Rolf Haselhorst über TUIS, Technik und Feuerwehrnachwuchs
Seit 1982 ist es im Einsatz: Das Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem TUIS der deutschen chemischen Industrie. Rund 130 Chemieunternehmen sind mit ihren Werkfeue...
Seit 1982 ist es im Einsatz: Das Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem TUIS der deutschen chemischen Industrie. Rund 130 Chemieunternehmen sind mit ihren Werkfeuerwehren und Spezialisten wie Chemikern, Umweltexperten und Fachleuten aus der Produktion daran beteiligt.
Sie helfen Feuerwehr, Polizei und anderen Behörden telefonisch, mit Beratung vor Ort oder mit Mannschaft und Spezialgeräten. Dipl.-Ing. Rolf Haselhorst, Feuerwehrchef bei der BASF sowie Vorsitzender des Arbeitskreises TUIS im Verband der Chemischen Industrie (VCI), zieht positive Bilanz. GIT-SICHERHEIT.de hat sich mit ihm über technische Neuerungen und über aktuelle Fragen der Ausbildung des Feuerwehrnachwuchses gesprochen.
GIT-SICHERHEIT.de: Herr Haselhorst, Sie haben im Sommer auf der Interschutz eine positive Bilanz gezogen, was die Arbeit des Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystems TUIS betrifft. Können Sie uns ein paar aktuelle Zahlen nennen?
Rolf Haselhorst: Wir stellen im laufenden Jahr eine leicht steigende Nachfrage fest - diese hängt mit dem wirtschaftlichen Aufwärtstrend zusammen, der wiederum für eine erhöhte Transporttätigkeit sorgt. Das entspricht auch den Rückmeldungen, die ich von den von mir betreuten Standorten der BASF sowie verschiedenen Werksfeuerwehren bekomme.
Neue Technische Entwicklungen fordern immer auch eine Weiterentwicklung des TUIS - wie arbeiten Sie hier mit anderen Institutionen zusammen?
Rolf Haselhorst: Wenn Sie eine Einheit wie TUIS führen, müssen Sie sich ständig überlegen, wie Sie besser werden können. Deshalb entwickeln wir selbst neue Dinge und holen uns Neues von extern dazu - so kooperieren wir z. B. mit Helikopterfirmen oder auch mit der Bundeswehr oder dem THW. Zu den jüngsten Neuerungen, die wir auch auf der Interschutz in Leipzig vorgestellt haben, zählen z. B. Geräte für die Raffinerie- und Chemie-Werkfeuerwehren - etwa ein Wasserwerfer, der speziell bei Tanklagerbränden einsetzbar ist. Er kann pro Minute 22.500 Liter Wasser oder Schaummittel einsetzen und hat eine Reichweite von über 120 Metern. In Leipzig war auch ein „Umfüllsystem Flüssiggas/Chlor" zu sehen, außerdem ein Hochdruckschneidegerät für die Arbeit an verunglückten Fahrzeugen oder Behältern. Eine weitere Neuerung besteht in der Nutzung eines Tools zur Ausbreitungsberechnung gefährlicher Stoffe für Einsatzleiter vor Ort. Über den PC kann man zusammen mit Daten der nächstliegenden Wetterstation in ausreichender Genauigkeit eine schnelle Kurzanalyse von Proben durchführen.
Sie haben neuerdings ein „Virtuelles Trainingsprogramm" für Feuerwehren, das man auch auf Iphone und Ipad as App herunterladen kann. Was leistet es alles und wie wird es in der Praxis angenommen?
Rolf Haselhorst: Hier geht es um zwei Einsatzabschnitte: Mit TUIS-VR werden öffentliche Feuerwehren anhand bestimmter Schadensszenarien ihre Einsätze am PC üben können. Dazu gibt es ein Handout mit Musterlösungen. Das Programm befindet sich in einer internen Probephase, und wir erhalten sehr positive Rückmeldung. Es wird allgemein gut gefunden, dass man sich im Rahmen der Trainingssituation mit grundsätzlichen Fragen auseinandersetzen und gemeinsam mit Fachleuten Lösungsmöglichkeiten diskutieren kann. Wir werden das System noch im ersten Quartal 2011 im Internet zur Verfügung stellen. Parallel dazu wollen wir für die Trainer, die dieses Tool nutzen wollen, im Rahmen von Lehrgängen an den Landesfeuerwehrschulen Tageslehrgänge anbieten. Bei der App handelt es sich um die TUIS-Datenbank für das i-Phone. Wir haben bislang mehrere Tausend Downloads verzeichnet.
Herr Haselhorst, die Ausbildung ist derzeit eines Ihrer wichtigen Themen. Dabei macht Ihnen die demografische Entwicklung Sorgen. Macht sich das bereits bemerkbar - und wie können Sie hier gegensteuern?
Rolf Haselhorst: Die demografische Entwicklung hat meiner Ansicht nach eine ganze Reihe von Auswirkungen. Vor allem führt sie dazu, dass wir uns hinsichtlich des Nachwuchses nachdrücklich um die Ausbildung kümmern müssen. Dabei können wir die Qualität unserer Leistung nur dann konstant halten, wenn wir interessante, vielfältige und sichere Jobs anbieten können. Daran arbeiten wir auch bei den BASF-Werksfeuerwehren. Auch wenn es bei uns noch nicht der Fall ist, höre ich doch bereits von vielen in der Branche, dass sie um gut ausgebildete neue Mitarbeiter kräftig werben müssen. Beispielsweise werden eigene Jugendfeuerwehren gegründet, um junge Menschen anzuziehen.
Wie muss sich die Ausbildung aus Ihrer Sicht verändern?
Rolf Haselhorst: Ich glaube, dass wir im Rahmen der Ausbildung zunächst einmal auf die Veränderungen eingehen müssen, die bei den jungen Leuten selbst festzustellen sind. Wir müssen vielfach feststellen, dass der Bewerber der Zukunft schon körperlich nicht mehr so fit ist, wie wir das von den jungen Berufseinsteigern von früher kennen - und dieser Trend wird sich wohl künftig noch verstärken. Ich spreche hier ausdrücklich nur vom Durchschnitt der Bewerber. Und ein Zweites ist festzustellen: Ich glaube, dass, weil man heute anders aufwächst als früher, es heute weniger Jugendliche gibt, die ihre Zukunft im handwerklichen Bereich sehen. Darauf müssen sich unsere Ausbildungs- und Weiterbildungssysteme einstellen. Generell ist das Ausbildungsportfolio inhaltlich sehr stark verändert gegenüber früher. Auch die Anforderungen sind gestiegen. Die von den Werkfeuerwehren heute geleisteten Dienstleistungen sind qualitativ schwieriger und bedeuten mehr Verantwortung.
Business Partner
BASF SECarl-Bosch-Strasse 38
67056 Ludwigshafen
Deutschland
Meist gelesen
Phoenix: der erste Barfuß-Sicherheitsschuh auf dem Markt
Baak bringt mit "Phoenix" nach fünf Jahren Entwicklungsarbeit den ersten Barfuß-Sicherheitsschuh auf den Markt.
General Product Safety Regulation (GPSR): Was regelt sie und welche Akteure müssen sich damit befassen?
Neue EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) ab 13.12.2024: Wichtige Änderungen und Anforderungen für Verbraucherprodukte
Wenn das Gehirn rotiert - Warum ein effektiver Kopfschutz auch vor Rotationsenergie schützen sollte
Schutzhelme bieten im Allgemeinen nur unzureichenden Schutz vor schrägen Stößen.
Wie Unternehmen und Polizei zusammenarbeiten
GIT SICHERHEIT im Interview mit Julia Vincke, Leiterin Unternehmenssicherheit BASF, und Bettina Rommelfanger, Polizeivollzugsbeamtin am Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA BW).
Top Player Maschinensicherheit – Oscar Arias, Schmersal
GIT SICHERHEIT im Interview mit Oscar Arias, Chief Sales Officer (CSO), Schmersal Gruppe.