VIP-Interview: Dr. Swantje Westpfahl
GIT SICHERHEIT im Interview mit Dr. Swantje Westpfahl – Direktorin, Geschäftsführerin und Strategische Leitung des Institute for Security and Safety GmbH.
In jeder Ausgabe Ihrer GIT SICHERHEIT bitten wir wichtige Personen, Entscheider, Menschen aus der Sicherheitsbranche, zum VIP-Interview.
Im Interview unserer März-Ausgabe:
Dr. Swantje Westpfahl – Direktorin, Geschäftsführerin und Strategische Leitung des
Institute for Security and Safety GmbH
- Gremien-Mitglied der OEWG der Vereinten Nationen für IKT im Kontext der internationalen Sicherheit und in der WP.29 GRVA der UNECE
- Leiterin der Task Force European Initiatives des EE-ISAC
- Mitwirkende in zwei Arbeitsgruppen beim World Economic Forum
- Promotion im Bereich Computerlinguistik an der Universität Mannheim
Ihr Berufswunsch mit 20 war:
Diplomatin. Die Idee, Menschen auf internationaler Ebene dazu zu bringen, in schwierigen Fällen miteinander zu kommunizieren und gemeinsam eine friedliche und gute Lösung für alle Beteiligten zu finden – das fasziniert mich bis heute.
Was hat Sie dazu bewogen, eine Aufgabe im Bereich Sicherheit zu übernehmen?
Durch meine Promotion im Bereich Computerlinguistik hatte ich erste Berührungspunkte mit Datensicherheit. Auch privat habe ich mir sehr viele Gedanken zu diesem Thema gemacht. Da ich von Natur aus immer bestrebt bin, mehr und Neues zu lernen, schien es mir naheliegend, mich in der Wirtschaft in den Bereich der (Cyber-)Sicherheit zu begeben – gerade weil man dort die Möglichkeit hat, durch Kommunikation viel Positives für einzelne Unternehmen aber auch unsere Gesellschaft zu bewirken.
Welche sicherheitspolitische Entscheidung oder welches Projekt sollte Ihrer Meinung nach schon längst umgesetzt sein?
Auf internationaler Ebene die finanzielle und strukturelle Stärkung der ISACs (Information Sharing and Analysis Centers). Sie haben das Potenzial, Interessengruppen- und Sektoren-spezifisch für einen vertrauensvollen Austausch von Bedrohungen und Best Practices zu sorgen, sind aber bisher nahezu vollständig auf ehrenamtliche Arbeit angewiesen.
Auf ganz anderer Ebene würde ich mir stärkere Kontrollen für die Cybersicherheit von Produkten für Endverbraucher wünschen – insbesondere für IoT-Geräte.
Als Drittes wünsche ich mir eine viel bessere Aufstellung der Polizei und der Bundeswehr in Sachen Cyber-Defense, Incident Response und Forensik. Ich sehe, dass es langsam ein Umdenken gibt, jedoch ist an der Stelle noch viel zu wenig Personal vorhanden.
Ein Erfolg, den Sie kürzlich errungen haben, war:
Die Nominierung unseres Ausbildungsprogramms als Beste Schulung im Bereich Cybersicherheit bei den Cyber OSPAs. Das ist jedoch weniger mein Erfolg als der meines Teams.
Welche Reform bewundern Sie am meisten?
Bismarcks Einführung der Krankenkassen und der Rente für alle. Er war ein Vordenker, der erkannt hat, dass sich die meisten Probleme nur gesamtgesellschaftlich lösen lassen, indem man die Mehrheit der Bevölkerung stützt und ihnen damit die Freiheit gibt, sich auf Positives zu konzentrieren.
Wer hat Ihrer Meinung nach eine Auszeichnung verdient?
Mein gesamtes Team. Jede und jeder einzelne von ihnen hat einen vollkommen unterschiedlichen beruflichen Hintergrund und ebenfalls sehr unterschiedliche Wesensarten. Ich bewundere den gegenseitigen Respekt, die Unterstützung und den Humor, mit dem Projekte angepackt werden. Wir sind nach dem plötzlichen Tod unseres Geschäftsführers durch eine sehr schwierige Phase gegangen und für den Zusammenhalt und die Anstrengungen in der Transition hat mein Team ehrlich eine Auszeichnung verdient!
Worüber können Sie sich freuen?
Über vieles – Großes und Kleines. Über die ersten Krokusse im Frühling bis hin zu leckerem Essen in großer Runde mit Familie, Freunden und Kollegen. Ich freue mich grundsätzlich immer, wenn spannende Diskussionen zu neuen Aha-Momenten führen. Dann mache ich innerlich Luftsprünge.
Wobei entspannen Sie?
Musik Musik Musik! Ich liebe es auf Konzerte zu gehen, aber auch, wenn ich selbst singe und mit Familie und Freunden Musik mache. In diesen Momenten tritt alles andere in den Hintergrund und ich kann mich entspannen.
Welchen Urlaubsort können Sie empfehlen?
Ich bin großer Fan der Insel Kreta, vor allem vom Süden der Insel. Ich liebe die Gastfreundschaft der Leute und die Abwechslung, die die Insel bietet. Baden im Meer, Wandern in beeindruckenden Schluchten und minoische Ruinen – und natürlich das großartige Essen.
Wie würde ein guter Freund Sie charakterisieren?
Ich habe einem Freund diese Frage weitergeleitet: Unerschütterlich optimistisch, verliert nie die gute Laune. Sie hat ein aufgeschlossenes, hilfsbereites und freundliches Wesen, wodurch sie schnell Kontakte knüpft. Sie kann schnell neue Zusammenhänge verstehen, ist offen für neue Ideen und diskussionsfreudig. Sie ist die Art von Person, die einen auch an einem Montagmorgen davon überzeugen kann, dass es einen Freitagabend geben wird. So begeistert und motiviert sie andere.
Welche Zeitschriften lesen Sie regelmäßig?
Die Dummy, weil ich gerne über den Tellerrand schaue. Dann noch diverse IT-Sicherheits-Zeitschriften (je nach Thema) und Spektrum der Wissenschaft Gehirn und Geist.
Die GIT SICHERHEIT ist für mich wichtig, weil…
...man sich über die üblichen Verdächtigen auf dem Laufenden halten kann. Die Branche ist klein und hier bekommt man Inspiration, wen man gern kennenlernen würde.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Ich lese generell nahezu alles, was man mir in die Hand drückt: von Theodor Storm bis Science Fiction. Zuletzt habe ich „Eine Frage der Chemie“ gelesen. Das Buch hat mich fasziniert und mich ins Grübeln gebracht. Ich bin dankbar, dass ich weder in der Wissenschaft noch in meiner jetzigen Karriere je größere Probleme aufgrund meines Geschlechts erleben musste. Ich denke auch, dass viele von uns nachhaltig von der #metoo-Debatte profitieren, wenn man das überhaupt so ausdrücken kann. Richtig ist aber auch, dass ich häufig viel zu wenig andere Frauen auf Fachkonferenzen treffe (beispielsweise war ich neulich eine von 4 Frauen bei 116 Teilnehmenden einer Fachkonferenz).
Welche Musik hören Sie am liebsten?
Gitarrenmusik. Von klassischer Gitarre bis Progressive Metal – je nach Laune brauche ich mal dies, mal das.
Was motiviert Sie?
Wenn ich sehe, wie Menschen um mich herum über sich selbst hinauswachsen und dass unsere Arbeit einen Impact hat.
Worüber machen Sie sich Sorgen?
Wir leben in einer Zeit, in der unsere Gesellschaft unweigerlich mit der Digitalisierung der Lebenswelt verbunden ist. Darüber hinaus sind Bedrohungen für jeden Einzelnen nicht mehr geografisch zu erfassen und Gefahren im Internet für viele nicht so leicht erkennbar. Viele Apps und Geräte müssen den Nutzer vor allem in Bezug auf ihre Funktionalität überzeugen. Das birgt ein Risiko, da es eine gewisse Vorbildung im Bereich sicheres Verhalten im digitalen Raum voraussetzt. Diese nehme ich in unserer Gesellschaft nicht ausreichend wahr. Die Basis für den technologischen Fortschritt sollte immer begleitet werden von den Security-by-Design-Prinzipien – in der Realität wird meist zunächst entwickelt und dann die Cybersicherheit irgendwie nachgezogen, wenn überhaupt.
Die beste Erfindung im Bereich Sicherheit ist Ihrer Meinung nach:
Es ist sehr schwierig, etwas als DIE beste Erfindung zu definieren, und die nächste Frage wäre, für welche Sicherheit? Im Bereich der Informationssicherheit ist die wohl älteste und beste Erfindung immer noch die Verschlüsselung. Tolle Technologien, die Digitalisierung für Endanwender sicherer machen, sind allerdings auch Firewalls, Public Key Infrastructure, VPNs, Multifaktor-Authentifizierung sowie Standards für Managementsysteme.
Ihre gegenwärtige Geistesverfassung ist:
Inspiriert. Ich habe gerade eine Schulung gegeben und bin inspiriert von den vielen Gedanken und Ideen der Teilnehmenden des Workshops.