Evakuierung: Eignen sich feuerfeste Aufzüge zur Evakuierung von Hochhäusern?

Evakuierung: Eignen sich feuerfeste Aufzüge zur Evakuierung von Hochhäusern? Moderne Hochhäuser, d. h. Gebäude mit über 38 Stockwerken, besitzen ein architektonisches Design, das e...

Barry M. Scholes, Managing Director von Evac + Chair International
Barry M. Scholes, Managing Director von Evac + Chair International

Evakuierung: Eignen sich feuerfeste Aufzüge zur Evakuierung von Hochhäusern? Moderne Hochhäuser, d. h. Gebäude mit über 38 Stockwerken, besitzen ein architektonisches Design, das eine Reihe von feuerbeständigen Aufzügen umfassen kann. Diese können in kurzen Etappen angeordnet sein oder als Expressaufzüge über größere Entfernungen.

Zu den Kriterien, die einen feuerbeständigen Aufzug definieren, gehören:

  • Separate Stromversorgung, 
  • Eingebaute Kommunikationsmöglichkeit, 
  • Unter Druck stehender Aufzugsschacht, 
  • Rauchmeldung, Entrauchungsventilatoren, 
  • Schutz durch Brandwände. 

Argumente für eine Evakuierung mit feuerbeständigen Aufzügen

Es besteht kein Zweifel, dass, wenn die Benutzung solcher Aufzüge sicher ist, dies der schnellstmögliche Fluchtweg für alle Gebäudebenutzer ist. Wenn der Beschluss einer Evakuierung gefasst worden ist, müssen eine Reihe von Faktoren berücksichtigt werden, u. a.:

  • Wo ist der Brand? 
  • Wie heftig ist der Brand? 
  • Kann er unter Kontrolle gebracht werden? 

Diese Fragen gelten auch bei der Risikoermittlung im Falle eines Terroranschlags, einer Bombendrohung in der Nachbarschaft, eines Unwetterschadens, Stromausfalls, Erdbebens oder Fehlalarms.

Petronas Towers – KLCC

Ein Hochhaus wird häufig auch als ein vertikales Dorf bezeichnet, d.h. eine Mischung aus Wohnungen, Büroräumen, Läden, Theatern, Restaurants und Freizeiteinrichtungen. In Gebäuden wie dem KLCC (Petronas Towers in Kuala Lumpur) ist es nicht ungewöhnlich, dass mehr als 5.000 Menschen in jedem Turm beschäftigt sind, plus Hilfskräfte und Kunden in den fünf Zwischengeschossen.

Die Petronas Towers verfügen über vier feuerbeständige Aufzüge, vier Backup-Generatoren, unter Druck stehende Treppenhäuser, unabhängig gezonte Sprinklersysteme, ein hervorragendes doppeltes internes Kommunikationssystem und CCTV. Ihr gut ausgebildetes Sicherheitspersonal sind die Ersten, die reagieren, indem sie die Alarme auslösen, die rauchdichten Türen aktivieren und den Notfallevakuierungsplan initiieren. Aufgrund der großen Zahl von Beschäftigten in jedem Turm ist Evakuierung die hauptsächliche Fluchtmöglichkeit, bei der die zweistöckige Brücke genutzt wird, um Personen auf dem 41. und 42. Stockwerk in das Nachbargebäude umzuleiten. Personen mit eingeschränkter Mobilität werden versammelt und zu den feuerbeständigen Aufzügen geleitet, die von einem Bediener gesteuert werden. Trotz der Berühmtheit der Türme als herausragendes Gebäude hat es nur sehr wenige vollständige Evakuierungen gegeben.

Die beiden feuerbeständigen Aufzüge pro Turm dienen als Privataufzüge und steigen mit einer Geschwindigkeit von 5 m/Sek. 390 m an einer Einzelwinde auf. Bei normalem Betrieb dauert die Fahrt zum oder vom 86. Stockwerk 70 Sek., und jeder Aufzug hat eine Tragfähigkeit von 10 Personen. Jeder Turm verfügt außerdem über 29 Doppeldecker-Personenaufzüge und drei Hochleistungs-Frachtaufzüge. Diese Aufzüge sind so angelegt, dass sie 13 % der Höchstzahl von 6.000 Bürokräften in jedem Turm innerhalb von fünf Minuten an ihren Bestimmungsort bringen, wobei die Wartezeiten nicht länger als 30 Sek. sind.

Fallstudie im KLCC

Der Notfallevakuierungsplan wurde am Morgen des 12. Septembers 2001 auf eine ernsthafte Probe gestellt, etwa 12 Stunden, nachdem Hijacker Passagierflugzeuge in das WTC in New York geflogen hatten. Eine Bombendrohung (die sich später als Falschmeldung herausstellte) führte zu einer vollständigen Evakuierung beider Türme. Ein Evakuierter, Tarajit Singh, ein Finanzinspektor für Petronas, der staatlichen Ölgesellschaft, berichtete: „Wir wurden über die PA-Anlage informiert, dass ein Notfall in den Türmen eingetreten ist, und daher wurden wir zur Evakuierung aufgefordert. Wir mussten zu Fuß hinuntergehen und das Gebäude verlassen.“ Tarajit erklärte: „Ich ging 58 Stockwerke hinunter. Nur Kranke oder Schwangere durften die Aufzüge benutzen.”

Die Kombination von Fluchtwegen über Aufzüge und Treppenhäuser funktionierte gut, obwohl in diesem Fall die Skybridge nicht ihren Zweck erfüllen konnte, da der Falschmelder nicht angegeben hatte, wo oder in welchem Turm sich die Bombe befand. Alle Shopping-Bereiche wurden mit Hilfe der zusätzlichen 65 Aufzüge evakuiert, die das Einkaufszentrum und die Parkhäuser versorgen. Es besteht kein Zweifel, dass die Evakuierungsplanung in die Baugestaltung eingebaut werden kann, und während die Grenzen des strukturtechnischen Designs sich sowohl in die Höhe als auch bei Materialien ausweiten, gibt es starke Argumente dafür, von Anfang an mit der korrekten Strategie Fluchtwege einzuplanen.

Argumente gegen eine Evakuierung mit feuerbeständigen Aufzügen

Die Hauptfunktion eines feuerbeständigen Aufzugs ist es jedoch, die Notdienste in die Lage zu versetzen, die Kontrolle über das Gebäude vom Erdgeschoss aus zu übernehmen. Aufgrund gesammelter Informationen wie

  • Wo ist der Brand?
  • Wie heftig ist der Brand? 
  • Kann er unter Kontrolle gebracht werden? 

wird der Brandinspektor einen zweiten Kommandoposten unterhalb der Brandquelle einrichten. Aufgrund seiner Geschwindigkeit und Zugänglichkeit wird der feuerbeständige Aufzug zum bevorzugten Mittel, Ausrüstung und Feuerwehr vertikal zu bewegen. Im Fall von Turm 1 des WTC waren die Expresslifte nicht vollständig feuerbeständig und wurden durch den Einschlag eines Feuerballs am 11. September 2001 zerstört. Intelligente Gebäude besitzen außerdem Brand- und Rauchmeldesysteme, und Teile der Gebäude können abgetrennt werden, wenn entweder Rauch oder Druckverlust entdeckt wird. Dadurch werden Lobbys, sichere Fluchträume und Zugang zu Aufzügen abgeschnitten.

Man kann sinnvollerweise davon ausgehen, dass Menschen im Gebäude isoliert werden könnten und auf Hilfe bei ihrer Evakuierung warten müssten. In hohen Gebäuden müssen wir davon ausgehen, dass ein Evakuierungslift automatisch programmiert ist, zum Erdgeschoss zurückzukehren. So haben diejenigen, die auf verschiedenen Stockwerken auf ihre Evakuierung warten, keinerlei Kontrolle über ihre Flucht. Ruftasten werden außer Kraft gesetzt, und sollte außerhalb des Aufzugschachts auf einem Stockwerk Rauch entdeckt werden, kann es sein, dass sich die Aufzugtüren nicht öffnen (um die Passagiere zu schützen). In manchen Fällen könnten benachbarte Dielen abgeschnitten werden, wenn bei der Abschottung heiße Zonen abgeschottet werden.

Wir können daher mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Benutzung von feuerbeständigen Aufzügen als einzigem Fluchtweg Evakuierte gefährden können, bis eine Durchsuchung von Stockwerk zu Stockwerk durchgeführt wird. Beim KLCC mit seinen mehr als 80 Stockwerken, und wenn man von fünf Minuten pro Stockwerk ausgeht, würde eine solche Suche pro Lift mehr als sechs Stunden in Anspruch nehmen, eine langwierige, doch notwendige Aufgabe, wenn die Anwesenheitsliste nicht aufgeht.

Daher gibt es ein überzeugendes Argument für alternative Fluchtwege als Teil des Gesamtevakuierungsplans. Eine Treppenhausevakuierungszeit von 15 Sek. pro Stockwerk ist machbar, wenn für Gehbehinderte ein Evac+Chair auf der Treppe verwendet wird. Dabei handelt es sich um normale Gehgeschwindigkeit. Bei Benutzung der Sky Bridge im KLCC muss niemand mehr als 10 Minuten von der Sicherheit entfernt sein.

Fürsorgepflicht

In einem Notfall haben Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht und müssen Arbeitnehmern angemessene Fluchtwege zur Verfügung stellen. Dazu gehört: die Bereitstellung angemessener Mengen der nötigen Ausrüstung, um jeden Notfall zu bewältigen, und für angemessene Schulung in der Benutzung der Ausrüstung zu sorgen. Entscheidend ist allerdings die Tatsache, dass diese Vorkehrungen auch die Minderheitsinteressen ansprechen müssen.

Doch was bedeuten "angemessen" und "Fürsorge", wenn Sie Benutzer mit Mobilitätsproblemen haben? Angemessene Fürsorge ist durch die Gesetzgebung recht gut definiert worden. Sie kann durch die Antworten auf eine Reihe einfacher Fragen bestimmt werden:

  • Ist vorhersehbar, dass ein Brand entstehen könnte? 
  • Ist vorhersehbar, dass es bei der Evakuierung von Angestellten mit Mobilitätsproblemen im Notfall Schwierigkeiten geben könnte? 

Lautet die Antwort auf diese Fragen "Ja", muss ein Arbeitgeber darüber nachdenken, wie er in dieser Situation am besten die Fürsorgepflicht für seine Angestellten erfüllen kann. Aus diesem Grund sind unterschiedliche Fluchtwege und Fluchtmittel von einander unabhängig. Der revidierte britische "BS5588 Fire Precautions in the Design and Construction of Buildings – Part 8: Code of Practice for Means of Escape for Disabled People" (BS5588 Brandvorkehrungen im Design und Bau von Gebäuden Teil 8: Verhaltenskodex für Fluchtmittel für Behinderte) besitzt eine Fußnote, die Folgendes besagt: „Zufluchtsorte sind für kurze Zeiträume relativ sichere Warteräume. Sie stellen keine Bereiche dar, in denen Behinderte auf unbestimmte Zeit belassen werden sollten, bis sie von der Feuerwehr gerettet werden oder der Brand gelöscht ist.“

Laut dem HM Fire Service Inspectorate (der britischen Feuerwehraufsichtsbehörde Ihrer Majestät): „Die praktische Antwort auf die Frage nach Zufluchtsorten für Körperbehinderte oder auch Rettung für Personen mit anderen Behinderungen ist, dass aus verschiedensten Gründen keine Feuerwehr zu 100 % garantieren kann, am Ort eines Vorfalls einzutreffen...“ „Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung für Feuerwehren, Brände zu bekämpfen oder Rettungsaktionen durchzuführen, und dies ist durch Präzedenzrecht etabliert worden.“ Der Terroranschlag vom 7. Juli 2005 in London beanspruchte die Ressourcen der Londoner Feuerwehr in einem Maße, dass dies in diesem Fall zutreffend gewesen sein muss.

In der London Fire & Emergency Planning Authority Fire Safety Guidance Note No 26 (Brandsicherheitsrichtlinie der Londoner Feuer- & Notfallplanungsbehörde, Anmerkung Nr. 26) heißt es: „Die Evakuierung muss so geplant werden, dass sie erfolgreich von den Nutzern eines Gebäudes durchgeführt werden kann, ohne auf die Hilfe der Feuerwehr angewiesen zu sein, deren anfängliche Ressourcen beschränkt sein können.“ Aus dem Obigen scheint sich zu ergeben, dass die Verantwortung für die Evakuierung beim Gebäudeeigentümer liegt und dass, obwohl feuerbeständige Aufzüge Teil des Evakuierungsplans sein können, diese nicht den alleinigen Fluchtweg darstellen sollten. Schließlich ist es die ultimative Form der Diskriminierung, zurückgelassen zu werden und auf Rettung warten zu müssen, während die nicht behinderten Kollegen das Gebäude ohne Hilfe verlassen können.

 

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Barry M. Scholes
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