Ganzheitliche Sicherheitslösungen von Securitas
GIT SICHERHEIT im Interview mit Ralf Brümmer, Country President Securitas Deutschland, über aktuelle Ziele und Strategien, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Securitas Deutschland zählt zu den größten Tochtergesellschaften des weltweit tätigen schwedischen Securitas Konzerns mit seinen mehr als 345.000 Beschäftigten in 46 Ländern. Die deutsche Tochter erwirtschaftete 2021 etwa 10 % des Umsatzes der Gruppe mit einem Anteil von nur 6 % Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Gesamtzahl der Beschäftigten. GIT SICHERHEIT sprach mit Country President Securitas Deutschland, Ralf Brümmer, über dessen aktuelle Ziele und Strategien.
GIT SICHERHEIT: Herr Brümmer, die magischen hundert Tage in Ihrer Funktion als Country President bei Securitas Deutschland sind bereits verstrichen. Welche Eindrücke und Themen haben die ersten Monate dieser neuen Aufgabe geprägt?
Ralf Brümmer: Derzeit prägen die aktuellen Rahmenbedingungen und die daraus entstehenden Herausforderungen den Markt – nicht nur unseren, sondern auch die Märkte unserer Kunden. Damit muss man umgehen. Übergreifend aber stehen für mich unser Bestandsgeschäft und darüber hinaus der Ausbau innovativer Themen wie die ganzheitlichen Sicherheitslösungen, neue Technologien, Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Fokus.
In allererster Linie aber sind es die Menschen, auf die es mir ankommt. Denn sie sind es, die den entscheidenden Unterschied in der Performance von Securitas Deutschland im Vergleich zu anderen Sicherheitsunternehmen ausmachen, ganz im Sinne unseres Purpose „We help make your world a safer place“. Ich bin stolz auf unsere mehr als 20.000 Beschäftigten. Ihnen gilt mein Dank für ihre Zuverlässigkeit, ihre Leistung und die gezeigte Flexibilität im täglichen Einsatz unter diesen anspruchsvollen Rahmenbedingungen, die unser aller Welt gerade
prägen.
Kurz zu Ihrem professionellen Background – Sie sind ja zu einem gewissen Grad ein Securitas-Eigengewächs…?
Ralf Brümmer: Zu Securitas gehöre ich seit dem ersten Tag, an dem das Unternehmen nach Deutschland kam. Ich hatte verschiedene Führungsfunktionen im operativen Geschäft, in spezialisierten Einheiten und dem Key Accounting inne. Darüber hinaus habe ich auch internationale, strategische Projekte für die deutsche Securitas geleitet. Ich war Teil des Country-Leadership-Teams und stand hier zuletzt dem Bereich Commercial vor. Unsere Branche und die spezifischen Anforderungen kenne ich daher sehr genau.
Wie praktisch jede andere Branche auch muss sich die Sicherheitswirtschaft derzeit unter anderem mit einem angespannten Arbeitsmarkt, den Folgen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffs auf die Ukraine befassen. Inflation und Anhebung des Mindestlohns kommen hinzu. Wie macht sich das bei Securitas Deutschland bemerkbar – und mit welchen Strategien wollen Sie sich diesen Entwicklungen entgegenstellen?
Ralf Brümmer: In der Tat steht auch die Sicherheitswirtschaft vor großen Herausforderungen. Securitas Deutschland musste – vor allem infolge des Zusammenbruchs des Flugverkehrs – im ersten Corona-Jahr 2020 Auftrags- und Umsatzverluste hinnehmen. Andererseits hat es die Flexibilität unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ermöglicht, neue Leistungen, wie etwa durch die Corona-Pandemie entstandene Aufgaben im Einlassmanagement sowie zum Schutz von Testzentren zu entwickeln und anzubieten.
Dem derzeitigen Mangel an Arbeitskräften, den wir auch in der Sicherheitsbranche deutlich spüren, werden wir ein wirksames neues Personalmanagement-Konzept entgegensetzen, das unter anderem Weiterbildung, unsere eigene Academy und eine zeitgemäße Personalentwicklungskonzeption umfasst. Die grundsätzliche Idee dahinter: Engagierte Mitarbeitende gewinnen – je nach Leistungsbereitschaft und Leistungsstärke – individuelle Möglichkeiten, sich auf einen anspruchsvolleren Arbeitsplatz zu bewerben und sich bei uns beruflich fortzuentwickeln. Unser Arbeitsdirektor Sven Middelhauve unterstützt mich mit Kreativität und Nachhaltigkeit in der Umsetzung des Konzepts.
Die drastische Anhebung des Mindestlohnes sehe ich für Securitas eher als Chance denn als Belastung. Zunächst hat sie zu erheblichen Lohnsteigerungen geführt. In den meisten Tarifgebieten wurden bereits zum 1. Oktober 2022 neue Tarifverträge abgeschlossen, der Grundlohn in der untersten Gruppe beträgt dort überall 13 Euro. In Bayern sind es ab 1. Januar 2023 pro Stunde 13,50 Euro. Wir vermitteln unseren Kunden die mit den steigenden Löhnen notwendig verbundenen Preiserhöhungen. Und wir werden mit den Kunden ins Gespräch gehen und unser Angebot wird sein, den Auftrag durch die Ergänzung mit intelligenter Sicherheitstechnik zu optimieren – bei gleichbleibender Leistungsqualität.
Wie selbständig agiert die zur weltweiten Securitas AB gehörende Securitas Deutschland? Wieweit sind Konzernstrategie mit den Einzelstrategien der Länderunternehmen verzahnt?
Ralf Brümmer: Die Zugehörigkeit von Securitas Deutschland zum weltumspannend tätigen schwedischen Securitas Konzern ist ein großer Vorteil für das Leistungsvermögen unseres Unternehmens und für alle unsere Kunden. Die zentrale Steuerung und die Vernetzung der Landesgesellschaften gibt uns die Möglichkeit, weltweite Erfahrungen und Best Practices in die Beratung unserer Kunden einfließen zu lassen. Die hohe Kompetenz der internationalen Konzernleitung und die Finanzkraft der Gruppe ermöglichen uns den beschleunigten Ausbau der Digitalisierung ebenso wie Innovationen im Bereich der Sicherheitstechnik bis hin zu Robotik und künstlicher Intelligenz.
Securitas Deutschland ist eine der größten Tochtergesellschaften im Konzern und erwirtschaftete 2021 etwa 10 % des Umsatzes der Gruppe mit einem Anteil von nur 6 % Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Gesamtzahl der Beschäftigten. Insbesondere im Rahmen des zukunftsweisenden „North Star“-Projektes des Securitas Konzerns werde ich mich in die Weiterentwicklung unserer Strategie einbringen. Um die Tragweite deutlich zu machen, erwähne ich aus diesem Projekt heraus drei Ziele, die für alle Landesgesellschaften besonders wichtig sind: Der Konzern wird die zentrale Führung wesentlich stärken. Organisation und Geschäftsprozesse der Landesgesellschaften werden mehr als bisher vereinheitlicht, soweit dies unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechtssysteme, Volkswirtschaften, Sicherheitsmärkte und sonstiger nationaler Rahmenbedingungen möglich und sinnvoll ist. Eine zentrale IT-Plattform ermöglicht die stärkere Vernetzung der Landesgesellschaften und gemeinsam genutzte Datenbanken.
Auf der Basis dieser Ziele verfolge ich drei strategische Projekte:
- Den Transformationsprozess vom „Mannstundenangebot“ zur umfassenden, intelligenten, kundenspezifischen Sicherheitslösung mit immer effektiverer, moderner, integrierter Sicherheitstechnik. In der Kundenwerbung – auch über digitale Kanäle – wird dieses Leistungsangebot noch stärker propagiert werden.
- Damit verbunden die Fortsetzung des Digitalisierungsprozesses sowohl in der Ausgestaltung der operativen Einsatzkräfte als auch in der Infrastruktur des Unternehmens und seines SOC (Securitas Operation Center). Mit Hilfe datengestützter Analysen werden wir unsere Lösungen im Sinne unserer Kunden weiter verbessern und ausbauen. Das wird uns einen enormen Wettbewerbsvorteil verschaffen. So werden unsere Protective Services immer intelligenter werden.
- Und ich werde die regionalen Organisationsstrukturen von Securitas Deutschland stärken: in größere Areas mit mehr Verantwortung und Kundennähe – und einem Business Segment Aviation. Überall in Deutschland wird das gesamte Leistungsspektrum unserer Protective Services uneingeschränkt angeboten werden.
Lassen Sie uns etwas näher über Ihre Kundenstruktur sprechen. Zunächst einmal: Securitas ist traditionell in großen Industrieanlagen, Häfen und allgemein in Kritischen Infrastrukturen anzutreffen. Wie entwickelt sich dieser Markt für Securitas?
Ralf Brümmer: Für uns bildet der Schutz kritischer Infrastrukturen eine Schwerpunktaufgabe. Beispielhaft nenne ich Aviation Security auf mehreren deutschen Flughäfen, das Hamburger Cruise Center, den ÖPNV in München und Hamburg oder die chemisch-pharmazeutische Industrie. Der Anteil von Kritis-Kunden am gesamten Kundenportfolio wird weiter zunehmen, weil Securitas Deutschland mit personeller Kraft, sicherheitstechnischer Kompetenz, Ressourcenstärke der Securitas AB und unserer bundesweiten Präsenz den hohen Anforderungen von Kritis-Kunden voll entspricht. Zusammen mit starken Partnern haben wir eine Allianz zum Schutz der Energieversorger gegründet, in der physischer Schutz mit Cybersecurity und der digitalen Betriebstechnik verknüpft ist. Dieser Ansatz ermöglicht kritischen Infrastrukturen, die Herausforderungen durch kriminelle Angriffe wie durch regulatorische Vorgaben zu meistern.
Daneben stehen die kleineren und mittleren Unternehmen. Gerade ihnen fehlen häufig die personellen, fachlichen und finanziellen Ressourcen, oft auch das erforderliche Gefahrenbewusstsein. Daraus ergeben sich andere Anforderungen an den Sicherheitsdienstleister. Welchen Stellenwert haben KMU im Kundenportfolio von Securitas – und wie trägt Securitas Deutschland dem in der Beratung Rechnung?
Ralf Brümmer: Wir haben uns mit einem eigenen Dienstleistungsangebot auf die Zielgruppe der KMU ausgerichtet. Ihr objektiver Sicherheitsbedarf ist oft infolge mangelnder personeller oder finanzieller Ressourcen, teilweise auch mangels ausreichendem Risiko- und Sicherheitsbewusstsein, groß. Wir entsprechen diesem besonderen Bedarf mit wohl durchdachten, kostengünstigen Sicherheitspaketen. Ich werde die Systematik des Beratungsangebots weiter ausbauen. Auch im Marketing muss noch stärker betont werden, dass die für unsere Wirtschaft und technologische Entwicklung in Deutschland so wichtigen KMU sich auf ihre Kernkompetenz umso besser konzentrieren können, wenn sie Securitas als Sicherheitspartner an ihrer Seite wissen.
Dazu passt, dass Ihr Unternehmen im Jahr 2020 Stanley Security und 2021 Protection One mit ihren rund 600 Sicherheitstechnikern akquiriert hat. Sie haben dadurch den Bereich Sicherheitstechnik bei Securitas stark ausgebaut. Wie erfolgreich ist diese Strategie – und sind weitere Akquisitionen dieser Art geplant?
Ralf Brümmer: Wir haben damit unsere sicherheitstechnische Kompetenz wesentlich erhöht. Denn die elektronische Sicherheitstechnik und insbesondere die Videotechnik spielt eine immer größere Rolle. In unsere Sicherheitslösungen integrieren wir je nach Bedarf der Kunden vielfältige sicherheitstechnische Tools und Anlagen. Dies umfasst auch die Robotik und den Einsatz von Drohnen in der Brandbekämpfung wie im Perimeterschutz, und ebenso die Abwehr illegaler Ausspähungen. Durch organisatorische Umstrukturierungen wird künftig die geballte Kraft der elektronischen Sicherheitstechnik auch in der operativen Tätigkeit und dem Vertrieb in allen Areas eingesetzt werden. Insgesamt ca. 600 erfahrene Sicherheitstechniker werden lokal das Niederlassungsgeschäft unterstützen. Weitere Akquisitionen sicherheitstechnischer Spezialfirmen will ich nicht ausschließen.
Stichwort Sicherheitstechnik: Sie entwickelt sich durch die Digitalisierung und die zunehmende Vernetzung der einzelnen Gewerke, es gibt immer mehr Cloud-Lösungen und neue Geschäftsmodelle wie Security as a Service. Wie schätzen Sie diese Dynamik, ihre Bedeutung und ihre Folgen für den Sicherheitsmarkt aus der Sicht Ihres Unternehmens ein?
Ralf Brümmer: Die Innovationszyklen sicherheitstechnischer Einsatzmittel und Anlagen werden immer kürzer und es ist klar, dass digitale Lösungen den Sicherheitsmarkt mehr und mehr beherrschen werden. Sicherheitsunternehmen, die diese Entwicklung nicht mitgehen können, werden Marktanteile verlieren. Der Ausbau und die Implementierung digitaler sicherheitstechnischer Kompetenz auf hohem Qualitätsniveau ist fester Baustein des Securitas Geschäftsmodells, wurde sehr frühzeitig als Trend erkannt und ist heute verankert sowohl in der Infrastruktur des Unternehmens wie im Leistungsspektrum.
Sprechen wir noch über das wichtige Thema Nachhaltigkeit: Welchen Rang hat dieses Ziel in der Werteordnung von Securitas Deutschland? Und wie setzen Sie Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung, aber auch in der Vielzahl der Dienstleistungen und in der Ausstattung der Einsatzkräfte um?
Ralf Brümmer: Wir sind ein sehr moderner Konzern – Nachhaltigkeit und Umweltschutzgedanken gehören seit langem zu Strategie und Geschäftsbetrieb. Sie sind im Werte- und Verhaltenskodex der Securitas Gruppe festgeschrieben. Der Konzern ist bestrebt, die Geschäfte auf nachhaltige Weise mit Respekt und Rücksicht auf die Umwelt zu führen und die Umweltverträglichkeit unserer Betriebsabläufe zu verbessern. In der Umweltrichtlinie der Securitas Gruppe haben wir Emissionsziele für Firmenfahrzeuge festgelegt. Alle diese Vorgaben gelten selbstverständlich auch für Securitas Deutschland. Damit aber nicht genug, legen wir in Deutschland gerade ein eigenes Nachhaltigkeitsprogramm unter dem Namen „Future“ auf, das für alle Unternehmensbereiche gilt. Hier schauen wir beispielsweise, wie wir uns bei Themen wie Bekleidung, Energie, Fuhrpark, Reisen, Gebäude und IT noch nachhaltiger aufstellen können. Unser ökologischer Fußabdruck steht für uns also ganz oben auf der Agenda.
Herr Brümmer, Sie haben im Jahr 2005 ein Konzept für die Sicherheit von Mannschaftsquartieren, Trainingsstätten und Fifa-Hotels bei der Fußball WM 2006 erstellt und damit erreicht, dass Securitas Deutschland mit dieser bundesweit durchzuführenden Aufgabe beauftragt wurde. Streben Sie Gleiches für die Fußball-Europameisterschaft 2024 an?
Ralf Brümmer: Die Fußball WM 2006 war in der Tat nicht nur ein sportlicher Glanzpunkt. Auch die Sicherheitsorganisation auf der Grundlage des Nationalen Sicherheitskonzepts Fifa – WM 2006 und die erarbeitete Konzeption des BDSW „Unterkunfts- und Trainingsabsicherung“ haben sich bewährt. Auf der Basis des von uns 2005 erstellten konzeptionellen Angebots zur Sicherung von Mannschaftsquartieren, Trainingsstätten und FIFA-Hotels konnten wir seinerzeit ein bundesweit einheitliches, hohes Sicherheitsniveau verwirklichen. Aus meiner Sicht besitzen wir also ein so enormes Know-how für ein Event dieser Größenordnung, dass es mehr als nur eine Überlegung wert ist, sich auch um einen entsprechenden Auftrag für die Fußball-Europameisterschaft 2024 zu bewerben.
Welche Erwartungen haben Sie an das im Koalitionsvertrag der Ampelparteien angekündigte eigenständige Sicherheitsdienstleistungsgesetz?
Ralf Brümmer: Das schon im Koalitionsvertrag von 2018 und wiederholt im Koalitionsvertrag 2021 angekündigte eigenständige „Sicherheitsgesetz“ wird von der Sicherheitswirtschaft sehnlichst erwartet. Für die zukünftige Entwicklung eines zuverlässigen und leistungsstarken Sicherheitsgewerbes sind neue rechtliche Rahmenbedingungen dringend erforderlich. Ich wünsche mir vor allem flexiblere, zügigere Zuverlässigkeitsüberprüfungen sowie höhere Qualifizierungsstandards für den Schutz kritischer Infrastrukturen und für den Schutz von Großveranstaltungen mit besonderem Gefährdungspotential, eine Gleichbehandlung von Inhouse-Security mit dem Sicherheitsgewerbe wenigstens für diese Aufgabenbereiche, eine Neuordnung des Streikrechts in der Daseinsvorsorge, das den ununterbrochenen Schutz kritischer Infrastrukturen gewährleistet, und die Beleihung von Einsatzkräften zur Unterstützung kommunaler Ordnungsdienste mit niedrigschwelligen Hoheitsbefugnissen, unbeschadet des staatlichen Gewaltmonopols.