Was man über Lithium-Ionen-Akkus und ihre sichere Verwahrung wissen sollte

GIT SICHERHEIT im Interview mit Andreas Schneider, Produktmanager beim Gefahrgut- und Lagerspezialisten Cemo, über die Gefahr von Brandfällen durch Lithium-Ionen-Akkus.

Andreas Schneider, Produktmanager bei Cemo © Cemo GmbH
Andreas Schneider, Produktmanager bei Cemo © Cemo GmbH

Lithium-Ionen-Akkus gehören heute zu unseren täglichen Begleitern und finden auch bei den Profis in Industrie und Handwerk vermehrt Verwendung. Sind sich die Anwender der Gefahren bewusst? Während es einerseits diejenigen gibt, die für den sicheren Umgang schon bei der Suche nach der richtigen Transport- und Lagerlösung fündig geworden sind, gehen andererseits immer noch Mitarbeiter ihrer Arbeit nach, die darüber nicht aufgeklärt sind. Die Brandfälle sind meist vermeidbar. In der Diskussion zur betrieblichen Sicherheit ist zuletzt Dynamik aufgekommen – zu viel oder zu wenig? GIT SICHERHEIT ordnet ein, zusammen mit Andreas Schneider, Produktmanager beim Gefahrgut- und Lagerspezialisten Cemo.


GIT SICHERHEIT: Herr Schneider, Lithium-Ionen-Akkus sind dank ihrer Vorteile einer häufigen und beanspruchenden Nutzung ausgesetzt. Dass es bei dieser Speichertechnologie zu einem thermischen Durchgehen, dem „Thermal Runaway“ kommen kann, ist mittlerweile wohl auch den meisten bekannt. Doch in welchen Fällen besteht ein erhöhtes Gefahrenpotential? 

Andreas Schneider: Bei uns melden sich immer wieder Kunden, bei denen es im Betrieb zum Brandfall aufgrund eines Lithium-Ionen-Akkus kam. Da müssen wir dann natürlich keine weitere Aufklärungsarbeit leisten und der Preis des Schranks ist egal. Sie fragen nur noch: „Bis wann könnt ihr liefern?“. Den Verantwortlichen war die grundsätzliche Brandgefahr durch Lithium-Batterien/-Akkus zwar bekannt, aber nicht das Risiko, dem sie in der Situation des resultierenden Schadensfalls ausgesetzt waren. Ganz nach Aristoteles: „Der Anfang aller Weisheit ist Verwunderung.“ Eine Aussage zu einem erhöhten Gefahrenpotential kann nur die unternehmenseigene Gefährdungsbeurteilung liefern. Gleichwohl gibt es einschlägige Risikofaktoren. 


Welche Gefahren können gerade im Arbeitsalltag im Umgang mit bzw. bei der Lagerung von Lithium-Ionen-Akkus entstehen? Worauf ist zu achten und welche Risiken werden oftmals unterschätzt?

Andreas Schneider: Der Ladevorgang bedeutet Stress für einen Akku. Daher auch das klare Urteil von Gutachtern und aus der Versicherungswirtschaft, wonach die meisten Schadensfälle beim Laden entstanden sind. Da muss nur ein entscheidender Faktor nicht im grünen Bereich sein, sodass die Energieeinspeisung in eine thermische Reaktion übergeht. 

Überrascht bin ich immer wieder, was vielen Verantwortlichen nicht so präsent ist: Auch für gelagerte Neuware von Lithium-Batterien/-Akkus gibt es klare Empfehlungen. Sie haben zwar vom viel zitierten VdS-Merkblatt 3103 gehört. Dass es darin aber um neue, verkaufsfähige Lithium Batterien geht – mit gewiss geringerem Risiko zur Selbstentzündung – und trotzdem diese Maßnahmen erforderlich macht, ist nicht zu allen durchgedrungen. Und dass der Versicherungsschutz wackeln kann.
 
Letztlich wird bei den Anwendern auch der tatsächliche Lithium-Akkubrand unterschätzt, wenn der Energiespeicher mit Hitze, Druckwellen, Brandausbreitung und Rauchentwicklung zeigen kann, was in ihm steckt. Die „thermische Propagation“ ist kein gemütliches „Schwedenfeuer“. 


Sicherlich hat sich auch einiges hinsichtlich der Sicherheitsvorschriften und Richtlinien getan, seit Lithium-Ionen-Akkus verstärkt Einzug in den Arbeitsalltag gehalten haben. Welche Entwicklung ist hier gerade in den letzten Jahren zu beobachten?

Andreas Schneider: Ich beobachte die Diskussionen und Fortschritte zu Lithium-Ionen-Akkus seit über 5 Jahren sehr genau und habe kaum eine Fachveranstaltung ausgelassen. Daher nehme ich durchaus wahr, dass die Breite und Qualität der aufklärenden Kommunikation zunimmt. Nicht zuletzt tragen Hersteller wie Cemo dazu bei, dass es Akku-Sicherheitsprodukte gibt, die in den Betrieben auch eingesetzt werden können.
 
Übrigens sehen wir uns nicht als Gegenspieler zu den Geräteherstellern oder gar als Angstmacher, sondern als Partner, um gemeinsam Lösungen für die Anwender zu finden und ein sicheres Arbeiten von Anfang bis Ende zu gewährleisten. Ich kenne die Lithium-Ionen-Akkutechnologie und die mit verbauten Sicherheitsfunktionen sehr genau. Bei einer so hochentwickelten Ingenieursleistung kann es Defekte immer geben. Lithium-Batterien/-Akkus gelten als Gefahrgut und die Bestimmungen für Arbeit- und Brandschutz sind unbestritten. Wir als Cemo verstehen uns als „Airbag“, wenn‘s eben doch passiert.


Die Frage, die sich nun sicher viele Leser stellen, ist, ab wann bzw. unter welchen Voraussetzungen ich als Betrieb aktiv werden muss?

Andreas Schneider: Ehrlich gesagt: Man sollte sich im Betrieb nicht die Frage stellen, wann man „aktiv werden muss“, sondern es sollte klar sein, dass man schon bei einem Lithium-Akku „aktiv ist“. Brandauslöser ist immer nur ein Akku bzw. genau genommen eine Zelle des Akkupacks. Die Schlussfolgerung ist daher, die Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind – mengenunabhängig!

Ein gutes Lösungsbeispiel für nur einen Akku ist unsere Akku-Systembrandschutzbox. Wenn zum Beispiel die Situation auf der Werkbank mit brennbaren Gegenständen (z. B. Kartons, Spraydosen, teure Geräte) oder auf dem Kundendienstfahrzeug nichts anderes zulässt. Immerhin eine geprüfte Gefahrgutverpackung für defekte Lithium-Akkus (ADR P908). Eben ein definierter Platz, wo aussortierte Akkus hin sollen. 

Nur weil es noch keine Gesetze oder technische Regeln für Lagerung bzw. den innerbetrieblichen Umgang gibt, wie sie bei Gefahrstoffen ausformuliert sind, ist das kein „Freifahrtschein“ zum Nichtstun oder Abwarten. Denn in der Haftung können Arbeitgeber und beauftragte Personen im Schadenfall trotzdem sein, dazu müssen sie nicht unbedingt geltendes Recht gebrochen haben. 


Neben dem „Wann“ ist natürlich auch das „Was“ für Betriebe entscheidend: Also was kann und muss man tun, um den bestehenden Gefahren und Risiken entgegenzuwirken? Welche Voraussetzungen müssen z. B. für eine sichere Lagerung erfüllt sein? 

Andreas Schneider: Klar ist natürlich, je leistungsstärker die Akkus sind, je mehr ich davon habe und/oder je häufiger sie fester Bestandteil im Arbeitsprozess sind bzw. zur Geschäftstätigkeit beitragen, desto umfangreicher hat das Brandschutzkonzept zu sein und desto stärker muss der Fokus auf den Präventionsmaßnahmen liegen. 

Das kann in einigen Fällen bzw. Umständen vor Ort bedeuten, dass das Erfüllen der allgemeinen Sicherheitsempfehlungen oder Herstellervorgaben ausreicht. Wie beispielsweise Sicherheitsabstände von 2,5 – 5 Meter einhalten, Ladevorgang beaufsichtigen, nicht-brennbare Unterlage gewährleisten oder Rauchmelder installieren. Eines kann ich beim Blick in die Betriebe sagen – wenn sie wirkliche Sicherheit wollen: Ohne technische Maßnahmen und Akku-Sicherheitsprodukte geht es kaum. Gerade wenn die verfügbaren Lösungen immer besser werden und sich reibungsloser in die Arbeitsprozesse integrieren lassen. Cemo Praxistipp: Trenne Laden und Lagern.

Die Verantwortlichen sollten dokumentieren, wo die Lithium-Ionen-Akkus überall im Betrieb sind und was mit ihnen passiert (Prozesse): Akkus bei eigenen Powertools im Einsatz? Neuware auf Lager? Defektware zur Abholung/Entsorgung? Akkus von Mitarbeiter-E-Bikes? Kundenrückläufer/Retoure? Wo/wann werden Akkus geladen? Wie werden sie transportiert?


In diesem Zusammenhang ist es natürlich auch interessant zu erfahren, welche Lösungen und Produkte Cemo selbst seinen Kunden zu bieten hat und welche Vorteile diese haben.

Andreas Schneider: Wir fassen diese Produkte unter der Marke „Li-Safe“ zusammen. Bei dem Entwicklungsprojekt für unseren aktuellen Akku-Lager- & Ladeschrank sind wir neue Wege gegangen und haben ein innovatives Schrankkonzept aufgesetzt. Zugleich ist er auch der erste stapelbare Sicherheitsschrank mit geprüfter Feuerwiderstandsfähigkeit. Die Gespräche und der Erfolg der letzten zwei Jahre geben uns recht. 

Es müssen gar nicht immer 90 Minuten Feuerwiderstand sein, nur weil man es vielleicht landläufig so aus der Historie von der Gefahrstofflagerung kennt. Unsere MPA-geprüften 60 Minuten von Innen nach Außen reichen völlig – zusammen mit weiteren relevanten Sicherheitsfeatures. Die Lagerkapazität ist begrenzt. Unsere Batteriebrandversuche mit E-Bike-Akkus zeigten deutlich, dass die Lithium-Akkus nicht länger brennen. Entscheidend sind andere Beanspruchungen beim Batteriebrand und weitere Sicherheitsaspekte zählen. 

Eine Nicht-F90-Lösung ist hier sogar besser: Günstigerer Preis, Gewichtsvorteil, Mobilität im Brandfall usw. Wir erhalten mit dem „F60“ das gleiche Schutzniveau wie mit „F90“, weil das per se nicht sicherer ist.


Und noch eine letzte Frage und ein Blick in die Glaskugel. Was denken Sie, wo wird die zukünftige Entwicklung bei Lithium-Ionen-Akkus hinführen und welche Sicherheitsaspekte werden in Zukunft eine wichtige Rolle spielen?

Andreas Schneider: Erstmal wird die Anzahl der Lithium-Batterien/-Akkus in den Betrieben immer weiter zunehmen. Das ist kein Geheimnis, wenn man die Vorteile der mobilen Energie zu schätzen weiß und die strategischen Planungen der Gerätehersteller kennt. Die Fortschritte bei der Sicherheitsthematik muss also in gleichem Verhältnis wachsen und sich etablieren. Auch die Brennbarkeit der Lithium-Batterien/-Akkus wird sich die nächsten Jahre kaum ändern. Aus den Gesprächen mit unseren Kunden weiß ich, dass sie sich detaillierte, praxisnahe Normen oder Vorschriften vom Gesetzgeber und der Versicherungswirtschaft wünschen. Damit das „Wo steht das geschrieben?“ etwas mehr Substanz bekommt.

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