17.10.2019 • TopstorySafetyLithium-BatterienDenios

Brandgefährlich! Selbstentzündende Lithium-Batterien - eine besondere Herausforderung für Gewerbetreibende

Lithium-Ionen-Energiespeicher sind eine vergleichsweise junge Technologie. Seit ihrer Markteinführung Anfang der 90er Jahre haben sie den Markt für Energiespeicher jedoch nachhalti...

Lithium-Ionen-Energiespeicher sind eine vergleichsweise junge Technologie. Seit ihrer Markteinführung Anfang der 90er Jahre haben sie den Markt für Energiespeicher jedoch nachhaltig geprägt und verdrängen nach und nach bislang genutzte Technologien. Heute sind Lithium-Akkus nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken: sie bieten eine hohe Energiedichte bei geringem Eigengewicht und sind daher auch für viele mobile, elektronische Anwendungen interessant. Ein Beitrag von Markus Boberg, Sales Engineered Solutions bei Denios.

Nicht nur Smartphones und Tablets beziehen ihre Energie aus Lithium-Zellen, auch im Bereich Elektromobilität spielen sie eine wichtige Rolle. Die Kehrseite der Medaille: Immer wieder ist von gefährlichen Vorfällen im Zusammenhang mit Lithium-Ionen Akkus zu hören. Im Jahr 2017 sorgte ein Parkhausbrand in Hannover für Schlagzeilen – verursacht wurde er durch den Akku eines E-Bikes. Ebenso alarmierend ist die Rückrufaktion eines Mobiltelefonherstellers aufgrund brennender und explodierender Akkus. Doch warum brennen, bersten und explodieren Lithium-Energiespeicher und was macht die Brände so gefährlich und schwer zu kontrollieren?

Das unerkannte Risiko
Die Ursachen für Brände von Lithium-Batterien sind vielfältig und in der Regel auf einen Defekt zurückzuführen. Fatal ist, dass dieser bei einer Batterie oft gar nicht sichtbar ist und die Funktion nicht zwangsweise einschränkt. Es kann unter Umständen noch längere Zeit dauern, bis nach einem Defekt eine Selbstentzündung entsteht.

Nach einem Sturz oder ähnlichem ist es durchaus möglich, dass dem Batteriegehäuse kaum bzw. gar keine Beschädigungen anzusehen ist, aber die innenliegenden Zellen Beschädigungen aufweisen. Neben mechanischen Beschädigungen sind auch thermische Einflüsse zu beachten. So kann starke Sonneneinstrahlung über einen längeren Zeitraum hinweg die Elektrolytflüssigkeit zum Verdampfen bringen und schlussendlich eine Zelle zur Selbstentzündung oder zum Bersten bringen.

Unvorhersehbares Brandverhalten und toxische Gase
Das Brandverhalten von Lithium-Energiespeichern kann nicht verallgemeinert werden. So können gleiche Akkumulatoren unter gleichen Bedingungen unterschiedlich stark reagieren und brennen. Grundsätzlich gilt jedoch, dass die Menge der gespeicherten Energie die Stärke der Reaktion beeinflusst. Aus diesem Grund reagieren vollständig geladene Energiespeicher unter gleichen Bedingungen schneller und heftiger als solche, die z. B. nur zu 30% geladen sind. Außerdem sind Lithium-Metall-Batterien reaktiver, vorallem bei Kontakt mit Wasser, als Lithium-Ionen-Batterien.

Aufgrund der unterschiedlichsten chemischen Verbindungen und Stoffe, die in Lithium-Energiespeichern Anwendung finden, werden beim Ausgasen und Brand einer Zelle oder eines gesamten Moduls gefährliche Stoffe frei. Hierbei ist vor allem Fluorwasserstoff (HF) zu beachten, der extrem toxisch ist. Prof. Dr. Lambotte von der Hochschule Furtwangen hat speziell hierzu unter der Annahme, dass es im Brandfall zu einer vollständigen Umsetzung zu HF kommt, Werte ermittelt. Ein Brand einer 1 kg schweren Lithium-Energiespeichereinheit führt zu 48.000 m³ belasteter Luft (AGW). Ist das HF-Gas auf 1.600m³ gebündelt (dies entspricht einem Raum von 20mx20mx4m) wird bereits der IDLH-Wert erreicht.

Risikoregulierung und Prävention
Dem rasanten Einzug der Lithium-Energiespeicher in die Haushalte steht eine eher verhaltene Aufklärung über die Risiken gegenüber. Selbst Gewerbetreibende sind sich oft der Risiken nicht im vollem Umfang bewusst. Die Gesetzgebung deckt nicht jeden Bereich im Umgang mit Lithium-Energiespeichern ab. So lagern viele E-Bike-Händler zurückgegebene Akkus ohne Sicherheitsvorkehrungen in ihren Werkstätten, weil es keine gesetzlichen Vorgaben für die Lagerung gibt.

Etwas anders sieht es bei dem Transport von Lithium-Batterien aus. Hier müssen Versender und Transportunternehmen die gesetzlichen Regularien beachten. Gemäß dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, dem ADR (Accord européen relatif au transport international des marchandises dangereuses par route), gelten Lithium-Batterien als Gefahrgut der Klasse 9. Während zwischen Serienbatterien und Prototypen, Leistungsklassen und Gewichten einfach differenziert werden kann, stellt die Beurteilung des Zustandes der Batterie eine große Herausforderung dar. Der Versender muss entscheiden, ob eine Batterie kritisch oder unkritisch beschädigt ist. Als beschädigt gelten Batterien, die sowohl „end of life“ als auch technisch defekt sind. Je nach Art der Beschädigung muss eine entsprechend zugelassene Transportverpackung gewählt werden.

Empfehlung zur sicheren Lagerung von Lithium-Energiespeichern
Wollen Gewerbetreibende Lithium-Batterien im Betrieb lagern, werden sie keinerlei gesetzliche Vorschriften dazu finden. Allerdings führt dies eher zur Verunsicherung, denn es entbindet nicht von der Pflicht der Gefährdungsbeurteilung und Ableitung geeigneter Schutzmaßnahmen. Denn wenn ein Schadensfall aufgrund defekter Lithium-Batterien entsteht, sind auch Menschen in Gefahr und es beginnt der Streit mit dem Sachversicherer um die Schadensregulierung. Als wichtige Orientierungshilfe für die Gefährdungsbeurteilung gilt daher die Empfehlung des Verbandes der Sachversicherer (VdS 3103) für die sichere Lagerung von Lithium-Energiespeichern. Ähnlich wie beim Transport wird auch hier eine Einteilung in Leistungsklassen sowie nach Art der Batterie vorgenommen.

Außerdem werden in der Empfehlung des VdS folgende allgemeine Sicherheitsregeln genannt:

  • Einhaltung der Herstellervorgaben
  • Schutz vor Kurzschlüssen des Batteriepole und Schutz vor mechanischen Beschädigungen.
  • nicht unmittelbar und dauerhaft hohen Temperaturen oder Wärmequellen aussetzen (dazu gehört auch direkte Sonneneinstrahlung)
  • Einhaltung der baulichen oder räumlichen Trennung (mind.. 2,5m) zu anderen brennbaren Materialien, falls keine automatische Löschanlage vorhanden ist
  • ausschließlich Lagerung von Batterien mit Prüfnachweis nach UN 38.3 (Prototypen nur Ausnahmefällen und mit Gefährdungsbeurteilung)
  • sofortiges Entfernen beschädigter oder defekter Batterien aus Lager- und Produktionsbereichen (Zwischenlagerung bis zur Entsorgung in sicherem Abstand oder einem brandschutztechnisch abgetrennten Bereich)


Der letzte Punkt ist hinsichtlich der Umsetzbarkeit als kritisch zu betrachten, da ein Defekt äußerlich häufig nicht erkennbar ist und die Beurteilung des Batteriezustandes somit nicht ohne weiteres möglich ist. So ist zu empfehlen, Batterien, dessen Zustand unbekannt ist, grundsätzlich in einem separaten Quarantänelager in sicherem Abstand oder in einem brandschutztechnisch abgetrennten Bereich zu deponieren.

Vertreiber und Hersteller von Lithium-Batterien sind nach §§ 5 und 9 BattG dazu verpflichtet, in Verkehr gebrachte Batterien unabhängig von deren Zustand zurückzunehmen. Sie sollten sich unbedingt mit geeigneten Schutzkonzepten befassen.

Geeignete Schutzkonzepte zur ­Batterielagerung
Der Blick in die Praxis zeigt, dass es dringenden Handlungsbedarf für Unternehmen bei der Umsetzung geeigneter Schutzkonzepte für die Batterielagerung gibt. Einige Gewerbetreibende handeln ganz unbedarft und lagern Ihre Lithium-Energiespeicher wie normale Güter im Hochregallager. Sie riskieren im schlimmsten Fall Menschenleben und gravierende Sachschäden. Andere Unternehmen gehen der VdS-Empfehlung zum Sicherheitsabstand nach, lagern die Batterien aber ohne gesonderte Einhausungen im Freien. So setzen sie die Energiespeicher sämtlichen Umwelteinflüssen aus.

Denios empfiehlt, die Sicherheitsregeln der VdS 3103 zu beachten und zusätzlich die Vorgaben der TRGS 510 für Gefahrstoffe für die Lagerung von Lithium-Energiespeichern anzuwenden. Ein Gefahrstofflager im Freien ist der Lagerung innerhalb von Gebäuden vorzuziehen, da im Brandfall die höchst toxischen Rauchgase komplette Lagerhallen und Fertigungen stilllegen können. Werden offensichtlich kritische oder beschädigte Batterien gelagert, oder Batterien, deren Zustand sich nicht beurteilen lässt, empfiehlt sich neben einer Außenlagerung auch eine Wasserlöschanlage innerhalb des Lagers.

Werden Hochvolt-Batterien gelagert, womöglich sogar Prototypen, wird häufig eine Videoüberwachung eingesetzt. Im Alarmfall kann so zunächst überprüft werden, ob das Lager geflutet werden muss. Kommt es beispielsweise „nur“ zu einer Ausgasung ohne Flammenbildung, kann der Brandmelder anschlagen ohne dass ein Löschangriff mit Wasser notwendig ist. Auf diese Weise können Wasserschäden an teuren Prototypen vermieden werden.

Ganzheitliche Lösungen
Bei der Planung eines Lagers für Lithium-Energiespeicher sind stets der individuelle Bedarf, abgeleitet aus der Gefährdungsbeurteilung, und die Gegebenheiten vor Ort zu ermitteln. Für die Festlegung eines geeigneten Schutzkonzeptes empfiehlt es sich, mit einem erfahrenen Partner zusammenzuarbeiten, der sich in der Branche auskennt, professionell beraten und eine Gesamtlösung schaffen kann, die dem Betreiber auch nach der Planungsphase und nach Inbetriebnahme des Lagers Unterstützung bietet. So kann sichergestellt werden, dass Sachversicherer, Behörden und Feuerwehren dem Schutzkonzept zustimmen.

Denios verfolgt ein ganzheitliches Leistungsangebot und hat sich als Hersteller und Anbieter von Lager-, Test- und Transportlösungen für Lithium-Energiespeicher am Markt etabliert. Auch das sichere Laden der Batterien findet Berücksichtigung. Die Lösungen reichen von beidseitig feuerbeständigen Sicherheitsschränken bis zu schlüsselfertigen Brandschutzlagern für die mobile Aufstellung im Freien, von speziellen Löschgranulaten bis zu Lager- und Transportboxen mit UN-Zulassung. Vielfältige Ausstattungsmöglichkeiten, Sensorik und digitale Kundenservices sowie Herstellerservice ergänzen das Produktportfolio je nach Bedarf. Viele Unternehmen aus den Segmenten E-Mobilität, elektrische Kleinfahrzeuge und elektronische Werkzeuge zählen bereits zum Kundenstamm.

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