Interview mit Michael Mewes, Vorstandsvorsitzender des BDGW

Geld- und Wertemarkt für ihre ­Kunden aus Handel, Wirtschaft, Banken und ­Institutionen Prozess­aufgaben auf dem Weg vom ­Bargeld zum Buchgeld um. Unser wissenschaftlicher Schriftl...

Michael Mewes, Vorstandsvorsitzender des BDGW und Chef eines führenden...
Michael Mewes, Vorstandsvorsitzender des BDGW und Chef eines führenden Wertlogistigunternehmen

Geld- und Wertemarkt für ihre ­Kunden aus Handel, Wirtschaft, Banken und ­Institutionen Prozess­aufgaben auf dem Weg vom ­Bargeld zum Buchgeld um. Unser wissenschaftlicher Schriftleiter ­Heiner Jerofsky befragte den ­Vorstandsvorsitzenden des BDGW und Chef des führenden Wert­logistikers Clag, Dipl.-Wirtsch.-Ing. ­Michael Mewes, zur Branche, ­seinem Verband und seiner Tätigkeit.

GIT SICHERHEIT: Herr Mewes, bitte geben Sie unseren Lesern doch bitte einmal einen Überblick über die Branche. Von wie viel Unternehmen, Personen, Fahrzeugen und Werten sprechen wir?


Michael Mewes:
Nach Angaben der Deutschen Bundesbank bearbeiten und transportieren alle Wertdienstleister rund 3 Milliarden Euro pro Tag. 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 7.500 im Geldtransport und 3.500 in der Geldbearbeitung, sind damit beschäftigt, Kundengelder zu portionieren, zu zählen und zu transportieren. Die Zahl der Unternehmen hat in den letzten Jahren, bedingt durch die Konzentrationsprozesse, deutlich abgenommen. Zurzeit hat die BDGW noch 37 ordentliche Mitgliedsunternehmen. Diese verfügen über 2.500 gepanzerte Spezialfahrzeuge.

Geldtransportunternehmen und Geldverarbeitungsbetriebe hatten noch vor Jahren keinen guten Ruf. Wie sehen Sie heute die Seriosität der Branche? Gibt es noch „schwarze Schafe"?


Michael Mewes:
Natürlich haben die Vorfälle im Jahre 2006 dazu beigetragen, das Image unserer Branche nachhaltig zu beschädigen. Noch heute wird auf fast jeder Bargeldtagung der Fall H. aus H erwähnt. Auch heute noch, acht Jahre nach diesem Super-GAU unserer Branche, müssen wir immer wieder darauf hinweisen, dass dieser Fall nur dadurch möglich war, dass auch sehr viele Kunden der Branche ihren Sorgfaltsverpflichtungen in keiner Weise nachgekommen waren. Teilweise wurde den kriminellen Machenschaften durch aktives Tun oder Unterlassen sogar Vorschub geleistet. Auch die Bundesbank hat durch die damals noch völlig unzureichende Kontrollmöglichkeit dazu beigetragen, dass dieser Fall möglich war. Leider wird dabei nicht richtig wahrgenommen, dass eine große Zahl anderer Unternehmen unserer Industrie während der kriminellen Ära H. einen klasse Job, ohne jede Beanstandung, geleistet haben und dies bis heute tun. Durch umfangreiche Neuregelungen der Sicherheitsvorschriften BDGW, die Prüfsäulen und engmaschige Überwachungen könnte sich eine solche kriminelle Organisation heute wohl kaum noch unentdeckt bilden. Aber natürlich müssen dafür alle Parteien ihren jeweiligen Job richtig ausführen, und es müssen faire und auskömmliche Preise vereinbart werden. Die „Geiz ist geil"-Mentalität Mitte der 2000er Jahre war nach H. etwas in den Hintergrund getreten. Aber in den letzten Jahren häufen sich wieder die Fälle, in denen die Aufträge fast ausschließlich nach dem niedrigsten Preis vergeben werden.

Geld- und Wertdienste werden heute für Transport, Geldbearbeitung und Bargeldversorgung eingesetzt. Wie stellt sich Ihnen der Markt aktuell dar und wie beurteilen Sie den Sicherheitsstandard der Dienstleister?

Michael Mewes: Die Geld- und Wertdienstleister haben sich in den letzten 20 Jahren beständig weiterentwickelt, von reinen Geld- und Werttransporteuren hin zu Full-Service-Wertdienstleistern. Die Unternehmen sind an jeder Stelle des Bargeldkreislaufes mit Dienstleistungen präsent. Dabei sind die Unternehmen auch wichtige Partner bei der Betreuung der zunehmend eingesetzten Technologien am Point-of-sale oder den von den Kreditin­stituten eingesetzten Geldausgabeautomaten und Cashrecyclern sowie weiteren Selbstbedienungsgeräten. Die Unternehmen übernehmen die Befüllung der Geräte sowie die Entleerung und Abrechnung, den First-Level-Service und in vielen Fällen inzwischen auch darüber hin­ausgehende technische Serviceleistungen. Der Sicherheitsstandard der Unternehmen ist extrem hoch, und es wird beständig neu in die Transport- und Bearbeitungstechnologien investiert. Die Cash Center werden immer größer, immer sicherer und immer moderner, und die technische Ausstattung ermöglicht die Erfüllung jeder Aufgabenstellung der Bargeldbearbeitung gemäß den gültigen und ab Januar 2015 neu geltenden EZB-Standards und Vorgaben. Die deutschen Geld- und Wertdienstleister sind Präventionsweltmeister. Im internationalen Vergleich gibt es kein Land, in dem so viele physische Geldtransaktionen durchgeführt werden und dabei so wenig erfolgreiche Überfälle stattfinden. Diese Lage besteht nicht, weil die Gefahr gering ist, sondern weil unsere Unternehmen der existenten Gefahr innovativ und mit einem sehr hohen Sicherheitsstandard effektiv begegnen.

Die BDGW hat in diesem Monat ihr 25-jähriges Jubiläum. Wie würden Sie kurz die wichtigsten Aufgaben dieses Branchenverbandes beschreiben?

Michael Mewes: Seit Beginn der Gründung im November 1989 war es das erste Ziel der BDGW, einen wichtigen Beitrag zu sicheren Geldtransporten in Deutschland beizutragen. Gemeinsam mit unseren Sicherheitsbeauftragten und den zuständigen Vertretern der Berufsgenossenschaften ist es uns gelungen, Deutschland mit Abstand zu den sichersten Geldtransporten in Europa zu machen. Nach der polizeilichen Kriminalstatistik gab es im vergangenen Jahr keinen einzigen Überfall. Im gleichen Zeitraum wurden in Frankreich fast 80 Geldtransportfahrzeuge und in Großbritannien fast 400 überfallen. Darüber hinaus haben wir in den letzten Jahren natürlich auch eigenständige Tarifverhandlungen vom BDSW übernommen. Somit ist die BDGW vom ursprünglichen Wirtschaftsverband zu einem Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband geworden. Der Verschiebung unserer Tätigkeiten haben wir bereits vor 12 Jahren Rechnung getragen. Dies kommt in der Umbenennung vom früheren Bundesverband der Werttransportunternehmen zu den Wertdienstleistern zum Ausdruck.

Der Umgang mit viel Geld und hohen Werten ist Vertrauenssache. Sie bieten mit ihren Mitgliedsunternehmen „Sicherheit und Qualität zum fairen Preis". An welchen Kriterien oder Referenzen müssen sich Ihre Kunden orientieren und was sind die wichtigsten Kostenfaktoren?

Michael Mewes: Seit vielen Jahren weisen wir in unserer Checkliste auf die relevanten Kriterien und Referenzen für die Preisgestaltung hin. Das sind natürlich die Lohnkosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Fahrzeugkosten, die Kosten für die Geldbearbeitung, aber auch die Sicherheitsmaßnahmen in den Fahrzeugen und den Cash Centern. Aus wettbewerblichen Gründen können wir nur ansatzweise Aussagen treffen. Diese können natürlich nur Durchschnittsangaben zum Ausdruck bringen und sind nicht geeignet, für jeden Region in Deutschland und für jede Dienstleistung konkrete Aussagen zu tätigen. Es bleibt bei der Verantwortung des Kunden, aus der immer noch vorhandenen Vielzahl der Anbieter den richtigen Wertdienstleister auszuwählen.

Welche Dienstleistungen bieten die Unternehmen neben dem bewaffneten Personal in Uniform und gepanzerten Fahrzeugen noch an?

Michael Mewes:
Wie bereits angesprochen, sind wir heute moderne Wertdienstleister. Wir übernehmen für Kreditinstitute immer mehr Funktio­nen, die mit der klassischen Transportaufgabe nichts mehr zu tun haben. Hierzu gehört die Bestückung der rund 60.000 Geldausgabeautomaten in Deutschland genauso wie die Überwachung der Videokameras. Leider ist es uns bislang nicht gelungen, unsere Branche zu selbstständigen Finanzdienstleistern zu machen, die Bargeldströme jenseits der Deutschen Bundesbank selbst organisieren können. Wir sind nach wie vor mit sogenannten Kooperationsmodellen auf die Zusammenarbeit mit Kreditinstituten angewiesen. Aber auch dies hat dazu geführt, dass die Bargeldprozesse effizienter geworden sind und Bargeld nach wie vor das günstigste Zahlungsmittel in Deutschland ist.

Wie sind Kriminalitätsentwicklung und die Aufklärungsquote bei Überfällen auf Geldtransporte? Haben Innentäter eine Chance?

Michael Mewes: Unsere Statistik zeigt, dass die Zahl der Überfälle in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist. Aber im internationalen Vergleich sind wir - wie bereits ausgeführt - auf alle Fälle der sicherste Wertdienstleister in ganz Europa. Auch wenn uns keine konkreten Zahlen vorliegen, so müssen wir aber konstatieren, dass es trotz aller eingesetzten Technik auch in unserer Branche immer wieder mal Innentäter gibt. Die Zahl der Bargeldprozesse in den Unternehmen hat deutlich zugenommen. Auch wenn wir mit moderner Überwachungstechnik versuchen, die Innenschäden möglichst gering zu halten, so sind diese nicht auszuschließen. Wir müssen noch mehr als in der Vergangenheit unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber informieren und schulen, dass sich eine Unterschlagung eigentlich nicht rechnet. Mir sind Fälle bekannt, in denen Familienväter nach 20-jähriger Tätigkeit in der Branche wegen wenigen 1.000 Euro ihre ganze bürgerliche Existenz aufs Spiel gesetzt haben. Früher oder später wird jeder Täter in Deutschland gefasst, das gilt sowohl für die Überfälle als auch für den Innentäter.

Welche Einstellungsvoraussetzungen, Ausbildung und Schulungen sollte das Personal von Geld- und Werttransporten haben?

Michael Mewes:
Im Abschnitt 1 der Sicherheitsvorschriften der BDGW wird vor allem auf Grundsätze für die Beschäftigten und deren Ausbildung eingegangen. Hierzu gehören die körperliche Eignung und vor allem auch die Frage der Zuverlässigkeit. Natürlich ist der Geld- und Werttransport kein Ausbildungsberuf im klassischen Sinne. Wir benötigen lebenserfahrene und auch ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zuverlässig sind. Natürlich haben wir dazu auch eine Reihe von Unterlagen gefordert. Hierzu gehören die Zuverlässigkeitsüberprüfung genauso wie eine SCHUFA-Auskunft und polizeiliches Führungszeugnis. Wir haben auch Vorgaben für die Unternehmen, sich durch eine umfassende Umfeldermittlung einen Überblick über die persönliche Vergangenheit und die gegenwärtigen Verhältnisse zu machen. Damit wird das Risiko deutlich minimiert. Diejenigen Unternehmen, die parallel noch Sicherheitsdienstleistungen anbieten, greifen häufig auf diesen Personenkreis zurück. Dadurch bestehen die Kenntnis über viele Jahre. Wichtig sind aber auch vorgegebene Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, die ebenfalls zu erfüllen sind.

Ist die Bargeldlogistik noch zeitgemäß? Ist das Zahlen mit Bargeld immer noch zeitgemäß? Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Branche?

Michael Mewes:
Selbstverständlich ist Bargeld noch zeitgemäß. Auch wenn sich natürlich nicht verleugnen lässt, dass der Anteil des Bargelds am Zahlungsvolumen in Deutschland rückläufig ist, so werden auch noch heute 80 % aller Transaktionen mit einem Volumen von rund 53 % bar getätigt. Bargeld ist für den Verbraucher ein sicheres und anonymes Zahlungsmittel. Für den Handel ist er das mit Abstand kostengünstigste Zahlungsmittel. Selbstverständlich versuchen die Kreditinstitute, den Anteil des bargeldlosen Zahlungsverkehrs deutlich zu erhöhen. Hier gibt es aber neue Konkurrenten aus dem Bereich der mobilen Wirtschaftsbereiche wie Smartphones und anderes. Die jüngere Bevölkerung greift sicher verstärkt auf diese Zahlungsarten zurück. Darüber hinaus hat Bargeld natürlich auch eine Wertaufbewahrungsfunktion. Nur rund 15 % aller ausgegeben Euro-Noten und Münzen werden für sogenannte Transaktionszwecke genutzt. Auch ist der Euro im Ausland nach wie vor ein beliebtes Zweitzahlungsmittel. Solange dies bleibt, wird es für unsere Branche genügend zu tun geben.

Sie sind seit 2002 im Vorstand der BDGW, seit 2008 ihr Vorsitzender und wurden im Juni dieses Jahres mit 93 Prozent wiedergewählt. Welche vordringlichen Ziele verfolgen Sie für Ihren Verband?


Michael Mewes:
Die seit 25 Jahren bewährten Verbandsaktivitäten zur Sicherung im Geld- und Werttransport, zur Gewährleistung von marktgerechten Arbeitsbedingungen und der Vertretung der Interessen unserer Unternehmen in nationalen und internationalen Gremien werden auch in den nächsten Jahren vordringlichste Aufgabe des Verbandes und damit meiner Person sein. Die Bedeutung unserer Industrie ist in den letzten Jahren auch durch die zusätzlich übernommenen Aufgaben immer größer geworden, und wir werden richtigerweise immer mehr als Teil der kritischen Infrastruktur wahrgenommen. Aufgabe wird es also auch sein, dieser Verantwortung zu entsprechen, die Bedeutung der Branche angemessen zu vertreten und darzustellen und Vorhaben wie die Allgemeinverbindlichkeit unserer Tarife durchzusetzen. Natürlich will ich an dieser Stelle nicht verschweigen, dass wir im vergangenen Jahr Konkurrenz durch den Bundesverband mittelständiger Werte-Logistiker erhalten haben. Aber warum sollen sich nicht auch Verbände der Konkurrenz stellen. Durch die Fusionsprozesse der letzten Jahre ist der Marktanteil der drei größten Wertdienstleister auf ungefähr 70 % des Marktes angestiegen. Solange wir aber in Deutschland die gegenwärtige Struktur im Kreditgewerbe mit über 400 Sparkassen und über 900 Raiffeisenbanken haben, werden auch mittelständige Werte-Logistiker ihre Daseinsberechtigung haben. Marktveränderungen wird weder die BDGW noch ein anderer Verband grundsätzlich beeinflussen können. Es wird weiter Konzentrationsprozesse geben, und es wird auch eine weitere Regulierung stattfinden. Die Anforderungen, die heute an den Bereich gestellt werden, sind schon extrem hoch. Der ein oder andere mittelständige Wertdienstleister wird sich vor diesem Hintergrund überlegen, ob er sein Geschäft weiter verfolgt. Dies hat aber nichts mit der Marktsituation unserer Branche, sondern mit den Rahmenbedingungen zu tun. Dieser Interessenausgleich zwischen den großen, mittleren und kleineren Unternehmen gehört sicher zu den wichtigsten verbandsinternen Arbeiten. Dass wir diese Arbeit gemeinsam mit unserer Geschäftsführung so schlecht nicht machen, zeigt wohl auch die Tatsache, dass alle Mitglieder des bereits genannten mittelständigen Verbandes Mitglied in der BDGW geblieben sind.

Wie erholt sich ein erfolgreicher Geschäftsmann und Vorstandsvorsitzender?

Michael Mewes:
Für mich ist vor allem eine Familie ein wichtiger Faktor, von dem nicht immer ganz einfachen Berufsleben abzuschalten. Gemeinsam mit meiner Frau reise ich sehr gerne. Außerdem sind wir in den Sommermonaten sehr häufig mit dem Fahrrad unterwegs. Gemeinsam mit Freunden haben wir schon zahlreiche größere Fahrradtouren in Deutschland und dem benachbarten Ausland durchgeführt. Meine Frau und meine drei Kinder sorgen dafür, dass ich nicht die Bodenhaftung verliere. Natürlich ist es jetzt eine besonderer Freunde, als mittlerweile Großvater, bereits mit der nächsten Generation den Abstand zum Berufsleben zu finden.

Vielen Dank für das Interview und die Einblicke in die Welt der Geld- und Wertlogistik.

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