Riet Cadonau über die neu entstandene dorma+kaba Gruppe
Dorma und Kaba haben sich zur dorma+kaba Gruppe zusammengeschlossen wir berichteten ausführlich in GIT SICHERHEIT und auf unserem Online-Portal GIT-SICHERHEIT.de. Entstanden ist e...
Dorma und Kaba haben sich zur dorma+kaba Gruppe zusammengeschlossen – wir berichteten ausführlich in GIT SICHERHEIT und auf unserem Online-Portal GIT-SICHERHEIT.de. Entstanden ist ein globales Top-3-Unternehmen für Sicherheits- und Zutrittslösungen mit einem Pro-Forma-Umsatz von etwa 1,9 Mrd. Euro. GIT SICHERHEIT sprach nun exklusiv mit Riet Cadonau, bislang Kaba-CEO, jetzt CEO der dorma+kaba Gruppe.
GIT SICHERHEIT: Herr Cadonau, das Jahr 2015 hat bereits reichlich Bewegung im Markt für Zutrittstechnik gesehen: Dorma und Kaba tun sich zusammen und steigen auf Platz 3 der Marktführer auf. Kurz vorher haben sich Allegion und SimonsVoss zusammengeschmiedet, die dadurch nach Assa Abloy zum zweitgrößten Anbieter in diesem Segment wurden. Wird es aus Ihrer Sicht zu weiteren Konsolidierungserscheinungen in diesem ansonsten stark fragmentierten Markt für Sicherheits- und Zutrittslösungen kommen?
Riet Cadonau: Ja, wir rechnen, dass sich der Trend zur Konsolidierung des Marktes fortsetzt – getrieben einerseits durch die großen Marktteilnehmer – aber auch durch Sachzwänge, die durch andere Entwicklungen entstehen. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist beispielsweise der Bedarf an Investitionen in Innovationen z.B. in Cloud-basierte Lösungen, die kleinere oder mittelgroße Firmen mittelfristig überfordern kann.
Wie wird dorma+kaba sich hier verhalten? Ziehen Sie weitere Zukäufe in Betracht?
Riet Cadonau: Wir werden uns im Rahmen unserer Möglichkeiten auch künftig über gezielte Akquisitionen ergänzen resp. verstärken. Dies entlang klar definierter Kriterien wie z.B. strategischem Fit, Technologie, Geographie sowie des jeweiligen Kaufpreises.
Es gibt ja schon seit vielen Jahren familiäre Kontakte zwischen den Unternehmen – vor etwa zwei Jahren haben Sie begonnen, sich in Richtung eines Zusammenschlusses zu verständigen. Von der ersten Ankündigung im April ging alles Schlag auf Schlag – die neue Konzernleitung steht bereits fest, die
Kaba Aktionäre haben zugestimmt, ebenso die Wettbewerbsbehörden. Was hat letztlich den Ausschlag gegeben, sich für den Zusammenschluss zu entscheiden?
Riet Cadonau: Bei solchen vergleichsweise großen Projekten sind es immer eine ganze Anzahl von Faktoren, die stimmen müssen. Entscheidend war sicher die personenbezogene Basis des gegenseitigen Vertrauens, die sich zwischen den Involvierten entwickeln konnte. Ohne diese Grundlage ist es nicht möglich, zu einem Resultat zu kommen, das für alle annehmbar ist. Sachbezogen liegt der Schlüssel zum Erfolg in gleichzeitiger Ähnlichkeit und Komplementarität. Auch wenn die Kaba Gruppe börsennotiert ist, haben wir genau wie die Dorma Gruppe eine lange Tradition als „familiengeführtes“ Unternehmen mit sehr starken Familienaktionären. Dies führt zu entsprechend ähnlichen Grundlagen in der Firmenkultur, den Werten, etc. Komplementär hingegen sind wir bezüglich des Produktportfolios, der geographischen Präsenz in Asien und Amerika sowie der kombinierten Leistungsstärke über die gesamte Wertschöpfungskette.
Sie haben verlautbart, dass Sie gemeinsam die Markt- und Kundenbedürfnisse durch den Merger besser werden bedienen können. Wo genau liegen die Vorteile der Verbindung gerade von Dorma und Kaba – inwiefern ergänzen sich die Unternehmen?
Riet Cadonau: Dorma bietet Zugangslösungen und entsprechende Serviceleistungen an und ist insbesondere ein global führender Anbieter in der Automatik-, Glasbeschlags- und Türschließtechnik. Kaba wiederum ist ein weltweit bedeutender Anbieter in den Bereichen Zutrittskontrolle, Zylinder und Schlösser, Betriebsdatenerfassung sowie Schlüssel/Schlüsselsysteme. Bisher waren aber beide Unternehmensgruppen nicht in der Lage, Kunden sämtliche Produkte und Dienstleistungen rund um den Zutritt zu Gebäuden aus einer Hand anzubieten – wie es von Kunden immer häufiger gefordert wird. Dies gilt speziell für den Raum Asien/Pazifik und den Mittleren Osten, aber vermehrt auch in den entwickelten Märkten. Im Rahmen der Wertschöpfungskette rund um die Tür werden nun die Kaba-Produkte dank den Kontakten von Dorma früher in den Auswahlprozess durch Architekten, Planer, Generalunternehmer etc. einbezogen. Kaba kann auch von Dormas Designkompetenz profitieren. Umgekehrt können wir die führende technologische Kompetenz von Kaba im Bereich Elektronik und Cloud-Lösungen mit den Produkten von Dorma kombinieren. Gemeinsam werden wir zum führenden gesamtheitlichen Anbieter für Zutrittslösungen.
Auch regional gesehen ergänzen sich die beiden Unternehmen ja – dank unterschiedlich ausgeprägter globaler Präsenz?
Das stimmt, auch in diesem Aspekt ergänzen wir uns sehr gut. Denn neben einer gemeinsamen starken Basis in Europa ist Dorma stärker in Asien vertreten, Kaba dagegen in Nordamerika. So stärken wir nicht nur die Präsenz in den jeweiligen Regionen, sondern erreichen in vielen Märkten nun gemeinsam die kritische Masse.
Wie wird sich der Zusammenschluss auf das künftige Produktportfolio auswirken?
Riet Cadonau: Es ist noch zu früh, um dazu detaillierte Informationen geben zu können. Beide Seiten haben ein intaktes, in den jeweiligen Bereichen führendes Angebotsportfolio. Dieses werden wir kombinieren und hinsichtlich der kommenden Kundenbedürfnisse weiter entwickeln.
Welche Pläne gibt es hier schon – auch in Abgrenzung zu Assa Abloy und Allegion?
Riet Cadonau: Wir orientieren uns nicht primär an unseren Wettbewerbern. Tatsache ist, dass unsere Kunden in Zukunft vom kombinierten, weitgehend komplementären Produktportfolio von Kaba und Dorma aus einer Hand profitieren können. Zusammen werden wir als „One-Stop-Shop“ eine umfassende Angebotspalette rund um den Zutritt zu Gebäuden anbieten – wir positionieren uns damit als gesamtheitlicher Lösungsanbieter. Über die Kombination der Vertriebskanäle bringen wir unser Angebot noch näher zum Kunden. Nicht zu vergessen ist die kombinierte Innovationskraft: dorma+kaba strebt weiterhin die Innovationsführerschaft an und will künftig rund vier bis fünf Prozent der höheren kombinierten Umsatzbasis in Forschung und Entwicklung investieren. Auch davon werden unsere Kunden profitieren.
In welchen Bereichen sehen Sie Wachstumschancen für dorma+kaba?
Riet Cadonau: Generell bewegen wir uns ja glücklicherweise in einem Wachstumsmarkt. Vier bekannte Megatrends eröffnen uns positive Geschäftspotenziale. Es sind dies die Urbanisierung, das steigende Bedürfnis nach Sicherheit, die technologische Entwicklung mit insbesondere der Digitalisierung sowie der wachsende Wohlstand in aufstrebenden Märkten. Als dorma+kaba Gruppe sind wir ausgezeichnet aufgestellt, um diese Trends noch wirkungsvoller für unser Wachstum zu nutzen. Im Speziellen ergeben sich aus der Zusammenführung zu dorma+kaba zusätzliche Wachstumschancen – beispielsweise über die Kombination der Produktportfolios oder der Vertriebsstrukturen.
Welche Strategie wird dorma+kaba beim Vertrieb verfolgen? Eher lösungsorientiert mit Portfolio-Selling-Ansatz oder segmentorientiert und spezialisiert?
Riet Cadonau: Darüber wollen wir momentan noch keine Details bekannt geben. Wir sind aktuell mitten in der Diskussion der entsprechenden strategischen Fragestellungen. Bitte vergessen Sie nicht, dass wir erst seit dem 1. September 2015 uneingeschränkt Informationen austauschen und zusammenarbeiten dürfen. Vorher haben wir uns strikt an die Einschränkungen seitens der Wettbewerbs- und Kartellbehörden gehalten.
Welche Ziele haben Sie sich selbst für das erste Jahr nach dem Zusammenschluss gesetzt – was möchten Sie für dorma+kaba erreicht haben?
Riet Cadonau: Wir haben bei der Ankündigung der Zusammenführung gesagt, dass wir Mehrwert für alle Anspruchsgruppen schaffen wollen. Daran lassen wir uns messen. Das braucht aber auch seine Zeit. Zuerst sind wie weiterhin in erster Priorität für unsere Kunden und Partner da. Der Erfolg der gemeinsamen Projekte steht ganz oben auf der Liste. Daneben steht das erste Jahr ganz im Zeichen der Zusammenführung. So wollen wir bis Januar 2016 alle Entscheidungen bezüglich Strukturen und den jeweiligen Verantwortlichen gefällt und kommuniziert haben. Die bestehenden Organisationsstrukturen werden danach regions- und länderspezifisch in die neuen Zielstrukturen überführt. Wir planen, dies per 1. Juli 2016 abgeschlossen zu haben. Danach sind wir soweit verschmolzen, dass wir gemeinsam agieren können. Die eigentliche Zusammenführung wird aber noch weitere zwei Jahre in Anspruch nehmen.
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