Schutzkonzepte für Tankstellen: moderne Videotechnik und Deposit-Tresoren können das Überfallrisiko senken
Schutzkonzepte für Tankstellen: moderne Videotechnik und Deposit-Tresoren können das Überfallrisiko senken. Zu Beginn der Motorisierung bis A nfang des 20. Jahrhunderts konnte man ...
Schutzkonzepte für Tankstellen: moderne Videotechnik und Deposit-Tresoren können das Überfallrisiko senken. Zu Beginn der Motorisierung bis A nfang des 20. Jahrhunderts konnte man Treibstoffe nur in Apotheken kaufen. Als erste „Tankstelle" der Welt wird meist die Apotheke in Wiesloch genannt, weil Bertha Benz dort bei ihrer Überlandfahrt von Mannheim nach Pforzheim das nötige Leichtbenzin Ligroin einkaufte. Später wurden Tankstellen zu Versorgungsanlagen, ursprünglich mit Zapfstellen, an der Kraftfahrzeuge mit den Kraftstoffen Benzin und Diesel, später auch mit Flüssiggas, Erdgas oder Wasserstoff, versorgt werden können. Und heute sind die über 15.000 Tankstellen in Deutschland zu Supermärkten, Servicestationen, Gastronomiebetrieben und Treffpunkten mutiert, die auch für Kriminelle zu einem neuen Betätigungsfeld geworden sind. In Deutschland wie auch in der Schweiz sind die Tankstellen-Läden in der Praxis vom Ladenschlussgesetz ausgenommen; daher verdienen viele Pächter inzwischen den größeren Teil ihres Einkommens nicht mehr mit Kraftstoff, sondern mit den Supermarkt-Artikeln. GIT SICHERHEIT beurteilt die aktuelle Sicherheitslage deutscher Tankstellen, die Risiken für die Betreiber, das Personal, die Kunden und sucht nach praktikablen Sicherheitslösungen.
Das Angebot von Tankstellen, es reicht bekanntlich vom frischen Frühstücksbrötchen bis zum Leichtlaufmotoröl, ist attraktiv - allerdings auch für Kriminelle. So sind Ladendiebe, Betrüger und Räuber das größte Sicherheitsrisiko für Deutschlands Tankstellenbetreiber. Da Srit sehr teuer geworden ist, „vergessen" immer mehr Kunden zu bezahlen. So manche EC-Karte ist gestohlen oder ohne Deckung. Auch Falschgeld lässt sich an diesen scheinbar anonymen Orten gut in Verkehr bringen. Die Zahl der Raubüberfälle hat bedenklich zugenommen, weil Banken und Sarkassen erheblich besser gesichert sind und weil viele Täter fälschlicherweise bei den Tankstellen auch relativ hohe Bargeldbeträge vermuten.
Solche Überfälle sind oft rücksichtslos und brutal - und dabei steht die Beute in keinem Verhältnis zur Schwere der Tat bzw. zur Strafandrohung. Im Jahr 2006 wurden in Deutschland laut polizeilicher Kriminalstatistik 949 Überfälle auf Tankstellen registriert. Das waren über 12 % mehr als im Jahr davor. Die Aufklärungsquote lag bei 49,8 % (51,7 % im Vorjahr).
Kriminalitäts- und Sicherheitslage
Die Fahndungsmeldungen der Polizei ähneln sich und lauten meist wie folgt: „Auf die Tankstelle in X-Stadt ist Donnerstagfrüh gegen 2.30 Uhr ein bewaffneter Raubüberfall verübt worden. Drei unbekannte Täter drangen in den Tankstellenshop ein, riefen Geld her und bedrohten den Tankwart. Dieser wurde mit Pfefferspray besprüht, mit einem Messer bedroht und gezwungen, die Kasse zu öffnen. Die Männer erbeuteten wenige hundert Euro und flüchteten zu Fuß. Der Tankwart wurde leicht verletzt. Bilder von der Überwachungskamera werden veröffentlicht. Um Hinweise wird gebeten." In einigen wenigen Fällen wird auch geschossen und es gibt immer wieder auch Taten, bei denen der Tankwart wegen ein paar Geldscheinen schwer verletzt oder getötet wird. Dies und andere typische Tankstellendelikte gilt es durch ein angemessenes Sicherheitskonzept mit technischen, organisatorischen und personellen Maßnahmen zu verhindern.
Für eine individuelle Sicherheitsanalyse bei der einzelnen Tankstelle muss man Lage, Umfeld, Sicherheitstechnik, bisherige Schadensfälle und die Qualifikation des Personals näher betrachten. Diese ehrliche Bestandsaufnahme, die von Sicherheitsdienstleistern, Sachverständigen und der örtlichen Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle durchgeführt werden kann, zeigt Risiken, Schwachstellen, bauliche, technische und organisatorische Mängel auf. Wenn dann noch mit wenig Personal, möglichst viel Umsatz gemacht werden soll - mit der kompletten Tankstelle, einschließlich Shop und Waschstraße - bleiben oftmals einfachste Sicherheitsvorkehrungen auf der Strecke.
Nie ohne Videoüberwachung
Zu jeder Tankstelle gehört heute aus präventiven und repressiven Gründen ein modernes Videoüberwachungssystem. Zahlreiche Überfälle auf Tankstellen konnten schon durch Videotechnik geklärt und sehr viele verhindert werden. Es ist dringend zu empfehlen, Tankstellen mit mehreren sichtbar angebrachten Videokameras - vorzugsweise digital - auszustatten, die 24 Stunden laufen. Die Aufzeichnungen sind mindestens vier Wochen unter Verschluss aufzubewahren, so dass neben dem Ablauf von Überfällen auch Diebstähle und Betrügereien aufgeklärt werden können. Darauf müssen Autonummern und Gesichter einwandfrei zu erkennen sein - auch bei unterschiedlichen Wetter- und Lichtverhältnissen.
Die Bilder der Betankung können auch mit den entsprechenden Werten angezeigt, gespeichert und an das Kassensystem übergeben werden (automatische Erkennung). So kann man schnell und einfach jede offene Tankrechnung zuordnen. Außerdem sind Kameras im SB-Bereich, an der Kasse, am Nachtschalter, in der Waschhalle, an Nebeneingängen für Lieferanten und Personal und im Freigelände sinnvoll. Das Kamerakonzept sollte nur von anerkannten Fachfirmen aufgrund einer aktuellen Sicherheitsanalyse erstellt werden.
Sicherheitstechnik verbessern
Neben den vorgeschriebenen Techniken für die Verkehrssicherheit, den Brand-, Explosions- und Umweltschutz gehören verdeckt eingebaute alarmgesicherte Tresore, Einbruch- und Überfallmeldeanlagen, Kommunikationstechnik und ausreichend helle Beleuchtung im gesamten Umfeld zum Mindeststandard jeder Tankstelle. Falls dem Tankstellenpersonal eine Situation gefährlich erscheint, sollte es durch Knopfdruck von der Kasse aus die Eingangstür sperren können. Dies ist insbesondere zu Nachtzeiten anzuraten, wenn Fahrzeuge oder Personen außerhalb des Lichtfelds der Tanksäulen halten. An vielen Tankstellen ist für den Nachtbetrieb zwischen 22.00 und 06.00 Uhr, in dem erfahrungsgemäß viele Überfälle stattfinden, ein Nachtschalter eingerichtet, der es Tätern zumindest schwerer macht, das Personal direkt zu bedrohen.
Hilfreich sind auch Sprechstellen an den Zapfsäulen, in der Waschhalle, Zutrittskontrolle für Privat-, Neben- und Lieferanteneingänge, Notrufsprechstellen mit direkter Anbindung an eine hilfeleistende Stelle. Tankstellenüberfälle dauern in der Regel 30 - 40 Sekunden. Die Motivation der Täter ist fast überall gleich: Viel Geld in kurzer Zeit zu erbeuten. Deshalb sollten Tankstellen mit einem Einwurftresor ausgestattet sein. Das Personal wirft das Bargeld durch einen Einwurfschacht in einen darunter liegenden Tresorbehälter. Dieser Tresor - auch Deposit-Tresor genannt - kann nicht vom Kassenpersonal geöffnet werden, sondern nur vom Pächter oder anderen Autorisierten. Es sollten nicht mehr als 250 - 300 € Bargeld in der Kasse liegen. Wird dieser Betrag überschritten, wird das Geld im Tresor deponiert und nur Wechselgeld zurückbehalten. Ein geringer Bargeldbestand ist ein ganz erheblicher Schutz vor Überfällen.
Ein weiteres Risiko für nicht durchgehend geöffnete Tankstellen sind Einbrüche. Vor allem die gestiegenen Waren- und Wertbestände im Shop-Bereich machen sie für viele Täter attraktiv. Dabei kommt es nicht nur zu erheblichen Warenverlusten, sondern oft auch zu Schäden durch Vandalismus. Außerhalb der Öffnungszeiten sollten solche Tankstellen durch eine Einbruchmeldeanlage überwacht werden. Bei 24-Stunden- Betrieb sind Überfallmelde- und Videoanlage zu empfehlen. In beiden Fällen geht im Alarmfall die Meldung direkt an eine Notruf- und Serviceleitstelle (NSL). Dort werden dann alle notwendigen Maßnahmen, wie z. B. Alarmierung der Polizei und Verständigung des Pächters, eingeleitet.
Schwachpunkt Organisation und Personal
Erfahrungsgemäß werden an Tankstellen oft Studenten, Ungelernte und Aushilfen beschäftigt, die nicht ausreichend über möglichen Störungen, Gefahren oder Formen von Tankstellenkriminalität hingewiesen wurden. Einige der großen Treibstoffkonzerne schulen mittlerweile ihre Pächter über das richtige Verhalten bei Diebstählen und Überfällen. Das Training der Pächter und deren Personal umfasst auch die Beobachtung außergewöhnlicher Umstände. Wenn ein Kunde dreimal am Tag auf die Tankstelle kommt und nur Zigaretten kauft, dann könnte das auf ein Ausspionieren hindeuten.
Es gibt auch hausgemachte Risiken durch eigenes Personal, das erfahrungsgemäß auch Unterschlagungen, Diebstähle und Betrügereien begeht, wenn sie nicht ausreichend überwacht und unregelmäßig kontrolliert werden. Der Umgang mit Bargeld (Zahlungsvorgänge, Aufbewahrung und Transport), Falschgeld und Wechselfallbetrug ist in die regelmäßigen Schulungen und Belehrungen aufzunehmen. Auch das richtige Verhalten gegenüber Dieben und Betrügern, die Unterrichtung über Selbsthilferecht und Verständigungs- und Anzeigeverhalten sind zu erörtern. Ein hilfreiches Mittel kann auch nach einem Überfall oder einem spektakulären Einbruch, die Aussetzung einer hohen Belohnung sein. Sie sollte besonders bei Überfällen bei dem zehn- bis zwanzigfachen des erbeuteten Betrages liegen. Dadurch werden oft in relativ kurzer Zeit Tatverdächtige benannt und überführt.
Private Sicherheitsdienste
Das Angebot der Sicherheitsdienstleister umfasst schon seit längerer Zeit auch das gesamte Spektrum der Tankstellensicherheit, von der regelmäßigen professionellen Sicherheitsberatung (Analyse und Konzept), der Überwachung im Rahmen von mobilen Streifen mit PKW oder Krad über unregelmäßige Kontrollen des Geländes und des Umfeldes zur Nachtzeit bis zum Bargeldservice und Geldtransport. Außerdem übernimmt er die Aufschaltung auf eine Notruf- und Serviceleitstelle (NSL) sowie die Alarmverfolgung.
Bei umsatzstarken Groß- und Autobahntankstellen oder bei Tankstellen in oder an stark frequentierten Einkaufszentren und Parkhäusern rechnet sich das besonders und erhöht das Entdeckungs- und Festnahmerisiko für potentielle Täter erheblich. Wirtschaftlich vertretbar und sinnvoll werden solche Sicherheitsdienste insbesondere bei einer größeren Anzahl von Tankstellen in einem Kontroll- und Überwachungsbereich.
Die Kripo rät ...
Die Beratungsstellen der Polizei empfehlen neben lageangepassten Präventionsmaßnahmen im Wesentlichen folgendes:
- Tankstellen mit Nachtbetrieb sind mit einem vollgesicherten Kassenraum oder Nachtschalter, heller Beleuchtung und elektrisch schließender Türanlage auszurüsten,
- die Türen zum Verkausraum müssen bei Nachtschalterbetrieb ein gewaltsames Eindringen verhindern,
- eine Überfallmeldeanlage, die zu einer NSL eines privaten Sicherheitsdienstes geschaltet wird,
- Videoüberwachung des gesamten Tankstellengeländes mit deutlich angebrachten Kameras und Warnschildern,
- die Fenster des Verkaufsraumes müssen im Bereich der Kasse eine ungehinderte Durchsicht ermöglichen, ohne dass Außenstehende einen Einblick in die Kasse haben,
- der Bargeldbestand ist so niedrig wie möglich zu halten und größere Bargeldbestände sind über eine Einwurfanlage in einem Wand- oder Bodentresor aufzubewahren,
- Geldtransporte sind zu unregelmäßigen Zeiten durch Sicherheitsdienste oder mehrere zuverlässige Personen durchzuführen.
- Es sind nur zuverlässige Personen zu beschäftigen die regelmäßig über Sicherheitsmaßnahmen unterrichtet werden und darüber nicht über diese und die Umsätze mit Außenstehenden reden,
- Mitarbeiter dürfen keinen Zugriff auf erlaubnispflichtige Waffen oder verbotene Gegenstände haben bzw. bei sich tragen.
Individuelle Auskünfte und ggf. Beratung vor Ort erhält man von Fachberatern der Sicherheitsdienstleister oder der örtlichen Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle.
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