FVSB: Großer Zulauf zur Ständigen Konferenz 2023
Mehr als 80 Teilnehmer konnten bei der 62. Ständigen Konferenz in Stuttgart-Herrenberg begrüßt werden. Bei dem jährlich vom Arbeitskreis Baubeschlag (AKB) im Zentralverband Hartwarenhandel (ZHH) und Fachverband Schloss- und Beschlagindustrie (FVSB) initiierten Treffen an wechselnden Orten kommen traditionell die Industrie und der Fachhandel zusammen – selbstverständlich unter strikter Einhaltung der kartellrechtlichen Compliance-Regeln.
Die Konferenz wurde von AKB-Sprecher Oliver Nagel (Seefelder GmbH, Nürtingen) eröffnet – er hat diese Funktion von Martin Meesenburg übernommen, der diese ehrenamtliche Tätigkeit über 20 Jahre ausübte. Oliver Nagel dankte seinem Vorgänger, dieser wiederum lobte die Konferenz und den respektvollen Umgang miteinander. Auch der FVSB-Vorstandsvorsitzende Karl Kristian Woelm dankte Martin Meesenburg und gab einen kurzen Einblick in die aktuelle Lage und räumte ein, dass die Industrie pessimistisch auf das nächste Jahr schaue und mit weiterhin hohen Kosten für Rohmaterialien und Energie zu kämpfen habe. Umso wichtiger halte er die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Handel, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.
AKB-Geschäftsführerin Dorentina Kodralija begrüßte den ersten Referenten Bacel Chamali, Geschäftsführer der Digitalschaft GmbH. Er referierte über das Thema „Talente richtig ansprechen! Mitarbeiterbindung mithilfe eines starten Employer Branding“. Er plädierte sehr dafür, mit individualisierten Stellengesuchen zu arbeiten, weil nur diese die richtigen, qualifizierten Personen ansprächen. Für die Nutzung von Social-Media-Kanälen riet er unter anderem, besser mit authentischen Mitarbeitervideos zu arbeiten als mit professionellen Videos, da dies die Glaubwürdigkeit steigere. Zudem würden Videos zwölfmal häufiger angeschaut als statische Bilder.
Im Bereich der Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung rät er zu einem offenen Entgegenkommen und einer lebendigen Feedbackkultur. Beides koste nichts und bringe am meisten. Zudem solle man Arbeitsmodelle mit Homeoffice, strukturierte Abläufe und nach Möglichkeit keine Überstunden bieten. „Werben Sie nicht mit Obstkörben – das ist kein Benefit“, appellierte Bacel Chamali. Hingegen würde man mit günstigen Sonderkonditionen in Gesundheitseinrichtungen vor allem die Gesunden und Fitten auf dem Arbeitsmarkt erreichen.
Im zweiten Teil der Ständigen Konferenz wird traditionell die wirtschaftliche Situation von beiden Seiten beleuchtet. Die Sicht der Schloss- und Beschlagindustrie schilderte genauso traditionell der stellvertretende FVSB-Geschäftsführer Holger Koch. Demnach seien mit den sinkenden Bauinvestitionen in diesem Jahr auch die Zahlen im Baubeschlagbereich zurückgegangen. Die Produktion von Baubeschlägen für Fenster und Türen weise eine anhaltend fallende Tendenz in der Menge auf, der Produktionswert liege derzeit unter dem Niveau von 2021. Der Grund dafür seien teilweise Lagereffekte.
Von Januar bis August dieses Jahres schrumpfte die Produktion wertmäßig um 11,6 Prozent und mengenmäßig um 21,3 Prozent. Laut der Heinze-Prognosen sinkt dieses Jahr der Fenstermarkt um 7,8 Prozent auf 14,32 Millionen Fenstereinheiten (FE) und im nächsten Jahr um weitere 2,4 Prozent auf 13,98 Millionen FE. Auch bei den Außentüren wird mit einem Rückgang im Verkauf gerechnet: Dieses Jahr beträgt das Minus 6,2 Prozent auf 1,273 Millionen Außentüren und im Jahr 2024 wird von -0,9 Prozent auf 1,262 Millionen Außentüren ausgegangen.
Bevor die Handelszahlen beleuchtet wurden, gewährte FVSB-Geschäftsführer Stephan Schmidt einen Einblick in die aktuelle Themenwelt der Industrie, die speziell im Normungsbereich, aber auch im Bereich der Nachhaltigkeit von einem regelrechten Regulierungswahn der Gesetzgeber geprägt ist. Er nannte die Ökodesign-Verordnung, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, die Batterie- und Verpackungsverordnung und den digitalen Produktpass. Bei allen Themen versucht der FVSB, einfache und zueinander passende Lösungen zu finden. Von Bürokratieabbau sei bedauerlicherweise nirgendwo etwas zu spüren – im Gegenteil.
Dorentina Kodralija bot einen Blick auf die Zahlen und Stimmung des Fachhandels. Dieser sieht die Branchenlage zu 65 Prozent schlecht, 30 Prozent sieht die Lage zufriedenstellend und nur fünf Prozent bewertet sie als gut. Händler mit dem Schwerpunkt Fensterbeschlag sehen zu 90 Prozent die Lage als schlechter als vor einem Jahr an, 10 Prozent als gleichbleibend. Insgesamt geht der Fachhandel von einem Jahresabschluss mit -8,2 Prozent aus, wobei die Türbeschläge um 3 Prozent, Fensterbeschläge um 11 Prozent und Möbelbeschläge um 4 Prozent zurückgehen.
Lediglich die Sicherheitstechnik kann ein Plus von 2 Prozent verzeichnen. Auch für nächstes Jahr wird kaum Besserung erwartet, lediglich das Minus verringert sich auf -5 Prozent. Die Prognose für Türbeschläge liegt bei -4 Prozent, für Fensterbeschläge bei -9 Prozent, für Möbelbeschläge bei -5 Prozent. Dafür könnte die Sicherheitstechnik um 8 Prozent zulegen. Bemerkenswert: Die Zahlungsmoral der Kundschaft ist trotz aller Tiefen gleich gut geblieben. Zu den Themen, die den Fachhandel beschäftigen, gehört vor allem die Preisentwicklung, die Inflation sowie die Energiekosten, die Nachhaltigkeit und der Fachkräftemangel. Weitere Themen sind die Personalkosten (Tariferhöhung), der Direktvertrieb und die explodierenden Zufuhrkosten, wie z. B. die Maut.
Zum Abschluss gab es eine Podiumsdiskussion mit drei Experten der Digitalschaft GmbH, bei der das Auditorium miteinbezogen wurde und dies auch begrüßte, wie an der regen Teilnahme zu spüren und im Nachhinein zu hören war. Sehr geschätzt und vor allem intensiv genutzt, wurde auch die Zeit für Gespräche. Dabei wurde deutlich, dass obwohl die derzeitige wirtschaftliche Lage herausfordernd ist, die Branche in der Summe zuversichtlich ist.