„Bedienungsanleitung“ für die DIN VDE (V) 0826-20 zur Perimetersicherung
Seit Beginn 2023 gibt es endlich die DIN VDE-V 0826-20. Diese Anwendungsregeln wurden vom DKE in Zusammenarbeit mit Fachverbänden, Anwendern und Planern erarbeitet. Sie schließt endlich die Lücke, die das europäische Normenwerk bis jetzt noch offenlässt. Der Entwurf wurde am 17.01.2023 auf der Perimeter Protection in Nürnberg auch der Politik übergeben. In Vertretung für die Legislative und damit auch eines Betreibers einer Kritischen Infrastruktur nahm der Bayrische Innenminister eine der ersten Ausgaben entgegen.
Für den Objektschutz von Infrastrukturen aller Art ist – neben der Absicherung von Gebäuden – auch die Beachtung der Sicherheit des Bereichs außerhalb dieser Gebäude erforderlich. Die momentane Diskussion über die Sicherheit kritischer Infrastrukturen in Deutschland und Europa zeigt das noch einmal allzu deutlich. Zur Einschätzung der Qualität und des zu erzielenden Sicherheitsgrades benötigt es dafür einheitliche Regelwerke. Ein Regelwerk ist aber nur so gut, wie die Hinweise, wie sie im konkreten Projekt umzusetzen sind. Eine Bedienungsanleitung für die DIN VDE (V) 0826-20 von Jürgen Schiller, Geschäftsführer und Vorsitzender bei der DKE und Thomas Hermes, Leiter Geschäftsfeld Energie bei Securiton Deutschland.
Sicherheit vs. Komfort
Ein Grundzug der Perimetersicherung und damit auch ein Grundinhalt der Normenreihe ist die Beschreibung eines Kompromisses. Dieser Kompromiss ergibt sich daraus, dass die Umgebungsbedingungen eines Perimeter-Sicherheitssystems (PSS) starken äußeren Einflüssen ausgesetzt sind. Wie dieser Kompromiss aussieht und ob der Komfort oder die Sicherheit die Oberhand behält, entscheidet der Betreiber, Gutachter und das entsprechende Regelwerk.
Der Entwurf der Anwendungsregeln VDE V 0826-20 orientiert sich an den Phasen des Planungs- und Errichtungsprozesses eines PSS. Die Regeln möchten in erster Linie eine Hilfestellung für alle Beteiligten eines Prozesses zur erfolgreichen Planung und Implementierung eines PSS sein.
Entwurf
Diese Anwendungsregeln sind für die Beteiligten eines Perimetersicherungsprojekts eine Hilfestellung. Dabei soll eine qualifizierte und verifizierbare Projektumsetzung sowie ein schutzzielgerechtes PSS erreicht werden. Sie sollen dazu dienen, Risikoträger und Versicherer, Hersteller und Fachfirmen von PSS, Betreiber, Polizei, Planer und weitere relevante Organisationen bei Auslegung, Planung, Betrieb, Installation und Instandhaltung von PSS zu unterstützen.
Die Anwendungsregeln sind in folgende wesentliche Bereiche unterteilt:
- Beschreibung und Spezifizierung der Sicherungsgrade und Umweltklassen
- Abwicklung
- Planung und Projektierung
- Errichtung
- Inbetriebsetzung und Abnahme
- Betrieb und Instandhaltung
- Dokumentation
- Anlagen
Als wesentliche Beispiele dienen Planung und Projektierung und die im Außenbereich besonders wichtigen Prozesse der Instandhaltung.
Planung und Projektierung
Die Beschreibung des Planungsprozesses erfolgt sehr detailliert und mit dem Ziel, die Merkmale des PSS und die Betriebsanforderungen bereits in der Konzeptphase festzulegen. Die Mannigfaltigkeit der Täter- und Tatszenarien sowie die Variabilität der Umgebung erfordert eine klare Festschreibung des gemeinsamen Verständnisses und im laufenden Prozess eine Kontrolle der Einhaltung der Randbedingungen.
Es wird in der Anwendungsregel vor allem empfohlen, die Technologiesicherheit bei der Auswahl des PSS zu erhöhen durch:
- die Begutachtung von bereits installierten Anlagen bei gleichen Betriebsanforderungen und/oder
- durch zeitlich wie auch räumlich begrenzte Teststellungen vor Ort.
Hilfestellung bei der Planung geben dabei auch die von den Fachverbänden erarbeiteten Checklisten. Diese wurden der Vornorm als unterstützende Anlagen beigefügt. Die Anlage D – die Betriebsanforderungen – fragt die Ausgestaltung des PSS unter verschiedenen Gesichtspunkten ab und dient der frühzeitigen Dokumentation. Einzelne Punkte der Betriebsanforderungen belegen auch die Notwendigkeit einer Verifikation des Alarmes. Die Vornorm verknüpft daher auch die Anforderungen des PSS mit den Leistungsmerkmalen eines Videosicherheitssystems (VSS).
Es hat sich für einen erfolgreichen Projektabschluss bewährt, die Abnahmekriterien bereits in der Konzeptphase festzulegen und mit den Entwurfsunterlagen an den Errichter zu übergeben.
Instandhaltung
Eine Anlage im Außenbereich benötigt in der Regel aufwendigere Instandhaltungsmaßnahmen als im inneren eines Gebäudes. Die regelmäßige obligatorische Begehung muss dabei aufzeigen, welche Veränderungen sich im Verlauf der letzten Betrachtungsperiode ergeben haben. Die Auswirkungen des Wachstums von Pflanzen, sowohl im oberirdischen aber je nach Detektion auch im unterirdischen Bereich, und die Veränderung der Umgebungsbedingungen durch das Abstellen von Material oder Fahrzeugen muss im Rahmen von Inspektionen untersucht und dokumentiert werden.
Sichtweise der Beteiligten
Die Anwendungsregeln stellen für alle Projektbeteiligten eine Vielzahl von Hilfsmitteln zur Verfügung, um ein PSS-Projekt in seiner Breite zu bewerten und frühzeitig die richtigen Weichenstellungen zu treffen. Aus der Erfahrung der am Entwurf beteiligten Personen wurde deutlich, dass nur ein interdisziplinärer Ansatz erfolgversprechend ist.
Bei der Konzeption und der Errichtung einer Einbruchmeldeanlage können – das zeigen immer wieder Beispiele der Vergangenheit – Fehler entstehen. Diese beziehen sich häufig auf falsch verstandene oder nicht eingehaltene Standards oder auch technische Schwierigkeiten, die nicht bis zum letzten gelöst worden sind.
Die erfolgreiche und schutzzielgerechte Umsetzung eines PSS-Projektes erfordert hingegen einen deutlich intensiveren Austausch und vor allem eine gleiche Verständnisebene aller am Projekt beteiligten Personen. Dieser Austausch wird mit dem jetzt vorliegenden Regelwerk an vielen Punkten deutlich unterstützt und ermöglicht eine projektierte Sicherheit, auch in der Praxis effizient und vor allem mit dauerhaftem Erfolg umzusetzen.
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