Unternehmenssicherheit: Interview mit Dr. Cosima Eggers, Airbus Operations GmbH Hamburg

Der maritime Charme und das ­internationale Flair machen die ­Hansestadt Hamburg zu einer der schönsten Städte Deutschlands. Die Stadt hat aber nicht nur den Fischmarkt, die Hafenc...

Der maritime Charme und das ­internationale Flair machen die ­Hansestadt Hamburg zu einer der schönsten Städte Deutschlands.
Die Stadt hat aber nicht nur den Fischmarkt, die Hafencity und die Reeperbahn zu bieten - sie ist auch Hauptsitz von Airbus in Deutschland. Der Standort Hamburg beschäftigt mehr als 10.000 Menschen und spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Konstruktion aller Airbus-Flugzeuge. Unser wissenschaftlicher Schriftleiter Heiner Jerofsky sprach mit Dr. Cosima ­Eggers, Senior Manager Country ­Security der Airbus Operations GmbH Hamburg, über die Eckpunkte und Bedeutung der Unternehmenssicherheit des Weltkonzerns.

GIT-SICHERHEIT.de: Seit November 2010 sind Sie Senior Manager Country Security der Airbus Operations GmbH. Zuvor waren Sie bei Siemens CSO und im österreichischen Ministerium für Inneres tätig. Wie verstehen Sie Ihre Aufgabe und wie können Sie Ihre Pläne bei der Geschäftsleitung durchsetzen?

Dr. Cosima Eggers: Als Leiterin der Unternehmenssicherheit Airbus Operations besteht meine Kernaufgabe darin einerseits die strategische Ausrichtung des EADS Konzerns bzw. Airbus SAS und somit die Sicherheitspolicies in Deutschland umzusetzen und an die lokalen Anforderungen anzupassen. Anderseits gilt es genau diese Policies mit zu gestalten und den lokalen Bedarf auch in der Zentrale zu vermitteln. Es ist genau jene Position, in welcher die Anforderung „think global, act local" umzusetzen ist, und im Kontext der Gegebenheiten beider Welten gehandelt werden muss. An Airbus Deutschland besteht ein großes öffentliches Interesse und wir sind bestrebt die Jugend für den Flugzeugbau zu gewinnen. Viele unserer Sicherungsmaßnahmen stehen im Kontext von Safety-Maßnahmen, um der Öffentlichkeit Einblick in die Produktion zu geben. Diese Maßnahmen sollen in Einklang mit den Airbus Standards umgesetzt werden. Gleichzeitig gilt es Präventionsmaßnahmen zu umfangreicheren Gefährdungen wie z. B. Cyber-Threats lokal zu implementieren. Diese Maßnahmen müssen unter Berücksichtigung des gesamten Konzerns stehen und lokal angepasst werden. Die Umsetzung von Sicherheit in Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung erweist sich bei Airbus als sehr konstruktiv. Grundsätzlich hat security und safety im Bereich Flugzeugbau einen hohen Stellenwert. Als größere Herausforderung erweist sich das Lukrieren von Budgets. Hierfür gilt es zentrale Stellen zu erreichen und ein Verständnis für die lokalen Anforderungen zu schaffen. Dies scheint mir in den letzten zwei Jahren gelungen zu sein.

Es ist unbestritten, dass das Sicherheitsniveau bei der Produktion, Montage und Endabnahme von Flugzeugen ganz besonders hoch sein muss. Wie können sich unsere Leser die wichtigsten Sicherheitsaufgaben und Themenfelder Ihres Arbeitsbereiches vorstellen?

Dr. Cosima Eggers: Für Airbus hat die Sicherheit der Produkte und der Mitarbeiter absolute Priorität. In Bezugnahme auf unsere Produkte ist der Zugriff durch Unbefugte zu verhindern. Dies ist sowohl in Rahmen der Transportprozesse zu gewährleisten als auch während und nach den unterschiedlichen Produktionsetappen - physisch und im Bereich der IT-Netzwerke. Hinzu kommt die Gewährleistung des Schutzes der Mitarbeiter durch Safety-Maßnahmen. Dem entsprechend werden alle Maßnahmen eng mit der Produktion, der Logistik und Safety abgestimmt, um allen Anforderungen der EASA, Arbeitssicherheit, Luftfrachtsicherheit und Security gerecht zu werden.

Was bedeutet das konkret?

Dr. Cosima Eggers: Wir arbeiten mit einem mehrschichtigen Sicherheitsmodell, wonach Zutrittskontrollen zu den Werken die ersten Filter darstellen. Ausweis-, Besucher- und Lieferantenmanagement sind der Fokus der Maßnahmen und verlangen nach ständiger Optimierung der Prozesse und technischen Anwendungen. Dies sind in erster Linie Security-Maßnahmen und bereiten Safty-Anforderungen, wie z. B. Einweisung zu den Arbeitssicherheitsvorschriften vor. Die zweite Sicherheitsschicht sind die Produktionshallen und zu schützenden Räumlichkeiten. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich sowohl um Safety- als auch Security-Maßnahmen. Zutritt bekommen ausschließlich Personen, die eine Einweisung in die Arbeitssicherheitsvorschriften erhalten haben und befugt sind, sich dem Produkt zu nähern. Die dritte Schicht ist punktuell und primär durch Kundenanforderung determiniert. Bestimmt der Kunde, dass eine Head of Version, womit eine Geheimhaltung der Innenausstattung verbunden ist, besonders geschützt werden soll, so wird diese noch zusätzlich bewacht. Darüber hinaus werden die Mitarbeiter sensibilisiert, auf die Sicherheit des Produktes und der Kollegen zu achten. Dieses Konzept spiegelt sich auch im Bereich der IT-Sicherheit wider. In Summe stellt dies ein umfassendes und vielschichtiges Sicherheitssystem dar.

Sicherheitskonzepte sind bekanntermaßen das Ergebnis von aktuellen Gefahren- und Bedrohungsanalysen. Wo liegen nach Ihrer Risikobeurteilung die größten Gefahren für Ihren Konzern am Standort Hamburg und wie schätzen Sie die aktuelle Risiko- und ­Bedrohungssituation ein?

Dr. Cosima Eggers: Airbus vertritt die Policy, dass zu konkreten Risiken und Gefährdungen öffentlich keine Stellung genommen wird. Dennoch kann ich auf zwei Kategorien von Risiken verweisen: Es bestehen erstens alltäglich Risiken, wie z. B. Unfallgefahr, Diebstahl und zweites strategische Risiken wie z. B. cyber threats. Die erste Kategorie an Risiken gehört zu den Standardherausforderungen von großen Werken und wird mit dem physischen Sicherheitskonzept weitgehend minimiert. Die zweite Kategorie, bzw. die strategischen Risiken stellen eine dauerhafte Herausforderung dar. Hierbei müssen zukünftige Entwicklungen vorweg genommen und rechtzeitig präventiv verhindert werden.

Die Sicherung der Produktion und des ­Betriebsgeländes gegen Störungen von außen ist bei der Anlagengröße und den Werten eine besondere Herausforderung. Wie und mit ­welchen Maßnahmen der Objektsicherung schaffen sie es bei der Freigeländeüber­wachung, dass sich technische und personelle Sicherheitsstandards in wirtschaftlich ver­tretbarem Rahmen bewegen?

Dr. Cosima Eggers: Bezogen auf das bereits erwähnte Mehrschichtmodell verhindert ein Zaundetektionssystem das Eindringen von Unbefugten. Eine darüber hinausgehende Freigeländeüberwachung ist nicht vorhanden, stattdessen konzentrieren wir uns auf die Absicherung der konkret zu schützenden Bereiche. Dieser Mittelweg bietet die optimale Sicherheit und bleibt wirtschaftlich vertretbar. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es die günstigste Lösung ist.

Die wertvollen Betriebsstätten, Montage­hallen, Anlagen und Flugzeugbauteile auf dem Gelände sind vielfältigen Gefahren ausgesetzt. Wie verhindern und bekämpfen Sie Betriebsstörungen, kriminelle Handlungen (Diebstähle, Sabotage, Spionage, terroristische Angriffe) und Naturereignisse, innerhalb des Werksgeländes durch Besucher oder Mitarbeiter?

Dr. Cosima Eggers: Die Antwort ist ganz einfach - die Umsetzung der mehrschichtigen Sicherheitsstruktur, umfassende Zutrittsbeschränkungen und Sensibilisierung der Mitarbeiter. Das Thema Naturereignisse ist anders gelagert. Finkenwerder ist mit Deichen vor Fluten geschützt. Zur Bekämpfung von Feuer unterhält das Werk eine Werkfeuerwehr und arbeitet eng mit den Behörden zusammen. Soweit Maßnahmen die Auswirkungen von Naturereignissen mittigeren können, sind wir sehr gut gerüstet.

Wie und mit welchen Maßnahmen schaffen Sie es, dass Sicherheitsregeln, Betriebsan­weisungen, Alarmpläne und andere Informationen zur Sicherheits- und Notfallorganisation die Köpfe der unterschiedlichsten Beschäftigten erreichen und ernst genommen werden?

Dr. Cosima Eggers: Das Airbusmanagement und die Airbusmitarbeiter sind hoch sensibilisiert in Bezug auf die Sicherheit des Produktes und der Mitarbeiter. Im Prinzip bestehen die Herausforderungen im Detail und darin alle relevanten Mitarbeiter in einem Großkonzern zu erreichen. Dabei erhält die Sicherheit jedoch genügend Unterstützung von den Führungskräften.

Welche Bedeutung haben Brand- Überfall- und Einbruchmeldeanlagen, Videoüberwachung und Zutrittskontrolle für die Sicherheit in ­einen Konzern Ihrer Größenordnung?

Dr. Cosima Eggers: Die von Ihnen genannten Maßnahmen sind in einem Großkonzern unerlässlich. Ohne technische Meldeanlagen würde kein geordneter Alarmierungsprozess stattfinden können.

Airbus erwägt laut einem Zeitungsbericht, seine Produktionskapazität schrittweise zu steigern. Hintergrund sind demnach Aufträge für 1.200 Maschinen des treibstoffsparenden A320neo, die Airbus in den Büchern stehen habe. Was würde das für den Standort ­Hamburg bedeuten und hätte das auch Auswirkungen auf ihre Sicherheitsplanungen?

Dr. Cosima Eggers: Für den Standort Hamburg sind diese Aufträge von großer Bedeutung. Natürlich haben sie auch Auswirkungen auf die Sicherheitsplanung. Vermehrte Bautätigkeiten und ein Zuwachs an externen und internen Mitarbeitern stellen erhöhte Anforderungen an das Zutrittsmanagement bei gleichbleibenden Ressourcen im Sicherheitsbereich. Gelöst wird diese Herausforderung durch effektive Zusammenarbeit mit der Produktion. Mit Kommunikation und der Optimierung der technischen Anwendungen kann die erhöhte Belastung problemlos bewältigt werden.

Für die Erreichung Ihrer Schutzziele ist es besonders wichtig, dass Sie qualifiziertes und gut ausgebildetes Personal einsetzen. Setzen Sie für Sicherheitsaufgaben eigenes oder fremdes Personal ein? Welche Bandbreite von Qualifikationen fordern sie, werden Weiter­bildungsmaßnahmen angeboten und führen Sie eigene Schulungen durch?

Dr. Cosima Eggers: Airbus setzt auf eigene und externe Mitarbeiter. Das Sicherheitsmanagement und die Behördenkontakte werden von eigenen Mitarbeitern durchgeführt. Fremdfirmen werden für die Sicherheitsmaßnahmen eingesetzt. Zu diesem Zweck bieten wir eigene Schulungen vor allem im Bereich der Feuerbekämpfung und der Luftfrachtsicherheit an. Die Bandbreite an Qualifikationen, die wir im Sicherheitsbereich bei Airbus brauchen ist sehr groß. Als Betreiber eines Flughafens, eines Hafens und als Kundenservicestelle brauchen wir Mitarbeiter mit unterschiedlichen Qualifikationen. Brandschutz, Luft- und Luftfrachtsicherheit, Hafensicherheit, Veranstaltungssicherheit, Transportsicherheit, Objektsicherheit und Informationssicherheit sind abzudeckende Themen.

Das Interview wird von vielen Managern aus den Bereich Unternehmenssicherheit gelesen. Welchen fachlichen Rat können Sie Ihren Kollegen aus Ihrer Erfahrung in einer hoch­sensiblen Branche geben?

Dr. Cosima Eggers: Die Herausforderung der Zukunft besteht in der Zunahme an strategischen Risiken. Als Sicherheitsmanager sind wir gefordert diese frühzeitig zu erkennen und präventiv zu handeln.

Vielen Dank für das spannende und aufschlussreiche Gespräch.

 

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