Tofmotion: Räumliches Wahrnehmen für Roboter

Die Digital Factory der Fachhochschule Technikum Wien ist eine Pilotfabrik, in der praxistypische Industrie 4.0-Szenarien realisiert werden. Zu den innovativen Technologien und Robotersystemen, die hier erprobt werden, zählt nun auch die Lösung Spotguard des österreichischen Start-ups Tofmotion. Das auf dem 3D-Kameraverfahren Time of Flight (ToF) basierende Produkt ermöglicht sichere Forschungstätigkeiten im Kontext der virtuellen Arbeitsraumüberwachung.

Die Lösung besteht aus Hard- und Software, die in Echtzeit Objekte erkennt, die in Gefährdungs- bzw. Bewegungsräume eindringen: Spotguard von Tofmotion sorgt in diesem Fall dafür, dass automatisch ein Signal an den Maschinencontroller gesendet und eine entsprechende Reaktion eingeleitet wird. Dies sei üblichen Sicherheitssensoren weit überlegen, sagt Dr. Christian N. Neufeld, CEO des Unternehmens. „Wir ermöglichen Maschinen die räumliche Wahrnehmung, die die Basis für eine echte Mensch-Roboter-Kollaboration darstellt.“ Spotguard übernimmt definierte Sicherheitsaufgaben und schützt zuverlässig Mensch und Maschine gegen Kollisionen. Das sei nicht nur funktional und effizient, sondern habe auch deutliche Kostenvorteile.

Kooperation zwischen Industrie und Forschung
Die Lösung ist bereits in zahlreichen Anwendungen in der Industrie im Einsatz. Das Konzept ist zudem von Interesse für die Forschung. Unter anderem kooperiert Tofmotion mit dem Technikum Wien, wo die Lösung im Sommer 2020 in Betrieb genommen wurde. „Veranlasst wurde dies durch die Bachelorarbeit eines Studenten im Bereich Mechatronik/Robotik“, so Clemens Ambros, MSc, Junior Researcher/Lecturer im Kompetenzfeld Digital Manufacturing, Automation & Robotics an der Fachhochschule Technikum Wien. „Diese wissenschaftliche Arbeit überprüfte, ob sich virtuelle, kamerabasierte Sicherheitssysteme dafür eignen, den Arbeitsraum eines Kuka-Roboters abzusichern. Für die Praxis-Tests wurde ein typisches Szenario mit Spotguard aufgebaut.“

Es gehört zu den Aufgaben der Technikum Digital Factory, studentische Projekte wie dieses zu ermöglichen. Die Forschungseinrichtung des Kompetenzfeldes Digital Manufacturing, Automation & Robotics beherbergt eine heterogene Systemlandschaft aus über 20 verschiedenen industriellen Robotern unterschiedlicher Hersteller und Funktionsweisen. Im Rahmen von interaktiven und praxisorientierten Lehrveranstaltungen profitieren Studierende von den Räumlichkeiten sowie der Infrastruktur und können sich im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit entsprechend spezialisieren. Dafür sind Kooperationen mit namhaften Industrieunternehmen unabdingbar, die weit über ein reines Sponsoring hinausgehen: Die Entwicklung und Umsetzung von Projekten erfolgen immer gemeinsam und in enger Abstimmung.

Zuverlässige Sicherung des Arbeitsraums
Tofmotion unterstützte die Installation und Integration von Spotguard in die Steuerung des betreffenden Roboters. Darüber hinaus erfolgte eine Schulung von zwei Mitarbeitern der Technikum Digital Factory, in der sie mit der Software und Benutzeroberfläche vertraut gemacht wurden. Dabei wurden einzustellende Parameter, physikalische Rahmenbedingungen des Systems sowie die Erstellung von unterschiedlichen Warn- und Gefahrenzonen geschult und die Kalibrierung durch das Start-up durchgeführt.

„Im derzeitigen Setup ist Spotguard in eine Robot-Machining-Applikation eingebunden. Konkret handelt es sich um eine Roboterstation, die subtraktive Bearbeitungstätigkeiten durchführt“, erläutert Dr. Christian N. Neufeld. „Die Installation der Kamera etwa fünf Meter über dem Boden erlaubt eine ganzheitliche Sicherung des Arbeitsraumes und den Schutz der Mitarbeitenden der Technikum Digital Factory.“ Um das zu ermöglichen, wurde der einzige Zugang zur Station über die Benutzeroberfläche der Lösung mit digitalen Warn- und Gefahrenzonen überlagert. Je nach Position der Person in den definierten Zonen löst das System einen „leichten“ Stopp (Kategorie 2) oder einen Not-Halt (Kategorie 1) des Roboters aus.

Weniger Aufwand bei größerem Nutzen
Das so entstandene System trägt vor allem zu Forschungstätigkeiten bei, die im Rahmen des durch die Stadt Wien geförderten Projektes „Sicherheit in intelligenten Produktionsumgebungen – SIP4.0“ durchgeführt werden. Dabei untersuchen die Mitarbeiter die komplexen Gegebenheiten in modernen Industriebetrieben in Bezug auf Maschinensicherheit (Safety) sowie Informationssicherheit (IT-Security) und wie sie sich diese gegenseitig beeinflussen. „In diesem Bereich hatten wir in der Vergangenheit bereits ein älteres kamerabasiertes Safety-System eingesetzt, das unsere Erwartungen aber nicht erfüllen konnte“, so Clemens Ambros. „Im Gegensatz zu dieser Lösung bewährt sich Spotguard auch bei wechselnden Lichtverhältnissen und erlaubt eine klare Definition der Arbeitsräume“. Es sei das erste auf dem Markt verfügbare Produkt, das die Sicherheit der Mitarbeiter in diesem Szenario vollständig gewährleisten könne.

Die Lösung ermögliche „eine anwendungsorientierte Forschung im Bereich der Arbeitsraumüberwachung, von der in weiterer Folge auch Industrieunternehmen profitieren werden“, so Clemens Ambros. Eine Win-win-Situation für Industrie und Forschung also, die noch viel Potenzial für die Zukunft in sich berge.

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