20.05.2025 • Topstory

Bargeld in der Zukunft

Erinnern Sie sich an den kürzlichen Stromausfall in Spanien und Portugal? Plötzlich haben digitale Zahlungen nicht mehr funktioniert, sämtliche Geldautomaten sowie POS-Terminals waren außer Gefecht gesetzt und viele
Geschäfte gezwungen, auf Barzahlungen umzusteigen. Die Bargeldnachfrage stieg sprunghaft an, doch die Geldautomaten waren schnell leer und konnten nicht wieder aufgefüllt werden. Weder Online-Banking noch mobile Bezahl-Apps konnten genutzt werden, sodass digitale Überweisungen unmöglich waren. GIT SICHERHEIT sprach mit Michael Leppler, dem Head of Sales und Marketing von Prosegur Cash Services Germany, über die gesellschaftliche Bedeutung, eine Vielzahl von Zahlungsoptionen sicherzustellen, und Prosegurs weltweite Rolle bei der Sicherung physischer und digitaler Werte.

Photo
Michael Leppler, Head of Sales & Marketing bei Prosegur Germany
© Prosegur Cash Services Germany GmbH

GIT SICHERHEIT: Herr Leppler, als Head of Sales & Marketing von Prosegur Germany tragen Sie eine umfangreiche Verantwortung. Könnten Sie kurz Ihren beruflichen Hintergrund und Ihre aktuelle Rolle bei Prosegur erläutern?

Michael Leppler: Als gelernter Speditionskaufmann bin ich seit mittlerweile 16 Jahren in leitender Funktion bei Prosegur an Bord. In dieser habe ich den Markteintritt des Unternehmens in Deutschland im Jahr 2011, die Integration weiterer Geld- und Wertdienstleister und die damit verbundene Marktkonsolidierung begleitet. Prosegur ist weltweit als einer der marktführenden Sicherheitsdienstleister bekannt. Welche Dienstleistungen bietet Prosegur global an und wie bedienen Sie den deutschen Markt?

Michael Leppler: Prosegur ist in 36 Ländern auf fünf Kontinenten mit sechs unterschiedlichen Geschäftsbereichen aktiv. Der Geschäftsbereich Prosegur Security etwa bietet Lösungen rund um Sicherheitstechnik und Guarding an. Die Kolleginnen und Kollegen aus der Sparte Cipher erbringen Dienstleistungen aus dem Cybersecurity- Umfeld, um nur ein paar Beispiele zu nennen. In Deutschland ist Prosegur mit dem Geschäftsbereich Cash aktiv. Wir bieten hierzulande Lösungen für alle Bereiche, in denen Bargeld und andere physische oder digitale Werte im Umlauf sind. Das umfasst die Abholung von Bargeldeinnahmen bei unseren Handelskunden, die anschließende Gutschrift auf dem Bankkonto sowie die Belieferung mit frischem Wechselgeld. Für Bankkunden befüllen wir Geldautomaten und sorgen dafür, dass SB-Geräte störungsfrei funktionieren. Mit 55 Prozent Marktanteil sind wir hiesiger Marktführer und betreiben als einziger Anbieter ein deutschlandweites Standort- Netzwerk. Wir decken das gesamte Bundesgebiet aus eigener Kraft ab, ohne den Einsatz von Subunternehmen. Insofern ist Prosegur maßgeblich dafür verantwortlich, den Zugang der deutschen Bevölkerung zu Bargeld und die Liquidität von Unternehmen zu gewährleisten. Diese Verantwortung nehmen wir sehr ernst.

Photo
Kundengelder werden im hochgesicherten Cash Center verwahrt und aufbereitet
© Prosegur Cash Services Germany GmbH

Das Kerngeschäft von Prosegur Germany besteht im CIT (Cash In Transit) und einer umfassenden Verwaltung der damit verbundenen Abläufe. Der physische Geldtransport ist ein zentraler Teil davon und mit gewissen Risiken verbunden. Welche Rolle spielt Sicherheit dabei und mit welchen Maßnahmen und Produkten sorgen Sie für eine gesicherte Prozesskette? 

Michael Leppler: Wo Bargeld transportiert wird, ist Risiko im Spiel. Daher sollte kein Unternehmen mit Bargeldaufkommen die eigenen Mitarbeiter selbst zur Bank schicken. Dies gebietet die gesetzliche Fürsorgepflicht, die jeder Arbeitgeber für seine Mitarbeitenden hat. Auf Geldtransport spezialisierte Unternehmen wie Prosegur minimieren durch einen Mix aus Maßnahmen und standardisierten Prozessen Risiken und erhöhen die Sicherheit für alle. Die Branche hat sich mit den Sicherheitsvorschriften der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste und der DIN 77210 selbst strenge Regeln gegeben. Diese beginnen beim Recruiting: Alle Mitarbeiter im Geldtransport müssen über einen einwandfreien Leumund verfügen und gemäß § 34a GewO im Bewachungsgewerbe unterrichtet sein. Ein Geldtransport findet immer mit mindestens zwei bewaffneten Mitarbeitern im gepanzerten und GPS-überwachten Geldtransporter statt. Für den Fußweg zwischen Fahrzeug und Kundenunternehmen werden Transportsicherungsgeräte verwendet. Die Sicherheitsvorkehrungen enden selbstverständlich nicht mit dem Transport. Auch in den Cash Centern, wo das abgeholte bzw. auszuliefernde Bargeld verwaltet und bearbeitet wird, sind strenge Maßnahmen einzuhalten. Sie reichen von baulichen Anforderungen des Gebäudes bis hin zu lückenloser Videoüberwachung.

Die deutsche Wirtschaft hat in den vergangenen fünf Jahren bedeutende Veränderungen durchlaufen, insbesondere durch die Pandemie und die verstärkte Investition in digitale Technologien. Welche Herausforderungen haben Sie in dieser Zeit erlebt und zu welchen Produktoptimierungen haben diese geführt?

Michael Leppler: Wie die gesamte Gesellschaft befand sich auch Prosegur während der Pandemie im Ausnahmezustand. Zwar waren wir als Teil der kritischen Infrastruktur selbst nicht von behördlichen Schließungsanordnungen betroffen, wohl aber eine Vielzahl unserer Kunden. Der damit verbundene Auftragseinbruch war beispiellos. Außerdem ist der Prozess des Geldtransports eng zwischen uns Partnern abgestimmt. Kann eine Geldabholung, wie in der Pandemie gesehen, nicht erfolgen, drohen Liquiditätsengpässe aufseiten des Auftraggebers, weil Bargeld nicht zu Buchgeld umgewandelt wird. Vielen Unternehmen wurde in der Pandemie bewusst, dass sie ihre Geschäftsmodelle und -prozesse resilienter gestalten müssen. Digitalisierung ist hier ein wichtiger Faktor. Selbst ein so haptisches Tool wie Bargeld kann digitalisiert werden. Nicht erst seit der Pandemie bieten wir unseren Kunden unter dem Namen Cash Today intelligente Einzahlgeräte für ihr Bargeld an. Neben zahlreichen Vorteilen für das interne Bargeldhandling, wie dem Wegfall von manuellem Geld zählen, bringt ein smarter Safe mehr Resilienz im Vergleich zu einem herkömmlichen Tresor: Bareinnahmen sind nicht nur vor Diebstahl und Überfall bestens ver- und gesichert, sondern können durch ihre digitale Anbindung per vorzeitiger Wertstellung bereits dem Bankkonto gutgeschrieben werden, selbst wenn das Bargeld noch nicht abgeholt wurde.

Die digitale Transformation von Geschäftsmodellen ist aktuell für sämtliche Unternehmen ein prioritärer Punkt auf der Agenda. Die Deutsche Bundesbank hat passend zu diesem Diskurs im vergangenen Jahr eine Studie zur Zukunft des Bargeldes veröffentlicht. Welche Bedeutung hat die Nutzung von Bargeld in unserer Gesellschaft mit Blick auf die Zukunft?

Michael Leppler: Bargeld ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil im Mix der Zahlungsmittel, davon bin ich überzeugt. Jedes Zahlungsmittel hat seine Berechtigung, sei es für die einzelne Person oder auch nur für die einzelne Situation. Bei Prosegur setzen wir uns dafür ein, dass die Wahlfreiheit zwischen den Zahlungsmitteln erhalten bleibt, da sie ein Ausdruck der persönlichen Freiheit eines jeden Bürgers ist. Daher arbeiten wir als Unternehmen unaufhörlich daran, das Produkt Bargeld, das für unsere Kunden nicht Kerngeschäft ist, so attraktiv wie möglich zu gestalten. Wir als Gesellschaft müssen in diesem Zusammenhang aufpassen, eine effiziente Bargeldinfrastruktur zu erhalten. Als Verbraucher nehmen wir Einfluss, indem wir es nicht akzeptieren, sollte uns das Bezahlen mit Bargeld verweigert werden. Denn Bargeld ist das einzige gesetzliche Zahlungsmittel.

Bankinstitute streben tendenziell eine bargeldlose Wirtschaft an. In welchen Bereichen spielt gerade Münzgeld noch eine wichtige Rolle?

Michael Leppler: In der Tat ist für Kreditinstitute Bargeld, insbesondere Münzgeld, nicht mehr im Fokus. Zu diesem Umfeld kommen Vorstöße wie die Abschaffung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen seitens des von der Bundesbank gegründeten Nationalen Bargeldforums. Bei Barzahlungen soll in der Folge auf den nächsten Fünf-Cent-Betrag auf- oder abgerundet werden, wie es in den Niederlanden oder Finnland bereits praktiziert wird. Darüber kann man diskutieren. Fakt ist: Nach wie vor sind große Mengen Münzen im Umlauf, die gerade als Wechselgeld gebraucht werden. Allein Prosegur liefert in Deutschland jährlich grob 5,3 Milliarden Münzen an seine Kunden aus. Das entspricht einem Gewicht von 25.000 Tonnen. Den Rückzug von Banken aus der Münzgeldthematik kann Prosegur abfedern.

Mit welchen Projekten gestalten Sie bei Prosegur die Transaktionswelt der Zukunft?

Michael Leppler: Ein Fokus liegt auf den zuvor beschriebenen intelligenten und digital angebundenen Geräten Cash Today. Diese stehen in zwei Varianten zur Verfügung: Als smarter Tresor zum sicheren Verwahren von Bargeldeinnahmen und als Bezahlautomat für Bargeld am Point of Sale. An solch einem Gerät kann die Kundschaft selbst mit Bargeld bezahlen, ohne dass das Kassenpersonal damit in Berührung kommt. Insbesondere diese Variante wollen wir weiter ausbauen und um unbare Zahlverfahren erweitern. Unser Ziel ist, eine 360°-Payment-Lösungen darzustellen. Daneben arbeitet Prosegur bereits an einem Krypto-Geschäftsbereich, der eine ganzheitliche Lösung für die Verwahrung und Verwaltung digitaler Vermögenswerte darstellen wird. Außerdem wird Künstliche Intelligenz eine immer wichtigere Rolle in unseren Geschäftsprozessen erhalten. Als Marktführer haben wir den Anspruch, den Markt aktiv zu gestalten.

Business Partner

Prosegur Cash Services Germany GmbH

Kokkolastraße 5
40882 Ratingen
Deutschland

Kontakt zum Business Partner







VIP

VIP-Interview: Dr. Alexandra Forster, Konzernsicherheit Bayer

VIP-Interview: Dr. Alexandra Forster, Konzernsicherheit Bayer

GIT SICHERHEIT im Interview mit Dr. Alexandra Forster, Leiterin Konzernsicherheit bei der Bayer AG.

Sicherheitsdienstleistungen

Sicherheit für die Deutsche Bahn

Sicherheit für die Deutsche Bahn

Um den steigenden Anforderungen an das Sicherheitsmanagement gerecht zu werden, wurde 2006 die DB Sicherheit gegründet. GIT SICHERHEIT sprach mit Britta Zur, Vorsitzende der Geschäftsführung.

Meist gelesen