29.04.2024 • NewsVideosicherheitVideoüberwachung

Videoüberwachung: Wie sich Funktionalität und architektonische Ästhetik vereinbaren lassen

Videoüberwachungskameras stören immer, sei es im modernen oder denkmalgeschützten Gebäude, in Museen, Villen oder Gartenanlagen, in Opernhäusern oder Gerichtsgebäuden. Forderungen bezüglich Art, Größe, Form, Farbe, Montageort und -art der Kameras führen nicht selten dazu, dass sich die Kamera zwar sehr gut in die Umgebung einfügt, dabei aber in ihren Funktionen eingeschränkt ist. Wie können sich Architekten und Künstler einerseits sowie Sicherheitsverantwortliche und Ingenieure andererseits entgegenkommen? Vor allem für den Außenbereich haben der freie Berater Hans-Peter Büttner und der Projektleiter Ronald Güldner der B.I.N.S.S. GmbH einige gute Ideen zur Vermittlung zwischen zwei Lagern.

In diesem Beitrag soll es vorrangig um die Überwachung im Außenbereich gehen. Nicht berücksichtigt werden verdeckte Lösungen zur Videoüberwachung. Wir möchten Kameraarten und formen betrachten, Schutzgehäuse und Kameramasten sowie Montageort und Farbgebung. Zunächst also ein Überblick zu Kameraarten und -formen.
 

Fixdome-Kameras

Für Innen- und Außenbereich gibt es zunächst einmal die Fixdome-Kamera. Obwohl die Gehäuse für den Außeneinsatz mit Heizelementen versehen sind, sollte deren Einsatz kritisch betrachtet werden, denn die allen Wetterbedingungen ausgesetzte Kuppel erschwert bei Regen oder Schneefall den freien Durchblick. Diese Kameras sollten daher in geschützten Bereichen wie unter Vordächern und Simsen angebracht werden. Kuppellose Fixkameras können wie die vorgenannten Kameras eingesetzt werden. Bei geschickter Formgebung z. B. mit rückgesetzter Scheibe für das Objektiv ist die Fläche für Witterungseinflüsse kleiner, so dass deren Wirkung begrenzt ist.
 

Kameras für Betrachtungswinkel bis 360°

Zur Überwachung begrenzter Räume gibt es Kameras mit einem Betrachtungswinkel von bis zu 360°. Auch diese können innen und außen eingesetzt werden. Durch die digitale Verarbeitung werden trotz der großen Betrachtungswinkel im Gegensatz zum „Fischauge“ nahezu unverzerrte Bilder präsentiert. Mit solchen Kameras können Eingangsbereiche und Durchfahrten überwacht werden. Für die Überwachung größerer Flächen wird von einem Einsatz dieser Kameras abgeraten. Für die unverzerrte Darstellung der Bilder werden nämlich Ausschnitte aus einem Gesamtbild zusammengefügt. Dabei wird die Auflösung – im Datenblatt oftmals mit einer hohen Anzahl von Bildpunkten ausgewiesen – verringert.
 

Bulletkameras

Die Miniaturisierung der Kameras ermöglicht deren Einbau in sehr kompakte Gehäuse. Kamera und Gehäuse werden als eine Einheit angeboten. Wegen der sehr unterschiedlichen zur Verfügung stehenden Leistungsparameter sollte man darauf achten, die dem Einsatzzweck, insbesondere den Sicherheitsanforderungen, adäquate Kamera auszuwählen.

Bulletkameras gibt es auch mit zusätzlicher Beleuchtung. Deren Wirksamkeit ist in der Tiefe des zu überwachendenden Bereichs möglicherweise eingeschränkt. Auch hier sollte man den Herstellerangaben nicht unkritisch vertrauen. Es ist darauf zu achten, dass das Glas der Frontscheibe optisch für Objektiv und Beleuchtung getrennt ist. Die Zusatzbeleuchtung kann bei Reflektion des Lichts durch Regentropfen die Bildqualität stark verschlechtern.
 

Kamerasysteme mit mehreren Kameras

Die Idee, mehrere Kameras in einem Array zusammenzufassen, konnte durch die Miniaturisierung der Technik umgesetzt werden. Solche Kameras werden u. a. als Multifokal- oder Multihead-Kameras bezeichnet. Die Vorteile: Verringerte Kosten für Installation, Kabel, Masten und Montagearbeiten. Die Systeme enthalten Kameras mit Objektiven unterschiedlicher Brennweite, was die homogene Überwachung im Vorder-, Mittelgrund und im Telebereich ermöglicht. Die Bilder werden bei der Wiedergabe so zusammengefügt, als würden sie von einer einzigen Kamera generiert. Innerhalb des Gesamtbildes kann man in allen Bereichen auch entfernte Objekte sehr gut heranzoomen.

Vor Einsatz dieser Technik sollte geprüft werden, wie sich die Sichtmöglichkeiten der Kamera vor allem in der Tiefe des Raumes bei Regen, Schnee und Nebel verändern. In der Regel sind Kameraabstände zwischen 30 und 50 m bei solchen Ereignissen unkritisch. Bei für den Einsatz der Technik möglichen Entfernungen von mehr als 100 m oder gar mehreren 100 m sollte dringend eine praktische Bewertung erfolgen. Das gilt auch für die Beleuchtung des zu überwachenden Bereichs. Inwieweit das Kamerasystem bei mangelnder Beleuchtung auswertbare Bilder in der Tiefe des Raums erzeugt, sollte getestet werden. In stark strukturierten Liegenschaften mit vielen verdeckten Bereichen ist der Nutzen solcher Kameras nur eingeschränkt.
 

Speed-Domekameras mit Kuppel

Für die detaillierte Überwachung nutzt man bewegliche Kameras mit Motor-Zoomobjektiven. Es gibt Kameras in Schutzgehäusen auf Schwenk-/Neigesystemen oder Speed-Domekameras. Durch die kleineren Abmessungen können beim Schwenken und Neigen hohe Winkelgeschwindigkeiten erreicht werden. Solche Kameras haben außerdem den Vorteil, dass das Drehen ohne Anschlag erfolgen kann. Damit wird stets der kürzeste Weg zur einzunehmenden Position möglich.

Bezüglich der Sicht für die Kameras bei ungünstigen Witterungsbedingungen gilt das Gleiche wie bei den Fixdome-Kameras mit Kuppel. Um das Anheften von Regentropfen an der Kuppel zu erschweren, ist deren Oberfläche bei verschiedenen Kameras spezialbeschichtet. Eine völlig freie Sicht ist aber auch bei dieser Variante nicht zu beobachten. Nicht unproblematisch ist der Einsatz der Technik überall dort, wo durch heftige Luftbewegungen wie z. B. bei Motorrennveranstaltungen Wasser und Staub an die Kuppel der Kameras gewirbelt werden können.

Sollen Bereiche beobachtet werden, die sich über der Kamera befinden, sind Speed-Domekameras nur bedingt geeignet. Zwar gibt es Kameras, bei denen der Blickwinkel auch über den Rand des Schutzgehäuses nach oben gerichtet werden kann. Zur Beobachtung z. B. von Rängen in Arenen und Stadien oder von Dächern und Dachkanten dürfte das kaum ausreichend sein.

Zur Montage von Speed-Domekameras gibt es verschiedene Möglichkeiten wie Konsolen, die an Fassaden oder mittels Eckhalterung an Gebäudeecken montiert werden können. Bei Mastmontage sind die seitliche Montage mittels Konsole und Masthalterung oder die Topmontage bei Einsatz spezieller Montageelemente möglich.
 

Speed-Domekameras ohne Kuppel

Wie bei den Fixkameras können auch bei den Speed-Domekameras solche ohne Kuppel eingesetzt werden. Es gibt auch Modelle, die sowohl eine Kamera für den sichtbaren Lichtbereich als auch eine Wärmebildkamera enthalten. Um ein Benetzen der Scheibe vor dem Objektiv zu vermeiden, wird ein Scheibenwischer genutzt. Bei Einsatz eines Objektivrings können die Auswirkungen ungünstiger Witterungsbedingungen auf die Bildqualität stark verringert werden. Bei kuppellosen Speed-Domekameras ist der Blick nach oben nicht so eingeschränkt wie bei den Systemen mit Kuppel.
 

Schwenk-Neigesysteme

Nachteile wie der Blick nach oben oder die eingeschränkte Sicht bei mit Wasser benetzter Kuppel entfallen bei den Schwenk-/Neigesystemen. Die Kameras sind jeweils in kompakte Wetterschutzgehäuse eingebaut. Da hier bedeutend größere Massen als bei Speed-Domekameras bewegt werden müssen, sind entsprechend stabile Masten und Befestigungen zu berücksichtigen. Schwenk-/Neigesysteme können mit Wisch-/Waschsystemen ausgerüstet werden, die stets eine freie Sicht für die Kamera gewährleisten. Unter bestimmten Umständen reicht auch aus, die Kamera senkrecht nach oben zu bewegen und den Regen die Reinigungsarbeiten für die Scheibe übernehmen zu lassen.

Bei modernen Schwenk-/Neigesystemen ist ein Drehen auch ohne Anschlag möglich. Die erreichbaren Winkelgeschwindigkeiten sind beachtlich, erreichen jedoch nicht die von Speed-Domekameras. Von der jeweilig genutzten Antriebsart ist abhängig, ob die Technik bei extremem Langsamlauf ruckelfrei arbeitet. Die Möglichkeit zur Übertragung der Bild- und Steuersignale ist gegebenenfalls eingeschränkt, da diese über die sich bewegenden Komponenten erfolgen muss. Es ist daher zu prüfen, ob die gewünschte Technik für den angestrebten Einsatzfall geeignet ist.

Die Systeme können auch mit einem zweiten Gehäuse ausgerüstet werden. In dieses können entweder Elemente zur Beleuchtung der zu überwachenden Szene oder eine Wärmebildkamera eingebaut werden.
 

Kameragehäuse

Im Außenbereich ist die eigentliche Kamera nicht sichtbar, da diese in ein Schutzgehäuse eingebaut werden muss. Dieses Gehäuse soll vor Witterungseinflüssen, Wasser, Schnee, Staub und Schmutz sowie anderen die Funktion der Kamera beeinträchtigenden Einflüssen schützen. Größe und Form des Schutzgehäuses sind natürlich auch abhängig von Form und Abmessungen der Kamera einschließlich Objektiv. Neben Kamera und Objektiv muss in das Gehäuse die Technik zur Spannungsversorgung sowie zur Anpassung des Bildsignals an den jeweiligen Übertragungsweg eingebaut werden. Um zu verhindern, dass bei unterschiedlichen Temperaturen außerhalb und innerhalb des Gehäuses dessen Scheibe beschlägt, muss ein Heizelement im Inneren unterhalb der Scheibe installiert werden. In Sonderfällen wird ein Lüfter innerhalb des Gehäuses benötigt. Ist das Schutzgehäuse für den Einbau aller Zusatzkomponenten zu klein, wird für diese Technik ein Kameraanschaltkasten benötigt. Dieser muss zusätzlich an der Fassade oder mit entsprechenden Montageadaptern am Mast installiert werden. Damit wird optisch die Präsenz der Videosicherheitstechnik nochmals hervorgehoben.

Die Konsole sollte stets als eine Einheit mit dem Gehäuse betrachtet werden. Wenn die Kabelführung durch die Konsole erfolgt, sind keine Kabel sichtbar, die, außen verlaufend, ihrerseits den Eindruck von der Kamera schmälern können. Wenn Kabel außerhalb des Gehäuses geführt werden müssen, so sind sie in Schutzschläuchen oder -rohren zu verlegen. Um die Wirkung von Witterungseinflüssen zu minimieren, können auch Kameraschutzgehäuse mit Scheibenwischer oder Wisch-/Waschanlage genutzt werden.
 

Kameramasten

Zur Perimeterüberwachung sowie zur Überwachung großer Flächen ist der Einsatz von Kameramasten unabdingbar. Form, Material, Farbe, Befestigung von Kamera und Beleuchtung sowie die Aufstellungsorte von Masten bestimmen wesentlich das Gesamtbild eines Objektes.

Der Vorschlag, vorhandene Beleuchtungsmasten zur Montage von Kameras mit zu nutzen, ist nur dann zu empfehlen, wenn diese über eine hohe Stabilität verfügen. Für Kameramaste hat die Stabilität eine große Bedeutung. Abgesehen von eingeschränkten Videosensorfunktionen, ist es auch dem Betrachter der Bilder nicht zuzumuten, sich am Monitor wackelnde Bilder ansehen zu müssen. Bei Einsatz von Kameras mit Motor-Zoomobjektiven an vibrierenden Masten ist es möglich, dass der gewünschte Bildausschnitt im Telebereich schnell aus dem Blickfeld verschwindet.
 

Kameramontage und -orte

Wenn aus architektonischen Gründen oder wegen des Denkmalschutzes die Montage von Kameras an Gebäude und Fassaden nicht möglich ist, sind entsprechende Kameramaste um die Liegenschaft zu platzieren. Aus sicherheitstechnischen Gründen ist eine solche Lösung zu hinterfragen, da zwischen Kamera und zu schützendem Gebäude oftmals im öffentlichen Raum starke Personenbewegungen zu verzeichnen sind.

Betrachtet man die Größenverhältnisse von Gebäude und Kamera, so ist oftmals die Kamera als solche erst auf dem zweiten Blick zu erkennen. Lange Zeit waren auf den Ecken des Daches kompakte SN-Systeme eingesetzt. Sie wurde zwischenzeitlich durch die ins Bild eingefügte Speed-Domekamera mit „Schwanenhals-Adapter“ ersetzt. Die Größenverhältnisse sind ungefähr geblieben.


Farbgebung

Eine einheitliche Farbe für alle Komponenten aus Metall oder der Fassadefarbe angepasste Kameras lassen die Dominanz der Videotechnik im Blickfeld des Betrachters mindern. Selten stehen Gehäuse und Montageelemente in der gewünschten Farbe zur Verfügung – nachträgliches Lackieren oder Pulverbeschichten ist also erforderlich.

Bei dunklen Farben ist ein zusätzlicher Aspekt zu berücksichtigen. Ein Schutzgehäuse in dunklen Farben lässt bei Sonneneinstrahlung die Temperatur in seinem Inneren auf sehr hohe Werte steigen. Oftmals liegen diese dann über der zulässigen höchsten Arbeitstemperatur von Kamera und Objektiv. Nicht zu vernachlässigen ist dabei auch die Tatsache, dass Kameras über rechentechnische Komponenten verfügen, die ihrerseits durch eine hohe Wärmeabgabe die ungünstigen Temperaturverhältnisse innerhalb des Schutzgehäuses verschlechtern. Der ungünstigste Fall tritt ein, wenn die neue Farbe Schwarz/matt sein soll. Dabei ist zu rechnen, dass sich die Nutzungsdauer der Videotechnik durch starke Absorption der Wärmestrahlung stark verringern kann.


Fazit

Über das, was schön und zweckmäßig ist, lässt sich trefflich streiten. Es gilt, Lösungen zu finden, die im Sinne der Architektur akzeptiert werden können und dabei ihre Funktionsfähigkeit voll erhalten. Wenn beide Disziplinen zueinander finden, werden in einem iterativen Prozess Lösungen erarbeitet, die von allen am Bau Beteiligten für gut befunden, dem jeweiligen Sicherheitskonzept gerecht werden und für andere Anwendungen direkt oder in angewandelter Form genutzt werden können.

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B.I.N.S.S. Datennetze und Gefahrenmeldesysteme Berlin GmbH

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