Wirtschaftsschutz und die Bedeutung von Security Portfolio und Security Strategy
Auf der Global Player-Tagung am 1.10.2024 im Haus der Carl Zeiss AG in Oberkochen gab Lennart Moest vom Bundesministerium des Inneren und für Heimat den anwesenden Chief Security Officer einen Ausblick auf einige Facetten der künftigen Nationalen Wirtschaftsschutzstrategie. Ein Bericht von Dr. Jürgen Harrer vom Center for Intelligence and Security Studies (CISS) an der Universität der Bundeswehr in München, Andreas Ebert, Konzernbeauftragter für den Wirtschaftsschutz im Volkswagen Konzern und Andreas Maack, Leiter der Konzern Sicherheit & Resilienz und Chief Security Officer des Volkswagen Konzerns.
Die Resilienz der Wertschöpfungs- und Lieferketten deutscher Unternehmen gegenüber sicherheitsbezogenen Herausforderungen muss gestärkt werden – darum geht es im Kern bei der künftigen Nationalen Wirtschaftsschutzstrategie. Dies betrifft einerseits die individuelle Resilienz der Unternehmen und andererseits auch die kollektive Resilienz der Wirtschaftsbeteiligten in ihrer Interaktion. Ergänzend ist eine Weiterentwicklung von Rahmenbedingungen und des Leistungsportfolios der Sicherheitsbehörden vorgesehen.
Ein wirkungsvoller Wirtschaftsschutz kann nur als Gemeinschaftsleistung staatlicher und privatwirtschaftlicher Akteure gelingen. Der staatliche Anteil am Wirtschaftsschutz konzentriert sich hierbei auf die Gestaltung geeigneter Rahmenbedingungen und auf Hilfe zur Selbsthilfe durch die Sicherheitsbehörden. Als privatwirtschaftlicher Anteil am Wirtschaftsschutz ist dementsprechend eine ergänzende Eigenleistung der Unternehmen in Bezug auf Selbstschutz und Resilienz erforderlich.
Professionalität und Leistungsfähigkeit
Sicherheitsbehörden beobachten, dass die Fähigkeit zum Selbstschutz und zur Aufrechterhaltung einer hohen Resilienz in Großunternehmen und KMUs häufig sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Wir sind der Meinung, dass eine starke und professionell aufgestellte Corporate Security wichtig ist für eine hohe (Selbst-)Schutz-Leistung und für eine hohe Resilienz. Daher benötigen insbesondere Global Player eine leistungsfähige Corporate Security, die gut ins Unternehmen integriert ist und eine moderne, resilienzorientierte Corporate Security Strategy. Für eine gute Einbindung lassen sich verschiedenste Kriterien beschreiben. Wir möchten hier auf die Frage fokussieren, ob Corporate Security nach einer getroffenen Lieferketten-Entscheidung (z. B. in Bezug auf Standorte, Lieferanten, Outsourcing, M&A) eingebunden wird, oder bereits davor.
Die Erfahrung zeigt, dass bei später Einbindung die Corporate Security häufig nur noch einen reaktiven Beitrag leisten kann. Ein nachträgliches „sicher machen“ von bereits getroffenen Entscheidungen ist mit oftmals hohen Aufwänden und Folgekosten verbunden.
Bessere Entscheidungen mit Security by Design
Die sich in einigen Unternehmen erfreulicherweise durchsetzende Einbindung der Corporate Security in einer frühen Phase, z. B. im Rahmen des Business Case Development, ermöglicht hingegen durch ein „Security by Design“ meist bessere Entscheidungen mit geringeren Folgekosten. Mit dem „Portfolio-Modell der Corporate Security“ steht ein Orientierungsrahmen zur Verfügung, der aufzeigt, welche Portfolio-Cluster sich das moderne Corporate Security Management erschließen sollte, um sich in strategische Geschäfts- und Lieferketten-Entscheidungen einzubringen. Letztlich sollte die gesamte Sicherheitsstrategie so auf die (künftigen) Bedarfe des Unternehmens ausgerichtet werden, dass sowohl die Sicherheit und Resilienz, als auch die Effizienz gesteigert wird – und die Corporate Security als ein zentraler Enabler für den Wirtschaftsschutz wirken kann.
Autor:
Dr. Jürgen Harrer
Center for Intelligence and Security Studies (CISS)
an der Universität der Bundeswehr in München
Zu Teil 2 und Teil 3
- Das Portfolio-Modell der Corporate Security – Vorgestellt von Andreas Ebert, Konzernbeauftragter für den Wirtschaftsschutz im Volkswagen-Konzern
- Zur Strategie der Konzernsicherheit bei Volkswagen – Im Gespräch mit Andreas Maack, Leiter Konzern Sicherheit & Resilienz und CSO Volkswagen-Konzern