04.10.2024 • News

BDSW: Ist die Sicherheit in Deutschland zukünftig noch gewährleistet?

Wie der BDSW Bundesverband der Sicherheitswirtschaft mitteilt, stellt sich diese Frage die Sicherheitswirtschaft, seit der Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern und für Heimat „Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Sicherheitsgewerbes“ vorliegt. Dieser scheint sich nämlich nicht mit der Erhöhung der faktischen Sicherheit zu befassen, sondern lediglich mit der Schaffung theoretischer Umstände, die praktisch zunächst die Sicherheit gefährden.

Die Sicherheitsbranche beschäftigt aktuell rund 285.000 Menschen und hat 2023 etwa 13,5 Milliarden Euro umgesetzt. Damit trägt sie maßgeblich insbesondere zum Schutz Kritischer Infrastrukturen, von Flüchtlingseinrichtungen sowie militärischer Liegenschaften bei. Private Sicherheitskräfte sind aus dem alltäglichen Leben nicht mehr wegzudenken und in immer mehr Bereichen gefordert. Leider gibt es immer wieder negative Vorfälle rund um „schlechte“ Sicherheitsunternehmen oder -kräfte.

Ein neues Gesetz war ursprünglich der Wunsch der Branche, um Missstände – insbesondere rund um das Thema Qualität – in den Griff zu bekommen, die durch die bisherigen gesetzlichen Regelungen und durch die Bemühungen des Verbands leider nicht abzuschaffen waren. Der nun veröffentlichte Gesetzesentwurf hat allerdings in der Branche für mehr (negative) Überraschung gesorgt als erwartet. Der Wunsch nach mehr Qualität in der Zukunft der Branche ist der Angst vor dem Wegfall Zehntausender Beschäftigter gewichen.

Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft erwartet durch das Gesetz, statt der beabsichtigten Erhöhung der Sicherheit, zumindest zeitweise eine massive Beeinträchtigung dieser – insbesondere in sensiblen Bereichen. Grund hierfür sind die geplanten neuen Regelungen im Zusammenhang mit der Erhöhung von Qualifikationsanforderungen („Sachkundeprüfung“) für bestimmte, besonders sicherheitssensible Tätigkeiten, z. B. für Flüchtlingsunterkünfte.

Das neue Gesetz sieht die grundsätzlich befürwortete und gewünschte Erhöhung der Anforderungen nämlich uneingeschränkt auch für die bereits langjährig beanstandungsfrei mit entsprechenden Tätigkeiten betrauten Sicherheitskräfte vor. Nach Ablauf einer Übergangsfrist dürfen diese ohne Nachholung der bislang nicht erforderlichen Prüfung in ihren sicherheitssensiblen Funktionen nicht länger eingesetzt werden.

Problem 1: Kein Bestandsschutz für Beschäftigte

Die neuen Qualifikationsanforderungen sollen für alle Beschäftigten gelten. Keine Ausnahmen – auch nicht für Sicherheitskräfte, die bereits seit Jahren oder Jahrzehnten unbeanstandet in ihrem Job tätig sind oder kurz vorm Renteneintritt stehen. Nach ersten Schätzungen wären hiervon rund 60.000 Beschäftigte betroffen – alleine in den sensiblen Bereichen der Flüchtlingsunterkünfte und -einrichtungen würden so kurzfristig 25.000 Mitarbeiter fehlen, die ohne die neuen Qualifikationen nicht mehr eingesetzt werden könnten, wenn die sich Planungen des Gesetzgebers verwirklichen. Die Gewährleistung der Sicherheit ist somit nicht mehr flächendeckend möglich.

Wie viele Beschäftigte intensives, eigenverantwortliches und berufsbegleitendes Lernen zur Vorbereitung auf die dann erforderliche Sachkundeprüfung in Kauf nehmen werden, ist fraglich. Die Branche sieht einen riesigen Personal-Wegfall auf sich zu kommen, der durch eine vertretbare „Alte-Hasen-Regel“ vermeidbar wäre.

Problem 2: Prüfungskapazitäten der IHK

Ausschließlich Industrie- und Handelskammern dürfen die erforderliche Qualifikation vornehmen. Bereits heute haben diese nicht die erforderlichen Kapazitäten, um den aktuellen Bedarf an neuen Sicherheitskräften kurzfristig zu decken. Wenn zusätzlich ca. 60.000 seit Jahren/Jahrzehnten beanstandungsfrei tätige Sicherheitskräfte eine Sachkundeprüfung ablegen müssen, wird es zu massiven Verzögerungen kommen. Diese große Menge an Bestandspersonal steht der Sicherheitswirtschaft nicht zur Verfügung, bis eine Sachkundeprüfung erfolgreich abgelegt wurde.

Problem 3: Inhouse-Security ausgenommen

Die neuen Anforderungen sollen fast ausschließlich für Beschäftigte der Sicherheitsbranche gelten. Selbst in Bereichen mit besonderem Gefährdungspotenzial sind Inhouse-Security-Kräfte nur in sehr geringem Umfang betroffen. Durch den Einsatz von Inhouse-Sicherheitskräften können die neuen Qualitätsanforderungen an Sicherheitskräfte, die mit dem Gesetz geschaffen werden sollen, also unterlaufen werden.

Bei Schutz von Gütern und der Allgemeinheit kann und darf es aber keinen Unterschied machen, ob die sicherheitssensiblen Tätigkeiten von Beschäftigten eines Sicherheitsunternehmens oder von eigenen Kräften des Betreibers durchgeführt werden.

„Wir brauchen in Deutschland nach unserer Überzeugung nicht nur starke Sicherheitsbehörden, sondern auch ein starkes Sicherheitsgewerbe, um die Sicherheit zu steigern. Hierfür kann das neue Sicherheitsgewerbegesetz eine hervorragende Basis und einen klaren Rahmen schaffen. In seiner jetzigen Form gefährdet es aber zumindest für einen noch unüberschaubaren Zeitraum die Sicherheit, statt sie zu erhöhen“, so der Bundesverband.

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