30.06.2025 • Topstory

Strategische Neuausrichtung bei Primion: CEO Francis Cepero über KI, OT/IT-Konvergenz und regulatorische Anforderungen

Unter dem strategischen Leitbild „Prevent, Protect, Preserve“ will Primion die Technologieführerschaft ausbauen – u. a. durch Stärkung der Kundenbeziehungen und den Ausbau der internationalen Präsenz. Die F&E-Investitionen wurden hochgefahren, im Fokus stehen u. a. KI und OT/IT-Konvergenz sowie Zero Trust Security. Primion-CEO Francis Cepero spricht mit GIT SICHERHEIT über die Hintergründe.

Person in dunklem Sakko und hellblauem Hemd vor weißem Hintergrund
Francis Cepero, CEO Primion
© Primion

GIT SICHERHEIT: Herr Cepero, Sie sind seit Juli vergangenen Jahres CEO bei Primion Technology und leiten auch die Tochtergesellschaft Opertis. Sie sind mit dem Anspruch angetreten, Primion im globalen Sicherheitsmarkt erfolgreich zu platzieren und neue Anteile zu gewinnen. Können Sie schon mal eine persönliche Zwischenbilanz ziehen?

Francis Cepero: Ja, sehr gern. Nach rund neun Monaten kann ich sagen: Es war ein sehr intensiver und spannender Start. Wir haben begonnen, zentrale strategische Weichenstellungen vorzunehmen. Besonders wichtig war mir, alle Stakeholder - Mitarbeitende, Kunden, Partner - in diesen Prozess aktiv einzubinden. Gemeinsam haben wir eine klare Vision entwickelt und erste operative Maßnahmen auf den Weg gebracht, etwa im Bereich Innovation, Internationalisierung und Kundenorientierung. Unsere Position im Markt ist stark, aber wir haben auch noch viele Potenziale, die wir vorantreiben wollen. Die Resonanz auf unseren Kurs - intern wie extern - ist sehr positiv. Das stimmt mich optimistisch für die nächsten Schritte.

 

Ihre Vision für die Weiterentwicklung von Primion überschreiben Sie mit den Begriffen „Prevent, Protect, Preserve“. Sie möchten weltweit bevorzugter Lösungspartner für integrierte Sicherheits- und Zeitwirtschaftslösungen werden und dabei Maßstäbe setzen und sogar die Richtung der Branche vorgeben. Könnten Sie das bitte etwas näher ausführen? Welche konkreten Ziele haben Sie sich insoweit auf mittlere und lange Sicht gesetzt? 

Francis Cepero: „Prevent, Protect, Preserve“ ist mehr als ein Slogan – es ist unser strategisches Leitbild. „Prevent“ steht für vorausschauende Risikoanalyse und präventive Schutzmaßnahmen. „Protect“ meint den aktiven Schutz von Menschen, Daten und Infrastruktur. Und „Preserve“ umfasst die dauerhafte Sicherung von Prozessen und Ressourcen. 

Wir möchten als Innovationsführer agieren, nicht nur reagieren. Mittelfristig heißt das: Der Ausbau unserer Technologieführerschaft, insbesondere durch den intelligenten Einsatz von KI, den Ausbau unserer internationalen Präsenz sowie die kontinuierliche Stärkung der Kundenbeziehungen. Langfristig streben wir an, neue Standards für vernetzte Sicherheitstechnologien zu setzen – in Europa und darüber hinaus.

 

Lassen Sie uns etwas genauer auf Ihre Lösungen schauen. Wenn Sie über Lösungen sprechen, dann meinen Sie vor allem maßgeschneiderte Lösungen in komplexen Umfeldern. Dabei pflegen Sie auf Langfristigkeit angelegte Kundenbeziehungen. Wie sieht das in der Praxis aus – vielleicht geben Sie uns das eine oder andere Beispiel? 

Francis Cepero: Ein gutes Beispiel ist unsere langjährige Zusammenarbeit mit einem großen internationalen Forschungszentrum. Dort haben wir ein ganzheitliches Sicherheitskonzept implementiert, das Zutrittskontrolle, Besuchermanagement, Fluchtwegesteuerung und Zeiterfassung umfasst – abgestimmt auf hochsensible Arbeitsbereiche. Wir arbeiten mit unseren Kunden oft über viele Jahre zusammen, begleiten sie durch mehrere Entwicklungsstufen und passen die Systeme kontinuierlich an neue Anforderungen an. Unsere Lösungen sind also nie von der Stange, sondern immer das Ergebnis intensiver Analyse, Beratung und Integration. 


Können Sie uns das auch noch mal am Beispiel des Workforce-Managements anschaulich machen? 

Francis Cepero: Workforce Management ist heute viel mehr als nur Zeiterfassung. Es geht um die intelligente Planung und Steuerung von Personalressourcen – unter Berücksichtigung von Arbeitszeitgesetzen, Tarifverträgen und betrieblichen Anforderungen. Bei einem internationalen Industriekunden haben wir beispielsweise eine Lösung realisiert, die nicht nur die An- und Abwesenheitszeiten erfasst, sondern auch die Urlaubsplanung, das Schichtmanagement und die Integration in ERP, Payroll, und HR-Systeme Dritter ermöglicht. Das verbessert die Effizienz und schafft Transparenz für Mitarbeitende und Management gleichermaßen.

Wenn wir auf die Entwicklung des Marktes für Sicherheitslösungen schauen, dann sehen wir eine zunehmende Integration vormals eher getrennter Welten – also IT und OT sowie die klassische physische Sicherheit. Das liegt wegen der dadurch erreichbaren erhöhten Effektivität und Effizienz von Sicherheitsstrategien auch nahe. Wo stehen wir heute, was diese Entwicklung betrifft? 

Francis Cepero: Wir stehen an einem Wendepunkt. Die Grenzen zwischen IT-Sicherheit, physischer Sicherheit und Operational Technology verschwimmen. Viele Organisationen haben erkannt, dass eine ganzheitliche Sicherheitsstrategie nur funktionieren kann, wenn alle Bereiche zusammen gedacht und gesteuert werden. Allerdings stehen wir alle noch am Anfang, was die operative Integration betrifft,sowohl technisch als auch organisatorisch. Hier setzen wir als Primion mit unseren modularen und integrativen Plattformlösungen an, die genau diese Brücke schlagen.

 

Wenn dies also ein starker Treiber der Entwicklung ist, könnten Sie einmal näher erläutern, wie dies für die Lösungen aus Ihrem Hause wirksam wird? Die traditionellen Schwerpunkte bei Primion liegen bei Zutrittskontrolle und Zeiterfassung. Dazu kommen die integrierten Sicherheitslösungen, sodass Sie beispielsweise auch Rettungswegetechnik und Videoüberwachung integrieren können?   

Francis Cepero: Genau. Unsere Lösungen basieren auf offenen, modularen Architekturen. Das ermöglicht nicht nur die Einbindung klassischer Zutritts- und Zeitwirtschaftskomponenten, sondern auch von Brandmeldeanlagen, Videoüberwachung, Fluchtwegsicherung oder Aufzugsteuerung – alles über eine zentrale Plattform steuerbar. Wichtig ist dabei die Interoperabilität mit IT- und OT-Systemen. So können etwa sicherheitsrelevante Informationen direkt an zentrale Leitsysteme übermittelt und dort mit weiteren Daten verknüpft werden. Das erhöht die Reaktionsgeschwindigkeit und die Sicherheit signifikant.

 

Wie weit kommt bei Ihren Projekten die Operational Technology ins Spiel, also die Integration von prozessualen Steuerungssystemen? 

Francis Cepero: Operational Technology spielt eine zunehmend wichtige Rolle. Bei kritischen Infrastrukturen etwa müssen Zutritt und Anlagensteuerung eng verzahnt sein; etwa, um sicherzustellen, dass nur autorisiertes Personal in bestimmte Steuerungsbereiche gelangt oder dass sicherheitskritische Prozesse automatisch ausgelöst werden. Ein Beispiel: In einem Industrieunternehmen wurde unsere Zutrittslösung mit dem Produktionsleitsystem gekoppelt – so wird der Zugang zu Maschinen auch durch Schulungsnachweise oder Sicherheitsunterweisungen gesteuert. Das ist gelebte IT/OT-Konvergenz.

 

Geben Sie uns ein paar praktische Beispiele anhand von aktuellen Projekten?  

Francis Cepero:. Aktuell realisieren wir für einen  Energieversorger eine umfassende Zutritts- und Sicherheitslösung, bei der auch die Anbindung an OT-Systeme erfolgt, etwa zur Steuerung von Umspannwerken. Parallel arbeiten wir mit einem globalen Logistikunternehmen an einem Projekt, bei dem unsere Workforce-Management-Lösung mit Zutritts- und Videodaten kombiniert wird, um sicherheitskritische Abläufe zu analysieren und zu optimieren. Solche Projekte zeigen, wie integrierte Sicherheitslösungen einen echten Mehrwert schaffen.

Ein weiterer, freilich überragender, Trend, der Wirtschaft und Gesellschaft ja insgesamt derzeit beschäftigt, ist die Künstliche Intelligenz. Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für Sicherheitslösungen an sich und was verändert sie in Ihrem Unternehmen? 

Francis Cepero: Künstliche Intelligenz wird die Sicherheitsbranche tiefgreifend verändern. Wir sehen bereits heute KI-basierte Systeme, die Muster in Zutrittsverhalten erkennen oder Videoüberwachungsdaten intelligent auswerten. Zum Beispiel zur Erkennung verdächtiger Bewegungsmuster. 

Bei Primion investieren wir gezielt in KI-Forschung, etwa im Bereich Anomalie-Erkennung und vorausschauender Wartung. Gleichzeitig arbeiten wir an ethischen und regulatorischen Leitlinien, denn der verantwortungsvolle Einsatz von KI ist für uns ebenso wichtig wie die technische Exzellenz.

 

Herr Cepero, eine regelrechte Technologieoffensive ist Teil eines strategischen Maßnahmenpakets, das Sie beschlossen haben. Das bedeutet wohl, dass Sie personell und finanziell in Forschung und Entwicklung investieren? Geben Sie uns einen näheren Eindruck? 

Francis Cepero: Wir haben die Investitionen in F&E deutlich erhöht, sowohl personell als auch technologisch. Dabei setzen wir bewusst auf agile Teams, die interdisziplinär arbeiten. Wir haben neue Innovationsprojekte aufgebaut und die Zusammenarbeit mit Experten intensiviert. Zudem legen wir großen Wert auf ein Innovationsklima, das Kreativität und Experimentierfreude fördert. Unsere Roadmap umfasst neben KI und OT/IT-Konvergenz auch weitere spannende Themen wie z.B. die Zero Trust Security und Green Security.

 

Dabei arbeiten Sie auch mit Universitäten und anderen Technologiepartnern zusammen. Können Sie das eine oder andere Beispiel dafür nennen, woran Sie hier arbeiten? 

Francis Cepero: Ein aktuelles Beispiel sind unsere Projekte im Bereich KI und Machine Learning. Gemeinsam entwickeln wir Modelle zur intelligenten Zutrittsanalyse – also Systeme, die nicht nur erfassen, wer wann wo war, sondern auch erkennen, ob das Verhalten regelkonform war oder ob es Hinweise auf Sicherheitsrisiken gibt. Auch das Thema sichere Integration von Gebäudetechnik in hybride Sicherheitsarchitekturen steht auf unserer Agenda. Sie sehen – es tut sich viel!

 

Sie möchten in Ihrem Kernmarkt Europa weiter expandieren. Was ist hier der Stand und was planen Sie diesbezüglich in nächster Zeit?  

Francis Cepero: Unsere internationale Präsenz ist solide, aber wir sehen weitere Wachstumsmöglichkeiten. In Europa wollen wir unsere Position weiter stärken, unter anderem durch gezielte Partnerschaften. Auch in weiteren Ländern prüfen wir Markteintritte gemeinsam mit lokalen Partnern, um kulturelle und regulatorische Unterschiede bestmöglich zu adressieren. Unser Ziel ist es, in allen Regionen mit Lösungen zu überzeugen, die an die jeweiligen Marktanforderungen angepasst sind.

 

In der EU stehen – verstärkt durch Verschiebungen der geopolitischen Lage – das KRITIS-Dachgesetz und NIS 2, respektive die zugrundeliegenden Richtlinien im Zentrum der Aufmerksamkeit. Wird dies für Ihr Segment beflügelnde Wirkungen haben?

Francis Cepero: Definitiv. Die neue Gesetzgebung schärft das Bewusstsein für Sicherheitsrisiken und erhöht die Anforderungen an Unternehmen, insbesondere im Bereich kritischer Infrastrukturen. Für uns bedeutet das: mehr Verantwortung, aber auch mehr Nachfrage nach integrierten und anpassbaren Sicherheitslösungen. Unsere Systeme sind bereits heute so konzipiert, dass sie regulatorische Anforderungen flexibel abbilden können. Wir beraten unsere Kunden aktiv, wie sie NIS 2 und das KRITIS-Dachgesetz umsetzen können – technologisch und organisatorisch.

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