12.05.2022 • TopstoryNachhaltigkeitVerpackung

Rikard Froberg mit Forderungen für die PSA-Industrie an die Regulierungsbehörden der EU

Ansell fordert bei EU-Regulierungsbehörden weniger Müll und verlässliche Kontrollen für nachhaltigere Schutzkleidung

Rikard Froberg, President der Industrial Global Business Unit bei Ansell. Foto:...
Rikard Froberg, President der Industrial Global Business Unit bei Ansell. Foto: Ansell

Mit einem „offenen Brief“ wandte sich das Unternehmen Ansell vor Kurzem an die Regulierungsbehörden der Europäischen Union für die PSA-Industrie. Als führendes Unternehmen in der Wertschöpfungskette der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) ist Ansell ein zuverlässiger globaler Hersteller mit einer 125-jährigen ­Geschichte. GIT SICHERHEIT interessiert sich für das Wie und Warum der Initiative und befragte Rikard Froberg im Interview der „Grüne Seiten“-Rubrik zu den Forderungen. Rikard Froberg ist President der Industrial Global Business Unit bei Ansell und ihm ist es ein Anliegen, nachhaltige PSA herzustellen.

GIT SICHERHEIT: Warum hat Ansell beschlossen, einen „offenen Brief“ an die Regulierungsbehörden der Europäischen Union für PSA zu schreiben?
Rikard Froberg: Nachhaltigkeit wird immer wichtiger, da Ressourcenknappheit und die sich anbahnende globale Klimakatastrophe dieses Thema ganz oben auf die Tagesordnung der Industrie gesetzt haben. Unsere Kunden vertrauen auf unsere persönlichen Schutzlösungen und betrachten uns als Vorbild und Vorreiter. Ansell sieht die eigene Geschäftsstrategie zugleich auch als Teil der eigenen Werte und Ambitionen. Nachhaltigkeit ist ebenso wie Sicherheit und Schutz ein Teil dieser Werte und Ambitionen, um eine bessere Gesellschaft, eine bessere Umwelt und ein besseres Unternehmen aufzubauen.

Warum setzt sich Ansell dafür ein, eine Änderung der Vorschriften zu erreichen?
Rikard Froberg:
Die jüngste europäische PSA-Verordnung (EU PSA-Verordnung 2016/425*) bietet einen wichtigen Rahmen, um sicherzustellen, dass PSA in der Europäischen Union (EU) bestimmte Gesundheits- und Sicherheitsstandards einhält.

Der „offene Brief“, den wir an die EU-Kommission und die Regulierungsbehörden der Industrie geschickt haben, enthielt die Bitte, Möglichkeiten aufzuzeigen, die zu unseren Forderungen beitragen und der gesamten Branche zugute kommen. Darüber hinaus baten wir um Unterstützung bei der entsprechenden Umsetzung. In Anbetracht unseres anerkannten globalen Rufs in der Industrie drängten wir auf eine Änderung der Richtlinienanforderungen und baten gleichzeitig darum, die EU-Mitgliedstaaten aktiv zu ermutigen, diese einzuhalten.

Was hofft Ansell mit dieser Aktion zu erreichen?
Rikard Froberg: Wir haben zwei Beweggründe. Sie stehen im Einklang mit unserem Einsatz, eine bessere Gesellschaft, eine bessere Umwelt und ein besseres Unternehmen aufzubauen. Unser Ziel ist es, ein einheitliches und harmonisiertes Recycling-Label für Verpackungsmaterialien und Verpackungsabfälle zu schaffen. Ansell ist der Ansicht, dass die jüngsten Initiativen mehrerer Mitgliedstaaten im Anschluss an die Entscheidung der Kommission vom 28. Januar 1997 – im Zusammenhang mit der Richtlinie 94/62/EG – zur Einrichtung eines Kennzeichnungssystems für Verpackungsmaterialien und Verpackungsabfälle lobenswert sind. Wir stimmen der dringenden Notwendigkeit zu, ein solches System zu entwickeln, da es dazu beitragen wird, das Bewusstsein der Endverbraucher für Verpackungen und das Recycling von Verpackungsabfällen zu schärfen. Wir haben jedoch einen Punkt ausgemacht, der aufgrund der einseitigen Maßnahmen einiger Mitgliedstaaten Anlass zur Sorge gibt.

Können Sie erläutern, worum es sich dabei handelt?
Rikard Froberg:
Ansell hat das Aufkommen neuer Vorschriften und Regelungen in verschiedenen Ländern beobachtet, insbesondere in Bezug auf die Anforderungen im Zusammenhang mit der Wiederverwertung von PSA, Textilien usw. sowie der Kennzeichnung von Verpackungen und Verpackungsabfällen. Die italienischen Behörden verlangen nun von den Herstellern, dass sie die PSA-Verpackungen mit speziellen Etiketten für das Recycling oder den Verpackungsabfall versehen. Gleichzeitig arbeiten Frankreich, Portugal und Slowenien an ähnlichen Vorschriften, wobei Frankreich jedoch ein anderes Logo auf der Verpackung verlangt.

Wir halten es für an der Zeit, vor der zusätzlichen Komplexität zu warnen, die sich aus der Entstehung dieser neuen Vorschriften und Regelungen ergeben könnte, und vor ihrem Potenzial, den freien Verkehr von Schutzprodukten innerhalb der EU zu behindern. Eine solche stückweise individuelle lokale Kennzeichnung könnte verwirrend sein und sich negativ auf das EU-weite Bewusstsein und das Handeln der Endverbraucher auswirken.

Welche Chancen und Herausforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit haben Sie erkannt, um eine bessere Umwelt zu schaffen?
Rikard Froberg:
Ein beträchtlicher Teil der PSA wird im industriellen Bereich verkauft. Dabei muss der Arbeitgeber die richtige Ausrüstung für die Mitarbeiter auswählen und sie in der sicheren Verwendung schulen. Folglich werden Gebrauchsanweisungen bei der Auswahl der Ausrüstung und zu Schulungszwecken benötigt; während der Nutzung sind sie jedoch nicht mehr relevant.

Die EU-PSA-Verordnung 2016/425 schreibt zwar nicht ausdrücklich die Bereitstellung von Gebrauchsanweisungen in Papierform vor, aber die Leitlinien der PSA-Verordnung verlangen, dass PSA-Produkten eine Gebrauchsanweisung in Papierform beiliegt, die in jeder EU-Sprache verfügbar ist, in der diese PSA verkauft wird.

Ansell hat eine echte Chance erkannt, die weitere Verschwendung natürlicher Ressourcen zu vermeiden, indem es den Herstellern ermöglicht, zu einer nachhaltigen Lösung unter Verwendung digitaler Gebrauchsanweisungen im Business-to-Business-Bereich überzugehen. Diese sind für Medizinprodukte bereits zulässig, weshalb wir die EU-Kommission und die Regulierungsbehörden aufgefordert haben, die geltenden PSA-Richtlinien zu ändern und die Mitgliedstaaten in dieser Richtung zu unterstützen.

Was ist der zweite Schwerpunkt der Ziele von Ansell in dem Schreiben?
Rikard Froberg:
Der zweite klare Schwerpunkt des Schreibens ist die Eindämmung des Zustroms gefälschter und gefährlicher PSA und der Beitrag zum Aufbau einer besseren Gesellschaft. Aufgrund der beispiellosen Nachfrage nach PSA im Zuge der Pandemie haben wir einen besorgniserregenden Zustrom neuer – und sogar bestehender – PSA-Marken erlebt, die in der EU Produkte verkaufen, die nicht den geltenden Vorschriften entsprechen. Diese Produkte erfüllen oft nicht die Mindestschutzniveaus oder sie behaupten höhere Schutzeigenschaften zu haben als sie tatsächlich bieten. Trotzdem sind sie durch ihre Preise für die Käufer attraktiv.

Solche Praktiken nehmen exponentiell zu, da der Markt nur unzureichend überwacht wird und es keine strengen Strafen zur Bekämpfung von Betrug gibt. Diese zunehmende Zahl nicht konformer PSA schafft auch ein unfaires Wettbewerbsumfeld und könnte die Kunden in die Irre führen, was zu unsicheren Arbeitsumgebungen und imschlimmsten Fall zu Unfällen führt.

Die Branche braucht eine verstärkte Marktüberwachung. Wir bei Ansell ergreifen mehrere Initiativen, um sicherzustellen, dass wir Produkte auf den Markt bringen, die die gesetzlichen Normen erfüllen und übertreffen, und um den Markt über die Vorschriften aufzuklären. Dazu gehören die Einführung strenger Kontrollstandards und die kontinuierliche Bewertung unserer Prozesse und Produkte anhand der von uns gemachten Angaben, damit unsere Kunden und Endverbraucher den Produkten, die sie kaufen, vertrauen können. Außerdem schulen wir unsere Vertriebshändler darin, worauf sie achten sollten, und verpflichten uns, dem Europäischen Sicherheitsverband Fälle zu melden, die nicht mit der Verordnung übereinstimmen.

Warum heißt es in dem Schreiben von Ansell, dass keine Zeit zu verlieren ist?
Rikard Froberg:
Wir betrachten dies als eine einmalige Gelegenheit für die EU-Regulierungsbehörden, die Führung zu übernehmen und einen harmonisierten Ansatz zu fördern, der den Benutzern von PSA mehr Klarheit in Bezug auf die Verpackung, die nachhaltige Entsorgung und das Recycling der Verpackung in der EU bringt. Wir sind davon überzeugt, dass dies letztendlich zu einer deutlichen und positiven Auswirkung auf die Umwelt führen wird. Ansell sieht dies als Chance, die Branche zu Maßnahmen zu bewegen, die letztlich zu einem Umdenken führen und einen bedeutenden Wandel in Gang setzen, der die Dinge für die Menschen sicherer macht, die PSA benutzen und auf sie angewiesen sind.

Wie würden Sie Ihre Maßnahmen und Erwartungen unterstreichen?
Rikard Froberg:
Wir sind uns bewusst, dass unsere Ziele ehrgeizig sind, aber mit dem Willen und der Unterstützung der wichtigsten Regulierungsbehörden bei der Angleichung ihrer Maßnahmen und Rechtsvorschriften – zusammen mit dem Engagement von Ansell für die Verbesserung der Umwelt, der Gesellschaft und unserer Branche – können wir gemeinsam ein positives Ergebnis erzielen.

Wir fordern die EU-Regulierungsbehörden auf, den Markt stärker zu kontrollieren und strenge Strafen zu verhängen, wenn betrügerische Schutzausrüstung auf den europäischen Markt gebracht wird, um die Produktintegrität und die Sicherheit aller zu gewährleisten. Deshalb sind wir der Meinung, dass es wirklich keine Zeit zu verlieren gibt.

Weitere Informationen zum Thema Nachhaltigkeit:
https://www.ansell.com/de/de/about-us/sustainability

Quelle
* https://eur-lex.europa.eu/legal-content/

Business Partner

Ansell Healthcare Europe N.V.

Boulevard Internationalelaan 55
1070 Brussels
Belgien

Kontakt zum Business Partner







Corporate Security

Globale Konzernsicherheit bei der BMW Group

Globale Konzernsicherheit bei der BMW Group

CSO ­Alexander Klotz ist für die globale Konzernsicherheit bei BMW Group zuständig. GIT SICHERHEIT hat sich mit ihm über Aufgaben und potentielle Bedrohungen unterhalten.

Corporate Security

Konzernsicherheit bei Borussia Dortmund

Konzernsicherheit bei Borussia Dortmund

Zur Konzernsicherheit bei Borussia Dortmund gehören Vorstands- und Mannschaftschutz, Schutz der BVB-Objekte, Veranstaltungs- und Reisesicherheit.

Meist gelesen

Photo
22.04.2024 • TopstorySafety

Was ändert sich durch die neue EU-Maschinenverordnung?

Am 19. Juni 2023 ist die neue Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 in Kraft getreten. In der nun folgenden Zeit müssen sich Hersteller von Maschinen und Anlagen auf wichtige Änderungen vorbereiten, die ab dem 20. Januar 2027 zwingend anzuwenden sind, um diese auch künftig im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr bringen zu dürfen. Welche Änderungen es gibt, welche dabei besonders ins Gewicht fallen und was die wichtigsten To-Dos sind, verrät Marcus Scholle, Safety Application Consultant bei Wieland Electric, im Interview mit GIT SICHERHEIT.