A+A 2013: Mit gesunden Mitarbeitern fit fürs Business

Der demografische Wandel hat die Unternehmen erreicht. Die Beschäftigten werden nicht nur älter, ihre Lebensarbeitszeit steigt tendenziell auch wieder. Vor dem Hintergrund des viel...

A+A 2013: Mit gesunden Mitarbeitern fit fürs Business
A+A 2013: Mit gesunden Mitarbeitern fit fürs Business

Der demografische Wandel hat die Unternehmen erreicht. Die Beschäftigten werden nicht nur älter, ihre Lebensarbeitszeit steigt tendenziell auch wieder. Vor dem Hintergrund des viel diskutierten Fachkräftemangels darf das aus Sicht der Betriebe vorrangig als Chance angesehen werden. Hierbei kommt der betrieblichen Gesundheitsförderung eine besondere Bedeutung zu, um die Leistungsfähigkeit zu erhalten. Corporate Health ist demnach mehr als nur ein Modebegriff. Der „Themenklassiker" im Programm der A+A in Düsseldorf, der international führenden Fachmesse mit Kongress für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, wird in den Unternehmen noch weiter an Bedeutung gewinnen und deshalb wird das Thema bei der A+A 2013 vom 5. bis 8. November auch besonders im Blickpunkt stehen.

Immerhin gibt es bereits in fast dreiviertel der Großunternehmen in Deutschland ein vorhandenes oder im Aufbau befindliches Betriebliches Gesundheitsmanagement. Deutlicher Nachholbedarf - und damit Marktpotenzial für Anbieter von Beratungsleistungen, Services und Produkten rund um Corporate Health - besteht noch in kleineren und mittelgroßen Unternehmen. Hier gibt es nicht einmal in jeder zehnten Firma ein implementiertes Betriebliches Gesundheitsmanagement (Quelle: EuPD Research, u. a. aus Studie „Gesundheitsmanagement 2010").

Das Bewusstsein für die Fragestellung „Wie halte ich immer ältere Mitarbeiter gesund und fit?" wird sich sicherlich künftig noch weiter schärfen. Allein „nackte" Zahlen verdeutlichen schon die Bedeutung. Vor 120 Jahren erreichte kaum jemand das gesetzliche Rentenalter - heute ist jeder vierte Deutsche bereits über 60 Jahre alt, und bis 2050 wird der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung auf ein Drittel steigen. Unternehmen gebührt damit schon aus Eigeninteresse eine Mitverantwortung dafür, dass die alternde Belegschaft motiviert bleibt, bei körperlicher, psychischer sowie geistiger Gesundheit. Es geht um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität. Aktuell hat die deutsche Wirtschaft einen Produktionsausfall von 46 Milliarden Euro durch die Zahl der Krankheitstage zu verzeichnen (nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin/ Basis: Jahr 2011).

Veränderte Arbeitsbedingungen, neue Anforderungen

Deshalb befassen sich nicht nur zahlreiche Aussteller der A+A 2013, z. B. die im Bereich der „Corporate Health Plaza" (Halle 10), sondern auch viele Referenten beim parallelen A+A Kongress der Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Basi) e. V. mit neuen Handlungsstrategien, um ältere Fachkräfte zu halten - bevorzugt fit und gesund. Zugleich geht es darum, qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen und zu binden. Dabei machen es neben dem demografischen Wandel auch veränderte Arbeitsbedingungen notwendig, die Anforderungen an den Arbeitsschutz sowie die Gesunderhaltung der Mitarbeiter zu überdenken: Je mehr sich die Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft wandelt, je komplexer technische Kommunikationsmittel und je flexibler neue Beschäftigungsformen sind, desto mehr müssen sich die Menschen darauf einstellen. Sie erleben einerseits mehr Abwechslung, übernehmen früh Verantwortung und erledigen selbstbestimmt Projektarbeit. Anderseits wird oft von ihnen verlangt, rund um die Uhr erreichbar zu sein, es gibt permanent Veränderungen durch Umstrukturierungen, der Leistungs- und Zeitdruck steigt.

Diese Faktoren führen zu psychisch belastenden Arbeitsbedingungen, die laut dem jüngsten Bericht „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit" der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) seit den Erhebungen 2005/ 2006 gleichbleibend stark verbreitet sind. „Zu sehen ist jetzt allerdings, dass immer mehr Menschen dadurch arbeitsunfähig werden oder früher in Rente gehen", sagt Dr. Beate Beermann, Fachbereichsleiterin „Grundsatzfragen und Programme" im Vorgriff auf ihren Redebeitrag bei der A+A 2013. Im Jahr 2008 waren es noch 41 Millionen verpasste Arbeitstage auf Grund psychischer Krankheiten, im Jahr 2011 (letzte Zahlen) bereits 59,2 Millionen. An dieser Situation könne sich nach Ansicht von Dr. Beermann erst etwas ändern, wenn Herausforderungen und ein gesundes Maß an Stress bei der Arbeit zu Erfolgserlebnissen führten, statt Erkrankungen zu fördern.

Wenn Exoskelette beim Tragen helfen

Die traurige Hitliste der Ursachen für Arbeitsunfähigkeit wird laut der BAuA jedoch seit Jahren von Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Atmungssystems angeführt. Dahinter stehen klassische Belastungen am Arbeitsplatz wie
- Schweres Heben und Tragen mit den Folgen für Muskeln und Skelett
- Umgang mit gefährlichen Stoffen (etwa Feinstaub oder Folgen früherer Asbestverwendung)
- Lärmbelastung

Besonders brisant: Die Gehörgefährdung durch Lärm. Schwerhörigkeit, die daraus resultiert, war mit 6.107 Fällen im Jahr 2011 (letzte Zahlen) die häufigste unter den anerkannten Berufskrankheiten der Unfallversicherungsträger der gewerblichen Wirtschaft und der öffentlichen Hand. „Im Lärmschutz hat sich das TOP-Prinzip bewährt - das bedeutet, zunächst werden technische, dann organisatorische und erst zuletzt persönliche Maßnahmen ergriffen", sagt Professor Dr. Dietmar Reinert, Leiter des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Um zu vermeiden, dass es an Arbeitsplätzen zu laut wird, kann man inzwischen etwa mittels Computerprogrammen Schallpegelprognosen treffen. So werden schon bei der Planung von Arbeitsbereichen Problemzonen erkannt und Lärmschutzmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüft. Professor Reinert: „Jetzt gibt es sogar Hörgeräte, die als Gehörschutz zugelassen sind und im Lärmbereich getragen werden dürfen."

Stets aufs Neue wird auch der Umgang mit Gefahrstoffen aktuell - schon allein, weil immer wieder andere Stoffe, Stoffgruppen oder Anwendungen auf den Markt kommen. „Das Gefährdungspotenzial künstlich hergestellter Nanopartikel ist beispielsweise noch nicht bekannt", erklärt Experte Reinert. Hinzu kommt, dass krebserzeugende Stoffe wie Asbest zwar nicht mehr verwendet, aber bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten in älteren Gebäuden heute noch freigesetzt werden. Die Einschätzung der Gefährdung durch Feinstaub wird gerade von der DGUV komplett überarbeitet mit dem Ziel, Vorstufen von Erkrankungen wie etwa entzündliche Reaktionen zu verhindern.

Auch in der modernen Arbeitswelt gibt es darüber hinaus noch Berufsgruppen, die schwere Lasten bewegen (23 Prozent der Erwerbstätigen laut BAuA) oder in einer unnatürlichen, gebückten oder hockenden Körperhaltung (14 Prozent der Erwerbstätigen) arbeiten. Das gilt vor allem in Berufen rund um den Bau, aber auch in der Landwirtschaft. „Technische Lösungen wie Hebehilfen oder auch organisatorische Veränderungen, wie z. B. Job-Rotationen und eine optimale Verteilung von Arbeits- und Pausenzeiten, können Arbeitnehmer schützen. Dabei wird die Kraft des menschlichen Körpers durch eine Art intelligenter Prothesen aus Metall unterstützt - ähnlich wie in dem Animationsfilm ,Avatar‘", sagt Professor Dietmar Reinert. Er rechnet damit, dass solche Exoskelette in fünf Jahren beispielsweise in Krankenhäusern zum Transport von Patienten eingesetzt werden können.

Betriebliches Gesundheitsmanagement: Beratung ist gefragt

Viele Firmen wissen gar nicht, welche Belastungen es an ihren Arbeitsplätzen gibt - diese Erkenntnis teilt der Leiter des Arbeitsschutzinstituts der DGUV mit Forschern, Betriebsärzten und beratenden Instituten, die sich mit dem Thema „Corporate Health" befassen. Dazu gehört etwa das Institut für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) der AOK in Köln (Aussteller der Corporate Health Plaza bei der A+A). Geschäftsführerin Dr. Julia Schröder betont: „Einzelne Maßnahmen wie etwa ab und zu ein Rückenschul- oder Entspannungs-Angebot sind nicht nachhaltig. Es ist wichtig, sich eine Fachberatung ins Haus zu holen, die erst einmal die speziellen gesundheitlichen Probleme innerhalb des Unternehmens analysiert, bevor ein individuelles Gesundheitsmanagement entwickelt und in den Unternehmensprozess integriert wird. Dessen Erfolg sollte dann alle paar Jahre überprüft werden." Das AOK-Institut unterstützt große mittelständische Unternehmen mit einer Belegschaft von rund 500 Mitarbeitern, die beim systematischen Aufbau eines solchen Managements externe Hilfe suchen. Eine Jury kürt regelmäßig Best-Practice-Beispiele für den BGF-Gesundheitspreis wie etwa den Solinger Rasierklingen-Hersteller Wilkinson Sword. Hier wird das Thema Gesundheit ganzheitlich in Arbeitszirkeln, bei Führungskräfte-Fortbildungen, Gesundheitstagen und mit sportlichen Aktivitäten wie Drachenboot-Rennen angegangen. „Seit rund 15 Jahren schreitet die professionelle Organisation des betrieblichen Gesundheitsmanagements insgesamt voran. Prozesse lassen sich dauerhaft steuern", schildert Dr. Julia Schröder ihre Beobachtung. „Die Firmen, mit denen wir zusammenarbeiten, merken mit der Zeit: Die Mitarbeiter fühlen sich ernst genommen, lernen nicht nur ihren Arbeitgeber neu schätzen, sondern bekommen in der Regel auch besseren Kontakt zu den Führungskräften."

Erfolge sollten messbar sein

Laut dem Präventionsbericht 2012 des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) lassen sich derzeit 6.800 Unternehmen im Hinblick auf die Gesundheitsförderung ihrer Mitarbeiter von den Krankenkassen unterstützen - Tendenz steigend. Bei der Auswahl der richtigen Beratung ist nach Erfahrung von Privatdozent Dr. med. Stephan W. Weiler allerdings Vorsicht geboten: „Neben seriösen Anbietern gibt es viele, die den Eindruck hinterlassen, dass sie nur schnelles Geld machen wollen." Dr. Weiler arbeitet als leitender Betriebsarzt mit 14 Kollegen beim Autohersteller Audi im Gesundheitszentrum Ingolstadt Nord und kommt als Referent zum A+A Kongress. Er rät interessierten Unternehmern, einen sinnvollen Aufwand beim Thema „Betriebliches Gesundheitsmanagement" zu betreiben und darauf zu achten, dass sich Erfolge von Maßnahmen im Betrieb messen lassen. „Anbieter mit einfachen Lösungen liegen sicher falsch." Für den erfahrenen Mediziner ruht das richtige Management auf drei Säulen:
- Über allem steht die Gesunderhaltung der Mitarbeiter.
- Wer bereits Beschwerden hat, sollte nach seinen Möglichkeiten weiterarbeiten können.
- Die Wiedereingliederung: Kehrt jemand aus einer Rehabilitationszeit zurück, sollte er möglichst seinen vorherigen Arbeitsplatz oder einen vergleichbaren erhalten, der seinen Bedürfnissen angepasst wird. Dr. Weiler: „Vor allem denjenigen, die langfristig erkrankt waren, hilft es oft, stufenweise wieder einzusteigen. So können sie langfristig wieder die richtige Balance finden."

Mittels Umfragen und Check-Up-Untersuchungen hat der Betriebsarzt, die Bereiche identifiziert, in denen er Unterstützung anbieten muss. Seit drei Jahren schulen er und seine Kollegen die rund 55.000 Audi-Mitarbeiter - in Achtsamkeit oder Entspannung und beraten sie dazu, wie sie sich gesund ernähren können. Oft geht es aber auch darum, eingespieltes Verhalten zu verändern, zum Beispiel, wenn eine Hebehilfe nicht genutzt wird. „Wir beobachten, woran das liegt. Und erklären in Schulungen, wie der Rücken belastet wird, wenn man pro Schicht bei 300 Autos einfach selbst bei einem schweren Bauteil anpackt, weil es angeblich schneller geht als mit der Hebehilfe. Das leuchtet den meisten ein."

Kleine Betriebe haben besondere Bedürfnisse

Ähnliche Aufklärungsarbeit betreibt Professor Dr. Lutz Packebusch vom Institut für Arbeitssicherheit, Umweltschutz, Gesundheitsförderung und Effizienz (A.U.G.E.) der Hochschule Niederrhein in Kleinbetrieben, vor allem im Handwerk. Er weiß, dass dort besondere Bedingungen herrschen: „Wenn etwa in einem Dachdeckerbetrieb mit acht Beschäftigten zwei erkranken, gerät der Inhaber schnell an Grenzen und kann Aufträge nicht mehr erfüllen." Um dies zu verhindern, hat Professor Packebusch in einem Modellprojekt mit Dachdeckern Handlungshilfen und Coachings entwickelt, mit deren Hilfe Arbeitsprozesse verändert und verbessert werden. „So können die verantwortlichen Handwerker beispielsweise bei der Vorbesicherung einer Baustelle feststellen, welche Werkzeuge sie brauchen und eine gute Arbeitsgestaltung vorbereiten. Auf diese Weise lässt sich Stress vermeiden", erklärt Packebusch (ebenfalls Referent beim A+A Kongress). Viele Handwerksmeister mit eigenen Betrieben müssten lernen, Aufgaben zu delegieren und die Handlungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter zu stärken.

Die Psyche nachhaltig stärken

Eine andere Strategie, mit der kleinere Firmen ihre Angestellten leistungsfähig erhalten können, nennt sich „Employee Assistance Program" (EAP). Werner Fürstenberg, der in seinem Institut Gesundheitsmanagement für Unternehmen anbietet (und dieses Angebot bei der A+A 2013 als Aussteller präsentiert), spricht allerdings lieber von einer externen Mitarbeiterberatung, die eine Ergänzung zur Arbeit des Betriebsarztes sein sollte. Er möchte mit seinem Team von Experten individuell helfen - bei familiären Schwierigkeiten wie dem Umgang mit pflegebedürftigen Eltern ebenso wie bei finanziellen Problemen. „Diese privaten Belastungen wirken sich auf die Arbeitsfähigkeit aus und können zu so genanntem Präsentismus führen. Das bedeutet, Arbeitnehmer sind zwar körperlich anwesend, aber geistig abwesend und damit nicht leistungsfähig." Rund um die Uhr, auch nachts, sind Berater in den verschiedenen Wechselfällen des Lebens kostenfrei erreichbar - die Firmen zahlen dafür je nach Unternehmensgröße zwei bis vier Euro pro Mitarbeiter. Innerhalb einer Woche bekommen Anrufer einen persönlichen Beratungstermin entsprechend ihres Bedarfs, in Notfällen wird sofort gehandelt. „Nur zehn Prozent müssen wir nachher in eine Behandlung, zum Beispiel eine Psychotherapie weitervermitteln. Den anderen können wir durch Beratung helfen, mit ihrer vorübergehenden Belastung fertig zu werden", so Fürstenberg.

Fachleute für ein Gesundheitsmanagement, das nachhaltig den verbreiteten psychischen Erkrankungen entgegenwirkt, sind auch die Wirtschaftspsychologen, die mit 1.500 Mitgliedern eine eigene Sektion innerhalb des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen bilden. Sie beteiligen sich ebenfalls an der Corporate Health Plaza der A+A. „Wir betrachten die Arbeit und ihre Organisation unter psychologischen Gesichtspunkten - denn Erkenntnisse über das Verhalten der Menschen können Unternehmen dabei unterstützen, sich wirtschaftlich erfolgreich zu entwickeln", erklärt Verbandssprecher Ulrich F. Schübel. Als Beispiel nennt er eine werteorientierte Unternehmensführung, die junge Leute bindet, weil diese ihre Arbeit dadurch als sinnvoll erleben. Auch die Wiedereingliederung psychisch Kranker ist ein wichtiger Bereich, in dem spezialisierte Psychologen mit Arbeitsmedizinern Hand in Hand arbeiten können - etwa, um Mitarbeiter ebenso wie Führungskräfte zu befähigen, mit den Betroffenen richtig umzugehen.

 

 

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