01.06.2010 • TopstoryBlitzschutzBlitzschutzanlagen

Blitzschutzspezialist feiert hundertjähriges Bestehen

Es war ein würdiger Rahmen für das 100-jährige Jubiläum des traditionsreichen Familienunternehmens­ Dehn + Söhne: Geladen wurde zur Eröffnung der Fachkonferenz in das alte Fabrikge...

Es war ein würdiger Rahmen für das 100-jährige Jubiläum des traditionsreichen Familienunternehmens­ Dehn + Söhne: Geladen wurde zur Eröffnung der Fachkonferenz in das alte Fabrikgebäude des Museums für historische Maybachfahrzeuge in Neumarkt. Wie schon Wilhelm ­Maybach war auch Firmengründer Hans Dehn Pionier auf seinem Gebiet. Diesen innovativen Geist atmete auch die anlässlich der Feierlichkeiten initiierte Veranstaltungsreihe für Fachleute aus Blitzschutz, Elektroplanung und Sicherheit. Zentrales Thema der Referenten des Sicherheitstechnik-Forums war die Planungs- und Ausführungssicherheit - von Sicherheitstechnischer Prävention über Produkthaftung bei sicherheitstechnischen Anlagen bis hin zu Schutzmaßnahmen gegen Überspannungen bei Brandmeldeanlagen. Regina Berg-Jauernig von GIT-SICHERHEIT.de sprach mit Geschäfts­führer Thomas Dehn, dem Enkel des ­Firmengründers Hans Dehn.


GIT-SICHERHEIT.de: Herr Dehn, Ihr Großvater Hans Dehn hat vor hundert Jahren sein Elek­troinstallationsgewerbe in Nürnberg angemeldet. Wenn wir uns in diese Zeit einmal zurückversetzen, ging es damals wohl noch um Pionierarbeit für viele Haushalte und Unternehmen. Könnten Sie uns beschreiben, wie alles anfing?

T. Dehn: Um Haushalte und Unternehmen mit Elektrizität zu versorgen, war zunächst Pionierarbeit beim Bau von Freileitungen und Ortsnetzen gefragt: Der Strom musste erst einmal auf die Dörfer gebracht werden. Meinem Großvater ging es darum, den ländlichen Raum für die Nutzung der Elektrizität zu öffnen, und er begann damit, die westliche Oberpfalz mit Strom zu versorgen. Gebäudeinstallation beschränkte sich zu seiner Zeit vor allem auf das Thema Beleuchtung. In der Landwirtschaft waren außerdem z. B. Antriebe für Dreschmaschinen erforderlich, ebenso im Gewerbebereich, wo der Antrieb verschiedenster Maschinen durch Elektromotoren im Vordergrund stand.

Der Blitzschutz spielte von Anfang an eine große Rolle - 1918 erhielt Hans Dehn sein erstes Patent zu diesem Thema. Gab es schon andere Techniken oder handelte es sich tatsächlich um eine Pionierleistung?

T. Dehn: Bauteile für den Blitzschutz gab es eigentlich schon ab Mitte des 18. Jahrhunderts, seit Benjamin Franklin, dem eigentlichen Pionier der Blitzphysik und des Blitzschutzes. Mit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert begannen in Deutschland mehrere Unternehmen auch mit der Fertigung von Blitzschutzkomponenten. Hans Dehn, der in vieler Hinsicht ein Perfektionist war, baute seit der Gründung seines Unternehmens auch Blitzschutzanlagen. Er war mit dem damals am Markt verfügbaren Material nicht zufrieden, machte sich Gedanken über die Neukonstruktion von Bauteilen und begann um das Jahr 1923 herum mit einer eigenen Fertigung. Eine Pionierleistung war es, dass er neben seinen handwerklich ausgerichteten Tätigkeiten in eine industrielle Fertigung einstieg.

Ist diese Technik von damals eigentlich noch mit der heutigen vergleichbar? Was steckt von den anfänglichen Produkten noch in denen von heute?

T. Dehn: Teilweise sind tatsächlich bei einzelnen Bauteilen des Äußeren Blitzschutzes noch gewisse Grundideen aus der Anfangszeit der Blitzschutzfertigung enthalten. Aber natürlich sind in das Programm des Äußeren Blitzschutzes über die Jahrzehnte viele neue Ideen eingeflossen, die Materialien haben sich verändert, und vor allem sind die technischen Anforderungen und die Herausforderungen durch neue Applikationen gestiegen, wenn man z. B. an den Schutz einer Mobilfunkbasisstation oder einer Fotovoltaikanlage denkt. Was geblieben ist, ist unser Anspruch an höchste Qualität der Produkte, die man von uns seit jeher gewohnt ist.

Seit der Einbeziehung der Söhne in das Geschäft im Jahre 1933 heißt das Unternehmen Dehn & Söhne. Bis heute sind Sie ein Familienunternehmen. Welche Bedeutung hat dieser Umstand für Sie persönlich und für den Erfolg Ihres Unternehmens heute?

T. Dehn: Dass wir immer noch selber Herr im Hause sind und jeglichen Versuchungen widerstanden haben, uns von unserem Erbe zu trennen. Dadurch können wir langfristig planen und unsere Zukunft selbst gestalten.

Zurück noch einmal zur Historie: Wie hat das Unternehmen den Zweiten Weltkrieg erlebt?

T. Dehn: Natürlich lag das Unternehmen in diesen Jahren ziemlich am Boden und konnte nur eingeschränkt operieren. Viele Mitarbeiter und Familienmitglieder waren eingezogen und fehlten deshalb. Nachdem 1945 dann alle Betriebsstätten in Nürnberg und Neumarkt zerstört waren, begann die Familie - wie 1918 auch schon - mit dem Wiederaufbau. Entgegengekommen ist uns dabei, dass wir wirtschaftlich auf zwei Beinen standen: Für den handwerklichen Bereich der Elektroinstallation gab es in dieser Zeit zwangsläufig große Nachfrage, während das Thema Blitzschutz erst mal bis 1948/49 mangels Nachfrage am Boden lag. Eine funktionierende elektrische Anlage im Haus war in den Nachkriegsjahren wichtiger als Blitzschutz.

Könnten Sie uns einmal einen knappen Überblick über die wesentlichen Entwicklungsschritte zeichnen, den das Unternehmen seit dem Krieg bis heute genommen hat?

T. Dehn: Wesentlich war, dass Anfang der 50er Jahre zwei weitere Themenbereiche zum Äußeren Blitzschutz und der Erdung hinzukamen: der Überspannungsschutz und der Arbeitsschutz. Beide Produktgebiete waren jahrelang zwar erst einmal kleine Pflänzchen, boten aber beste Entwicklungschancen, die man in unserem Haus auch genutzt hat. Speziell der Überspannungsschutz wurde in seiner Entwicklung natürlich beflügelt durch den Siegeszug der Elektronik in allen Lebens- und Arbeitsbereichen. Die strategische Fokussierung auf unsere drei Produktgruppen war und ist sicher der Schlüssel zu unserem Erfolg und unserer guten geschäftlichen Entwicklung. Ein wesentlicher Entwicklungsschritt für das Unternehmen war, dass wir aufgrund der Marktherausforderungen und der großen Nachfrage nach der Wiedervereinigung gezwungen waren, das gesamte Unternehmen organisatorisch, baulich, fertigungstechnisch und strukturell umzukrempeln, neu auszurichten und für die Zukunft zu rüsten. Das haben wir mit der Großinvestition, unserem sog. „Masterplan", der immer weiter fortgeschrieben wird, ab 1992 getan. Das hat es uns erst ermöglicht, uns zu unserer heutigen Position zu entwickeln.

Zu den wichtigen technischen Entwicklungen zählen u. a. die Verbindung des Äußeren und Inneren Blitzschutzes, der zusammensetzbare Tiefenerder etc. Können Sie uns einmal einen Eindruck geben von der Tragweite dieser und anderer Entwicklungen für den Anwender?

T. Dehn: Die Verbindung von Äußerem und Innerem Blitzschutz war zunächst einmal keine direkte technische Entwicklung, sondern ist Anfang der 50er Jahre aus der Erkenntnis entstanden, dass der Äußere Blitzschutz nur ein reiner Brandschutz ist, dass man aber auch die elektrische Anlage im Inneren von Gebäuden - von Elektronik war da noch nicht die Rede - vor Auswirkungen durch Blitze schützen muss. Die Notwendigkeit des Zusammenwirkens von Äußerem und Innerem Blitzschutz haben wir später auch durch den Slogan „Halber Blitzschutz ist keiner ..." manifestiert. In der weiteren Folge der Entwicklung ist dann - getragen vom Siegeszug immer empfindlicherer und damit zu schützender Elektronik - bei uns als integrierte Lösung das inzwischen allseits anerkannte „Blitzschutzzonenkonzept" entstanden. Bei allen Entwicklungen von Produkten und Lösungen stand und steht immer der Kundennutzen im Vordergrund. Die Technik in unserer Welt insgesamt ist gerade in den letzten 50 Jahren stark vorangeschritten. Dabei sind immer wieder verschiedenste neue Applikationen wie z. B. der Mobilfunk und die regenerative Energiegewinnung dazugekommen, die zum Nutzen der Betreiber geschützt werden mussten. Zwangsläufig mussten wir hier natürlich mithalten mit immer neuen, besseren Produkten.

Was sind die wichtigsten Entwicklungen des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends - in technischer Hinsicht und bezüglich des Unternehmens selbst?

T. Dehn: Unsere Entwicklungsaktivitäten beim Überspannungsschutz gerade in den vergangenen zehn Jahren waren stark auf den Schutz von Windkraft- und Biogasanlagen und der Fotovoltaik ausgerichtet, wo wir viele neue Geräte erfolgreich auf dem Markt platzieren konnten. Im Äußeren Blitzschutz war ein wesentlicher Schritt die Neu- und dann ständige Weiterentwicklung unserer HVI-Blitzschutzableitung zur Einhaltung von Trennungsabständen, die zunächst für Mobilfunkanwendungen konzipiert war, aber nun breite Verwendung im Äußeren Blitzschutz insgesamt findet.

Welche Themen beschäftigen Sie im Augenblick - und können Sie uns einen kleinen Ausblick in die Zukunft geben?

T. Dehn: Die Anzahl an Blitzen weltweit ist - sicher verursacht durch den Klimawandel - tendenziell nach oben gegangen, sodass uns erst mal die Arbeit nicht ausgehen wird (die Blitz-Statistik-Deutschland zeigt für das Jahr 1990 1.290.000 Blitze; im Jahr 2009: 2.354.000 Blitze; Anmerk. d. Red.). Wir sind laufend in viele neue Projekte involviert. Der Markt fordert immer wieder bessere, leistungsfähigere und damit noch sicherere und auch montagefreundlichere Bauteile und Geräte. Wir haben jetzt den Meilenstein von hundert Jahren erreicht - und es ist schön, einmal innezuhalten und doch mit gewissem Stolz auf Erreichtes zurückzublicken. Unser Jubiläum ist aber auch Ansporn zu weiteren Taten. Es gibt noch einige Regionen der Welt, die wir vertriebsmäßig besser erschließen wollen. Wir haben wie immer auf der Produktseite einiges vor in den nächsten Jahren. Wir wollen und müssen uns im Hinblick auf bauliche, logistische und fertigungstechnische Herausforderungen rüsten für die kommende Zeit. Wesentlich für die Zukunft ist aber auch, dass wir unsere Unabhängigkeit als Familienunternehmen ausbauen und weiter bewahren können.

Herr Dehn, wir bedanken uns herzlich für das Gespräch und wünschen für die Zukunft alles Gute.

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