18.03.2025 • Topstory

PMeV: Politische Forderungen für die kommende Legislaturperiode

Deutschland hat am 23. Februar 2024 einen neuen Bundestag gewählt. Wann es einen Bundeshaushalt 2025 geben wird, ist offen. Mangels Bundeshaushalts hängt auch so manches Sicherheitsprojekt in der Schwebe. Speziell zur Zukunft der einsatz- und geschäftskritischen Kommunikation äußert sich der Bundesverband Professioneller Mobilfunk (PMeV) mit sieben politischen Forderungen, die er in einem Impulsprogramm zusammengefasst hat. GIT SICHERHEIT sprach darüber mit Bernhard Klinger, Vorsitzender des Vorstands beim PMeV.

Bernhard Klinger, Vorsitzender des Vorstands beim PMeV
Bernhard Klinger, Vorsitzender des Vorstands beim PMeV
© HMF / Ulf Salzmann

GIT SICHERHEIT: Herr Klinger, der PMeV weist regelmäßig auf die Notwendigkeit sicherer einsatz- und geschäftskritischer Kommunikation hin – vor allem vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung und zunehmender Bedrohungen. Zunächst einmal zur Situation in Deutschland: Wie dringlich ist die Lage? 

Bernhard Klinger: Die Entwicklungen der letzten Monate und vor allen Dingen der letzten Wochen lassen keinen Zweifel daran: Wir stehen inmitten einer Zeit politischer Umbrüche und sicherheitspolitischer Herausforderungen. Die angespannte Sicherheits- und Wirtschaftslage verlangt eine Anpassung bestehender Regulierung und des Finanzierungsrahmens für sichere Kommunikation. Das gilt für die Industrie, staatliche Institutionen und Behörden, Kritische Infrastrukturen sowie das Einsatz- und Rettungswesen. Die Zeit drängt. Denn der Bedarf an einsatzkritischer Breitbandkommunikation wird in den kommenden Jahren weiter steigen und für die Sicherheit, Versorgung und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands essenziell sein.

Am 23. Februar hat das Land neu ­gewählt. Sie haben aus diesem Anlass ein Impulspapier für die kommende ­Legislaturperiode vorgestellt. Welche der darin genannten Punkte sind aus Ihrer Sicht besonders zeitkritisch? 

Bernhard Klinger: Für die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen für ein BOS-Breitbandnetz fehlen derzeit ausreichend finanzielle Mittel sowie verfügbare dedizierte Frequenzen. Dieses Vorhaben ist jedoch dringend nötig, denn einsatzkritische Kommunikation ist eine der Grundlagen für unsere innere Sicherheit. Hier braucht es zügig einen langfristigen Finanzierungsrahmen und ein klares Bekenntnis aller Ressorts, um das Projekt erfolgreich umzusetzen. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich das 4-Phasen-Modell der Breitbandstrategie von Bund und Ländern zur Errichtung eines eigenbeherrschten Breitbandnetzes der BOS, also der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben.

Ein weiterer dringlicher Punkt: Durch europäische und deutsche Gesetzgebung steigt die Anzahl notwendiger Zertifizierungen für Hersteller und Anwender im Bereich Cybersicherheit. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik als zentraler Zertifizierer muss deshalb mit ausreichenden finanziellen und personellen Ressourcen ausgestattet werden, um die gesetzlichen Zielvorgaben erfüllen zu können. Nur dann kann die Cybersicherheit in Deutschland effektiv gestärkt und die Position Deutschlands als wichtiger Standort für IT-Sicherheit in Europa gefestigt werden.

Besonders viel Aufmerksamkeit gilt natürlich den Kritischen Infrastrukturen. Das Dachgesetz konnte nicht mehr verabschiedet werden. Könnten Sie einmal anschaulich machen, welchen Anteil hochverfügbare und sichere Kommunikationsnetze an der Sicherheit solcher Infrastrukturen haben? 

Bernhard Klinger: Kritische Infrastrukturen funktionieren heutzutage nicht mehr ohne Funknetze und sind zunehmend auch von Breitbandfunkdiensten abhängig. Ein hochverfügbares und sicheres Kommunikationsnetz sorgt also zunächst für die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebsablaufes. Darüber hinaus ist bei Großschadenslagen oder Sabotageakten eine sichere und hochverfügbare Kommunikation zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Kritischen Infrastrukturen von größter Bedeutung. Es lässt sich nicht leugnen, dass die Sicherheitslage in Deutschland äußerst angespannt ist. Laut einer aktuellen Umfrage haben sowohl Cyberangriffe als auch physische Angriffe auf Wirtschaftsunternehmen zugenommen. Deutsche Geheimdienste befürchten für die Zukunft noch mehr physische Sabotageakte. Damit erhöht sich auch die Notwendigkeit einer sicheren und hochverfügbaren Kommunikation für kritische Infrastrukturen.

Was sind insoweit Ihre Forderungen? 

Bernhard Klinger: Kritische Infrastrukturen sollten dedizierte Funknetze mit speziell zugewiesenen Frequenzen nutzen müssen. Diese Netze können für die hohen Anforderungen an Sicherheit und Verfügbarkeit ausgelegt werden. Die Nutzung eines eigenen dedizierten Netzes gewährleistet zudem die Netzsicherheit und Datensouveränität und reduziert in hohem Maße die Abhängigkeit von Dritten. Um die Transition der Kommunikation in Richtung Breitband auch für die Kritischen Infrastrukturen zu ermöglichen, die eine Versorgung in der Fläche sicherstellen, sind dedizierte Breitbandfrequenzen für eine großflächige Funkversorgung erforderlich. Hier müssen entsprechende regulatorische Schritte unternommen werden. 

Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sehen sich ebenfalls neuen Risiken ausgesetzt. Auch zur Reduzierung von Risiken setzt der PMeV auf private 5G-Campuslösungen, wie wir es hier in der GIT SICHERHEIT auch schon verschiedentlich thematisiert haben. Könnten Sie die Hintergründe dazu noch einmal zusammenfassen? 

Bernhard Klinger: Private 5G-Campusnetze erfüllen die individuellen Anforderungen der Unternehmen hinsichtlich Datendurchsatz und Latenz, der Zuverlässigkeit, Datensicherheit sowie der Verfügbarkeit. Mit einem solchen Netz kann die digitale Kommunikationsinfrastruktur also autonom und flexibel gestaltet werden, maßgeschneidert für die spezifischen Anforderungen von Unternehmen. Private 5G-Campusnetze garantieren zudem Sicherheit und Datensouveränität. Darüber hinaus bieten Sie eine langfristige Perspektive für die globalen Herausforderungen, denen sich Unternehmen am Wirtschaftsstandort Deutschland stellen müssen. Sie unterstützen und beschleunigen die digitale Transformation der Wirtschaft und tragen damit zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei. 

Sie fordern hier staatliche Förderprogramme. Könnte das die Wirtschaft nicht aus eigener Kraft stemmen? 

Bernhard Klinger: Aktuell werden die Potentiale von 5G vornehmlich von größeren Unternehmen getestet und evaluiert. Die finanziellen Mittel und das erforderliche Know-how für die Implementierung eines 5G-Netzes ist dort eher als bei kleinen und mittelständischen Unternehmen vorhanden. KMU sind derzeit noch zurückhaltend, 5G-Campusnetze zu testen und unter Realitätsbedingungen einzusetzen. Die hohen Kosten für die Errichtung einer 5G-Testumgebung mit dem Ziel der anschließenden realen Nutzung ist ein wesentliches Hemmnis für 5G im Kontext von Campusnetzen. Um jedoch die hohen Anschubfinanzierungen für 5G-Campusnetze leisten zu können, sind für kleine und mittlere Unternehmen bundesweite Anreize durch Förderprogramme notwendig. Die KMU können das in der Regel nicht alleine stemmen – erst recht nicht in der derzeitig angespannten Wirtschaftslage. Führt man sich jedoch die Vielzahl und Branchenvielfalt der KMU in Deutschland vor Augen und besinnt sich gleichzeitig auf die Tatsache, dass diese seit jeher der Garant für die Vielfalt und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sind, so kommt man zu dem Schluss, dass Investitionen in 5G-Campusnetze, insbesondere wegen der durch den Einsatz dieser Technik erzielten Mehrwerte, ein notwendiger Schritt sind, um den aktuellen und zukünftigen wirtschaftlichen Herausforderungen in Deutschland und Europa zu begegnen. Eine gezielte Förderung ist folglich eine Investition in die Digitalisierung unserer KMU und damit eine unverzichtbare Investition in die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft.

Die Parteien, die nun eine Bundesregierung bilden können, haben sich ja zu diesen Themen bereits positioniert. Welche Hoffnungen haben Sie bezüglich Ihrer Forderungen angesichts des Ausgangs der Wahl?  

Bernhard Klinger: Die Parteien, die Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung aufgenommen haben, müssen der multiplen Gefahren- und Bedrohungslage Rechnung tragen: Gefährdung der inneren und äußeren Sicherheit, eine militärische Kriegsgefahr inklusive hybride Kriege durch Cyberangriffe, Sabotageakte und Desinforationskampagnen. Und natürlich auch die nicht zu leugnende Zunahme von Naturkatastrophen im In- und Ausland. Der PMeV hofft, dass die Politik schnellstmöglich mit finanziellen und regulatorischen Verbesserungen für die Kritische Kommunikation reagiert. Andernfalls verschlechtert sich die Sicherheit für die Menschen in Deutschland rapide. Es geht um Menschenleben und die Resilienz von Staat und Wirtschaft. Nichts zu unternehmen ist moralisch schwerwiegend und letztendlich – wenn die multiplen Krisen kumulieren – teurer als jetzt schnell zu entscheiden, Gesetze zu verabschieden und zu investieren. Die ersten Ergebnisse der Sondierungen zwischen CDU/CSU und SPD bezüglich zukünftiger Investitionen in die Infrastruktur mittels eines Sondervermögens stimmen zunächst zuversichtlich. Bei der Umsetzung muss jedoch sichergestellt werden, dass die sichere hochverfügbare, einsatz- und geschäftskritische Kommunikation, insbesondere im Rahmen der Transition in Richtung Breitband nicht auf der Strecke bleibt.

7 Forderungen des PMeV 

  • 1. Mehr finanzielle Unterstützung und politischer Rückhalt für ein sicheres und hochverfügbares BOS-Breitbandnetz
  • 2. Förderprogramme für den Aufbau von privaten 5G-Campuslösungen für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)
  • 3. Verbindliche Nutzung von sicheren und hochverfügbaren Kommunikationsnetzen für Kritische Infrastrukturen
  • 4. Zuteilung von dedizierten Breitbandfrequenzen für Anwender in der Fläche
  • 5. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik mit ausreichend finanziellen und personellen Ressourcen ausstatten
  • 6. Beschleunigung von Exportgenehmigungsverfahren in Deutschland
  • 7. Förderung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen im einsatz- und geschäftskritischen Mobilfunk

Das vollständige Impuls-Papier finden Sie hier   

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