07.05.2019 • TopstorySabotageSicherheitsmanager

Risikomanagement: Hochschule für Öffentliche Verwaltung Bremen verbindet Lehre und Praxis

Sicherheitsmanager stehen häufig vor komplexen Problemlagen, die sich nicht nach Schema F lösen lassen darauf müssen Ausbildung und Studium vorbereiten. Eben dies tut der interdis...

Studiengang Risiko- und Sicherheitsmanagement der HfÖV Bremen (v.r. Sebastian...
Studiengang Risiko- und Sicherheitsmanagement der HfÖV Bremen (v.r. Sebastian Kleemann, Christian Kluge, Sebastian Glas, Francesca Leonardi, Thiemo Meggers, Charline Schüler, David Rus; mit Verbandspräsident Dr. Martin Wesenberg, Lohnuntrnehmer Dirk Gies)

Sicherheitsmanager stehen häufig vor komplexen Problemlagen, die sich nicht nach Schema F lösen lassen – darauf müssen Ausbildung und Studium vorbereiten. Eben dies tut der interdisziplinäre Bachelor-Studiengang „Risiko- und Sicherheitsmanagement“ (RSM) der Hochschule für Öffentliche Verwaltung Bremen. Damit die Bewältigung solcher Aufgaben nicht allein theoretisch durchdacht, sondern auch praktisch erprobt werden kann, gibt es freiwillige Studierendeprojekte. Über ein aktuelles Beispiel dafür berichtet der Praxiskoordinator des Studiengangs RSM, Bent Freese.

Im gesamten Bundesgebiet häuften sich in den letzten Jahren Vorfälle von Sabotage bei der Ernte von Mais – einer zentralen Säule der Tierhaltung und alternativen Energieerzeugung. Gezielt werden einzelne Pflanzen mit Fremdkörpern bestückt, die dann im Erntevorgang die empfindlichen Häcksler beschädigen, unter Umständen auch komplett zerstören. Das Gefahrenpotenzial ist groß und geht weit über einfache Sachbeschädigung hinaus. Die Täter nehmen offenbar in Kauf, dass durch umherfliegende Splitterteile auch Menschen verletzt werden und Nutztiere am Verschlucken der Fremdkörper verenden.

Lagebild und Leitfaden
Durch einen Zeitungsartikel aufmerksam geworden, nahmen sich Studierende des Bachelor-Studienganges Risiko- und Sicherheitsmanagement (RSM) der Hochschule für Öffentliche Verwaltung Bremen des Themas an. In Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Lohnunternehmen (BLU) erstellten sie ein bundesweites Lagebild, analysierten die Thematik und entwickelten einen Leitfaden, der heute für alle Betriebe des BLU frei verfügbar ist.

Studierende haben so die Möglichkeit, von Beginn an praktisch an Themen zu arbeiten und Lehrinhalte umzusetzen. Geld oder eine Anrechnung auf Studienleistungen gibt es dafür nicht – es geht darum Kontakte zu knüpfen, sich Spezialwissen anzueignen und Softskills zu entwickeln, die den Berufseinstieg erleichtern.

In einem solchen Projekt können Studierende beispielsweise die kreative Verbindung von wissenschaftlichen Herangehensweisen und praktischen Tätigkeiten trainieren – eine Fähigkeit, die immer mehr an Bedeutung gewinnt, da Sicherheitsmanager zunehmend vor neuen und komplexen Problemlagen stehen, die sich nicht nach Schema F lösen lassen. Die interdisziplinäre Ausrichtung des Studienganges soll genau hierauf vorbereiten – Dies in die Praxis zu transferieren, ist dann Aufgabe der Studierenden.

Einstieg ins Risikomanagement
Vor allem jungen Studierenden ohne Vorerfahrung soll dieser Ansatz den Einstieg in das Themenfeld Risikomanagement erleichtern. Gerade die Auseinandersetzung mit einer konkreten Problemsituation ist für Studierende eine Möglichkeit, die Komplexität der Lehre auf praktische Lösungen zu verdichten und so erste Erfolgserlebnisse zu sammeln.

Die Arbeit mit und in den realen Betrieben soll zudem das Prozessdenken fördern, das für die Tätigkeit des Risiko- und Sicherheitsmanagers von zentraler Bedeutung ist. Die späteren Absolventen sollen schließlich schnell in der Lage sein, die Geschäftsprozesse unterschiedlichster Branchen zu verstehen, um die darin liegenden Risiken identifizieren zu können.

Nicht zuletzt dient die Arbeit in kleinen und mittelständischen Unternehmen auch dazu, Erfahrungen zum zukünftigen Bedarf in diesen Institutionen zu sammeln – sowohl von Seiten der Studierenden als auch aus der Perspektive der Weiterentwicklung von Lehrinhalten.

Unbekanntes Terrain
Bei der Sabotageproblematik bei den Maisfeldern konzentrierten sich die Studierenden „besonders auf kriminologische, kriminalistische und rechtliche Aspekte“. Dabei haben sie sich „aber auch detailliert mit den technischen und operativen Fragen der Agrarindustrie beschäftigt – die für uns völlig unbekanntes Terrain waren“ berichtet der studentische Teamleiter, Christian Kluge.

Insgesamt konnten annähernd 300 Betriebe zur Teilnahme an der Befragung gewonnen werden – sie lieferten eine beachtliche Datenbasis zur Art der Vorkommnisse, Schadensummen und Rahmenbedingungen. Grundsätzlich zeigte sich ein stetiger Zuwachs, in den Jahren 2011 bis 2016 über das achtfache, wobei zu konstatieren ist, dass weniger als 10 Prozent der durch die anonyme Befragung bekannt gewordenen Fälle auch polizeilich registriert war.

Unbekannte Täter
Wie die Studierenden erklären, kann über die Hintergründe auf Basis der vorliegenden Daten daher nur spekuliert werden – auch da keiner der erfassten Fälle bisher aufgeklärt werden konnte. So ist es beispielsweise möglich, dass Gegner von Bio-Gas-Anlagen die Taten begehen, dass es sich um konkurrenzmotivierte Taten innerhalb der Agrarindustrie handelt, oder, dass es Trittbrettfahrer in Folge vermehrter medialer Aufmerksamkeit sind.

Wie Medien tatsächlich zur Verbreitung solcher Phänomene beitragen können, zeigte sich beispielsweise auf eindrückliche Weise, als während der Recherchen Szenen aus einer modifizierten Version des PC-Spiels „Agrarsimulator“ auftauchten, die exakt das Tatmittel aus einem realen Fall zeigen. Kriminalistisch kann aus diesem Fall unter anderem abgeleitet werden, dass die Täter über Spezialwissen verfügen müssen. Bei den verwendeten Materialien handelt es sich nämlich oft um schwere Edelstahlteile, die deshalb Verwendung finden, weil sie nicht von den Metalldetektoren im Feldhäcksler erkannt werden können.

Handlungsempfehlung und einheit­liches Meldesystem
Aus der Studie entwickelten die Studierenden eine Handlungsempfehlung und ein einheitliches Meldesystem, mit dem Ziel zukünftig Lösungen aus einer genaueren Datenbasis entwickeln zu können – beispielsweise technische Lösungen, die Erkennung von Risikofaktoren oder Ansätze zum Umgang mit der Presse.

Ob und wie das studentische Team die Thematik weiterverfolgt steht noch aus – denkbar sind jedoch verschiedene Szenarien von einer Bachelorarbeit zur Thematik bis zur Gründung eines Start-Ups und der Entwicklung einer technischen Lösung.

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