13.02.2025 • Topstory

Alles andere als nur Bürokratie: Brandschutz als zentraler Pfeiler der öffentlichen Sicherheit

Es ist ein Begriff, der für viele nach Bürokratie und komplizierten Regelwerken klingt: Brandschutz. In Wahrheit handelt es sich aber um einen zentralen Pfeiler der öffentlichen Sicherheit. Die Verhinderung und Eindämmung von Bränden gehören deshalb zu den ältesten Aufgaben der Zivilisation. Ein Beitrag von Stefan Budde-Siegel, Freier Sachverständiger und u.a. Brandschutz­beauftragter der Staatskanzlei von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern beim Bund in Berlin – und Rechtsanwalt ­Maximilian Zarembski – Fachanwalt für Strafrecht.

Feuer ist seit jeher Freund und Feind zugleich. In unserer modernen, hochkomplexen Gesellschaft, in der Menschen in dichter Bebauung zusammenleben und industrielle Prozesse enorme Gefahrenpotenziale bergen, hat Brandschutz allerdings eine noch größere Bedeutung erlangt. Dabei ist Brandschutz mehr als eine technische oder organisatorische Herausforderung. Er ist eine moralische Verpflichtung, die unser aller Leben betrifft. Ob als Bauherr, Vermieter, Arbeitnehmer, Verwaltung, Feuerwehren oder Bürger – wir alle tragen Verantwortung dafür, dass Brände verhindert werden und im Ernstfall niemand zu Schaden kommt.

Die Praxis zeigt, dass diese Verantwortung nicht immer ernst genommen wird. Regelmäßig berichten die Medien von Vorfällen, bei denen Versäumnisse im Brandschutz Menschenleben kosten, Familien ihrer Existenz berauben und die Umwelt schwer schädigen. Diese Versäumnisse haben ihren Ursprung nicht selten in einem fatalen Zusammenspiel aus Nachlässigkeit, Unwissenheit und einer gewissen Gleichgültigkeit gegenüber Vorschriften. Für einige erscheinen Brandschutzmaßnahmen als überflüssiger Aufwand, der Kosten und Mühen verursacht. Dabei wird übersehen, dass der Preis für deren Missachtung oft ungleich höher ist – sowohl in menschlicher als auch in finanzieller Hinsicht.

Brandschutzvorschriften haben einen klaren Zweck: Leben und Sachwerte zu schützen. Sie regeln bauliche, technische und organisatorische Maßnahmen, die Brände verhindern, deren Ausbreitung minimieren und eine sichere Rettung ermöglichen sollen. Beispiele hierfür sind:

  • Bauliche Maßnahmen: Brandwände, Flucht- und Rettungswege, nichtbrennbare Bauprodukte, Brand- und Rauchschutztüren...
  • Technische Maßnahmen: Rauchwarnmelder, Brandmeldeanlagen, Feuerlöscher, Sprinkleranlagen...
  • Organisatorische Maßnahmen: Evakuierungsübungen, Unterweisungen, Brandschutzordnungen, Betriebsanweisungen…

Die Vernachlässigung solcher Maßnahmen ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein gefährliches Risiko – mit möglicherweise gravierenden rechtlichen Konsequenzen. Von Ordnungswidrigkeiten bis hin zu Straftaten.

Ordnungswidrigkeiten

Verstöße wie blockierte Fluchtwege, fehlende Rauchwarnmelder oder nicht gewartete Brandschutzeinrichtungen können als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Die Sanktionen reichen von Bußgeldern bis zur Schließung von Gebäuden. Bei Nichtbezahlung oder Nichtvollstreckung von Geldstrafen können auch Ersatzfreiheitsstrafen verhängt werden.

Strafrechtliche Konsequenzen

Wird durch einen Verstoß gegen Brandschutzvorschriften eine konkrete Gefahr oder ein Schaden verursacht, greifen strafrechtliche Bestimmungen. Die wichtigsten Straftatbestände sind:

Fahrlässige Brandstiftung (§ 306d StGB) 

  • Tatbestand: Ein Brand entsteht durch Fahrlässigkeit, etwa durch Vernachlässigung von Wartungspflichten
  • Beispiel: Ein defektes elektrisches Gerät, das nicht instandgehalten wurde, verursacht einen Brand
  • Strafe: Bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe

Vorsätzliche Brandstiftung (§§ 306, 306a StGB)

  • Tatbestand: Vorsätzliches Inbrandsetzen von Gebäuden, Anlagen oder Fahrzeugen
  • Beispiel: Ein Eigentümer zündet sein Gebäude an, um Versicherungsbetrug zu begehen
  • Strafe: Bis zu lebenslanger Freiheitsstrafe

Körperverletzung (§§ 223, 229 StGB)

  • Tatbestand: Verletzungen infolge von Brandschutzmängeln, sei es vorsätzlich oder fahrlässig
  • Beispiel: Fehlende Fluchtwegkennzeichnungen führen zu einer Massenpanik mit Verletzten
  • Strafe: Bis zu 10 Jahre Freiheitsstrafe

Tötung (§§ 212, 222 StGB)

  • Tatbestand: Der Tod einer Person infolge von Brandschutzmängeln
  • Beispiel: Blockierte Fluchtwege verhindern die rechtzeitige Evakuierung
  • Strafe: Lebenslange Freiheitsstrafe bei Vorsatz, bis zu fünf Jahren bei Fahrlässigkeit

Baugefährdung (§ 319 StGB)

  • Tatbestand: Gefährdung der Sicherheit von Bauwerken durch Verstöße gegen Brandschutzvorschriften
  • Beispiel: Verwendung nicht brandsicherer Materialien in tragenden Bauteilen
  • Strafe: Bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe

Gefährdung durch Freisetzen giftiger Stoffe (§ 326 StGB)

  • Tatbestand: Brandbedingte Freisetzung gefährlicher Stoffe infolge unsachgemäßer Lagerung
  • Beispiel: Beim Brand einer Lagerhalle treten giftige Gase aus
  • Strafe: Bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe

Unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB)

  • Tatbestand: Keine Hilfeleistung bei einem Brand trotz Möglichkeit, einzugreifen
  • Beispiel: Ein Verantwortlicher bemerkt einen Brand, unternimmt jedoch nichts
  • Strafe: Bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe

Störung öffentlicher Betriebe (§ 316b StGB)

  • Tatbestand: Durch Brandschutzverstöße wird der Betrieb öffentlicher Einrichtungen gestört
  • Beispiel: Ein Krankenhaus muss aufgrund eines Brands evakuiert werden
  • Strafe: Bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe

Verstoß gegen Umweltschutz­vorschriften (§ 324 StGB)

  • Tatbestand: Ein Brand verursacht Umweltschäden, z. B. durch Schadstoffe, die in die Umgebung gelangen
  • Beispiel: Kontaminierung des Grundwassers nach einem Lagerhallenbrand
  • Strafe: Bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe

Gefährdung von Leben durch ­gefährliche Eingriffe (§ 315 StGB)

  • Tatbestand: Lebensgefährdung durch unsichere Fluchtwege oder unzureichende Brandschutzmaßnahmen
  • Beispiel: Ein überfüllter Fluchtweg führt bei einem Brand zu lebensbedrohlichen Zuständen
  • Strafe: Bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe

Missbrauch von Notrufen und ­Beeinträchtigung von Nothilfemitteln (§ 145 StGB)

  • Tatbestand: Missbrauch von Notrufen oder Manipulation von Brandmeldeanlagen
  • Beispiel: Ein absichtlich ausgelöster Fehlalarm bindet Einsatzkräfte unnötig
  • Strafe: Bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe

Der Fall „Hannibal-Siedlung“

Ein bekanntes Beispiel ist die Hannibal-Siedlung in Dortmund, die 2017 wegen schwerwiegender Brandschutzmängel geräumt wurde. Blockierte Fluchtwege, defekte Brandmeldeanlagen, fehlende Schottungen und brandgefährliche Fassadenverkleidungen machten das Gebäude zur Gefahr für die Bewohner. Der Fall zeigt, wie schnell aus Nachlässigkeit eine ernsthafte Bedrohung werden kann – und wie wichtig regelmäßige Kontrollen und klare Verantwortlichkeiten sind.

Wer haftet?

Bei Brandschutzverstößen stehen oft mehrere Parteien in der Verantwortung:

  • Eigentümer und Verwalter sind für bauliche und organisatorische Maßnahmen verantwortlich
  • Behörden müssen die Einhaltung von Vorschriften überwachen
  • Dienstleister haften für Mängel bei Wartung oder Installation
  • Unwissenheit schützt dabei nicht vor Strafe. Alle Beteiligten müssen sicherstellen, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden.

Brandschutz bedeutet Leben schützen

Brandschutz ist keine lästige Vorschrift, sondern eine essenzielle Verantwortung. Die rechtlichen Konsequenzen bei Verstößen – von Bußgeldern bis zu Freiheitsstrafen – unterstreichen, wie ernst die Sache ist. Jeder Brand, der durch präventive Maßnahmen verhindert wird, ist ein Erfolg. Die Botschaft ist klar: Brandschutz beginnt bei uns allen. Jeder trägt ein Teil der Verantwortung. Denn wenn es brennt, zählt jede Sekunde.  

Autoren: 

  • Stefan Budde-Siegel, VDI, Freier Sachverständiger  
  • Rechtsanwalt Maximilian Zarembski, Fachanwalt für Strafrecht

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