Brandschutz nach VDE 0833-2
Die Vorgaben der Norm für optische Signalgeber in Brandmeldeanlagen DIN EN 54-23 sind in Deutschland rechtlich bindend. Mit der Veröffentlichung der Überarbeitung der Planungs- und...
Die Vorgaben der Norm für optische Signalgeber in Brandmeldeanlagen DIN EN 54-23 sind in Deutschland rechtlich bindend. Mit der Veröffentlichung der Überarbeitung der Planungs- und Projektierungsnorm DIN VDE 0833-2 im Oktober 2017 wird dann die bislang bestehende Grauzone beendet und Projekte werden nach den aktuellen Anforderungen der neuen Produktnorm geplant werden. Was das für Systemanbieter sowie Errichter und Planer von Brandmeldeanlagen (BMA) bedeutet, erklärt folgender Artikel.
In den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union trat zum 1. Januar 2014 die Norm EN 54-23 für optische Signalgeber in Kraft. Die bislang für Brandmeldeanlagen zugelassenen optischen und optisch-akustischen Signalgeber durften nicht mehr verwendet werden, soweit sie nicht vor diesem Datum bereits in Verkehr gebracht waren. Mit Veröffentlichung der Überarbeitung der Planungs- und Projektierungsregeln der DIN VDE 0833-2 sind nun die Anforderungen der Produktnorm EN 54-23 implementiert und es wird eindeutig beschrieben, wie und in welcher Menge optische Signalgeber zu planen und zu projektieren sind. Damit werden erstmalig klare Anforderungen an die Planung und Anordnung der Signalgeber gestellt.
Nach wie vor legt die DIN VDE 0833-2 eindeutig fest, dass der Betreiber einer Anlage für das Brandmelde- und Alarmierungskonzept verantwortlich ist. Als Verantwortlicher hat er gemeinsam mit den zuständigen Stellen, dem Planer und gegebenenfalls dem Errichter der Brandmeldeanlage (BMA) die Maßnahmen festzulegen, wie unter anderem erforderliche Bereiche akustisch und gegebenfalls auch optisch alarmiert werden müssen.
Das Zwei-Sinne-Prinzip
Das Merkblatt ZVEI 82019 fasst die Grundlagen und Herausforderungen der optischen Alarmierung zusammen: Die Beschäftigten im industriellen Arbeitsalltag sind permanent akustischen und optischen Reizen ausgesetzt – eine eindeutige Zuordnung von Signalen wird somit erschwert. Viele Tätigkeiten in der Industrie erfordern das Tragen von Gehörschutz oder Schutzbrillen, die Gehör bzw. Sicht zusätzlich einschränken.
Zudem leiden immer mehr Menschen weltweit an Hörbeeinträchtigungen. Für diese Betroffenen ist eine rein akustische Alarmierung nicht effektiv.
Das Behindertengleichstellungsgesetz hat zum Ziel die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und ihnen ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten. Dazu gehört auch das Recht zur Selbstrettung. Ergänzend wird hier die Barrierefreiheit für Gebäude und Systeme definiert. Barrierefreies Bauen wird in der DIN 18040-1 geregelt. Je nach Umsetzungsstand im Landesbaurecht wird hier eine Alarmierung im Zwei-Sinne-Prinzip gefordert. Neben dem gesetzten Alarmierungsweg mit akustischen Signalgebern, kann dies eine zusätzliche Alarmierung mit optischen Signalgebern sein.
Oberstes Ziel von Brandmeldeanlagen ist der Schutz von Personen und Sachwerten. Dies gilt für Produktionsstätten genauso wie für Verwaltungs- und öffentliche Gebäude. Brandmeldeanlagen erfüllen in beiden Fällen den Zweck, Brände frühzeitig und unabhängig von der Anwesenheit von Personen zu erkennen, sodass umgehend entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden können. Die hilfeleistenden Personen können so schnell eingreifen und gegebenenfalls einen Brand in der Entstehungsphase löschen.
In einer Notsituation wie einem Brand muss gewährleistet sein, dass jede in der betroffenen Zone anwesende Person – auch mit eingeschränkter Wahrnehmungsfähigkeit – umgehend und eindeutig alarmiert und schnellst möglich evakuiert wird. Dies geschieht in der Regel durch ein gebäudeübergreifendes System aus akustischen und/oder optischen Signalgebern.
Verbindliche Vorgaben für optische Signalgeber
BMAs werden im Bauordnungsrecht gefordert und sind im Rahmen der Sonderbauvorschriften geregelt. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind ein entscheidender Faktor bei der Planung und Auslegung von akustischen bzw. optischen Signalgebern. Die Ausführung und die Bestandteile sind in der VDE 0833-2 geregelt. Die Bauteile selbst sind in der europäischen Normenreihe EN 54 weitestgehend harmonisiert. So schreiben EN 54-3 (für akustische Signalgeber) und EN 54-23 (für optische Signalgeber) vor, welche Anforderungen Signalgeber zum Einsatz an Brandmeldeanlagen erfüllen müssen. Hier sind neben den allgemeinen Geräteanforderungen auch technische Kenngrößen zur Ermittlung der Signalisierungsbereiche (für akustische Signalgeber) festgelegt. Zudem schreiben sie die unmittelbare Bestimmung und Beschreibung der Signalisierungsbereiche (für optische Signalgeber) im Rahmen des Zertifizierungsprozesses vor.
In der Überarbeitung der DIN VDE 0833-2 werden die Planung und Auslegung der Signalisierungsbereiche entsprechend der Zulassungskategorien gemäß EN 54-23 festgelegt: Es sind drei verschiedene Zulassungskategorien und dazugehörige Formen der Signalisierungsbereiche definiert, die einen Einfluss auf die Anzahl und den Installationsort der Signalgeber für die zu signalisierende Fläche haben. Weiter kann auch die Auswahl der Signalisierungsfarbe – klare Haube oder rote Haube – je nach Produkt und Anwendung Auswirkungen auf den Signalisierungsbereich und damit auch auf die benötigte Anzahl an Signalgebern haben.
Erstmals konkrete Signalisierungsbereiche definiert
In der EN 54-23 werden die Geräte in drei mögliche Zulassungskategorien unterteilt. In den Kategorien „W“ (Wall / Wandmontage) und „C“ (Ceiling / Deckenmontage) ist die Geometrie des Signalisierungsbereichs bereits vorgegeben. Im Gegensatz dazu ermöglicht die Kategorie „O“ (Open / Offene Montage) es dem Hersteller, den Signalisierungsraum frei zu beschreiben bzw. für bestimmte Anwendungen und Konstruktionen optimal zu gestalten. Dies wird in dem neuen Unterpunkt 6.4.8 der VDE 0833-2 (Optische Signalgeber für die Personenalarmierung) 1:1 angewendet.
Zusätzlich werden in der Produktnorm besondere Anforderungen an die Lichtleistung und die Lichtverteilung der Geräte gestellt. Beispielsweise gibt sie vor, dass im gesamten Signalisierungsbereich mindestens eine Beleuchtungsstärke von 0,4 lux/m² unter den definierten Messbedingungen erreicht werden muss. Weiterhin müssen optische Signalgeber weißes oder rotes Blitzlicht in einer Frequenz zwischen 0,5 Hz und 2 Hz abgeben. Bei der optischen Alarmierung sind die einzelnen Signalisierungsbereiche der jeweiligen Zulassungskategorie nun so aneinander zu reihen, dass der gesamte zu signalisierende Raum vollständig mit den spezifizierten Signalisierungsbereichen abgedeckt ist.
Die Bedeutung der Alarmierungsfarbe
Die DIN VDE 0833-2 regelt auch die Anwendung der zulässigen Farbe. So ist die bevorzugte Alarmierungsfarbe „Rot“. In Deutschland wird aktuell zu 90% eine Alarmierung mit rotem Blitz gewählt. Die abweichend zulässige Alarmierungsfarbe „Klar“ ist im Alarmierungskonzept gemeinsam mit dem Betreiber und den zuständigen Stellen festzulegen. Der Einsatz von klarem Blitz kann durchaus Sinn ergeben, besonders in industriellen Settings, denn hier findet man an fast jeder Maschine einen roten Signalgeber, der zu einer Verwechslung und nicht eindeutigen Erkennung des möglichen Brandalarms führen kann. Des Weiteren decken Signalgeber mit klarem Blitz einen größeren Signalisierungsbereich ab. Dadurch kann die einzusetzende Menge der Signalgeber reduziert und Kosten gespart werden.
Die richtige Auswahl treffen
An die Planung und Projektierung von akustischer und optischer Brandalarmierung werden hohe Anforderungen gestellt. Diese müssen nicht nur normenkonform, sondern auch wirtschaftlich und möglichst effektiv sein. Je nach Applikation muss die richtige Auswahl an Alarmierungslösungen gemäß VDE 0833-2 getroffen werden. Entscheidend hierfür ist im Vorfeld die Erstellung eines Alarmierungskonzeptes zur Definition der Gefahrenbereiche. Zu unterscheiden ist hierbei auch die Anwendung in der Industrie von der Anwendung in öffentlichen Gebäuden, die jeweils ganz eigene Anforderungen stellen.
Industrielle Gebäude haben meist hohe Decken und große Flächen, die den Signalisierungsbereich entscheidend definieren. Hier empfiehlt sich der Einsatz von Signalgebern der Kategorie „O“ also mit flexibler Montage. Dies ermöglicht einen größtmöglichen Signalisierungsbereich. Auch die Auswahl der Lichttechnologie kann entscheidend sein. Signalgeber mit XENON-Technologie, wie etwa die Modelle der PYRA-Serie (PYRA X-S, PYRA X-M oder PYRA X-L) von Pfannenberg, decken in der Regel deutlich größere Signalisierungsbereiche ab als vergleichbare Produkte mit anderen Technologien und Montagepositionen (Kategorien „C“ oder „W“).
Bei Applikationen im industriellen Umfeld setzt Siemens auf Pfannenberg-Geräte, da diese eine wirtschaftliche und einfache Handhabung im Objekt ermöglichen. Hier werden bspw. Projekte im Bereich der Automobil-Industrie oder Projekte in Stahlwerken mit optischen Signalgebern der PYRA Serie ausgestattet. In diesen Projekten mit in der Regel hohe Decken und große Flächen ist der Einsatz spezieller Signalgeber notwendig. Im Rahmen von Industriellen Aufgabenstellungen werden bevorzugt konventionelle Systeme verarbeitet, da diese hinsichtlich der kritischen Leistungsaufnahmen der Komponenten größere Flexibilität bieten und trotz höheren Anforderungen an Verkabelung eine wirtschaftlichere Lösung darstellen. Bei einem Projekt eines namenhaften Automobil-Herstellers war eine optische Alarmierung über die Deckenmontage umzusetzen. Die Deckenhöhe betrug hier knappe 10 Meter. Einzig der Signalgeber PY X-M 10 SSM KL ist für diese Applikation entsprechend geeignet und zugelassen. Mit einem Signalisierungsbereich von 405 m² in der Grundfläche können so selbst größere Alarmierungsbereiche mit wenigen Geräten signalisiert werden.
Beim Einsatz in öffentlichen Gebäuden werden bevorzugt intelligente Bus-Systeme eingesetzt. Hier eignen sich besonders integrierte Loop-Signalgeber, wie sie von Siemens mit FDSB221, FDSB228 oder FDSB229 angeboten werden. Sie sind auf eine ein-Punkt-Montage und einen geringen Installationsaufwand ausgelegt. Bei einem Projekt in einer Schule wurden so mehrere Herausforderungen gemeistert: Zum einem konnte das vorhandene Leitungsnetz der Brandmeldeanlage genutzt werden. Zum anderen wird dadurch eine ausfallsichere Alarmierung gewährleistet. Bei Nachrüstungen und Modernisierungen werden Ausfallzeiten in den betroffenen Bereichen auf ein Minimum reduziert. Die Einbindung in das intelligente Bus-System, FDNet von Siemens, ist besonders einfach, weil die Parametrierung direkt durch die Inbetriebnahmesoftware erfolgt.
Die wichtigste Änderung durch die neue Norm VDE 0833-2 für BMA-Systemanbieter sowie Errichter und Planer: Jede Alarmierungslösung muss individuell geplant werden. Im Mittelpunkt steht dabei immer der vom Signalgeber tatsächlich abgedeckte Signalisierungsbereich, anhand dessen sich der konkrete Gerätebedarf ermitteln lässt. Die Verantwortlichen sollten unbedingt die genauen Herstellerangaben hierzu beachten, um Fehldimensionierungen oder Probleme bei der Abnahme der Anlage zu vermeiden. Die Kenntnis der tatsächlichen Signalisierungsbereiche der Signalgeber gibt größtmögliche Planungssicherheit über die gesamte Projektphase und gewährleistet eine normenkonforme Alarmierung, die sowohl das Schutzziel wahrt, als auch ein Ausufern der Gesamtkosten verhindert.
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