Schutzbekleidung für die Berufsfeuerwehr Wien
Als es bei der Berufsfeuerwehr Wien an der Zeit war, die Feuerwehrleute mit neuer Bekleidung auszustatten, entschied man sich gleich für zwei wesentliche Veränderungen. Es sollte n...
Als es bei der Berufsfeuerwehr Wien an der Zeit war, die Feuerwehrleute mit neuer Bekleidung auszustatten, entschied man sich gleich für zwei wesentliche Veränderungen. Es sollte nicht nur eine neue Generation Schutzbekleidung eingeführt, sondern auch das System der Pflege und Reparatur verbessert werden. Ein neues Service-Paket soll Träger und Wäschelöschmeister entlasten und besser schützen.
Irgendwann ist es auch für Feuerwehrleute soweit: Die alten Klamotten (hier natürlich Schutzkleidung) müssen weichen und ein neues Outfit muss her. Das ist gleichzeitig die perfekte Gelegenheit, neue Wege zu gehen, die über die reine Optik hinausgehen. So entschied sich die Berufsfeuerwehr in Wien nicht nur für eine neue Schutzkleidungs-Generation, sondern auch für ein verbessertes System der Pflege und Reparatur: „Nach intensiven Tests und eingehenden Überlegungen haben wir uns entschieden, nicht nur neue Schutzjacken und -hosen einzuführen, sondern auch für die Pflege unserer Bekleidung neue Wege zu gehen“, sagen Gerhard Hammermayer und Dipl. Ing. Mario Rauch, verantwortliche Beschaffer bei der Berufsfeuerwehr Wien.
Höhere Stabilität und Performance
Die neue Schutzkleidung bringt – so zeigen die Erfahrungen bisher – „nur Vorteile“, sagt Gerhard Hammermayer. Das Obermaterial PBI habe nicht nur eine deutlich höhere mechanische Stabilität, sondern zeige auch im Thermoman-Test eine deutlich bessere Performance. „Das hat mich am meisten beeindruckt“, sagt Hammermayer. Das PBI-Obermaterial bleibt auch bei direkter Beflammung intakt. Zunächst gab es dieses besonders leistungsfähige Material aus der amerikanischen Raumfahrtindustrie nur goldfarbig, mittlerweile ist es aber auch in anderen Farben erhältlich – so dass die Wiener Feuerwehrleute ihr Blau beibehalten können.
Das Modell „Fire Twin“ der österreichischen Firma Texport verfügt über den patentierten X-treme-Materialaufbau. Dieser bietet eine enorme Verbesserung der Thermoisolation, bei gleichzeitig hoher Atmungsaktivität und geringem Gewicht der Feuerwehr-Schutzbekleidung. Gleichzeitig ermöglicht die spezielle Konstruktion einen effizienten Abtransport der beim Schwitzen entstehenden Wasserdampfmoleküle. Besonders zufrieden zeigen sich Gerhard Hammermayer und sein Team mit den textilen Reflexstreifen, bei denen im Gegensatz zu den herkömmlichen Kunststoff-Reflexstreifen die Nähte einsinken. „Das Ablösen dieser Streifen durch die Reinigung ist eine der häufigsten Beschädigungen.“
Zudem sind die textilen Reflexstreifen atmungsaktiv, was sich beim Tragen im Einsatz durchaus fühlen lässt. Dank der Einarbeitung von doppelter Frontleiste und Saugsperren bleibt die Schutzkleidung auch im Einsatz und nach vielen Wäschen dauerhaft wasserdicht. Es tritt keine Nässe ein oder zieht an den Nähten innen hoch. Andere Details bringen nicht nur mehr Funktion, sondern machen die Bekleidung wirtschaftlicher als die bisherige. Kevlar-Protektoren an Ellenbogen und Knien beispielsweise tragen sowohl zum Schutz des Menschen, als auch zum Schutz des Grundmaterials bei.
Vier Lagen
Der X-treme-Materialaufbau besteht aus vier Lagen: Das Außenmaterial ist aus PBI. Es bietet deutlich besseren Schutz bei direkter Beflammung und bei Hitzestrahlung als herkömmliche Materialien. Das effektive Abblocken von Hitze übernimmt vor allem die zweite Lage, die Heat Comfort Barrier. Das High-tech-Material hat eine extrem offene Struktur, so dass die Hitze einerseits nicht ins Innere gelangen kann, andererseits auch die Wärme und Feuchtigkeit vom Körper gut abgleitet werden kann.
Die Gore-Tex Fire Blocker-Membran darunter fungiert als Nässesperre. Der Träger bleibt nicht nur dauerhaft trocken, auch die Gefahr einer Verbrühung durch Wasserdampf ist geringer als bei einer Schutzkleidung ohne Membran. Durch die hohe Atmungsaktivität sinkt die Wahrscheinlichkeit von Hitzestress, außerdem trägt die Membrane zusammen mit der Hitzesperre zum thermischen Schutz bei. Die unterste Lage (Nomex-Innenfutter) sorgt für ein gutes Tragegefühl und Feuchtigkeitsmanagement.
Verbesserter RET-Wert
Der RET-Wert (Resistance to Evaporating Heat Transfer) definiert den Widerstand, den ein Stoff dem Wasserdampf entgegen setzt. Je niedriger der RET-Wert, desto höher die Atmungsaktivität. Zu diesem hohen Tragekomfort der x-treme-Bekleidung von Texport trägt auch die offene Heat Comfort Barrier-Strickkonstruktion bei, die hier verarbeitet ist. Die textilen Reflexstreifen tragen ihren Anteil dazu bei. Gegenüber einem RET-Wert von 23 bei den alten Jacken, liegt er jetzt bei 17 – trotz der besseren thermischen Isolation.
Die Jacke ist außerdem mit vielen Details ausgestattet, die die Funktionalität deutlich erhöhen. Es gibt Einhänger fürs Funkgerät und die Möglichkeit, eine Lampe leicht erreichbar und geschützt mitzuführen. Per Rettungsschlaufe können verunglückte Kollegen besser geborgen werden.
Schnittführung und Passform der Schutzkleidung wurden deutlich verbessert – und es gibt einen umfangreicheren Größenspiegel. Die gute Passform kompensiert das etwas höhere Gewicht der neuen Kleidung im Vergleich zur alten. „Nach dem Einsatz ist die neue Jacke sogar deutlich leichter“, so die Erfahrung von Mario Rauch, „denn sie bleibt komplett trocken und nimmt überhaupt keine Feuchtigkeit auf.“
Reinigung und Reparatur
Neben den Verbesserungen bei Funktion und Tragekomfort kam es bei der Planung der neuen Schutzkleidung um die Optimierung von Pflege, Unterhalt und Wartung. „Die Wäsche muss unbedingt von einer Fachfirma gereinigt werden. Allein die Klettstreifen können schon großen Schaden anrichten, weil sie beim Waschvorgang wie Reibeisen wirken“, sagt Hammermayer. „Es war für die Wäschereibetriebe nicht wirtschaftlich, mehr als einmal im Monat zum Abholen zu kommen. Zudem war die Auslastung abhängig von der Anzahl unserer Einsätze sehr unterschiedlich.“ Und schließlich wollte man die Verantwortlichkeiten von Lieferanten, Wäscherei und Berufsfeuerwehr Wien als Nutzer klarer definieren. „Mit der Einführung des neuen Service-Pakets bekommen wir alles aus einer Hand – der Hersteller ist gleichzeitig auch das Pflegeunternehmen“, sagt Hammermayer.
Clean & Care
Im Rahmen des Pilotprojektes „Clean & Care“-Service lässt Texport von einem Logistikunternehmen die gesamte Bekleidung (außer Weißwäsche und Schuhe) abholen und zu Vertragswäschereien bringen. Dazu werden die Bekleidungsteile in Transport-Boxen gesammelt. Der gesamte Verwaltungsvorgang läuft online. Anhand des Barcodes oder den in der Bekleidung an mehreren Stellen eingenähte RFID-Chips wird das Bekleidungsteil über ein Lesegerät gescannt und automatisch mit genauer Bezeichnung und Namen des Besitzer registriert.
Basierend auf den im Chip gespeicherten Daten weiß das Online-Programm beispielsweise, ob die Jacke nach der anstehenden Reinigung noch imprägniert werden muss oder nicht. Das sollte bei jedem sechsten Mal passieren. Wird die Bekleidung zu selten imprägniert, saugt sie sich beim Einsatz mit Wasser voll. Der Wäschelöschmeister kann außerdem eingeben, ob die Bekleidung kontaminiert ist und wenn ja, womit. Bei Reparaturbedarf wählt er aus den unterschiedlichen Möglichkeiten aus, wo sich der Bereich mit dem Schaden genau befindet.
Besonders überzeugend sind die geklärten Zuständigkeitsverhältnisse. Musste bislang der Träger sich immer selbst der Einsatztauglichkeit seiner Bekleidung versichern, so liegt jetzt die Verantwortung beim Hersteller und Servicedienstleister Texport. Abgeholt wird die Kleidung nach Bedarf, die Retouren kommen postwendend. Auch dieser Zyklus hat sich spürbar verkürzt.
Längere Lebenszeit
Die Berufsfeuerwehr Wien will zukünftig ihre Kameraden nicht mehr mit drei, sondern nur noch mit zwei neuen Jacken ausstatten, da man sich von der neuartigen Pflege und Wartung auch eine längere Lebenszeit der Jacken verspricht. Das Clean & Care-Paket ist fester Bestandteil der zukünftigen Bekleidungsstrategie der Beurfsfeuerwehr Wien, die die Zusammenarbeit mit Texport auch in diesem Feld losgetreten hat.
Zwar sei die neue Bekleidung teurer als die alte, so Gerhard Hammermeyer, „insgesamt wurde das Budget für die Ausstattung aber nicht erhöht. Die neuen Anschaffungen rechnen sich jetzt über die reduzierte Zahl der Teile und deren Langlebigkeit. Wir sind der festen Überzeugung, dass die extrem hohe Schnitt- und Abriebfestigkeit ihren Beitrag dazu leistet. Zudem lässt sich das Chargenkennzeichnungsband am Rücken (Rot für Feuerwehrleute, Silber für Chargen, Gold für Offiziere) über einen Klettstreifen auswechseln. Früher war es angenäht, bei Beförderung oder Versetzung wurde die Jacke in der Regel ausgemustert. Für eine längere Lebensdauer sorgt auch die Konstruktion des Reißverschlusses. Er ist auf einem extra Band unter einer Leiste verdeckt angebracht, so dass nicht die gesamte Jackennaht aufgetrennt werden muss, wenn er defekt ist.“
Die Zusammenarbeit der Berufsfeuerwehr Wien mit Texport bei der Pflege und Wartung der Bekleidung ist auf mehrere Jahre ausgelegt. Über mehrere Schritte wird die Berufsfeuerwehr Wien in den kommenden Jahren so mit der neuen Schutzkleidung ausgestattet werden. Dann wird auch das Pflegeprogramm völlig rund laufen, weil alle Teile nach dem neuesten Stand der Technik mit RIFD-Chips ausgestattet sind. Das macht die Abläufe noch unkomplizierter.
Business Partner
W.L. Gore & Associates GmbH | GORE-TEX Professional FabricsHermann-Oberth-Str. 22
85640 Putzbrunn
Deutschland
Meist gelesen
Globale Konzernsicherheit bei der BMW Group
CSO Alexander Klotz ist für die globale Konzernsicherheit bei BMW Group zuständig. GIT SICHERHEIT hat sich mit ihm über Aufgaben und potentielle Bedrohungen unterhalten.
Konzernsicherheit und Krisenmanagement bei Carl Zeiss
Risikobasierter Sicherheitsansatz: "Wer alles schützen will, schützt nichts." GIT SICHERHEIT im Interview mit Sven Franke, Head of Security, Crisis Management & BCM bei Carl Zeiss.
Phoenix: der erste Barfuß-Sicherheitsschuh auf dem Markt
Baak bringt mit "Phoenix" nach fünf Jahren Entwicklungsarbeit den ersten Barfuß-Sicherheitsschuh auf den Markt.
Wie Unternehmen und Polizei zusammenarbeiten
GIT SICHERHEIT im Interview mit Julia Vincke, Leiterin Unternehmenssicherheit BASF, und Bettina Rommelfanger, Polizeivollzugsbeamtin am Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA BW).
Vieles ist noch ungeklärt: Justizvollzug als Bestandteil der kritischen Infrastruktur
Ein Beitrag von Wilfried Joswig, Geschäftsführer beim Verband für Sicherheitstechnik VfS.