Sicherheit für die UEFA Euro 2024
Vom 14. Juni bis zum 14. Juli 2024 findet in zehn deutschen Stadien die UEFA Euro 2024 statt – es wird die 17. Ausgabe der UEFA-Europameisterschaft sein. Eine Tagung am 26. Juni 2023 im Hotel de Rome in Berlin wird alle relevanten Sicherheitsakteure aus Bund, Ländern, Städten und Gemeinden, UEFA EURO 2024 sowie der Sicherheitswirtschaft zusammenbringen. Eine Vorschau von Dr. Harald Olschok.
Unter dem Motto „United by Football. Vereint im Herzen Europas“ findet vom 14. Juni bis zum 14. Juli 2024 die UEFA Euro 2024 in Deutschland statt. 36 Jahre nach der ersten Europameisterschaft in Deutschland und 18 Jahre nach der WM 2006 gibt es wieder eine sportliche Großveranstaltung in Deutschland. Alle Beteiligten haben eine gemeinsame Vision für das Turnier geschaffen und damit die Gremien des europäischen Fußballverbandes (UEFA) überzeugt.
Eine Veranstaltung in dieser Größenordnung kann ohne eine weitreichende Unterstützung der Politik nicht durchgeführt werden. Die frühere Bundesregierung hat insgesamt 14 Garantien für die Europameisterschaft abgegeben. Die damalige Bundeskanzlerin, Angela Merkel, sprach von der UEFA Euro 2024 „als einem Ereignis von überragendem öffentlichen Interesse und internationaler Bedeutung.“ Durch die Europameisterschaft, so die jetzige Bundesregierung, soll der „Zusammenhalt im Land gestärkt, Maßstäbe bei der Nachhaltigkeit (CO2-Neutralität) gesetzt sowie ein offenes und vielfältiges, inklusives und gastfreundliches Bild von Deutschland in die Welt getragen werden.“
Sicherheitspolitische Herausforderungen
Bei der UEFA Euro 2024 wird es binnen eines Monats 51 Fußballspiele in zehn bundesdeutschen Großstädten geben. Über 2,5 Millionen Besucher aus dem In- und Ausland werden die Stadien besuchen. Die Hotels der 24 Mannschaften und deren Trainingsgelände sind zu schützen. In zahlreichen Kommunen und Städten wird es wieder Public Viewing mit Millionen von Besucherinnen und Besuchern geben. Das erinnert an das „Sommermärchen 2006“.
Die Sicherheitslage hat sich seit der WM 2006 dramatisch verändert. In den letzten sieben Jahren gab es nach einer Aufstellung der Branddirektion München Anschläge in öffentlichen Räumen in Barcelona, Berlin, Brüssel, London, Nizza, Paris und Stockholm mit 166 Toten und über 1.600 Verletzten. Kurz vor dem EM-Spiel Deutschland gegen Frankreich im Juni 2021 drang ein Greenpeace-Aktivist mit einem Gleitflieger in das Münchner Stadion ein.
Niemand kann heute abschätzen, welche Auswirkungen der Krieg in der Ukraine auf die EURO 2024 haben wird. Cyberattacken und Angriffe auf Kritische Infrastrukturen häufen sich. Weitere Risiken kommen hinzu: Dazu gehören Pandemien und Gefahren bei großen Menschenansammlungen und unzureichender Planung wie bei der Loveparade im Sommer 2010 in Duisburg.
Sicherheitskonzeption
Die strategische Ausrichtung für die Stadionsicherheit enthält drei Elemente: Die Qualifikation der eingesetzten Sicherheits- und Ordnungskräfte, die Zuverlässigkeitsüberprüfung aller Personen im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens und standortbezogene Krisenstabsübungen, so Timo Seibert, Head of Safety & Security and Medical der UEFA Euro 2024. Er kann dabei auf das Sicherheitskonzept des DFB zurückgreifen, an dem er viele Jahre selbst mitgearbeitet hat. Dieses besteht, so der DFB-Sicherheitsbeauftragte, Hendrik Grosse-Lefert, aus drei Säulen: Personelle Qualifikation, Strukturoptimierung und Netzwerkarbeit.
Zur personellen Qualifikation gehören die zertifizierten Sicherheitsmanager im Fußball und die Qualifizierung der Sicherheits- und Ordnungsdienste. Die Strukturoptimierung sieht die Zertifizierung des Sicherheitsmanagements im Profifußball vor, die bundesweit wirksame Durchsetzung von Stadionverboten und die innovative Entwicklung von moderner Videotechnik zur Erkennung von Risiken in den Stadien (Pyrotechnik, Gewalt, Feuer, Panik etc.). Bei (Fußball-)Großveranstaltungen gibt es keine hundertprozentige Störungs- und Gewaltfreiheit. Deshalb ist eine wirksame Netzwerkarbeit notwendig, um auf den Ernstfall vorbereitet zu sein. Dazu müssen die Verantwortlichen vor Ort mögliche Schadenslagen und Szenarien in Krisenstäben üben.
Sicherheits- versus Ordnungsaufgaben
Der DFB hat vor einem Jahrzehnt mit einer flächendeckenden „Qualifizierung von Sicherheits- und Ordnungsdiensten“ (QuaSOD) begonnen. Zahlreiche Netzwerkpartner haben an einem modularen Fortbildungskonzept mit umfangreichen E-Learning- und Praxisanteilen mitgearbeitet. Mit einer einheitlichen Qualifizierung kann auf bestehende Probleme bei der Personalrekrutierung reagiert werden, weil das Sicherheitspersonal in mehreren Standorten einsatzbar ist. Rund 13.000 Ordnungs- und Sicherheitskräfte sind derzeit ausgebildet und über 55.000 zur Fortbildung registriert.
Ziel des DFB ist die rechtliche Anerkennung von QuaSOD und die Ablösung des „fachfremden, theoretischen und kostenintensiven Unterrichtungsverfahrens“ (Hendrik Grosse-Lefert) bei einer Industrie- und Handelskammer. Die WM 2006 hat erstmals einheitliche Vorgaben für die in den Stadien eingesetzten Sicherheits- und Ordnungskräfte gemacht. Es ist zu hoffen, dass es durch die UEFA Euro 2024 gelingt, eine bundesweit einheitliche Qualifizierung für Sicherheits- und Ordnungskräfte nach dem Muster von QuaSOD in einem künftigen Sicherheitsgewerbegesetz durchzusetzen.
Gemeinsames Sicherheitskonzept
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) hat sich im Rahmen des Bewerbungsverfahrens für die Europameisterschaft 2024 in Deutschland dazu verpflichtet, die Anforderungen der UEFA im Bereich Sicherheit umzusetzen und ein übergreifendes Sicherheitskonzept mit verschiedensten Institutionen und Behörden zu erarbeiten und alle damit verbundenen Kosten zu tragen. Dazu wurde ein Nationaler Koordinierungsausschuss (NKA) eingerichtet. Er koordiniert das Zusammenwirken einer Vielzahl von Akteuren. Im Rahmen der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr gehören dazu auch private Sicherheits- und Ordnungsdienste. Sie übernehmen von den Veranstaltern die Aufgaben für die Herstellung und Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung. Sie bilden die Schnittstellen zu Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Dazu gehören Polizei, Notfallvorsorge, Rettungsdienst und Brandschutz.
Weltoffen und sicher
Eine Tagung am Montag, den 26. Juni 2023 im Hotel de Rome in Berlin wird erstmals alle relevanten Sicherheitsakteure aus Bund, Ländern, Städten und Gemeinden, UEFA EURO 2024 sowie der Sicherheitswirtschaft zusammenbringen. Ein besonderes Augenmerk liegt in der politischen Bedeutung des Turniers. Entsprechend hochkarätig ist das Eröffnungspanel besetzt, mit dem nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul, der für Sport zuständigen Staatssekretärin im BMI, Juliane Seifert und mit Burkard Jung, Leipziger Oberbürgermeister und Vizepräsident des Deutschen Städtetags. Der Präsident des DFB, Bernd Neuendorf, ist angefragt. In den beiden Foren geht es um die Sicherheit in den Stadien bzw. um die Rolle und Verantwortlichkeiten der Host Cities – Beispiele der Fanzones und des Volunteer-Programms. Die Tagung wird ein Jahr vor der UEFA EURO 2024 einen umfassenden Überblick über den Stand der Vorbereitungen und den noch anstehenden Herausforderungen geben.
Informationen zur Tagung „UEFA Euro 2024 in Deutschland: weltoffen und sicher“ im Rahmen des Berliner Kongresses „Wehrhafte Demokratie. Gesellschaftlicher Dialog für Öffentliche Sicherheit“ finden Sie hier: www.wehrhafte-demokratie.info/de
Business Partner
HOT ConsultingPestalozziring 10
55270 Zornheim
Deutschland
Meist gelesen
General Product Safety Regulation (GPSR): Was regelt sie und welche Akteure müssen sich damit befassen?
Neue EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) ab 13.12.2024: Wichtige Änderungen und Anforderungen für Verbraucherprodukte
Vieles ist noch ungeklärt: Justizvollzug als Bestandteil der kritischen Infrastruktur
Ein Beitrag von Wilfried Joswig, Geschäftsführer beim Verband für Sicherheitstechnik VfS.
Gesundheit von Pferden mit KI überwachen
Mit einer Kombination von Videotechnologie und KI geht der Hersteller Novostable neue Wege bei der Gesundheitsüberwachung von Pferden.
Konzernsicherheit und Krisenmanagement bei Carl Zeiss
Risikobasierter Sicherheitsansatz: "Wer alles schützen will, schützt nichts." GIT SICHERHEIT im Interview mit Sven Franke, Head of Security, Crisis Management & BCM bei Carl Zeiss.
Coded Processing: Funktionale Sicherheit ohne spezielle Hardware ermöglichen
Im Interview mit GIT SICHERHEIT erläutern Claudio Gregorio (Innotec) und Martin Süßkraut (Silistra Systems) wie die Technologie funktioniert.