Handschutz in Zeiten der Digitalisierung: Gespräch mit Neil Salmon, Präsident der Industrial Global Business Unit bei Ansel
In seinem Geschäftsbereich Industrial Global Business stellt Ansell Hand- und Körperschutzlösungen für ein breites Anwendungsspektrum her – zum Schutz von Arbeitnehmern praktisch aller Branchen. GIT SICHERHEIT hatte am Rande der A+A die Gelegenheit zum Gespräch mit Neil Salmon, Präsident der Industrial Global Business Unit (IGBU) bei Ansell.
GIT SICHERHEIT: Herr Salmon, Sie sind seit April 2019 Präsident der Industrial Global Business Unit (IGBU) von Ansell. Was umfasst dieser Bereich innerhalb der Struktur des Unternehmens?
Neil Salmon: Mein Verantwortungsbereich bei IGBU umfasst die weltweiten Produktportfolios im Bereich des mechanischen und chemischen Schutzes. Dazu gehören unsere industriellen Kernmarken Hyflex, Alphatec, Activarmr und Ringers.
Mit einem Umsatz von 1,4 Milliarden US-Dollar, 13.000 Mitarbeitern und zehn F&E-Innovationszentren weltweit ist Ansell definitiv ein Schwergewicht in der Branche. Was sind die Schlüsselfaktoren, durch die sich Ansell im Bereich des Hand- und Körperschutzes von Ihren Konkurrenten abhebt?
Neil Salmon: In mehr als 100 Ländern rund um den Globus steht Ansell für Sicherheit. In den mehr als 125 Jahren seines Bestehens hat sich das Unternehmen von einem australischen Gummihersteller zu einem modernen Anbieter von Hand- und Körperschutzlösungen entwickelt. Unsere Fachkompetenz, unsere innovativen Produkte und Technologien geben Millionen von Menschen Sicherheit und Vertrauen am Arbeitsplatz, zu Hause und in Gefahrensituationen. Wir sehen unsere Aufgabe als Unternehmen darin, vertrauenswürdige und zuverlässige Sicherheitslösungen anzubieten. Mit seiner weltweiten Präsenz wächst das Unternehmen weiter – durch die Entwicklung neuer Produkte, Akquisitionen sowie durch die Ausweitung unserer Präsenz in den Schwellenländern. Die Produkte und Dienstleistungen unter dem Dach der Marke Ansell ermöglichen es unseren Kunden, bessere Leistungen zu erbringen und produktiver zu sein. Darüber hinaus sind wir bei Ansell der Ansicht, dass Sicherheit sehr viel mit normativer Compliance zu tun hat. So haben wir beispielsweise unseren Teil zur Verabschiedung und nachhaltigen Einhaltung der PSA-Gesetzgebung beigetragen, die durch die im letzten Jahr in Kraft getretene Verordnung EU 2016/425 umgesetzt wurde. Auch haben wir unsere Kunden rechtzeitig über unsere #TrustAnsell-Kampagne informiert, als die Umsetzung dieser Verordnung näher rückte.
Ansell hatte auf der letztjährigen A+A in Düsseldorf einen recht großen Stand. Sie haben dort eine ganze Reihe neuer Produkte vorgestellt. Was hat die Besucher am meisten interessiert?
Neil Salmon: Die A+A ist seit Jahren die perfekte Gelegenheit für Ansell, unsere innovativen Sicherheitslösungen zu präsentieren, unsere Kunden zu treffen, neue Kontakte zu knüpfen und die Trends in unserem Sektor zu bewerten. Dieses Forum dient als Erinnerung an unser Engagement, unsere Verantwortung und daran, was die Branche von uns erwartet. Auf der Produktseite ragten am Stand vor allem zwei neue Chemikalienschutzhandschuhe heraus, die besonderen Komfort und Schutz gegen Lösungsmittel, Säuren und Kohlenwasserstoffe bieten, sowie unser Angebot an Stoßschutzlösungen mit dem Portfolio des von uns übernommenen Herstellers Ringers Gloves.
Welche Industriezweige sind für das Geschäft von Ansell im Bereich Handschutz strategisch am wichtigsten?
Neil Salmon: Die strategisch wichtigsten Branchen für Ansell sind die Automobilindustrie, chemische Industrie, Sanitäts- und Rettungsdienste, Lebensmittelverarbeitung, Maschinenbau, Metallverarbeitung sowie die Öl- und Gasindustrie. Wir liefern hier jeweils Handschuhe (auch mit Ärmeln) für mechanischen und chemischen Schutz, chemischen Hand- und Körperschutz sowie Einweghandschuhe.
Es gab eine ganze Reihe von Innovationen in Bezug auf Materialien und Design. Was sind die wichtigsten Entwicklungen aus der Sicht von Ansell?
Neil Salmon: Wir investieren jedes Jahr Millionen von Dollar in Forschung und Entwicklung in den Bereich PSA. Unser materialwissenschaftliches Know-how ermöglicht es uns, die Schutzbedürfnisse mit Produkten zu befriedigen, die bequem zu benutzen sind und die Produktivität der Arbeiter verbessern. Vieles davon ist patentrechtlich geschützt. Es geht uns um optimalen Komfort und Praktikabilität. Viele unserer Produkte sind bezüglich Ergonomie zertifiziert. Wir sind auch führend beim Schnittschutz unter Verwendung leichter Garne. Hervorzuheben ist hier z. B. unsere Intercept Cut Resistance-Technologie für immer höhere ISO- und ANSI-Schnittniveaus bis hin zur Maximierung des Schutzes bei gleichzeitiger Reduzierung des Risikos von Hautreizungen und allergischen Reaktionen.
Intelligente PSA ist ein wichtiges Thema für die gesamte Branche. Wie wirkt sich dies auf den Handschutz aus?
Neil Salmon: Die jährlichen Kosten, die den Unternehmen durch Arbeitsunfälle und den damit verbundenen Ausfallzeiten entstehen, liegen nach Angaben des Weltwährungsfonds höher als das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 91 Ländern. Diese Statistik hat unter anderem dazu geführt, dass führende Unternehmen der Sicherheitsbranche eine weitere Ressource nutzen, um die Sicherheit der Arbeitnehmer zu verbessern: Das sind die Mitarbeiter selbst – und zwar durch die Verbindung intelligenter PSA mit einer Software-Plattform. Dabei liefern die Mitarbeiter in Echtzeit Daten zu wichtigen Sicherheitskategorien wie PSA-Management, Risikomanagement, Sicherheitskommunikation und Mitarbeiterengagement. Diese Technologie dient der Entwicklung intelligenter und ergonomischer Lösungen für den Handschutz – vor allem dort, wo sie am häufigsten Probleme bereitet. Intelligente PSA regt die Innovationskraft von Unternehmen an, weil sie Daten erhält, die ihnen vorher nicht zur Verfügung standen. Damit können sie auf eine Weise in die Sicherheit investieren, die gleichzeitig zu mehr Effizienz, Flexibilität und Qualität führt. So entwickelte Schutzlösungen sorgen neben der Erfüllung praktischer Anforderungen des Alltags auch die Einhaltung von Sicherheitsempfehlungen – und ermöglichen eine Echtzeit-Datenerfassung.
Die Themen Green Industry und Nachhaltigkeit gewinnen bekanntlich immer mehr an Bedeutung. Inwiefern hat sich dadurch die Entwicklung von Handschutzprodukten verändert?
Neil Salmon: Wir verbessern unsere Umweltmanagementstandards kontinuierlich und minimieren dabei ständig unsere CO2-Bilanz. Wir verfolgen klare Ziele zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen, des Verbrauchs von Wasser und Energie sowie der Abfallproduktion. Die Orientierung an Werten wie Menschenrechte, Gemeinschaft, Umwelt und guter Unternehmensführung hat uns auf dem Weg zur Nachhaltigkeit sehr geholfen. Wir werden auch künftig in die Nachhaltigkeit unserer Geschäftsstrategien investieren. Dabei beziehen wir Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Kommunen mit ein. Dieses Engagement ermöglicht volle Transparenz und schafft eine vertrauensvolle Bindung – durch Zuhören, Verstehen und Zusammenarbeit.
Sie haben auch eine 5-Punkte-Sicherheitscharta und eine Unternehmens-Umweltpolitik eingeführt...?
Neil Salmon: In Übereinstimmung mit den Menschenrechten, Arbeitsnormen, Landesgesetzen und den Ansell-Werten unterstützen und respektieren wir die Rechte unserer Mitarbeiter und Gemeinden in den 55 Ländern, in denen wir tätig sind. Wir bemühen uns kontinuierlich um die Aufrechterhaltung einer erstklassigen Leistung im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz und sorgen dafür, dass unsere Mitarbeiter am Arbeitsplatz sicher sind, egal ob es sich dabei um eine Produktionsstätte in Malaysia, ein Büro in Belgien oder ein Lager in den Vereinigten Staaten handelt.
Herr Salmon, im November hat sich Ansell mit Pro Glove zusammengetan. Könnten Sie uns etwas über den Inhalt und die Ziele dieser Zusammenarbeit erzählen? Laufen bereits konkrete Projekte?
Neil Salmon: Die Partnerschaft zwischen Pro Glove und Ansell begann, als wir feststellten, dass wir die Überzeugung teilen, wie wichtig es ist, den Arbeiter in den Mittelpunkt des industriellen Internets der Dinge (IIOT) zu stellen. Selbst die fortschrittlichsten Unternehmen, die Automatisierung und Datenanalyse in der Fertigung einsetzen, erkennen, dass der Mitarbeiter auf absehbare Zeit im Zentrum der Fertigung bleiben wird. Allerdings liegt der Schwerpunkt des IIoT ausschließlich im digitalen Bereich und vergisst die Anforderungen der Mitarbeiter. Pro Glove hat seit seiner Gründung Pionierarbeit im Bereich intelligenter tragbarer Geräte geleistet, die es den Mitarbeitern ermöglichen, effizienter und effektiver mit der digitalen Welt zu kommunizieren. Ansell und Pro Glove wollen gemeinsam diesen Ansatz auf Sicherheitsmanagement und PSA ausweiten. Derzeit arbeiten wir mit einer Reihe großer globaler Hersteller zusammen, um die wichtigsten Bereiche zu definieren, in denen ein solcher Ansatz für Arbeitnehmer, Sicherheitsmanager und Fertigungsbetriebe einen Mehrwert schaffen kann. Seit langem besteht z. B. ein Bedürfnis, besser dafür zu sorgen, dass die Arbeiter jederzeit die richtige PSA tragen, dass sie möglichst alles aus der PSA herausholen und, dass sie in Echtzeit über ihre Risiken und Schutzbedürfnisse informiert werden. Die Zusammenarbeit mit Kunden wird es uns ermöglichen, diesen Ansatz zu verfeinern.
Was wird im Jahr 2020 strategisch wichtig für Ansell?
Neil Salmon: Ein besonderer Schwerpunkt im Jahr 2020 wird unsere Strategie der Smart-PPE (=PSA) sein. Innerhalb unseres Mechanik-Portfolios erwarten wir einen anhaltenden Erfolg mit unseren Schnitt- und Allzwecksortimenten und sehen auch bedeutende Wachstumschancen durch die Übernahme von Ringers, da wir dessen Geschäft integrieren und es allen globalen Verkäufern von Ansell ermöglichen, ihren Kunden seine Lösungen anzubieten. Im Rahmen unseres Chemikalienschutzangebots führen wir neue Mehrfach-Risiko-Schutzlösungen durch ein einziges Produkt ein. Gleichzeitig bieten wir unseren Kunden Unterstützung beim Verständnis der chemischen Risiken denen ihre Mitarbeiter ausgesetzt sind – einschließlich der Lösungen zum Schutz vor diesen Risiken. Schließlich setzen wir auch 2020 unserer bereits erfolgreichen digitalen Strategie fort. Wir helfen unseren Vertriebspartnern bei der Einführung ihrer eigenen digitalen Ansätze – und dabei, die Präsenz von Ansell über Online-Kanäle zu verbessern.
Sie haben ja auch den Dienst „Ansell Guardian“...?
Neil Salmon: Ja, das ist ein firmeneigener Dienst, der Unternehmen bei der Auswahl der richtigen persönlichen Schutzausrüstungslösung und bei der Verbesserung ihrer Sicherheit und Performance hilft. Wir führen Tausende von Ansell Guardian-Audits mit Endbenutzern durch, um ihre Bedürfnisse, Wünsche und Probleme zu erfahren und dann das optimale Angebot zu definieren, um Verletzungen und Unterbrechungen des Kunden-Workflows zu reduzieren. Diese wichtigen Informationen aus erster Hand werden dann an unsere F&E-Teams weitergegeben, um zukünftige Produktinnovationen und Technologien mitzugestalten
Business Partner
Ansell Healthcare Europe N.V.Boulevard Internationalelaan 55
1070 Brussels
Belgien
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