Senstar-Lösungen zum Schutz Kritischer Infrastrukturen

Der umfassende Schutz Kritischer Infrastrukturen, insbesondere im Energie- und Versorgungssektor, gehört seit Jahren zu den Schwer­punkten von Senstar. GIT SICHERHEIT im Interview mit Geschäfts­führer Michael Rumpf und Vertriebsleiter John Rosenbusch.

Geschäftsführer Michael Rumpf (r.) und DACH-Vertriebsleiter John Rosenbusch....
Geschäftsführer Michael Rumpf (r.) und DACH-Vertriebsleiter John Rosenbusch. © Senstar

Der umfassende Schutz Kritischer Infrastrukturen, insbesondere im Energie- und Versorgungssektor, gehört seit Jahren zu den Schwer­punkten von Senstar, einem Anbieter integrierter Sicherheitslösungen einschließlich Videotechnologie, Zutrittskontrolle und Sensoren für den Perimeterschutz. GIT SICHERHEIT sprach mit dem neuen Geschäfts­führer Michael Rumpf und Vertriebsleiter John Rosenbusch über die Strategie des Unternehmens für die nächste Zeit – dazu gehören unter anderem die Weiterführung des organischen Wachstums und der weitere Ausbau des Partnernetzwerks.
 

GIT SICHERHEIT: Herr Rumpf, Herr Rosenbusch, zunächst einmal: Das vergangene Jahr hat ja mit einem traurigen Ereignis geendet: Der Tod von Peter Göring kurz vor seinem geplanten Ruhestand hat nicht nur bei Senstar selbst, sondern in der Branche insgesamt für Betroffenheit gesorgt.

Michael Rumpf: Die traurige Nachricht über den Tod von Herrn Göring hat uns alle im Unternehmen schwer getroffen – sowohl menschlich als auch fachlich. Schließlich war Herr Göring mehr als 20 Jahre lang bei Senstar für die Geschäfte in der Region EMEA verantwortlich, hat maßgeblich den Erfolg und Wachstum des Unternehmens zu verantworten und stand uns als Technischer Leiter der Region immer mit Rat und Tat zur Seite. Das sind in der Tat große Fußstapfen, die es hier auszufüllen gilt.


Herr Rumpf, Sie folgen Herrn Göring ja in der Geschäftsführung nach?

Michael Rumpf: Seit etwa einem Jahr haben wir die strukturellen Änderungen vorbereitet. Seit dem 1. Januar bin ich nun eingetragener Geschäftsführer und Herr Rosenbusch übernimmt jetzt vollständig die Vertriebsleitung in der DACH-Region. Wir sind zuversichtlich, dass Senstar mit diesen organisatorischen Änderungen in der Lage sein wird, seine gesetzten Ziele zu erreichen und mehr Skalierbarkeit zu ermöglichen.


Welche Themen werden für Sie als neuer Geschäftsführer strategisch in der nächsten Zeit im Fokus stehen?

Michael Rumpf: In unserem Fokus steht weiterhin ganz klar das organische Wachstum von Senstar in Deutschland und Europa. Im kommenden Jahr gibt es einige neue Stellen sowohl im Bereich Vertrieb, Business Development aber auch in der Technik zu besetzen. Weiterhin möchten wir unsere Produkte und auch die Aufstellung von Senstar selbst strategisch noch klarer an den von uns gewählten Fokusmärkten ausrichten. Dazu zählen die Umsetzung von Projekten im Bereich der Kritischen Infrastrukturen, Öl und Gas, Justizvollzug und der große Bereich der Logistik. Gerade in diesen Bereichen gilt es, unser bestehendes Partnernetzwerk zu pflegen, aber auch strategisch zu erweitern. Zusammen mit unserem Mutterkonzern in Kanada werden für diese Bereiche auch immer neue Produkte entwickelt.


Senstar konzentriert sich mit seinen Lösungen auf eine Auswahl vertikaler Märkte. Dabei, Sie erwähnten es gerade schon, spielen Kritische Infrastrukturen, vor allem Anlagen der Energie- und Wasserversorgung, eine besondere Rolle. Geben Sie uns einen Überblick?

John Rosenbusch: Der KRITIS-Bereich ist schon seit einigen Jahren in unserem Fokus. Um die Außengrenzen von Kunden in der Kritischen Infrastruktur zu schützen, haben wir eine große Auswahl an Lösungen, um proaktiv und mit möglichst wenigen Falschalarmen zu alarmieren. Die Nachrüstung unserer Perimeterschutz-Systeme ist unschlagbar einfach zu realisieren und höchst effizient. Die verschiedenen Technologien lassen sich auf alle Projektgrößen skalieren.

In den letzten Jahren haben wir z.B. eine große Anzahl von Solarparks in ganz Europa mit unseren Zaundetektionssystemen ausgestattet, darunter auch der Solarpark Tázlár, der größte Ungarns mit ca. 60 MW Erzeugungsleistung. Unsere Zaun- und Bodendetektionssysteme werden auch verwendet um Umspannwerke, Gasverdichterstationen und unterirdische Gasspeicherkavernen zu sichern. Dazu arbeiten wir eng mit den Strom- und Gasnetzbetreibern zusammen. Aber auch Standorte zur Wasser- und Abwasseraufbereitung bis hin zu Kernkraftwerken werden mit Senstar-Systemen geschützt.


Bevor wir über konkrete Lösungen sprechen – lassen Sie uns erst noch mal Ihr Sortiment etwas aufschlüsseln: Sie sagen ja, dass Sie das größte Portfolio an Produkten der Sicherheitsindustrie vorhalten – wie genau verhält es sich damit?

John Rosenbusch: In der Tat hat Senstar vermutlich die größte Palette an Detektionssystemen am Sicherheitsmarkt zu bieten. Angefangen von verschiedenen Zaundetektionssystemen über Mikrowellenstrecken zur Freilandsicherung bis hin zu Bodendetektionssystemen ist alles dabei. Die Systeme verfügen über eine präzise Signalauswertung, mit denen man metergenau Eindringlinge erkennen kann. Ein Highlight dabei sind sicher die faseroptischen Erkennungssysteme, mit denen man bis zu 80 km Zaun mit einem einzigen System zuverlässig absichern kann. Diese werden auch für die Leckerkennung an Pipelines oder den Schutz von Leitungsnetzen im Kommunikationsbereich eingesetzt. Obendrein gibt es noch unsere Symphony Common Operating Plattform, die Videomanagement, KI-gestützte Videoanalyse, Zutrittskontrolle, Business Intelligence und natürlich unsere Sensoren, benutzerfreundlich vereint. Entwicklung und Produktion aller Produkte erfolgt ausschließlich in Kanada und den USA. Wir unterstützen unsere Kunden auch bei Komplettlösungen und Planungen der Systeme.


Kennzeichnend für Senstar ist insbesondere die Verbindung mit dem Thema Videoanalyse. Sie haben dafür ja vor Jahren schon den Spezialisten Aimetis erworben...

Michael Rumpf: Herr Rosenbusch und ich haben beide früher für Aimetis gearbeitet und ein starkes Partnernetzwerk im Bereich VMS und Videoanalyse aufgebaut. Die Verschmelzung der beiden kanadischen Unternehmen Aimetis und Senstar, beide mit ähnlicher Philosophie, war strategisch eine sehr gute Entscheidung. Das Sortiment beider Firmen ergänzte sich perfekt und ließ uns in den letzten Jahren eine sehr fruchtbare Synergie entwickeln. Gerade unsere langjährigen Partner konnten daraus profitieren, denn mit dem Erfahrungsschatz beider Firmen ist es uns möglich, hybride Systemdesigns zu entwickeln, die verschiedene Detektionssysteme und Videomanagement einschließlich Videoanalyse nahtlos miteinander integrieren. Solche Systeme sind hocheffizient und kostengünstiger als reine Videolösungen.


Daraus ist eine Senstar-Spezialität geworden, die Sie als Sensorfusions- bzw. Hybridkonzept bezeichnen – das heißt unter anderem, dass Sie die jeweiligen positiven Eigenschaften von Videoanalyse- und Zaundetektionssystemen miteinander kombinieren und die jeweiligen Nachteile ausschalten. Wie sieht das genau aus?

John Rosenbusch: Sensor-Fusion ist die konsequente Weiterentwicklung solcher Hybridkonzepte. Die Metadaten der Video- und Zaunanalyse werden dabei über eine KI zusammengeführt, mit dem Ziel, die Falschalarmrate auf nahezu null zu reduzieren. Die Sensor Fusion-Engine ist mehr als nur eine einfache Boolesche Logikintegration: Sie greift auf Low-Level-Daten zu, um potenzielle Risiken intelligent zu charakterisieren. Durch die Datensynthese kann das System ein Leistungsniveau erreichen, das über dem der einzelnen Sensoren liegt.

Für Sicherheitsanwendungen hat dies unmittelbare, praktische Vorteile, nämlich die Möglichkeit, die Stärken einzelner Sensortechnologien zu maximieren und gleichzeitig ihre Schwächen zu vermeiden. Wenn die Signalreaktionsdaten der Außensensoren mit den Videoanalysedaten synthetisiert werden, werden störende Alarme, die durch Wind oder Schatten verursacht werden, praktisch eliminiert, während die hohe Erkennungswahrscheinlichkeit des Systems erhalten bleibt. Uns ist es gelungen, damit ein neuartiges Produkt zu schaffen, das es so auf dem Sicherheitsmarkt sicher noch nicht gibt.
 

Vergleichen wir also einmal den Perimeterschutz, sagen wir, eines Logistikgeländes mit Lagern und ähnlichem mit denen eines Gaskraftwerks oder Umspannwerks: Ein wesentlicher Hintergrund für jede Sicherheitstechnik ist hier ja die Gewährleistung von Ausfallsicherheit. Das bedeutet vermutlich, dass Sie hier das Maximum dessen einsetzen können, was Ihr Portfolio hergibt...?

Michael Rumpf: Hier gibt es nicht wirkliche Unterschiede. Der Schutzbedarf im Logistikbereich ist ähnlich hoch. In Logistikhallen und Umschlaglagern befinden sich mitunter enorme Warenwerte, gefährliche Güter und Fahrzeuge, die es gegen Diebstahl oder Manipulation zu schützen gilt. Im KRITIS-Bereich möchte man Anlagen aus ähnlichen Gründen schützen und Eindringlinge natürlich auch so früh wie möglich und zuverlässig erkennen. Deshalb greift man häufig auf redundante Systemkonzepte zurück. Meist wird hier also eine Kombination aus Zaun- und Bodendetektion eingesetzt und diese Systeme natürlich mit Videokameras unterstützt.

Gerade was Projekte im Bereich Kritische Infrastrukturen angeht, arbeiten wir auch eng mit den Herstellern von Zaunsystemen zusammen. Zum Beispiel haben wir erst letztlich für einen deutschen Energienetzbetreiber ein Systemkonzept entwickelt, bei dem ein spezieller Stabgitterzaun entworfen wurde, der einen Durchbruch bzw. Überstieg erheblich erschwert. Die Zaunelemente wurden so gestaltet, dass eine verdeckte Kabelführung u.a. unseres Sensorkabels möglich ist. Somit können wir Ereignisse am Zaun zuverlässig erkennen und das Detektionssystem ist speziell geschützt.

Auch Schnittstellen zu anderen Sicherheitssystemen sind natürlich häufig ein Thema – und auch die Aufschaltung der Meldungen an externe Wachdienste, da die zu schützenden Anlagen häufig etwas ab vom Schuss liegen.


Könnten Sie einmal das eine oder andere typische Projekt skizzieren?

John Rosenbusch: Bleiben wir doch vielleicht beim Klassiker – dem Solarpark. Diese werden üblicherweise mit Maschendraht- oder Stabgitterzäunen umfriedet. Kleine Anlagen haben einen Umfang von 2 bis 3 km, große Anlagen auch gerne mal 20 km, die in einzelne Felder unterteilt sind. Um zu erkennen, ob ein Eindringling über einen Zaun klettert, diesen durchtrennt oder durchbricht, setzen unsere Partner gern das Zaundetektionssystem FlexZone ein – ein sehr zuverlässiges und einfach zu installierendes System, was obendrein auch noch kostengünstig ist und damit perfekt für die Budgets in Solarparks. Das System wird am Zaun montiert, Tore im Zaunverlauf überwachen wir mit drahtlosen solarbetriebenen Meldern. FlexZone erkennt einen Eindringling auf ein Zaunfeld genau und meldet das Ereignis per Schaltkontakt oder Softwareschnittstelle an ein übergeordnetes Videosystem. Dieses steuert automatisch eine PTZ-Kamera auf die entsprechende Alarmzone am Zaun und schon hat das Sicherheitspersonal alle nötigen Informationen, um zu sehen, was wo auf dem Gelände vor sich geht. Das Meldesystem am Zaun kommt mit wenig elektrischer Leistung aus und lässt sich deshalb auch problemlos über lange Zeit Notstromversorgen.


...haben Sie noch ein Beispiel parat...?

John Rosenbusch: Ein anders spannendes Beispiel wäre der Schutz von Leitungs- und Kommunikationsnetzen. Pipelines oder auch Kabelwege zur Datenkommunikation werden oft über sehr lange Strecken unterirdisch verlegt. Aber auch solche Medien müssen gegen Sabotage oder Zerstörung durch Schachtarbeiten geschützt werden. Mit einem unserer FiberPatrol-Systeme können wir bis zu 100 km dieser Medien überwachen. Das System unterscheidet maschinelle Schachtarbeiten in bis zu 30 m Entfernung, schwere Fahrzeugbewegungen oder Personenbewegungen von den üblichen Hintergrundvibrationen im Boden und meldet einen Alarm inkl. der zugehörigen GPS-Koordinaten, wenn die Erkennungskriterien erfüllt sind. So können Schäden oder Eingriffe am Leitungsnetz schnell und zuverlässig erkennt und verhindert werden.


Zur Realisierung all dessen pflegen Sie eine Reihe von (Technologie-)Partnerschaften. Geben Sie uns einen Überblick?

Michael Rumpf: Wenn verschiedene technische Sicherheitssysteme zusammenarbeiten sollen, muss das zuverlässig, störungsfrei und vor allem über einen möglichst langen Zeitraum funktionieren. Dazu arbeiten wir eng mit Partnern der Branche zusammen, und schaffen Schnittstellen zwischen unseren Systemen. Ein gutes Beispiel ist die Firma Advancis, die sowohl Schnittstellen unserer Detektionssysteme aber auch unserer Videomanagementsysteme in ihrer Winguard-Lösung anbietet. Natürlich gibt es viele Partnerschaften mit Anbietern von Netzwerkkameras, wie z.B. Axis, Bosch oder Hanwha. Wettbewerb hin oder her, auch mit Firmen wie Genetec oder Milestone führen wir Technologiepartnerschaften, um die Meldungen unserer PIDS-Systeme auch in deren Managementsoftware zugänglich zu machen. Eine sehr frische Partnerschaft haben wir z.B. mit der Firma Wasabi Technologies geschlossen. Dadurch ist es unseren VMS-Kunden möglich, Videodaten datenschutzkonform auch in der Cloud zu speichern.


Herr Rosenbusch, Herr Rumpf, nach einem in vieler Hinsicht ereignisreichen Jahr 2022: Was wird Senstar im neuen Jahr schwerpunktmäßig beschäftigen?

Michael Rumpf: Wir werden uns, wie schon in den vergangenen Jahren, als Firma und produktseitig an den wirtschaftlichen Gegebenheiten sowie an die Sicherheitslage anpassen müssen. Auch wenn die allgemeine Verfügbarkeit von technischen Bauteilen besser zu werden scheint, bleibt es nach wir vor ein spannendes Thema, was uns viel Arbeit und gute Planung abverlangt, um unsere Kunden auch weiterhin verzögerungsfrei beliefern zu können. Ansonsten gibt es natürlich eine Vielzahl an Projekten abzuarbeiten und die richtigen Leute für unser organisches Wachstum zu finden. Das Jahr bleibt spannend, da es gerade im Bereich Videoanalyse und KI viele neue Themen geben wird, und auf diese Reise wollen wir unsere Partner und Endkunden mitnehmen. 
 

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