Phoenix: der erste Barfuß-Sicherheitsschuh auf dem Markt
Mit dem „Phoenix“ hat Baak eine ganz besondere Innovation auf dem Gebiet der Sicherheitsschuhe vorgestellt. Es handelt sich um einen Barfußsicherheitsschuh. Inspiriert von der Barfußschuh-Community, ist er nach Angaben des Unternehmens der weltweit einzige seiner Art. Fünf Jahre Entwicklungszeit hat das Team bei Baak dafür benötigt – und kaum war er auf dem Markt, war die erste Order ausverkauft. GIT SICHERHEIT sprach mit der Schuhmodelleurin und Projektleiterin Sonja Arians und dem Diplom-Ingenieur und erfahrenen Sicherheitsschuhbauer Karsten Keidel von Baak.
GIT SICHERHEIT: Sie haben gerade etwas wirklich Besonderes vorgestellt – einen Barfuß-Sicherheitsschuh. Zunächst mal zum Verständnis: Barfuß zu laufen, heißt ja im Prinzip gerade, dass man keine Schuhe anhat...?
Sonja Arians: Ja, das ist richtig. Doch es geht ja um den Schuh, der aus sicherheitsrelevanten Gründen bei der Arbeit getragen werden muss. Daher so viel Barfußschuh wie möglich und so viel Sicherheitsschuh wie nötig.
Karsten Keidel: Die Grundidee dahinter ist, dass sich der Fuß in den Schuhen so entfalten und bewegen kann, wie er es barfuß auch tun würde. Es gibt sicher einige, die wirklich so viel wie möglich barfuß laufen. Die meisten tragen allerdings entsprechende Schuhe, die aber so wenig wie möglich spürbar sein sollen. Deshalb werden diese Schuhe auch Minimalschuhe genannt.
Wie kamen Sie auf die Idee? Wurde aus der Barfuß-Community ein entsprechendes Produkt nachgefragt?
Sonja Arians: Die Idee einen Barfußsicherheitsschuh zu machen, ist schon seit der Umsetzung unseres Go & Relax-Patents da. Doch nach einem Besuch unseres Kollegen bei einem Workshop zum Barfußlaufen in der Barfußakademie kam der Wunsch dieses Projekt umzusetzen wieder zum Vorschein – denn in der Community wurde explizit nach einem Schuh aus sicherheitsrelevanten, arbeitstechnisch vorgeschriebenen Schuhen gefragt. So entschlossen wir uns, hierauf eine Antwort für den Markt zu geben.
Karsten Keidel: Bereits vor rund zehn Jahren haben wir uns Gedanken zur Ergonomie von Sicherheitsschuhen gemacht. Herkömmliche Sicherheitsschuhe verhindern durch ihre gerade Zehenschutzkappe die natürliche Bewegung des Fußes. Unser Ziel war es, Sicherhheitsschuhe zu entwickeln, die die natürliche Bewegung des Fußes erlauben und unterstützen – so ist unser patentiertes Go & Relax-System entstanden. Ab da war es dann kein weiter Weg mehr zu einem Barfußsicherheitsschuh.
Nun gibt es ja schon normale Barfußschuhe – einschließlich der schon erwähnten Community von Fans und Nutzern. Mit welchen Sicherheits-Features kommt nun Ihre Version? Wie ist der Schuh aufgebaut – und für welche Einsatzbereiche ist er gemacht und geeignet?
Karsten Keidel: Unser Ziel war es, zunächst einen S3S-Schuh zu entwickeln. Durch den Durchtrittschutz ist dies eine besondere Herausforderung, denn dieser bringt zusätzlich Steifigkeit in die Sohle. Stahlsohlen wären für einen solchen Einsatzzweck absolut ungeeignet, auch herkömmliche durchtritthemmende Textilien sind weniger flexibel als normale Brandsohlenmaterialien. So haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir den Durchtrittschutz gewährleisten und trotzdem einen flexiblen Boden erreichen können. Hier hat uns unser neu entwickeltes Material Baak Neoshield geholfen. Dies ist nur halb so schwer wie herkömmlicher Durchtrittschutz und gleichzeitig extrem flexibel. Der Schuh kann natürlich auch in Bereichen getragen werden, wo vielleicht nur S1 gefordert wird. S3 bietet ja lediglich mehr Schutz, die Flexibilität und Leichtigkeit entspricht aber durchaus S1 Schuhen.
Gerade die eben schon erwähnte Zehenschutzkappe wirft konstruktive Probleme auf bei einem solchen weichen Schuh. Wie haben Sie das gelöst?
Karsten Keidel: Hier hatten wir natürlich die besten Voraussetzungen, denn unser Go & Relax-System garantiert durch die spezielle Flex-Kappe ein natürliches Abknicken des Fußes – also ähnlich, wie er es auch barfuß tun würde. Man kann also sagen, dass ein Barfußsicherheitsschuh nur mit Baak Go & Relax möglich ist. Alle Schuhe mit herkömmlicher Zehenschutzkappe knicken automatisch falsch ab.
Sie mussten auch ein spezielles Material für die Sohle verwenden?
Sonja Arians: Wir mussten nicht unbedingt ein spezielles Material für die Sohle einsetzen, doch sie sollte bestimmten Anforderungen entsprechen, die sich aus der Norm heraus ergeben. Außerdem musste sie eine Nullsprengung haben und sehr flexibel sein.
Karsten Keidel: Wir haben schon seit fast 20 Jahren Erfahrung mit EVA als Zwischensohlenmaterial. Dies war aufgrund der Flexibilität, die beste Wahl und für uns nichts Neues.
Sie sprachen gerade die normativen Anforderungen an Sicherheitsschuhe an. Welche waren noch besonders herausfordernd? Karsten Keidel: Bedingt durch die Normen, die Sicherheitsschuhe erfüllen müssen, ist es nicht möglich, einen Sicherheitsschuh so zu gestalten, wie Barfußschuhe üblicherweise konstruiert sind. Alle Schuhe, die S1, S2, S3 usw. erfüllen, – und das sind die meisten in Europa – müssen laut Norm eine Mindestdicke der Sohle aufweisen. Die Energieaufnahme im Fersenbereich muss erfüllt werden. Und weil Barfußschuhe eine Nullsprengung aufweisen, muss die Sohle im Ballen zwangsläufig die gleiche Dicke aufweisen, wie in der Ferse. Dadurch ist es nicht möglich, eine extrem dünne und flexible Laufsohle zu gestalten.
Sie haben ja bei der Entwicklung mit Barfuß-Fans zusammengearbeitet. Wie lief das ab – und was konnten Sie von ihnen lernen?
Karsten Keidel: Zunächst einmal war wichtig zu wissen, wie denn ein Barfußschuh auszusehen hat. Um ehrlich zu sein, hatte ich meine Zweifel, ob wir das hinbekommen würden. Die lange Entwicklungszeit hat ja auch gezeigt, dass es nicht so einfach war, die Anforderungen der Barfuß-Community und die Standards für Sicherheitsschuhe zusammenzubringen.
Sonja Arians: Doch genau das war das, was uns immer wieder motiviert hat. Lernen konnten wir, dass es minimalistisch sein sollte. Nicht zu viel und nicht zu wenig. Immer wieder die Waage zu halten zwischen dem was realistisch und dem was unrealistisch war – und immer schön einen Schritt nach dem anderen zu machen, um ans Ziel zu kommen. Gegebenenfalls auch über Umwege, wie in der Natur.
Die Entwicklungszeit betrug immerhin fünf Jahre – das ist ja durchaus nicht ungewöhnlich. Was ist eigentlich das Zeitraubende bei einem solchen Unterfangen?
Karsten Keidel: In diesem speziellen Fall war es sicherlich die Entwicklung der Materialien, wie Durchtrittschutz oder Zehenschutzkappe, die aufwendig war, da diese ja immer von zahlreichen Qualitätsprüfungen begleitet werden muss.
Jetzt wo der Barfuß-Sicherheitsschuh auf dem Markt ist: Wie kommt er an? Welches Feedback und welche Nachfrage bekommen Sie?
Sonja Arians: Die erste Order ist schon komplett ausverkauft und wir warten auf die nächste und auch diese hat schon große Vorbestellungen. Ich glaube das spricht für sich.
Sie arbeiten sicher schon wieder an den nächsten Ideen...?
Sonja Arians: Natürlich. Denn aus unserer Sicht ist der „Phönix“ der Beginn eines neuen Weges, der Beginn einer neuen Geschichte. Hier dürfen noch weitere folgen. Lassen Sie sich überraschen, was wir im Frühjahr Neues für unsere Kunden haben.
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