbauteilen komme es nach wie vor immer wieder zu reduzierten Lieferungen oder gar kompletten Lieferausfällen. Insgesamt sehe man eine leichte Entspannung hinsichtlich der Bauteileknappheit, auch wenn immer wieder entscheidende einzelne Bauteile nicht verfügbar seien, die zum Teil die Produktfertigstellungen verhinderten.
Nach Aussagen der Geschäftsführung versucht Leuze, der bestehenden Probleme durch mehr Flexibilität beim Einkauf sowie durch Anpassungen der Produkte hinsichtlich der Materialverfügbarkeit durch die Produktentwicklungen Herr zu werden. Zudem investiere Leuze in dezentrale internationale Strukturen, wie beispielsweise die Eröffnung des neuen Werks in Malaysia im Sommer 2022 zeige.
Ganzheitliche Sicherheitslösungen
Was die zukünftige Produktentwicklung betrifft, so will sich das Owener Unternehmen zukünftig auf drei Themenfelder konzentrieren: Packaging, Safety at Leuze, Smart Factory/integriertes Schnittstellenmanagement. Dabei steht laut CTO Dr. Henning Grönzin in allen Bereichen die „Usability“ für den Kunden immer im Fokus.
In Bezug auf das Thema Safety at Leuze betonte Henning Grönzin zudem, dass sich „Leuze in den letzten Jahren zunehmend weg vom reinen Safety-Komponentenhersteller hin zum Anbieter ganzheitlicher Sicherheitslösungen entwickelt habe. Dies sei vor allem der zunehmenden Automatisierung geschuldet, durch die immer größere Anforderungen an die Sicherheitskonzepte gestellt würden. „Setzen unsere Kunden auf unsere vorentwickelten Sicherheitslösungen, sparen sie Zeit und Geld. Zudem erhalten sie Rechtssicherheit, weil alle unsere Lösungen CE-zertifiziert und normenkonform sind“, so Henning Grönzin.
Hinsichtlich der Themen Smart Factory und integriertes Schnittstellenmanagement will Leuze auch in der kommenden Zeit konsequent auf Industrial Ethernet und auf den plattformunabhängigen und offenen Schnittstellenstandard OPC UA setzen, um Prozess- sowie Diagnosedaten an die Steuerungen oder direkt an ERP-Systeme bzw. eine Cloud zu kommunizieren. „Aus diesen Daten lassen sich Prozessvorgänge statistisch auswerten. Auf Basis dieser Datenanalyse können die entsprechenden Prozessvorgänge dann optimiert werden“, erklärte Henning Grönzin.
Klimaschutz und Fachkräftemangel – 2022 in Deutschland CO2-neutral
Auch die Themenkomplexe Klimaschutz und der Fachkräftemangel wurden auf der Pressekonferenz thematisiert. So hatte sich Leuze für 2022 zum Ziel gesetzt, bis zum Ende dieses Jahres in Deutschland CO2-neutral zu werden. „Dieses Ziel haben wir erreicht“, bekräftigte Ulrich Balbach. Allerdings soll dieses Bestreben nicht auf Deutschland beschränkt bleiben. Deshalb habe sich Leuze einem Waldschutzprojekt in Brasilien angeschlossen, um so bisher unvermeidbare direkte CO2-Emissionen auszugleichen. Auch bei der Entwicklung neuer Baureihen will Leuze in Zukunft nachhaltiger werden und die „Cradle to Cradle“-Betrachtung aktiv miteinbeziehen.
Um dem spürbaren Fachkräftemangel entgegenzuwirken, will das Unternehmen auch im kommenden Jahr wieder massiv in den Aus- und Aufbau der Arbeitgebermarke Leuze investieren. Zugpferd soll hier u. a. der „Spirit als Familienunternehmen“ und die damit verbundene Unternehmenskultur sein. Wichtig sei es, den Auszubildenden und Studierenden einen möglichst guten Berufseinstieg zu ermöglichen und sie so langfristig als Fachkräfte an das Unternehmen zu binden. Trotz 23 Auszubildender und dual Studierender, sucht das Unternehmen gegenwärtig vor allem für die Bereiche Fertigung, Montage und Logistik Mitarbeiter.
Ablösung in der Führungsspitze
Zum Schluss der Konferenz gab es dann noch eine kleine Überraschung, als CEO Ulrich Balbach ankündigte, sich demnächst aus der operativen Geschäftsführung bei Leuze zurückzuziehen. Diese Bereiche sollen künftig von CTO Dr. Henning Grönzin und CFO Helge Held wahrgenommen werden.
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