Was ist eigentlich ein IEC61800-5-3-zertifizierter Sicherheits-Encoder?
Erklärt von Andreas Bäurer, Strategischer Produktmanager Encoder im Global Business Center Motion Control Sensors bei Sick Stegmann.
Mit der Veröffentlichung der IEC61800-5-3 Ende Februar 2021 gibt es erstmals eine produktspezifische Norm für Sicherheits-Encoder. Der sichere Absolut-Encoder AFS/AFM60S Pro wurde als erstes Produkt nach der neuen Norm zertifiziert. Kein Zufall, sondern ein Musterbeispiel für die Zusammenarbeit zwischen Sick und dem Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, dem IFA.
Mensch und Maschine – ein Zusammenspiel, dass auf einwandfrei funktionierende Sicherheitssysteme angewiesen ist, um Unfälle und Gesundheitsgefahren zu vermeiden. Dabei spielen SIL- und PL-zertifizierte Encoder in zahlreichen Maschinen bei der sicherheitsgerichteten Überwachung von Achsen und Antrieben eine immer wichtigere Rolle. Hersteller mussten sich bisher auf allgemeine Sicherheitsstandards beziehen und hatten keine Encoderspezifischen Vorgaben. „Die 2015, durch das Instituts für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) definierten ‚Grundsätze für die Prüfung und Zertifizierung von Winkel- und Wegmesssystemen für die Funktionale Sicherheit‘, schloss diese Lücke zwar, jedoch ermöglichte sie noch immer keine Vergleichbarkeit für den Kunden “, erklärt Christian Werner, IFA, Leiter Bereich– Maschinensicherheit, Industrial Security und Implantate. „Die Automatisierung von Maschinen und Betriebsanlagen ist in den vergangenen Jahren massiv vorangeschritten. Die produktspezifischen Normen für Sicherheits-Encoder, die deren Aufbau, Prüfung und den technischen Stand generell definieren, waren nicht vorhanden. Deshalb beschlossen wir 2016, die Zertifizierung eindeutiger zu gestalten und beteiligten uns an der Ausarbeitung der ersten Sicherheits-Encoder-Norm IEC61800-5-3“, so Werner.
Das IFA setzte sich für die Norm im Wesentlichen zwei Ziele: „Zum einen wollten wir einen produktspezifischen Standard für sicherheitsgerichtete Encoder schaffen. Zum anderen hatten wir vor, einheitliche Grundlagen für die Zertifizierung von Geräten zu formulieren. Beispielsweise für die Prüfung und Qualifizierung sicherer Encoder, zur Berechnung von Sicherheitskennzahlen sowie zur Vereinheitlichung der Dokumentation für die Anwender.
Normen entwickeln: Ein Best Case für Zusammenarbeit
Zeitgleich begannen die Entwicklungsarbeiten an dem Sicherheits-Encoder AFS/AFM60S Pro bei Sick in Donaueschingen. „Sick und das IFA verbindet eine jahrzehntelange, erfolgreiche Zusammenarbeit. Wir tauschen uns regelmäßig über neue Entwicklungen aus“, erklärt Werner. „Der AFS/AFM60S Pro war also eine hervorragende Gelegenheit, den neuen Standard zu testen und weiterzuentwickeln.“ Das Interesse für eine handlichere Lösung war beidseitig – so ist Sick bereits zu einem frühen Zeitpunkt in die Normentwicklung eingestiegen – als Teil einer internationalen Projektgruppe, zu der auch weitere Encoder- und Steuerungshersteller, Anwender und Zertifizierungsstellen hinzukamen.
Sick bietet sichere Lösungen zur Überwachung und Steuerung von Maschinenbewegungen. Stillstände lassen sich dadurch reduzieren und die Einrichtzeiten an Maschinen optimieren. Mit dem AFS/AFM60S Pro haben die Entwickler eine Lösung für die Positions-, Winkel- und Geschwindigkeitserfassung erarbeitet. Für diese Safe-Motion-Lösung waren die Grundsätze und Definitionen in der neu entstehenden Norm natürlich richtungsweisend. Gleichzeitig war der Encoder das „Pilot-Produkt“. Die direkten Rückkopplungen aus der Normungs-Projektgruppe in die Produktentwicklung haben in dieser Phase zu wesentlichen Optimierungen am entstehenden absoluten Sicherheits-Encoder beigetragen. Sicherheits-Subfunktionen in Bezug auf sichere inkrementelle und absolute Position, sichere Beschleunigung und sichere Geschwindigkeit, die das Produkt Encoder als Komponente in der funktionalen Sicherheitskette einordnen und beschreiben, wurden mit der IEC61800-5-3 erstmals eingeführt und definiert. Der Kunde profitiert von den einheitlichen Informationen und kann jetzt sichere Encoder verschiedener Hersteller korrekt gegenüberstellen und bewerten.
Sick hat im Rahmen der Zertifizierung und Markteinführung des AFS/AFM60S Pro alle Aspekte einer validen Prüfung und Zulassung entsprechend der Norm berücksichtigt und umgesetzt. Ein weiteres Thema war auch der Fehlerausschluss bei Befestigungen und Verbindungselementen, die sich nicht sensorisch überwachen lassen. Das Mittel hierzu: die mechanische Überdimensionierung. Denn was nutzt die elektronische Überwachung der Sicherheitssteuerung, wenn es an der mechanischen Standfestigkeit mangelt, insbesondere im rauen Einsatzumfeld? Somit ist dies ein weiterer Aspekt, der klare Handlungsvorgaben in der IEC61800-5-3 definiert.
Zukunftssicher: Hersteller und Kunden profitieren
Mit dem absoluten Sicherheits-Encoder AFS/AFM60S Pro hat sich gezeigt, wie ein Produkt zum Standard wird. Das rotative Wegmesssystem bildet die internationale Norm für sichere Encoder ab. Dadurch wird den Anwendern maximale Rechts- und Zukunftssicherheit für die sichere Positions-, Winkel- und Geschwindigkeitserfassung geboten.
Für Hersteller bietet die neue Norm IEC61800-5-3 höchste Auslegungssicherheit von der Entwicklung bis zur Zertifizierung und Markteinführung.
Forschungsinstiut IFA
Das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) ist ein Forschungs- und Prüfinstitut der gesetzlichen Unfallversicherungsträger in Deutschland. Das IFA forscht in der Prävention von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Zudem unterstützt das Institut Unfallversicherungsträger in naturwissenschaftlich-technischen Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Schließlich ist das IFA benannte Prüf- und Zertifizierungsstelle für eine Reihe von Prüfgebieten unter der Maschinenrichtlinie und im Bereich Persönliche Schutzausrüstung (PSA). Im Rahmen von Produktprüfungen und Zertifizierungen wird es für Hersteller tätig.