07.02.2022 • TopstoryGebäudetechnologie

Bosch Building Technologies: Nutze die Macht der KI

Thomas Quante hat im Juni die Leitung des Geschäftsbereichs Bosch Building Technologies übernommen. Zuvor war er bereits Mitglied des Bereichsvorstands des Geschäftsbereichs und verantwortete das internationale Systemintegrator-Geschäft sowie das Geschäft mit Brandmeldeanlagen innerhalb des weltweiten Produktgeschäfts. Davor leitete Thomas Quante den Geschäftsbereich Kommunikationssysteme von Bosch Building Technologies in Burnsville, USA. Seit 2019 ist er zudem Mitglied im engeren Vorstand des ZVEI. GIT SICHERHEIT sprach mit Thomas Quante über seinen Start als CEO und die Zukunft von Bosch Building Technologies in der Sicherheitsbranche.

Thomas Quante, CEO von Bosch Building Technologies
Thomas Quante, CEO von Bosch Building Technologies

GIT SICHERHEIT: Herr Quante, Sie haben Ihre Tätigkeit als CEO im Juni 2021 aufgenommen. Was motiviert Sie auf Ihrer täglichen Fahrt zur Arbeit?

Thomas Quante: Zunächst einmal befinden wir uns als Anbieter von Sicherheits- und Gebäudetechnik in einem großartigen Marktumfeld: Der Bedarf an Sicherheit, Komfort und Energieeffizienz wird in den kommenden Jahren kontinuierlich weiterwachsen. Ich will dazu beitragen, dass wir die Chancen, die sich daraus für unsere Kunden und unser Unternehmen ergeben, nutzen und unsere Erfolgsgeschichte fortsetzen. Wir leisten mit unseren Produkten und Lösungen einen großartigen Beitrag für die Umwelt – und dafür, dass sich Menschen in kommerziellen Gebäuden und im öffentlichen Raum sicher und wohl fühlen. Wir helfen, Menschenleben, Gebäude und Sachwerte zu schützen. Allein dafür lohnt es sich, jeden Tag aufzustehen. Das treibt mich – und auch unsere Mitarbeitenden – an, sich täglich mit hohem Engagement für unsere Kunden, Partner und unser Unternehmen einzusetzen. Die Mission von Bosch Building Technologies, „Gebäudelösungen für ein besseres Leben“, gibt das hervorragend wieder. 
Mit Bosch als Eigentümer haben wir außerdem einen Partner an der Seite, der uns langfristig in unserer Strategie unterstützt. Als Stiftungsunternehmen fließt ein Großteil des erwirtschafteten Gewinns ins Unternehmen zurück, um Innovationen voranzutreiben. Eine jährliche Dividende geht an die Robert Bosch Stiftung und kommt sozialen Projekten und somit dem Allgemeinwohl zugute. Auf dieser Grundlage das Geschäft weiter zu entwickeln, ist für mich sehr motivierend. 
Nicht zuletzt haben wir ein großartiges Team, über alle Bereiche hinweg. Es sind die Menschen, die ein Unternehmen ausmachen – und es sind auch bei Bosch Building Technologies die Menschen, die für mich den Unterschied machen. Ich freue mich jeden Tag auf die Zusammenarbeit mit unseren Mitarbeitenden, Kunden, Partnern und den Austausch mit meinen Kollegen im Bereichsvorstand.

Was sind Ihre strategischen Prioritäten für die kommenden Jahre?

Thomas Quante: Wir orientieren uns hier immer sehr stark am Markt. Welche Trends gibt es, welche Bedürfnisse haben unsere Kunden aktuell und zukünftig? Das sind die Fragen, mit denen wir uns täglich beschäftigen.  Die wichtigsten Themen hierbei sind Konnektivität und Digitalisierung. Vor dem Hintergrund der digitalen Transformation, die durch die Corona-Pandemie noch einmal stark beschleunigt worden ist, sehe ich hier große Chancen für unser Unternehmen: Durch das Zusammenspiel von Künstlicher Intelligenz (KI) und Internet der Dinge (IoT) – wir sprechen hier von AIoT – können wir mit innovativen, vernetzten Produkten und digitalen Lösungen weiteren Mehrwert für unsere Kunden generieren. Diese Themen weiter voranzutreiben hat für mich hohe Priorität. In diesen Bereich fällt auch das Thema Digitale Services. In unserem Systemintegrator-Geschäft haben wir die direkte Kundenschnittstelle und sehen genau, was der Kunde braucht. Das versetzt uns in eine exzellente Ausgangsposition, unser digitales Serviceangebot in den nächsten Jahren weiter auszubauen. Hierzu haben wir auch ein internes Accelerator-Programm ins Leben gerufen: Ambitionierte, junge Mitarbeitende agieren hier als Intrapreneure und widmen sich zu 100 Prozent dem Aufbau eines neuen digitalen Serviceangebots.
 
Können Sie ein Beispiel Ihres digitalen Serviceangebots nennen? 

Thomas Quante: Ein Beispiel ist der „HVAC Performance Analyzer“ – ein digitaler Service für HVAC-Systeme, also Heizungs-, Lüftungs- und Klimatisierungssysteme. Dieser reicht von Analyse- und Monitoring-Lösungen bis hin zu IoT-Services, durch welche die Energieeffizienz des HVAC-Systems verbessert werden kann. 
Das bringt mich wieder zurück zum Thema Trends. Es gibt noch weitere Trends, die für mich enorm bedeutend sind, da sie einen großen Einfluss auf Gebäude und die Menschen, die darin leben und arbeiten, haben. Hier sind die Themen Nachhaltigkeit und CO2-Footprint besonders wichtig. Gebäude müssen intelligenter werden, um weniger CO2 zu emittieren. Es gibt es zudem ein steigendes Bedürfnis nach Komfort und Sicherheit; es entstehen neuen Arbeitswelten. All dies hat Einfluss auf die Gebäude. Wir gestalten in diesem Bereich bereits aktiv mit und arbeiten weiter an innovativen Produkten und Lösungen, die Mehrwert für unsere Kunden generieren und so für mehr Energieeffizienz, Komfort und Sicherheit sorgen. 
Zusammengefasst: Es gibt für unser Unternehmen viele spannende Herausforderungen und daraus abgeleitet ein großes Potenzial für Innovationen, wie wir sie anbieten und weiterentwickeln. 

Sie haben bereits den Begriff AIoT erwähnt. Bosch treibt dieses Thema bereichsübergreifend voran, also die Vernetzung von physischen Produkten und die Anwendung von künstlicher Intelligenz. Können Sie uns bezogen auf Building Technologies mehr dazu berichten? Wie geht es hier voran? 

Thomas Quante: AIoT ist für die Bosch-Gruppe in Summe ein sehr wichtiges Thema, wie die bereichsübergreifende Zusammenarbeit beweist. Intern nennen wir das „Leverage the Power of Bosch“. Bosch beschäftigt weltweit 34.000 Software-Entwickler. Das allein zeigt schon die Relevanz. Katalysator für den konzernweiten Einsatz von AIoT bei Bosch war die Gründung des „Bosch Center for Artificial Intelligence“ im Jahr 2017. Dort arbeiten heute rund 300 Experten von sieben Standorten aus an über 180 Projekten und unterstützen die Geschäftsbereiche bei der Entwicklung und dem Einsatz von KI. Davon profitieren auch wir bei Bosch Building Technologies. 
Wir wollen in der Sicherheits- und Gebäudetechnik unsere Kunden durch KI in die Lage versetzen, Ereignisse immer besser zu verstehen und zukünftig sogar vorauszusehen, sodass sie auch vorausschauend – Schlagwort „predictive“ – handeln können. Hierzu zwei konkrete Beispiele: Im Bereich „Video Surveillance as a Service“ (VSaaS) haben wir einen digitalen KI-Service in der Cloud mit dem Ziel entwickelt, Fehlalarme von Kameras signifikant zu reduzieren, sodass Security-Operators sich auf echte Bedrohungen fokussieren können. Unser Brandmeldesystem „Aviotec“ ist ebenfalls ein schönes Beispiel für AIoT. Dabei handelt es sich um videobasierte Branderkennung, die mit Hilfe von KI-Algorithmen die zuverlässige Früherkennung von Flammen und Rauch ermöglicht.

Können Sie uns Beispiele dafür nennen, wie Ihre Kunden von diesen Entwicklungen profitieren? 

Thomas Quante: Im Rahmen unseres VSaaS-Angebots können wir kostspielige Fehlalarme bei Videosicherheitssystemen von Bosch oder Fremdanbietern minimieren sowie Personen und Objekte besser detektieren und identifizieren. Zudem lassen sich Bosch-Kameras komplett aus der Ferne konfigurieren und warten. In Summe ist VSaaS also eine effiziente und kostensparende Lösung, die zu deutlich mehr Sicherheit beiträgt. Wir bereiten gerade für das Jahr 2022 die Markteinführung unseres VSaaS-Angebots vor, inklusive der Alarmverifikation in der Cloud für den Perimeterschutz als erstem KI-Anwendungsfall. 
Unsere videobasierte Branderkennung Aviotec erkennt dank KI-Algorithmen direkt an der Brandquelle, ob ein Feuer entsteht oder nicht. Dabei funktioniert Aviotec innerhalb von Sekunden zuverlässig. Diese Technologie ist gerade bei hohen Räumen hilfreich, wo es lange dauern würde, bis Rauch zu den klassischen Detektoren aufsteigt, sowie bei leicht entflammbarem Material wie Zellstoff und Papier. Daher sorgt Aviotec zum Beispiel in Flugzeughangars, Papierfabriken und in Lagerhallen, in denen beispielsweise Verpackungsmaterial gelagert wird, für eine besonders schnelle und zuverlässige Branderkennung. 
Insgesamt gilt: Je mehr Daten vorhanden sind, desto mehr kann KI leisten. Solche KI-Weiterentwicklungen werden mit Software-Updates möglich. AIoT-Produkte und -Services erhalten somit neue Funktionen und bleiben up-to-date, ganz im Interesse unserer Kunden und der Umwelt. 

Bosch ist Experte im Sensorgeschäft über alle Branchen hinweg. Wo sehen Sie die Stärken von Video as a Sensor und wie nutzen Sie die Sensorkompetenz von Bosch für Ihren Geschäftsbereich?

Thomas Quante: Die Bosch-Gruppe entwickelt seit vielen Jahren intelligente Videosensoren für den Automobilbereich, wo sie aktuell in Anwendungen der Fahrerassistenzsysteme und des automatisierten Fahrens eingesetzt werden. Die gleiche Technologie wenden wir in unseren Sicherheitskameras an und bringen damit Künstliche Intelligenz in die Anwendungen für unsere Kunden. Dank des Einsatzes von KI verwandeln sich Videokameras in intelligente kontext-sensitive Sensoren, die verstehen, was sie sehen. Die entsprechenden von Bosch entwickelten KI-Algorithmen sind eine Schlüsselkomponente, etwa für intelligente Verkehrssysteme, kritische Infrastrukturen und die Industrie. Weit über die klassische Überwachungsfunktion hinaus können unsere Kameras zum Beispiel an Flughäfen zum intelligenten Warteschlangenmanagement eingesetzt werden und so für kürzere Wartezeiten, die Einhaltung von Hygienekonzepten und eine effiziente Personalplanung sorgen. Die KI-Algorithmen sind bereits ab Werk in die Kameras von Bosch integriert. Die Verarbeitung der Daten erfolgt direkt vor Ort „at the edge“ – auf dem Roh-Videodatenstream des Kamerasensors – und erfordert daher keinen zentralen Analyseserver. Dies spart Zeit und Ressourcen und sorgt so für eine effiziente und kostensparende Lösung. 

Wie Sie bereits erwähnt haben, bietet Bosch Building Technologies nicht nur Produkte an, sondern ist in einigen Ländern auch als Systemintegrator tätig. Wie profitieren diese beiden Einheiten voneinander? 

Thomas Quante: Gegenüber reinen Produktanbietern haben wir einen großen Vorteil, da wir durch die direkte Kundenschnittstelle die Kundenbedürfnisse und die Nutzung unserer Produkte und Systeme verstehen. Unser Produkt- und unser Systemintegrator-Geschäft arbeiten bereits heute eng zusammen. Dies möchte ich zukünftig noch weiter intensivieren. 
Kundenfeedback, beziehungsweise User Experience, fließt direkt in unsere Produktentwicklung ein. Und dies meine ich in zweierlei Hinsicht: zum einen die Bedürfnisse des Endkunden, zum anderen die Bedürfnisse des Systemintegrators. Wir sind durch unseren Systemintegrator wiederum auch unser eigener Kunde und können so unsere Produkte über den gesamten Lebenszyklus im Praxiseinsatz analysieren.
Aber auch unser Systemintegrator profitiert seinerseits von den optimierten Produkten. Denken Sie zum Beispiel an die wichtigen Themen „Ease of Installation“ und „Ease of Use“, die bei uns besonders großgeschrieben werden. Uns geht es zudem nicht nur um Produktqualität, sondern auch um Qualität über den gesamten Lebenszyklus hinweg, also auch um Effizienz im Betrieb und in der Wartung – was übrigens auch zur Nachhaltigkeit beiträgt. Hierzu zählt auch die Rückwärts-Kompatibilität, die für viele Kunden sehr wichtig ist. Die installierte Basis bei unseren Kunden steht bei uns in allen Entwicklungsprojekten mit im Fokus. 
Ich möchte noch einen weiteren sehr wichtigen Punkt erwähnen: Wir sind mit unserem Systemintegrator-Geschäft nur in ausgewählten Märkten aktiv. Unsere weltweiten Integrationspartner profitieren aber natürlich ebenfalls von unserem eigenen Systemintegrator-Geschäft, da sie von uns Lösungen erhalten, die bereits im Praxiseinsatz getestet wurden. 

Im Markt gibt es viele interessante Initiativen zu grünen Gebäuden, nachhaltigem Gebäudemanagement und Energieeffizienz. Was ist Ihr Ansatz in diesem Bereich? 

Thomas Quante: Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind für uns zentrale Themen. Wie Sie bestimmt wissen, hat sich die Bosch-Gruppe ehrgeizige Ziele gesetzt – und ist seit Frühjahr 2020 als erstes multinationales Industrieunternehmen mit seinen weltweit mehr als 400 Standorten klimaneutral. 
Bei der Neutralstellung haben wir mit der „Energy Platform“ von Bosch Building Technologies einen wichtigen Beitrag geleistet. Bei der Energy Platform handelt es sich um eine umfassende cloudbasierte Anwendung, die über ein individuell konfigurierbares Management-Dashboard Energiedaten in Echtzeit analysiert und dabei hilft, den Energieverbrauch zu verfolgen und zu optimieren. Intelligente Algorithmen sagen beispielsweise den Energieverbrauch vorher und verhindern Spitzenlasten. Die Energy Platform ist bereits in über 120 Bosch-Werken und -Standorten im Einsatz. In all diesen Projekten werden aktuell mit bis zu 100.000 Datenpunkten Kennzahlen ermittelt, die zur energetischen Optimierung genutzt werden, so zum Beispiel im Bosch-Werk Homburg, das in den ersten beiden Jahren nach Einführung der Energy Platform den Kohlendioxid-Ausstoß um 6.700 Tonnen, was 12 Prozent entspricht, senken konnte. Auch außerhalb von Bosch sind wir damit erfolgreich: Bei externen Kunden ist die Energy Platform in mehr als 80 Projekten im Betrieb. 
Neben der Industrie hat auch der Gebäudesektor selbst einen wesentlichen Anteil an den weltweiten Treibhausgasemissionen, der bei rund 40 Prozent liegt – hier setzen wir ebenfalls an. So haben wir in den vergangenen Jahren durch Übernahmen in den USA und in Deutschland unser Portfolio in Richtung Gebäudeautomation ausgeweitet. Hier wollen wir wachsen und unsere Kunden durch intelligente Lösungen darin unterstützen, energieeffizienter zu werden. Wir bieten verschiedene Lösungen an, wie automatische Anwesenheitssteuerung, intelligente Raumklima- und Lüftungssteuerung, intelligente Beleuchtung sowie automatische Beschattungssteuerung. Unsere Kunden optimieren dadurch den Betrieb ihres Gebäudes und profitieren von Kosteneinsparungen, schonen Ressourcen und machen ihr Gebäude somit „grüner“. 
Rückenwind erhalten wir bei alledem von den politischen Rahmenbedingungen. So eröffnet uns etwa der „Green Deal“ der Europäischen Union mit seinen ambitionierten Zielen, CO2-Emissionen zu verringern, Chancen, die wir nutzen wollen. Wir sind auch stark im ZVEI engagiert, wo ich im engeren Vorstand mitarbeite. In der neuen „Plattform Gebäude“ – einer Initiative, die die innerhalb des ZVEI organisierten, gebäuderelevanten Branchen zusammenbringt – sind auch Fachexperten von Bosch Building Technologies und Bosch Thermotechnik aktiv. Über den ZVEI pflegen wir nicht nur den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Branchen, sondern fördern auch den Dialog zwischen Industrie, Politik und weiteren Stakeholdern über die Anforderungen an moderne und nachhaltige Gebäudetechnik. 

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