Revolution an der Haustür
Das Bessere ist der Feind des Guten – das gilt auch für unseren Hausschlüssel. Seine Jahrhunderte währende stolze Alleinstellung ist schon seit längerem unter Beschuss. Transponder, Karten und Wandleser – so heißt die aufmüpfige Erbengeneration von Schlüssel und Schloss. Herausgekommen sind elektronische Schließsysteme, Türbeschläge und selbst Möbelschlösser. Dank NFC und Bluetooth geht inzwischen das Meiste auch per Mobiltelefon. Aus Schlüsselkindern werden Handykinder.
Dieser heftige Gegenwind, der unseren metallenen Zackenbärten entgegenschlägt, hat sich in Büroumgebungen schon längst aufgebaut. Und seine Puste hat die private Welt des smarten Heims inzwischen erfasst.
Mechanik, Mechatronik, Funk
Das Grundprinzip für die neue smarte Schließtechnik ist die Loslösung von der bloßen Mechanik – hin zur Elektronik, Mechatronik und Funktechnologie. Dank letzterer können die Schlösser mit einer Zugangs-Software Daten austauschen – mit vielen Vorteilen, die ein mechanisches Schloss einfach nicht bieten kann. Sie können Systeme beispielsweise so einrichten, dass die Haustür sich automatisch öffnet, wenn Sie mit Ihrem Smartphone in der Tasche ankommen. Und wenn Sie einen Transponder benutzen: Bei Dom Sicherheitstechnik gibt es inzwischen die Möglichkeit, ihn mit dem Handy zu programmieren.
Gerade da, wo die private Wohnung mit Büro-, Kanzlei- oder Praxisräumen verbunden ist, eröffnen elektronische Schließsysteme einige smarte Features. Insbesondere wenn Türbewegungen protokolliert werden sollen, bieten sie eine bequeme Möglichkeit, nachzuvollziehen, wer zu welchem Zeitpunkt eine Tür benutzt hat – oder zumindest benutzen wollte.
Wer darf wann rein und raus?
Smarte Schließtechnik macht den Hausherren wirklich zum Herrn des Hauses. Er oder sie kann solche Systeme nämlich passgenau auf die eigenen Bedürfnisse hin programmieren und kurzfristig auch jederzeit ändern: Nicht nur die einzelnen berechtigten Personen lassen sich festlegen – man kann auch feste Uhrzeiten bestimmen, zu denen diese berechtigt sind: Die Familie kann natürlich immer rein und raus – aber die Putzfrau vielleicht immer nur dienstags und freitags – und vielleicht auch beschränkt auf bestimmte Zimmer. Wer Handwerker oder Pflegekräfte zu bestimmten Zeiten ins Haus lassen will, oder wer Feriengäste über Online-Plattformen aufnimmt, kann den Zugang per App managen – gerade hier ist es schön, dass man den Transponder einfach austragen kann, auch wenn er nicht zurückgegeben wird. Per Push-Nachricht aufs Handy erfährt man es, wenn die Tochter pünktlich zuhause angekommen ist.
Ein anderes Beispiel: Sie vermitteln dem Paketboten einen Kurzzeit-Zutritt, damit er das Paket in Ihren Flur stellen kann – von Ihrer Arbeitsstelle und vom Urlaub aus. Auch nachbarschaftliche Blumengieß-Dienste lassen sich auf diese Weise blendend organisieren, ohne dass Sie erst Ihren Ersatzschlüssel verleihen (und wiederkriegen) müssen.
Auch die Situation bei Verlust stellt sich bei Transponder und Karte völlig anders dar, als beim mechanischen Schlüssel: Der Ersatz ist unproblematisch – und der alte wird einfach in der App oder am Rechner ausgetragen und dadurch ungültig und unbenutzbar.
Elektronische Schließzylinder
Wer auf ein elektronisches System umsteigen will, muss zunächst seine mechanischen Schließzylinder gegen elektronische austauschen. Diese sind in der Regel batteriebetrieben – und es braucht schon ein paar zigtausend Mal Auf- und Zumachen, bevor die Batterie schlapp macht. Ein Schlüsseldienst oder ähnliches ist für diesen Austausch übrigens unnötig – zwei linke Hände reichen vollkommen aus.
Dazu kommt eine irgendwie geartete Form von Schlüssel: Das ist, je nach System, ein handlicher Transponder, eine Karte oder ein Handy, das mit NFC oder Bluetooth arbeitet. Hält jemand diesen Schlüssel ans Schloss, wird die Berechtigung gecheckt – und zwar entweder lokal durch das Schloss selbst oder über ein zentrales Verwaltungssystem, mit dem es verbunden ist.
Programmiert wird per Funk – so spielt das Ganze mit dem gesamten Smart-Home-System zusammen. Die Zahl der Angebote auf dem Markt ist inzwischen ziemlich groß. Systeme gibt es für jedes Budget – etwa von Herstellern wie Assa Abloy, Salto Systems, Primion, SimonsVoss, Lupus und Dom Sicherheitstechnik, um nur einige zu nennen. Es gibt übrigens auch Systeme (z. B. von Iloq), bei denen allein schon das Einschieben des Schlüssels ins Schloss den nötigen Strom erzeugt.
Geht’s auch ’ne Nummer kleiner?
Abgesehen von Smart-Türschlössern, für die der Zylinder vollständig ausgetauscht wird, gibt es auch die Möglichkeit, das ganze eine Nummer kleiner zu lösen – mit einer einfachen Nachrüsteinheit: Sie wird an der Innenseite der Tür einfach auf den Beschlag aufmontiert und dreht mittels eines kleinen Motors den Schlüssel im Schloss. Das funktioniert und ist steuerbar wie die große Lösung – per Bluetooth, RFID/NFC, per App, etc. Aber Vorsicht beim Selbereinbauen: Nicht jedes Schloss funktioniert mit zwei Schlüsseln von beiden Seiten. Achten Sie also darauf, ob Sie ein Schloss haben, das auch dann von außen per Schlüssel schließbar ist, wenn innen abgeschlossen ist.
Fingerabdruck und Gesichtserkennung
Auch biometrische Verfahren sind im Smart Home angekommen. In der Praxis spielt im Smart-Home- und SOHO-Bereich (letzteres steht für Small Offices und Home Offices) vor allem der Fingerabdruck die wichtigste Rolle. Für diesen Sektor haben unsere talentreichen Smart-Phones ja Pionierarbeit geleistet – und es das Rad hat sich weitergedreht: Die Gesichtserkennung ist auf dem Handy angekommen. Das hat zwangsläufig Einfluss auf die Smart-Home-Praxis: Wer sein Mobiltelefon als Türöffner gebraucht, identifiziert sich ja mit seinem Gesicht, um das Smartphone zu aktivieren.
Funker an der Haustür
Smarte Schließsysteme bedienen sich Funkstandards wie NFC, RFID oder Bluetooth bzw. Bluetooth Low Energy. NFC steht für Near Field Communication, was besagt, dass die Geräte die hier mit einander kommunizieren, sehr eng nebeneinander gehalten werden müssen – das macht das Abhören unbefugter Dritter besonders schwierig.
Bluetooth Low Energy (BLE oder auch Bluetooth Smart) ist Nachfolger der bekannten Bluetooth-Funktechnik. Der Unterschied liegt, wie es der Name schon ausspricht, vor allem im geringeren Stromverbrauch. Wer hier verschiedene Geräte benutzt, bzw. sein Netzwerk erweitert, muss ein bisschen aufpassen: Denn es fehlt an der „Rückwärtskompatibilität“ – sprich, sie arbeiten nicht notwendigerweise zusammen.
Was alle diese Techniken letztlich mit den guten alten Schlüssel-Zacken verbindet, ist eine Art von Programmierung, die sicherstellt, dass ausschließlich berechtigte Leute durch die Tür kommen. Der Clou dabei ist jeweils, dass der Zutrittswillige etwas Einzigartiges, Unverwechselbares vorzeigen kann, das ihm Zugang gewährt – zum Beispiel eben der Fingerabdruck oder das eigene Gesicht.
Dass die Biometrie sich so verbreiten konnte, liegt an immer schnelleren Prozessoren und immer raffinierteren Algorithmen. Es dauert heutzutage kaum eine Sekunde – und das komplexe Muster auf dem Zeigefinger ist mit einem vorher gespeicherten Bild abgeglichen. Das führt zu einer eindeutigen Identifikation. Übrigens arbeiten die neusten Leser berührungslos, das ist in Zeiten viraler Epi- oder gar Pandemien hygienischer – aber die klassische PIN-Code-Tastatur an der Tür gibt’s natürlich auch.
PIN-Code und Tastatur
Absolut sicher sind nach wie vor nur der Tod und die Steuer – und fast jedes System lässt sich knacken. Hier kommt es darauf an, wie gefährdet Sie sich und Ihre Wohnung einschätzen. Wer ein doppeltes Sicherheitsnetz einziehen will, kann den Fingerabdruckleser zum Beispiel mit einer klassischen Tastatur ergänzen. Ihre EC-Karten-PIN können Sie sich gut behalten? Dann ist das Eintippen einer Geheimzahl wohl eine gute Idee. Zugang verschafft Ihnen etwas, was nur Sie wissen – Vorsicht vor neugierigen Blicken ist natürlich geboten, wenn die Tastatur offen einsehbar ist. Der Markt hält einfach zu installierende Komplettpakete bereit, die aus Tastatur, elektronischem Schloss und Stromversorgung bestehen.
Smarter als ein Türspion
So smart sind wir ja schon lange: Einfache und zuverlässige Gegensprechanlagen für Mehrfamilien- und andere Privathäuser gibt es seit eh und je – modulare Systeme gibt es etwa von Siedle, aber auch z. B. von Mobotix, um nur zwei Hersteller von vielen zu nennen. Wer so eine Anlage selbst installieren will, muss meist seine Werkzeugkiste aus dem Keller holen und Kabel verlegen. Zunehmend gibt es drahtlose Systeme – und die Möglichkeit, Bild und Ton per App zu übertragen. Die Systeme lassen sich dank entsprechender Schnittstellen mit dem (Mobil-)Telefon, Tablet oder Rechner verbinden und vernetzen: IP-basierte Gegensprechanlagen sind – wie in der neuen smarten Welt üblich, auf diese Weise steuerbar. So können Sie zum Beispiel auch im Urlaub schauen, wer vor der Tür steht.
Schnittstellen gibt es zu manchen Büro-Telefonsystemen. Wer klingelt, kann per Nebenstelle direkt an den Schreibtisch gestellt werden – und der Besucher kann von dort aus eingelassen werden. Übrigens macht es die fortschreitende Digitalisierung der Telefonie teils schwieriger, Telefonanlage und Türsprechanlage miteinander zu verbinden. Diese Digitalisierung hat nämlich zur Folge, dass dank IP-Telefonie über Ethernet und Router die zentrale Anlage entfällt – so fehlt der Anschluss für die analoge Technik.
Wenn der Einbrecher bei Ihnen klingelt, um zu prüfen, ob Sie zuhause sind, bekommen Sie das auch bei Abwesenheit mit. Sie können auch von Ferne mit dem klingelnden Besucher sprechen oder dem Briefträger öffnen, etc. Sie können sogar in Weitwinkel und HD dokumentieren lassen, wer alles bei Ihnen vorgesprochen hat.
Achten Sie ggf. darauf, dass die Batterien im Mobilteil immer aufgeladen sind. Außerdem braucht man auch für die draußen angebrachte Einheit eine Stromversorgung, damit die Tür auf gemacht und das Licht angeschaltet werden können.
Wenn Sie einzelne Komponenten kaufen, achten Sie darauf, dass der Türöffner mit der selben Spannung arbeitet wie die Steuereinheit – manche brauchen Gleichstrom (DC), andere Wechselstrom (AC). Sprechen Sie im Zweifel auch mit Ihrem Vermieter, bevor Sie Meißel und Bohrer ansetzen!
Smarte Kombinationen
Neben dem Türöffner bietet es sich zum Beispiel an, auch Schiebetore, versenkbare Poller oder Schranken anzuschließen. Ein Klassiker in diesem Zusammenhang ist natürlich die integrierte Videokamera – Komplettanlagen gibt es etwa von Abus, Siedle und vielen andere Herstellern. Sie bedürfen einer Zusatzinvestition, stellen aber heute keinen Luxus mehr dar.
Sofort sehen zu können, wer an der Tür steht, ist eine deutliche Verbesserung der Sicherheit. Dazu kommt, dass viele Systeme auch an mehrere Außeneingänge wie z. B. Gartentür oder Garagentor angeschlossen werden können, die dann im Haus von einem Punkt aus bedient werden können. Das ist besonders praktisch für weiter entfernte oder schlecht einsehbare Zugänge.
Geht’s noch smarter? Aber ja. IP-Systeme bieten im Videobereich teils bequeme Zusatzfunktionen. So gibt es die Möglichkeit, das Videosignal von der Sprechanlage automatisch auf einen PC aufzunehmen – oder automatisch das Licht einzuschalten, wenn jemand an der Tür klingelt. Ähnliches gilt generell für Smart-Home-Komponenten: Intelligente Systeme im Haus lassen sich nach Bedarf bequem verknüpfen. Viele System lassen sich so einrichten, dass zum Beispiel die Alarmanlage, die Heizung und das Licht ausgehen, wenn Sie gehen – bzw. sich einschalten, wenn Sie kommen. Solche automatisierten Verknüpfungen machen das System erst richtig smart: Es verhält sich, wie ein mitdenkender Butler.
Mechanik bleibt
Wie viel oder wenig smarte Technik Sie zur Sicherung Ihrer vier Wände und von Tür und Tor auch einsetzen – die durchdachte Mischung macht’s. Und: Am Anfang steht auch heute noch die mechanische Sicherung. Sie ist sozusagen die erste Verteidigungslinie im Gesamtkonzept und sie tut ihren Dienst auch ohne Strom. Deshalb bleiben Schloss und Schlüssel in aller Regel bestehen. Viele Anbieter wie Abus oder Dom Sicherheitstechnik bieten beides und kombiniert an.
Ausschließlich das Handy zum Türaufschließen zu verwenden, ist nach wie vor als unpraktikabel anzusehen: Der Akku kann leer sein, Bluetooth muss eventuell erst (re-)aktiviert werden – und das Hervorkramen und Anschalten des Handys kann letztlich umständlicher sein, als Transponder oder Karte. Deshalb können die in Frage kommenden Schlösser eben immer auch mit dem normalen Schlüssel geöffnet werden.
Vorsicht Passwort
Noch ein wichtiger Tipp für alle Selbsteinbauer: Ändern Sie im Zweifel gleich die voreingestellten Standard- oder Default-Passwörter der Schlösser – so schützen Sie sich vor übelmeinenden Hackern. Außerdem verhindern Sie, dass das Schloss als Teil eines Botnets missbraucht wird. Allzu große Aufregung ist an dieser Stelle aber überflüssig. Einbrecher sind nicht so smart, vernetzte elektronische Schlösser zu entschlüsseln – Sie neigen nicht dazu, aufwendig ein Smart-Home-System zu hacken.
Immerhin hat sich in jüngster Zeit etwas getan, das an dieser Front für Entspannung sorgt: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat nämlich eine Richtlinie vorgestellt, die sich mit der Router-Einrichtung befasst: Hersteller die dem folgen, müssen die Geräte ab Werk mit individuellem Username und Passwort ausgestattet sein (anstatt jeweils nur mit „admin“).
Smart-Effekt
Auch für die Haustür gibt’s eine App.
Video-Sprechanlage, Tastatur, elektronische Schlösser mit Tags, Schlüsseln oder Karten und Fingerprint-Leser lassen sich bequem über Apps und somit über das gesamte Smart-Home-System einstellen und steuern.
Wissen wer wann unterwegs war.
In Kleinbüros, Praxen oder weitläufigen Privathäusern protokollieren elektronische Schließanlagen alle Türbewegungen. Das kann z. B. Diebstähle ans Licht bringen oder verhindern. Zugangsberechtigungen lassen sich auch auf bestimmte Räume beschränken.
Das Ganze ist smarter als die Summe der Teile.
Mit Hilfe von IP-Technik können mehrere Systeme miteinander kommunizieren und interagieren. Dadurch wird die Anwendung bequemer – und aus dem Zusammenspiel ergeben sich ganze neue Funktionen und Optionen.
Kein Sprint durchs Haus mehr.
Wenn Sie Ihre neue Türsprechanlage mit dem hauseigenen WLAN oder Ethernet-Netzwerk verbinden, können Sie Besucher von überall im Haus begrüßen – bequem vom Handy oder Tablet aus.
Smart-Hausaufgaben
Checken Sie Ihren Bedarf
- Fenster und Türen ohne einbruchshemmende Hardware sollten Sie zuerst nachrüsten.
- Überlegen Sie, welche Funktionen Ihnen wirklich wichtig sind.
- Suchen Sie geeignete Systeme aus und kontrollieren ggf., ob sie mit den anderen Smart-Home-Komponenten kompatibel sind.